Die Aögrünöe.
Novelle von F. Stockerl.
23) (Nachdruck verboten.)
So traten sie denn am nächsten Tage die Weiterreise an, ocb wie so ganz anders hatte sich Valentine diese gedacht. Als sie so dahin fuhren durch all die Frühlingsschöne, da halte sic das Gefühl, als wäre in ihrem Innern jäh eine Seite zersprungen, die da hell geklungen von Lebebenslust und DaseinSsreude. Sie hatte die Augen geschloffen, um den Hellen Frühlingsonnenschein, die ganze lachende, blühende Welt da draußen nicht mehr zu sehen. Immer in demselben Tact tönte daS Geraffel des Zugs, Waren es nicht Worte, schicksalsschwere Worte, die sie aus diesem eintönigen Geraffel fortwährend heraushörte, bald wie aus weiter Ferne, bald ganz nahe. Ein Dichterwort war es, in grausamer Klarheit vernahm sie es wieder und wieder:
„Und jede Schuld rächt sich auf Erden."
10 .
Nach einigen Wochen konnte auch Staufen der Heimatstadt den Rücken wenden, um sich in dem Landhause seiner Schwiegermutter, vollends von seinen körperlichen und seelischen Leiden zu erholen. In dem tiefen Frieden dcS Landaufenthalts und unter Ericas unermüdlichen Pflege verlor sich sehr bald die nervöse Bläffe seines Gesichts, auch der flackernde, unruhige Blick seiner Augen wurde ruhiger, fester, ja bisweilen leuchtete rin förmlich friedevoller Strahl darin.
Wie es Erica beglückte, diese Wandlung seines äußeren und inneren Menschen.
„Nun gilt es ein neues Leben zu beginnen!" sagteer heute zu ihr; „es frei und offen zu bekennen, daß ich von meinen Irrfahrten auf den rechten Weg mich zurückgefunden, und wieder an Gott glauben gelernt habe."
Erica sah mit strahlenden Blicken zu ihm auf, wie schön er auSsah, die hohe Gestalt an den Stamm einer uralten Linde gelehnt, das Gesicht sonnenverbrannt, und in den Augen jenes sichere, zielbewußte Leuchten, das Männern so gut kleidet.
„Jetzt erst ist mir meine Aufgabe als Schriftsteller voll und klar bewußt," fuhr er fort, „aber ich fühle auch die Kraft in mir, ihr gerecht zu werden. Veredelnd sollen wir Männer der Feder auf unsere Mitmenschen wirken, ich habe viel gesündigt, viel wieder gut zu machen I"
„Und die Abgründe?" fragte da die junge Frau etwas zaghaft.
„Werden nie wieder aufgeführt," versetzte Staufen sehr bestimmt.
„Es ist übrigen« gut, daß Du mich daran errinnert hast, ich habe einige Briefe in dieser Angelegenheit zu beantworten, vcr- schiedene Theaterdirektvren fingen in diesen Tagen bei mir an, betreffs einer Aufführung des Stückes, daS ja durch den Unglücksfall in W. eine traurige Berühmtheit erlangte. Deine Bitte an jenem unglückseligen Abend erfülle ich Dir nun heute doch noch."
Eine dunkle Bluiwelle stieg in das Gesicht der jungen Frau in Errinnerung an ihr ungestümes, thörichtrs Verlangen damals und an die harten Worte Staufens, die ste von ihm getrieben. Unwillkürlich faltete ste
die Hände und blickte wie im stillen Gebet auf zum blauen HImmelSdom.
Staufen sah sie gerührt an. „Ja, ja, der große Weltordner da droben hat eS doch noch besser verstanden wie Du, den Sinn Deines gottlosen Gemahls zu wenden," sagte er, indem er ste zärtlich an sich heranzog.
,O ich bin so dankbar, so glücklich, Benno."
„Um Dir Dein Glück zu erhalten, das soll meine vornehmste Sorge von nun an sein," erwiederte Staufen, und dann schritten sie weiter Arm in Arm tief hinein io den stillen Wald, zwei glückliche Menschenkinder, die den Frieden gefunden den die Welt nicht giebt.
— Ende. —
Verschiedenes.
— 10- und 15000jährlicher neuer musikalischer Erscheinungen bleiben unbeachtet, denn Alles ist schon dagewesen. Auffallenderweise ist aber noch nicht da, Musik in bequemem Taschenformat. Zwar gibt es Bände, welche sich Taschenalbum nennen, aber man müßte für ste eine Reisetasche haben. Anders dagegen die bei P. I. Tanger in Köln zum Preise von je Mk. 1.— erschienen Albums. Ihre praktische Verwendbarkeit leuchtet auf den ersten Blick ein. Bd. II dieser Sammlung, 101 „Gesellschastslikder (Kommersbuch)", für mittlere Stimme mit leichter Klavierbegleitung in der bekannten prachtvollen Ausstattung, sorgfältiger Bearbeitung, schönem klarem Druck, hat wegen all dieser inneren und äußeren Vorzüge einen Siegeslauf durch die Welt gemacht, trotz seines jugendlichen Alters von Jahren. Ueberall wo Deutsche wohnen, ist es mit Freuden begrüßt worden und hat manchem ehrlichen deutschen Gelage die Gesangswürze vermittelt.
— Nach Ueberwindung mannigfacher Schwierigkeiten ist es dem Schloß-Brunnen Gerolstein gelungen, seine ausgedehnte schöne Brunnenanlage durch ein eigenes umfangreiches Eisenbahn-Anschlußgeleise mit der Haupt-Bahnlinie Köln-Trier direkt zu verbinden, wodurch die Leistungsfähigkeit dieses weltbeherrschenden, blühenden Unternehmens in fast unbeschränkt Bahnen geleitet ist.
— Ein Schatzkästlein im Haushalte. Wer kennt nicht den Namen Maggi? Die Erzeugnisse der Firma Maggi haben sich überall durch ihre Vorzüglichkeit und durch ihre billigen Preise rasch Eingang verschafft und erwerben sich täglich neue Anhänger. Die Maggiwürze — in Fläschchen von 25 Psg. au — ermöglicht eS der Hausfrau, schwache Suppen, Saucen, Gemüse u. s. w. mit nur wenigen Tropfen augenblicklich wohlschmeckend zu machen. Maggi's Boullion- kapseln dagegen, deren jede zwei getrennte Portionen eingedickten Auszugs von bestem, mit Gemüse abgekochtcm Fleisch enthält, geben ohne jeden weiteren Zusatz, nur mit siedendem Wasser, für 12 Pfg. zwei Tasten feinster Kraftbrühe (entfettet). In gleich einfacher Weise kann sich Jedermann aus einem 5 Pfg.-Würfel Maggi's Gluten-Kakao ein wegen des Glutengehaltes besonders nahrhaftes Kakao-Getränk Herstellen. Vollste Be. achtung verdienen schließlich die in mehr als 30 Sorten vorhandenen Maggi's Gemüse- und Krastsuppen in Würfeln ü 10 Pfg.: Au« einem solchen Würfel lassen sich in
wenigen Minuten, lediglich durch Kochen mit Wasser, zwei Teller nahrhafter, wohlschmeckender Suppe bereiten. Jedem Haushalte können daher die Maggi-Erzeugnisse aufs Wärmste empfohlen werden.
— Eine Unschuld vom Lande. Daß es noch Leute giebt, die eine ächte Banknote nicht von einer sogenannten Blüte unterscheiden können, beweist ein Vorfall, der aus Lüneburg berichtet wird. Dort trat eine ländliche Dtenstmagd a" den Fahrkartenschalter der Staatsbahn heran, forderte eine Fahrkarte und legte zur Bezahlung einen Tausendmarkschein auf das Zahlbrett. Der Beamte sah sofort, daß der Schein nur eine Blüte war, zumal auch die Rückseite eine Geschäftöreklame trug. Als er nun dem Mädchen klar machte, daß der Schein wertlos sei, erstaunte die Dor sschöne nicht wenig. Sie sollte aber noch unangenehmer überrascht werden. Der Beamte erstattete, seiner Pflicht gemäß, der Bahnpolizei Anzeige von dem Vorfall. Das Mädchen wurde zur Wache gebracht und in Haft behalten. Sie gab an, die Banknote von ihrem bisherigen Dienst- Herrn in einem Orte nahe Bleckede zu Weihnachten anstatt des Lohnes e halten zu haben. Der Landwirt dürfte wegen dieses „reichen" Geschenkes noch einige U bequemlichkeiten haben — wenn die Aussage auf Wahrheit beruht.
— Bor etwa vier Jahren saßen in einem Dorfkruge bei Lyck mehrere Hofbesitzer bei einem Glase Bier, als ein bildschönes löchriges Mädchen in die Gaststube trat, um ihren Valer abzuholen. Einer der Zechgenoffen trat a» daS Mädchen heran und bat um einen Kuß. Die jugendliche Dorfschöne wollte aber davon nichts wissen. Nun machte ihr der wohlhabende Besitzer folgendes Angebot: „Mariechen gieb mir jetzt einen Kuß, und ich zahle dir, wenn du 20 Jahre alt bist, fünfhundert Thalerl* Nun begannen die andern Tischgenossen auf das noch immer zögernde Mädchen einzu- redrn; auch der Vater riet seiner Tochter zu dem ungewöhnlich!« Vertrage, sodaß daS Mädchen endlich darein willigte, dem Besitzer um jenen Preis einen Kuß zu geben. Vor den versammalten Zeugen drückte ste dem Besitzer einen kräftigen „Schmatz" auf und harrte dann der Zeit, wo auch sie ihren Anspruch würde geltend machen können. Als sie kürzlich zwanzig Jahre alt wurde, forderte ste den Besitzer zur Zahlung der ausgesetzten Summe auf. Dieser weigerte sich jedoch, seinem vor Zeugen gegebenen Versprechen nachzukommen. Die Dorsschöne will ihn aber nun von dem Ernst des abgeschloffenen Vertrages überzeugen und hat ihn im Beistände ihres Vaters um die zugesagten 500 Thaler verklagt.
.-. (Ein junger Philosoph.) Ein kleiner Junge erhielt von seinem Lehrer eine Vorschrift mit dem bekannten Reime: „Geh' treu und redlich durch die Welt, das ist das beste Reisegeld." — Der Schüler, einer Erleuchtung folgend, schrieb: „Geh' treu und redlich durch die Welt, das Beste ist das Reisegeld."
.-. (Alter deutscher Humor.) Ein Fast. nachtSnarr wollte in eines Doktors Haus, der Doktor schreit aus dem Fenster: „Man lässet keinen Narren hinein." Da sagte der verkappte: „Wo bist denn Du hinein gekommen ?"
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad.