zellen als Teilnehmer an dem Morde. Während letzterer in der Karfrcitognacht durch Erhängen im Tübinger Untersuchungsgefäng­nis sich dem irdischen Richter entzogen hat, wird gegen seine Tochter, die Marie ver. witwete Fass, nunmehr im Wiederaufnahme­verfahren wegen Gattenmords vor dem Tüb­inger Schwurgericht verhandelt werden. Die Verhandlung beginnt am Mittwoch, den 20. Juni, vormittags 9 Uhr. Sie wird vor. aussichtlich 4 Tage dauern. ES ist eine große Anzahl Zeugen und Sachverständiger geladen. Der Angeklagten wird der Rechts­anwalt Bohnenberger in Tübingen als Ver­teidiger zur Seite stehen.

Ein Riesenpaar wird demnächst in Berlin getraut werden. Der 23 Jahre alte Bräutigam Oswald Balling, in Kisstngen geboren, mißt nämlich nicht weniger als 2,18 Meter, während seine Auserkorene, die 20jährige Hee-Sen, die von einem Deut­schen stammende Tochter einer Tonkinesin, die immerhin noch respektablr Höhe von 1,96 Meter aufweist.

Ein hübscher Fund. Aus Boston wird geschrieben: Wem Fortuna will, den läßt sie nicht allein mit einem silbernen Löffel im Munde zur Welt kommen, wie es im Sprichwort heißt, sondern sie tischt ihm auch noch die schönsten Perlen zum Abendessen auf. Diese angenehme Erfahrung sollte kürzlich Mr. Allan Wood aus Boston machen, als er nach einem im ZirkuS ver­brachten Abend mit seiner Gattin ein Restau­rant aussuchte, um sich noch an einem Ge­richt .olaws" den wie unsere Miesmuscheln zubereiteten Venusmuscheln, zu erlaben. In einer dieser Muscheln nun hat Mr. Wood zu seiner freudigen Ueberraschung eine wunder­bar schöne Perle von zwei Gramm Gewicht gefunden, für die ihm der Juwelier Dup- lessts, zu dem er sich mit seinem Schatze begab, ohne zu feilschen, die enorme Summe von 18 000 Dollars ausgezahlt hat. Seit jenem Abend soll in dem erwähnten Nestau- rant der Nachfrage nach »olaiim" kaum noch zu genügen sein, da jeder im Stillen hofft, ebenso wie Mr. Wood vom Glücke begünstigt zu werden.

Kassel, 15. Juni. Eine Gruppe junger Mädchen wurde in Arolsen vom Blitze ge­troffen; eines der Mädchen wurde getötet, 2 andere gelähmt.

Mutterliebe. Aus Liebe zu ihrem Kinde ist die 45 Jahre alte Ehefrau des Arbeiters Kirst zu Hörde in Westfalen zu einer wahren Märtyrerin geworden. Ihr Sohn hatte sich vor längerer Zeit auf dem Hönder Werke schwere Brandwunden zu­gezogen, die trotz aller Bemühungen des behandelten Arztes nicht heilen wollten und den jungen Menschen an den Rand des Grabes brachten. Der LUzt sah nur noch eine R ttung und zwar in der Verpflanzung großer Stücke frischer Menschenhaut auf die verletzien Stellen. Als die Mutter des unglücklichen Sohnes diesen Ausspruch des Arztes vernahm, erklärte sie sich, trotzdem große Flächen Haut notwendig waren, so­fort bereit, ihrem Kinde zu helfen. Vor etwa 14 Tagen nahm dann der Arzt die Operation vor und trennte der Frau aus beiden Oberärmen die notwendigen Stücke ab, welche auf die Brandwunden des Sohnes verpflanzt wurden. Da die nötigen Haut­stücke, um die Gesundheit der Frau nicht zu gefährden, nicht mit einemmalr entnommen

werden konnten, so ließ die mnlige Frau bald darauf dieselbe Operation an ihren Oberschenkeln vornehmen- Sie ertrug auch die Oheration mit der grösten Geduld ohne Narkose. Die aufgelegten Hautstücke be­schleunigten bei dem jungen Manne that- sächlich den Heilprozeß der Brandwunden, und die Mutter hatte die Genugthuung, ihren Sohn durch gebrachte Opfer vor dem Tode bewahrt zu sehen.

Das Leben verspielt. In Monte Carlo hat sich wieder ein sensationellerUn- glücksfall" ereignet. Vor wenigen Wochen war aus Belgrad ein Graf Rabeleschi Gar- baia mit seiner jungen Frau nach Monte Carla gekommen und imGrand Hotel" abgestiegen. DaS Ehepaar, das erst vor kurzem geheiratet hatte, befand sich auf der Hochzeitsreise. Die Gräfin war etwas älter als 20 Jahre; der Graf hatte noch nicht das 30. Lebensjahr erreicht. Wie das ge­wöhnlich der Fall ist, besuchte man die Spielhölle in Monte Carlo erst nur zum Vergnügen. Der Graf spielte und gewann. Dann spielte das junge Paar immer leiden­schaftlicher und war den ganzen Tag im Spielsaale zu finden. In wenigen Tagen verlor der Graf sein ganzes Vermögen, mehr als 100 000 Gulden. Er blieb zu­letzt ohne einen Pfennig Geld und suchte in seiner Not mit seiner jungen Frau den Tod im Meere. Man fand die Leichen in der Nähe des Schlosses.

Kohlenangelegenheiten. Wie berichtet

wird, steht der Gründung eines LandeS- kohlenkonsumvereinS und eines Kohlenkon- sumvereinS für Bierbrauer, so angezeigt solche auch wären, das große Hindernis ent­gegen, daß weder das Bergamt Saarbrücken, noch die Kohlen- und KoakSsyndikate an neue Firmen Kohlen abgeden. Die Gründer hätten sich vor allem, ehe sie an die Oeffent- lichkeit getreten sind, mit diesen Faktoren in Verbindung setzen sollen.

Ein mißratener Sohn. Der Direktor einer großen Sietiiner Fabrik entdeckte dieser Tage, daß aus einer verschlossenen Kassette aus seiner Wohnung Wertpapiere in Höhe von 31 000 Mark gestohlen waren und eS konnte keinem Zweifel unterliegen, daß die Kassette mittelst Nachschlüssels geöffnet war. Die davon benachrichtigte Polizei leitete sofort die Untersuchung ein und es konnte auch sestgrstellt werden, daß in Berlin der Ver­such gemacht war, eine der gestohlenen Aktien zu verkaufen. Die weiteren Recherchen liefer­ten jedoch ein überraschendes Resultat, daS aus Wunsch des Bestohlenen die sofortige Einstellung der Untersuchung zur Folge hatte; eS stellte sich nämlich heraus, daß der eigene Sohn den Diebstahl ausgeführt hatte.

In einer Straße Londons verbrannt ist ein junges Mädchen vor den Augen Hunderter entsetzter Menschen. EvanS Place war mit Spaziergängern gefüllt, als plötz­lich die unglückliche Gertrude Milcox vom Kopfe bis zu Füßen in Flammen gehüllt, aus einem der Häuser stürzte und auf der Straße zusammmbrach. Mehrere beherzte Männer rissen ihr die brennenden Kleider vom Leibe und erstickten die Mammen mit ihren Röcken, aber die Hilfe kam zu spät. Der Tod war schon eingetreten. Die Feuer­wehr drang in das Haus, aus der die Mil­cox gekommen war und fand dort noch zwei schwer verbrannte Menschen, eine alte Frau und einen jungen Mann. Dir drei hatten

Domino gespielt, die Lampe war vom Tische gestoßen worden und explodiert. Dad»-ch war das Unheil angerichtel worden.

London, 14. Juni. Eine amtliche De­pesche besagt: Die unter dem Oberbefehl des britischen Admirals stehenden inter­nationalen Streitkrüfte trafen am ll.d. M. auf die Boxer, die in beträchtlicher Zahl neben der Eisenbahn bei Langfang standen Es entspann sich ein Kampf; die Bo- flohen und ließen 35 Mann auf dem Kamp platz zurück. Wir hatten keine Verluste."

London, 15. Juni. Ein über Shang­hai eingegangenes Telegramm an dieTimes" aus Tientsin berichtet, daß bei Peking ein ernster Kampf zwischen den internationalen Truppen und denen des Generals Tungfuh- siango stattfand. Die Londoner Blätter bringen ein Telegramm aus Sanghai, wo­nach die japanische Gesandtschaft in Peking niedergebrannt worden ist und ein Gesandter getötet worden sein soll. Eine Bestätigung des letzteren Gerüchtes liegt nicht vor.

Bulgarien hat unbeschränkte Preß­freiheit. Deshalb muß sich Fürst Ferdinand viel sagen lassen. So schrieb dieser Tage die Posch ta", der Fürst gehöre an den Galgen. Das war den Machthabern denn doch zu toll, zumal die .Poschta" auch Karikaturen des Fürsten bringt, Bilder, denen gegenüber die Pariser berühmt gewordenen Karikaturen der Königin von England daS reine Kinderspiel sind. Gerade in der letzten Nummer steht man den an einer überlangen Rase kenntlichen Fürsten auf der Staats­maschine mit vollem Dampf über die Leichen bulgarischer Bauern einherrasen. Gesetzliche Handhaben, gegen den Urheber solcher Dinge einzuschreiten, giebt es, wie gesagt, in Bul­garien nicht: man kann höchstens nach einem gerichtlichen Verfahren den armen Teufel von Strohmann, der als verantwortlicher Redakteur zeichnet, auf mehr oder minder lange Z-it einsperren.

Das reichste Baby in Amerika. Durch die Testamente von John Nicholas Brown und Harold Brown, die in New­port am 22. Mai zur gerichtlichen Bestätig­ung Vorlagen , wurde ein elf Wochen altes Baby der Haupterbe von zwei Besitzungen, deren jede auf ungefähr 24 Mtll. Mark geschätzt wird. Das Kind ist jedenfalls das reichste in den vereinigten Staaten, denn eS wird nach Abzug verschiedener Legate und Ver­mächtnisse nicht viel weniger als 50 Millionen Mark erhalten. Das Kind ist der Sohn von John Nicholas Brown und führt den­selben Namen wie sein Vater.

Führen der Kinder. Kinder haben nur das Weinen als Mittel, um sich ver­ständlich zu machen. Wie oft werden die kleinen Gestalten an der Hand geführt, daß sie die Arme nach oben strecken, und lassen sie ihre Stimme laut werden, um den Schmerz der Ermüdung erkennen zu lasten, werden sie oft am selben Arme gezerrt, um sie durch Drohung zu beruhigen. Wie viel einfacher wäre eS doch, ohne viel Worte zu verlieren, den Arm zu wechseln, wenn mau sich nicht überhaupt von der Unzweckmäßigkeit, deS FührenS an der Hand überzeugen kann. Ein Kind wird viel lieber einen Stock oder ein Band nehmen, nm sich in bequemer Haltung daran zu führen.

.-. (Schneidiger Leutnantstoast) : .Augen links, Augen rechts: Aufs Wohl des weiblichen Geschlechts!"