(Bund der Landwirte) 2120 Stimmen, K. Houßmann (Volkspartei) 190 Stimmen, ! Gröber (Z ntruw) 357 Stimmen u. Dietrich l (Sozialdemokrat) 165 Stimmen. Haug ist i somit gewählt. (Bei der Hauptwahl im ! Jahr 1895 erhielten der -s Stadtsckultheiß Hong 1688, Honold (Vvlkspartei) 1262, Gröber (Zentrum) 462 uud Dietrich (Sozialdemokrat) 132 Stimmen. In der Stichwahl siegte Haug gegen Honvlb mit 1983 gegen 1934 Stimmen.) Trotz der heutigen flauen Abstimmung — von etwa 4800 Wahlberechtigten haben nur rund 2800 abgestimmt -- hat Haug eine Stimmenzahl erhalten, wie sie sein verstorbener Bruder nicht einmal in der Stichwahl erhielt. Am auffallendsten ist der enorme Rückgang der vvlksparteilichen Stimmen.
Pforzheim, 28. Mai. Wrn'g mutig zeigte sich eine große Zahl von Gaffern, «eiche zusahen, wie ein Kind die Enz herunterschwamm , ohne daß einer das arme Wesen dem nassen Element zu entreißen, sich getraut hätte. Endlich fand sich ein 19jähriger junger Mann namens Kleinheinz, welcher das Kind glücklicherweise noch lebend ans Land brachte.
— Ein vergeßlicher Musikdirektor. Bei der in voriger Woche abgehaltenen Kaiserparade des 80. Infanterie-Regiments zu Wiesbaden schwenkte — was allgemeine Heiterkeit erregte — die RegimentSmustk schon nach dem Vorbeimarsch des zweiten Bataillons ein, ohne zu bedenken, daß das dritte Bataillon aus Homburg zur Parade beordert war. Der langjährige Musikdirektor Münch ist alsbald „beurlaubt" worden.
München, 29. Mai. Eine beispiellose Soldatenmißhandlung wird aus Graz berichtet: Größte Aufregung rief dieser Tage die unverantwortliche Behandlung eines Soldaten durch einen Offizier hervor. Der Oberleutnant Baron Kübeck vom 5. Dragoner- Regiment ließ nämlich einem Reservisten wegen eines ganz unbedeutenden Vergehens — angeblich wegen Nicht-Salutierens Inder Kantine — in der Leonhard-Kavallerie- Kaserne die Strafe des Anbindcns zu teil werden. Diese Strafe darf nicht länger als zwei Stunden dauern. Diesmal ließ der Offizier aber den Soldaten die ganze Nacht hindurch angebunden. Als der Soldat endlich abgenommen wurde, verfiel er in Tobsucht, so daß er mit Aufgebot vieler Soldaten nach dem Spital gebrach! werden mußte. Es ist übrigens nicht das erste Mal, daß sich solche Vorfälle in dieser Kaserne ereigneten. Die Affairc erregt um so mehr peinlcheS Aufsehen, als der Offizier in verwandtschaftlichen Beziehungen zum früheren Statthalter von Steiermark, Guido Baron Kübeck, steht.
— Der Kaiser an den Kronprinzen. Laut „Militärwcchenblatt" richtete der Kaiser an den Kronprinzen am 6. Mai morgens folgende Ansprache: Du thust heute einen wichtigen Schritt ins Leben. Der Rang deS des Kronprinzen ist durch Deinen hochseligen Großvater, der die längste und wichtigste Zeit seines Lebens in dieser Stellung gewesen ist, so emporgehoben worden, daß eS der Arbeit eines Lebens und Deiner ganzen Manneskraft bedürfen wird, um diese Stellung so zu erhalten, wie sie seit Deinem Großvater im Herzen des deutschen Volks und der Armee fortlebt. Zuerst als Kronprinz von Preußen, dann als Kronprinz
deS Deutschen Reiches, als dieses 1870/71 zusammengeschweißt war, ragt die herrliche Gestalt, die zuletzt so unsagbar gelitten hat, in der Geschichte hervor, lebt sie im Herzen des Volkes alS Kronprinz xar oxesilsnoo. Das Ansehen, das Dein Großvater der Stellung des deutschen Kronprinzen in der Welt und bei seinem Volke verschafft hat, ist für dich eine Erbschaft, welche Du un- geschwächt zu erhallen und zu m-hren hast. Mache es Dir klar, daß Du Deiner ganzen MonneSkraft bedarfst, um dieser hohen Ausgabe gerecht zu werden. DaS ist der Gedanke, der mich bewegt, wenn ich Dich heute in persönliche Beziehungen zum Regiment Kronprinz bringe.
— Selbstmord eines Schulknaben infolge Zahnschmerzes. Der Schulknabe Stolze zu Staßfurt hatte sich vor einiger Zeit des Abends in Abwesenheit seiner Eltern aus deren Wohnung entfernt, ohne daß eine Spur desselben ermitttelt werden konnte. Der Knabe hatte vorher über heftige Zahnschmerzen geklagt und wiederholterklärt, daß er dieselben kaum noch auShalten könne. Man nahm deshalb an, daß sich der Knabe infolge der übergroßen Schmerzen ein Leid angethan haben könne, zumal die Spuren des Knaben nach dem nahen Bodeflusse deuteten. Erst jetzt ist dies j-doch zur Gewißheit geworden, da seine Leiche zwischen Löbnitz und NeugatterSleben dieser Tage aus der Bode gelandet wurde.
— Das Ende der lex Heinze. Am vorletzten Dienstag hat bekanntlich der Reichstag einen Antrag angenommen, nach welchem die Ueberlassung gegen Entgelt oder die Anbietung von Schriften, Abbildungen und Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl g'öblich verletzen, an Personen unter 16 Jahren mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis 600
bestraft wird. Damit ist die lsx Heinze aus der Welt geschafft; wir hoffen für immer. DaS Zentrum hat endlich eingesehen, daß eS eine verkehrte Politik ist, gegen die Ueber- zeugung eines gesund empfindenden Volkes die Freiheit künstlerischen und wissenschaftlichen Schaffens durch Gesetze zu fesseln. So spät auch die Erkenntnis kam, so er. freulich ist es, daß sie gekommen ist. Die Ultramontanen haben sich dadurch vor einem Odium bewahrt, das sie auf die Dauer nicht hätten tragen können.
— In Rölhis bei Bregenz wurde dieser Tage einem dortigen Lehrer das 20. Kind geboren. Von diesen sind 17 am Leben, 12 Knaben und 5 Mädchen.
— Eine bestialische That wurde in dem östereichtschen Grcnzorte Trzebinia verübt. Dort befand sich bei der Witwe Ka'harina Zapla daS dreijährige Kind einer Dienst- magd seit längerer Zeit in Pflege, und da das Kind infolge ärgster Vernachlässigung von seiten der Pflegerin vor einigen Tagen erblindete, beschloß dir Frau, das arme Wesen umzubringen. Zu diesem Zwecke nahm sie in Gemeinschaft mit ihrer verheirateten Tochter Jadwiga Molenkiewicz in der Nacht das Kind mit in den nahen Wald, steckte es daselbst in einen mttgebrachten Sack und schlug diesen dann so lange an einen Baum, bis das Kind kein Lebenszeichen mehr von sich gab, worauf die Frauen die Leiche vergruben. Ein Waldhüter, welcher das Schreien des Kindes gehört und die beiden Frauen in ^ den Wald verlassen gesehen hatte, schöpfte
Verdacht und suchte so lange, bis er die rische Grube und die KindeSleiche in der- elbe entdeckt hatte. Er erstattete Anzeige, worauf die beiden Wciberbestien verhaftet wurden.
Paris, 29. Mai, 12'/s Uhr nachts. Der Kriegsminister Gallifset richtete an den Ministerpräsidenten WaldeckRousseau folgendes Schreiben:
„Ich habe die Ehre, Sie zu bitten, dem Präsidenten der Republik meine Demission zu unterbreiten. Ich bin sehr leidend und meine durch die jüngste Krankheit erschütterte Gesundheit gestattet mir nicht, ollen Aufregungen deS Augenblicks Wiederstand zu leisten. (Gez) Galliset."
— Das Amtsblatt wird morgen früh ein Dekret veröffentlichen, wodurch General Andrö zum Kriegsminister an Stell: Gallif- fetS, dessen Demission angenommen ist, ernannt wird.
Neueste Nachrichten.
London, 31. Mai. Der Spezialkorrespondent der „Daily Mail" telegraphierte am 30. d». vormittags 11'/i Uhr aus Pretoria: Pretoria wird in 2 Stunden von den Engländern besetzt sein , ohne daß Widerstand geleistet wird. Der Präsident begiebt sich nach Watervalboom. Der Bürgermeister ist ermächtigt, die Engländer zu empfangen. ES ist ein aus einflußreichen Leuten bestehender Ausschuß gebildet worden, um Leben und Eigentum während deS Interregnums zu schonen. ES herrscht überall Ruhe. Große Menschenmassen erwarten die Ankunft der Engländer.
Pretoria , 31. Mai. (Reutermeldung vom 30. Mai.) Britische Offiziere find in Johannesburg und diktieren die Bedingungen der Uebergabe. Man glaubt, eS werde krin Widerstand geleistet werden. Die englische Avantgarde steht auf halbem Wege zwischen Johannesburg und Pretoria. Durch eine von dem Bürgermeister einberufene Volksversammlung wurde ein Ausschuß gebildet, zu welchem der Richter GregocowSki gehört, nm die Ordnung aufrecht zu erhalten. Präsident Krüger befindet sich in Watervalboom.
Pretoria, 31. Mai. (Reutermeldung.) Von den Forts um Pretoria sind alle Truppen zurückgezogen.
London, 31. Mai. Eine Depesche Lord Roberts' aus Germiston von gestern meldet, der Kommandant sei, nachdem Lord Roberts einen Parlamentär nach Johannesburg gesandt hatte, zu ihm gekommen und habe ihn ersucht, den Einzug in die Stadt um 24. Stunden hinauszuschieben, da sich noch viele bewaffnete Bürger in derselben befanden. Er habe eingewilligt, da er darauf bedacht sei, eine etwaige Ruhestörung in der Stadt zu vermeiden und auch noch feindliche Abteilungen die Hügel der Umgebung besetzt halten, welche vorher gesäubert werden müßten.
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