Me Abgründe.
Novelle von F. Stöckert-l
2) (Nachdruck verboten.)
„Das sind Viele Fragen auf einmal Kind- Bitte, erlaß eS mir, sie jetzt zu beantworten, denn Du kannst unmöglich schon das richtige Verständnis für mein innerstes Geistesleben haben."
Ueber Ericas Gesicht flogen leichte Schatten bei diesen Worten. Warum ließ er sie nicht eindringen in die Tiefen seines Geisteslebens?" War es nicht seine heiligste Pflicht gegen sie, die er zur Lebensgefährtin erwählt l Und sie würde sich die erdenklichste Mühe geben ihn zu verstehen.
„Da sind sie wieder, die Schatten auf Deiner klaren Stirn I" rief Benno; „vorhin schon, als ich da drüben Dich beobachtend im Gebüsch stand, bemerkte ich sie zu meiner Verwunderung. Ich sah wie Du den Brief zusammenfaltetest, natürlich ist er an mich, und ich darf ihn mir wohl zueignen?" er steckte ihn lächelnd in seine Tasche. „Dann sah ich, wie Dein Gesicht plötzlich ernst und nachdenklich wurde," fuhr er fort. „Was hattest Du nur? Woran dachtest du?"
„An Dich natürlich," crwiederte Erica.
„An mich? und dabei diese Wolken auf Deiner Stirn!"
„Ich dachie an einen Ausspruch Va- lentinenö über Dich, der mich schon viel beschäftigt hat."
„Und der lautet?"
„Männer, wie Du, glaubten an keinen Gott l"
„Ah, also das hat Valentine gesagt und nun soll ich Dir wohl mit Faust antworten:
„Wer darf ihn nennen?
Und wer bekennen:
Ich glaube ihn."
„Sie hat übrigens ganz recht, die kluge Valentine, ich habe keine Glauben mehr I"
„Keinen Glauben! o, Benno, das ist — das kann nicht wahr sein."
Tief erschrocken sah Erica zu ihm auf.
„Doch, mein Liebling, ich habe ihn verloren damals, als meine einzige Schwester starb, von der ich Dir schon erzählte. Die Aerzte hatten sie aufgegeben, mit fieberglühenden Wangen, die schönen Augen halb gebrochen, lag sie auf ihrem Bett, da Hobe ich mich demütig vor Gott dem Allmächtigen ein gläubiger Christ, der ich damals noch war, gebeugt, aus den Knien habe ich zu ihm gebetet um das teure Leben, wie nur je ein Gläubiger aus Erden gebetet hat, und während ich betete, da hauchte sie den letzten Seufzer aus. War das nicht für mein heißes Gebet der denkbar bitterste Lohn? Diese Antwort eines Gottes der Liebe auf mein Gebet I Warum mußte sie sterben, warum schuf Gott ein so vollkommenes, herrliches Wesen, um es, kaum erblüht, dem Tode verfallen zu lassen? So fragte ich mich wieder und wieder, bis zum Wahnsinn warteten solche Gedanken und Fragen mein armes Hirn. Tobt! Todt I Todt dröhnte es immerfort wie mit Hammerschlägen daran, tot ist ewige Nacht, ewiges Dunkel, ewige Vernichtung!"
„Vielleicht nahm Gott Deine Schwester zu sich weil sie reif war für sein himmlisches Reich!" sagte Erica schüchtern.
»Ja, glaubt ihr frommen, guten, Seelen, aber steht nur erst einmal an einem
solchen Grabe, das Alles umschließt, waS ihr geliebt. Unter dem kalten Marmor- stein, da sah ich sie liegen die holde, geliebte Gestalt, der Zerstörung, der Verwesung preisgegeben. Verzweiflungsvoll blickte ich auf zum Himmelstom, wo im weilen Weltall ist die Stätte, wo die abgeschiedenen Geister weilen? In sternklaren Nächten beobachtete ich die flimmernden Weltkörper. Die Wissenschaft weiß sie mit Namen zu nennen, weiß ihre Bahnen zu bezeichnen, aber niemand weiß zu sagen, ob einer von den tausend Sternen den Seelen der Verstorbenen zur ewigen Heimat geworden; und bei all diesen Fragen, die unbeantwortet blieben, bei diesen Zweifeln und diesem Verzweifeln, da schwand schließlich der letzte Rest meines Glaubens an Gott und die Unsterblichkeit. Bisweilen kam mir auch wohl der Gedanke, das Leben wie eine nicht mehr zu tragende Last von mir zu werfen aber mit der Erkenntnis, daß mit dem Tode alles aus, packte es mich denn oft wieder mit wilder Lebenslust; ich stürzte mich, meinen Schmerz und Gram zu betäuben, hinein in den Strudel des GenießenS."
Halb verlegen brach er plötzlich ab, nein, weiter durfte er nicht beichten, diesem erschrockenen süßen Antlitz gegenüber wagte er doch nicht zu erzählen, wie er die Höhen und Tiefen des Daseins zu ermessen gesucht, den schäumenden Becher des vollen Lebensgenusses an die Lippen gesetzt und bis zur Neige geleert hatte, bis das Schicksal sie auf feinen Lebensweg geführt, und es ihn mit Glück und Jubel erfüllt hatte, daß er einer liefen Liebe, eines so reinen, wahren Empfindens noch fähig.
Erica war es, während er so sprach, als griffe eine kalte Hand hinein in ihr innerstes Seelenleben, ein Frösteln überkam sie, und unwillkürlich rückte sie ein wenig fort von dem Geliebten.
„Und nun wirst Du Dich hinweg wen, den von dem glaubenslosen Mann," sagte dieser, sich langsam erhebend und sie angstvoll anschauend, „wirst ihn für immer verbannen aus Deiner reinen Nähe!"
Ein scheuer Blick traf ihn, doch sie war ein schwaches Mädchen, dessen Charakter sich noch in keiner Weise gefestigt halte. Er aber besaß alle jene bestrickenden Eigenschaften, denen Frauenherzen schwer zu widerstehen vermögen; und sie liebte ihn, liebte ihn mit der ganzen Kraft ihres jungen Herzens. War eS nicht eine heilige, herrliche Mission, die Seele eines so reich begabten Mannes zu reiten, zu Gott zu führen? So sagte sie sich, und ein altes Lied fiel ihr dabei ein, daß sie irgendwo einmal gelesen hatte und welches lautete:
Ich weiß und frage nicht,
Ob man Dich schuldig heißt;
Weiß nur, daß ich Dich liebe,
Wer Du auch immer sei'st.
Und wie er da vor ihr stand, die stattliche, vornehme Erscheinung, die Augen in banger Frage auf sie gerichtet, da wußte sie eben nur, daß sie ihn liebte, den armen, glaubenslosen Mann-
„Du weißt ja, daß ich Dich liebe," sagte sie einfach.
„Und das ist vielleicht Dein Schicksal, armes Kind," murmelte er.
„Nun aber muß ich mein liebes Schwiegcr- mamachen begrüßen," setzte er dann schnell
im heitersten Tone hinzu, indem er äbet ihre Stirn strich. „Hinweg mit den Wolken darauf mein Lieb! Wir sind beide jung, das Leben ist so reich, so schön, wozu sich mit Fragen quälen, deren Bedeutung doch erst übers Grab hinaus beginnt. Deiner Mutter verschweige es lieber ganz, daß sie einen so heidnischen Schwiegersohn bekommt, die alte Dame soll damit nicht beunruhigt werden."
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Lehret Eure Kinder richtig sprechen. „Eine schöne Sprache gewinnt die Herzen", das sollten sich unsere Mütter ganz besonders merken, da sie ja an erster Stelle berufen sind, dem Kinde das Sprechen bei- zubringen. Es ist ganz falsch, das unverständliche Lallen des Kindes dadurch zu unterstützen, daß wir das von ihm verstümmelte Wort in gleicher Weise nachsprechen, anstatt ihm unermüdlich die richtige Aussprache zu Gehör zu bringen. Die „Schwäbische Frauenzeitnng", die in der neuen Nummer hierüber schreibt, und neben vielem Anderem in derselben Nummer auch einen wichtigen Aufsatz zur Frage der Mädchen« schulreform bringt, legt neben den haus- wirtschaftlichen Fragen auch besondere Sorgfalt auf die Erziehung der Kinder; auch ist u. a. eine in bestimmten Zwischenräumen erscheinende Ktnderzeitung beigesügt. Jede Hausfrau sollte auf diese lehrreiche Familienzeitschrift und einzige Hauöfrauenzeitung Württembergs abonniert sein, zumal der Abonnementspreis pro Vierteljahr nur 60 Pfg. bei freier Zustellung beträgt.
— Rationelle Ernährung ist die Grundbedingung für unser körperliches Wohlbefinden, und darum müssen wir der Nahrungmittelfrage unbedingt eine erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden. ES ist die Pflicht, namentlich jeder Familienmutter, alles Neue, waS auf diesem Gebiete erscheint und Beachtung verdient, zu prüfen — das Beste aber behalten. Auf diesem Wege wird sie ganz sicher dazu kommen, die Produkte der Maggi-Gesellschaft dauernd in ihrem Haushalte zu verwenden, zu ihrem eigenen und ihrer Angehörigen Vorteil. Maggt's löö- siche Frühstücks-Suppen, Gemüse- und Kraftsuppen, Bouillonkapsein und — nicht zum wenigsten >— die allbekannte Suppenwürze sind dazu berufen, auf dem Gebiete der Volksernährung eine große Rolle zu spielen; um so mehr, als dieselben sich neben ihrem großen Nutzen auch durch billigen Preis auszeichnen.
.'. (Falsch aufgefaßt.) Die vierjährige Lili (am Fenster stehend): „Mama, warum ist der Mond jetzt immer betrunken?" — Mama (ganz entsetzt): „Aber Kind, wie kommst Du denn auf den Gedanken; der Mond ist doch nicht betrunken, wer hat Dir denn das gesagt?" — Lili (aufgeregt): „Ja, aber Mama, Du sagtest doch, heute ist der Mond voll!"
.-. (Der zerstreute Professor.) Professor (in der Klasse): „JungenS, wo ist denn der Schürmann?" — Ein Schüler: „Der Schürmann ist gestorben." — Professor: „So wann kommt er denn wieder?"
(Erkannt.) Soldat (schmachtend): „Ach, Lina, wüßtest Du, was ich im Innern fühle l" — Köchin ich hör's sogar knurren."
Redaktion, Druck und Verlag von B«rnh. Hvfmann in Wildb « d.