Die Sirene.
Novelle von F. von Limburg.
15) (Nachdruck verboten.)
VII.
Wie von Furien gejagt war Konrad Baumann indes zur Brandstätte geeilt, totenbleich, voll heißem Jammer in der Seele. Ja, sie hatte Recht, Anna, daß sie das so sehnsüchtig verlangte Wort der Versöhnung nicht gesprochen, so leicht sollte seine Buße nicht sein, und dennoch sehnte er sich danach, wie der Sterbende nach einem letzten Tropfen Labsal.
„Lebewohl", murmelte er vor sich hin, nach seinem Heim zurückschauend, welches jetzt hinter der Düne verschwand, „Gott sei mir Sünder gnädig!"
Im nächsten Moment stand er dem Hellen Flammenmeere gegenüber, prasselnd züngelte die Lohe gen Himmel und, nicht zufrieden mit dem ersten Häuschen, batte sie bereits ein zweites und drittes ergrifs-n; Jammergeschrei erscholl ringsumher, die Bewohner der Gebäude mochten teilweise schon in tiefem Schlafe gelegen haben, sie waren nur eben aus dem Bette gesprungen und vermochten laum mehr als das nackte Leben zu retten.
„Der Herr Oberförster", riefen viele Stimmen, als Baumann jetzt unter die braven Leute trat, „wie gut, daß Ihr kommt, 'S ist ein eniikh'ichks Feuer!"
„Sind alle Menschen gerettet?" frug der Angeredete hastig, „hier wrhnen ja die armen Auszügler Grotes."
„Ich glaube, d e Frau liegt noch oben" liß sich eine Stimme vernehmen, „der Mann rief eben weinend noch ihr und ist nun besinnungslos umgefallen —"
„Wo ist sie — ich werde sie holen", sagte Konrad Baumann ganz ruhig und streifte den Rock ab, welcher ihn hinderte, „Platz da, Ihr Leute, wo liegt die Unglückliche ?"
„Sie hat die G'cht und kann sich nicht rühre», dort im Giebelstübchen liegt sie — aber Herr Oberförster, Ihr dürft nicht mehr hinaus! Das Dach wi»d soglech stürzen, di; Sparren haben bereits Feuer gefangen und die Alte ist verloren."
„Platz da*, so klang es ruhig, furchtlos von den L ppen des Oberlörsters, er faltete die Häute und neigte einen Moment In stillem Gebete das Haupt, während alle Anwesenden in schinckensvollem Schweigen zu ihm hinüber blickten. Dann schritt er vorwärts, der brennenden Hütte zu — und Verschwand in der Thür derselben.
„H-rrgott im Himmel, unser armer Oberförster ist verloren", sagte ganz laut der Schulze des Dorfes, „die Balken brennen bereits, sie werden stürzen, ehe er —"
Da brach ein nicht enden wollendes Rufen auS, denn droben am kleinen Gicbelstnster erschien hochaufgerichtet und leichenblaß der junge Oberförster, eine leblose alte Frau in den Armen,
„Schnell, Ihr Leute, bringt Betten, fangt sie auf", scholl eine Stimme deutlich verständlich durch das Prass ln und Zischen der Flammen, wenn Ihr zögert ist sie verloren!"
Wie eS alles gekommen, hat kein Einziger später genau erzählen körnen; genug, im nächsten Augenblick sank die kranke Frau auf die hcrbkigeschafften Betten — und der
brennende Balken stürzte krachmd in das
Innere der Hütte-
Der Platz, wo Oberförster Baumann gestanden, war leer und die Anwesenden verhüllten schweigend das Antlitz. —
vm.
„Was ist geschehen, um des Allmächtigen willen, wo blieb der Oberförster?" klang eine leidenschaftliche Frauenstimme, und hoch zu Roß hielt Gräfin Jutta an der Brand» stätte; das schöne Antlitz sah völlig entstellt aus, die bebende Hand vermochte kaum den Zügel halten und ihre Brust hob und senkte sich stürmisch.
Aber niemand antwortete ihr, sie halten alle Thränen in den Augen und heimlich falteten sich die Hände zu einem Vaterunser.
„Reitet, rettet ihn," schrie noch einmal die Schloßfrau vom Meere, „ich biete Euch hohen Lohn, ich will sein Leben mit Gold aufwiegen I Hört Ihr nicht? Weshalb steht Ihr so starr und bewegungslos und helft nicht Euren Oberförster retten"
Es ist z» tpä>," scholl es dumpf zurück, „aus dem Flammenmeer kann nicht einmal seine Leiche gerettet werden —"
Ta brach das stolze Weib zusammen, die schrecklichsten Gewissensbisse folterten ihre Seele, doch es war zu spät!
Furchtbares Wort für das Menscherherz, dies kurze; „Zu spät." Verächtlich und finster wandten sich die Dörfler von der vornehmen Dame ab, die niemals ihren Groß erwicdert oder ein gütiges Wort für sie halt-, und nun so verzweifelt und händeringend dort auf dem schnaubenden Rosse saß. Hörte sie nicht aus dem Krachen der Balken und dem Prasseln der Flammen eine ernste Stimme heraus: „Du trägst die Schuld! Durch Dich ward er in den Tod gelricben, durch Dich ist sein Wstb, seine Kinder verlassen, verwaist I"
Mit der letzten Kraft, die ihr geblieben, warf Jutta das Pferd herum und jagte davon , dem einsam und dunkel daliegenden Forsthause zu; was sie da wollte, hätte sie sich nicht vorh r erk-ären können, es trieb sie eben mit unwiverstehücher Gewalt hin.
Hastig, wie von Furien gepeitscht, flog das Tier durch die dunkle Nacht; nur mitunter, wenn die Wellen drohender aufbrüllten oder eine Möwe jäh verüben flog, wieherte es hell auf und dann schauderte -die bleich' Reiterin zusammen.
J'tzt zog sie die Zügel fest, als das Forsthaus vor ihr lag und sprang hastig aus dem Satiel, das schnaubende Pferd lose an einen Banm bindend; dann wandte sie sich zur Hausthür augenscheinlich schwer mit sich kämpfend.
Kreischend drehte sich die Pforte in den Angeln, der Hausflur war öee und dunkel, koch schon easchien im Hintergründe ein fahler L chtschein und gleich darauf stand Anna vor der Gräfin; aber sie prallte zurück als habe sie einen Geist gesehen, dann streckte sie abwehrend die Hand aus.
„Jutta, Du? Was willst Du von mir? Barmherziger Himmel, willst Du noch mehr Unheil über mich häufen, als Du bereits thatest?"
„Rein, Anna," stöhnte die Schloßsrau, „diesmal bin ich nicht schuld an — —"
„So bringst Du dennoch Unheil — ich wußte echl Das Käuzchen schreit unauf
hörlich und der Todtenwurm pocht an die
Wand "
„Anna, kannst Du wir vergeben?*
„So hat mich vor wenigen Stunden schon eine andere Stimme gefragt," sprach die arme Frau ionios, „aber, Jutta, glaubst Du, daß es für mich so leicht ist, die Frage zu bejahen? Monate, nein, Jahre lang kann man nicht hintergangen werden, um dann sogleich — zu vergessen — und ich glaubte — Du festst meine Freundin —" DaS sonst so übermütige Weib senkte beschämt das blonde Haupt. „Anna — ich fühle daß ich an Dir gesündigt habe, und doch nicht so schwer als Du denkst — denn ich liebte Deinen Gatten nicht —" (Fortsetzung folgt.)
Kcruswiaat schcrftLiches.
Für die Poesie ist kein Platz mehr ans der Erde.
Wie vielen Hausfrauen z. B. war das Bleichen der Wäsche auf sonnigen Wiesen sozusagen ein poestevolles Vergnügen. Aber woher sollten in der Großstadt alle die Bleichen kommen, um jeder einzelnen Hausfrau dieses V rgnügen zu gewähren? Da bleibt von der Poesie nichts weiter übrig als die praktische Forderung, daß die Wäsche nicht nur rein, sondern weiß sein soll. Und wenn die Bleiche dazu nicht mehr möglich ist, muß eben ein anderes Mittel gefunden werden. Natürlich ist dies andere Mittel längst vorbanden; denn Dr. Thompson's Seifenpulver in den allbekannten roten Paketen mit dem weißen Schwan macht die Wäsche ohne Bleiche — ja sogar ohne das mühsame Arbeiten am Waschbrett — blütenweiß.-r und duftiger, als cs die Rasenbleiche jemals vermochte. Und jetzt kommen auch die Frauen auf dem Lande dahinter, daß es mit der Poesie der Rasenbleiche überhaupt seinen Haken hat; denn im Grunde ist das ewige Wassnschleppen eine mühsame Arbeit, die zudem nasse Füße und Schnupfen bringt. Die Frauen des Landes machen es den Stadlfrauen nach und brauchen ebenfalls Dr. Thompsorsts Scifen- pulver mit dem Schwan.
Verschiedenes.
— Ein Musterehepaar. Der „Bad. Landsmann" brachte in seiner Montags« nummer folgende Warnung: „Ich warne jeden, meiner schon stebzehnmal entlaufenen Frau Z'tha Schneider auf meinen Namen zu borgen, weil ich für sie keine Zahlung mehr leiste. Leo Schneide«, Ettlingen." — Alö Antwort bringt die entlaufene Ehefrau folgende Erklärung: „Ich erkläre hiermit, daß ich schon acht Monate nicht mehr mit Leo Schneider Hause und seither aus einer anständigen Schüssel «sse und nicht aus dem Sautrog, wie er es Mil mir im Sinne hatte. Er hat vielleicht einmal nichts mehr in einem Sautrog, viel weniger in einer Schüssel; auch brauche ich ihn nicht zur Bezahlung, denn er wied vielleicht auf seinen sstamen selber nichts bekommen. Er glaubte, wenn er nach Ettlingen zieht, gehe ich wieder zu ihm, indem er eS mir vielmal sagen ließ u»d sogar durch das Gericht mich verlangen wollte. Mein Gott behüte mich! Zum gnälrn lassen für mein Lebtag bin ich gewiß nicht geboren. Er hätte ruhig in Sulzvach bleiben können. Dieses als erste und letzte Antwort. Zilha Schneider, Ettlingen."
»chgktto», vpick u»b Verlag vvv Beruh. Hoimaun iu WilLbai».