Rundschau.

Stuttgart, 10. April. In diesen Tagen ist eine bemerkenswerte Einrichlung sozial­politischen Charakters ins Leben getreten. Es ist nämlich das GenesungS- und Erholungs­heim Bad Röthenbach bei Nagold in Eigen­tum und Seldstbetrieb der Versicherungsan­stalt Württemberg übcrgegangen. Die Zweck­bestimmung dl- Heimes ist nach einer Be­kanntmachung des Vorstands der Versicher­ungsanstalt imSt.-Anz." :

s) Solche männliche Versicherte, welche Krankheiten überstanden haben und der Pflege im Krankenhaus nicht mehr bedürfen, für welche dagegen behufs Förderung und Er­möglichung thatsächlicher Wiederaufnahme ihres Berufs weitere Genesung und Erholung in besonderer Anstalt sich empfiehlt', ferner b) solche männliche Versicherte, bei welchen es sonst um klimatische, diätetische und ähnliche einfachere Kuren sich handelt, zu vorüber­gehender Kur aufzunehmen. Ausgeschlossen ist die Aufnahme von solchen Versicherten, welche an ansteckenden Krankheiten, an Gei­steskrankheit, Epilepsie oder Tuberkulose leiden oder Gebrechen haben, vermöge welcher sie hilflos sind und dauernder besonderer per­sönlicher Beihilfe und Pflege bedürfen. Ge­währt werden als Normalkost täglich 5 Mahl­zeiten : erstes Frühstück, zweites Frühstück. Mittagessen, Vesper und Abendessen. Für einzelne Fälle besonderer Art tritt eine Zu­satzkost an Extraspeism und Extragelränken zur Normalkost oder an Stelle der letzteren eine Spezialkost. Aufnahmegesuche sind, mit ärztlichen Zeugnissen belegt, durch die Orts- behörde für die Arbeiterverficherung od>r, wenn der Versicherte einer Krankenkasse an- gehvrt, durch diese oder, wenn der Versicherte auf Kosten der Versicherungsanstalt Würt­temberg in einer Heilanstalt sich befindet, durch die Verwaltung der letzteren bei dem Vorstand der Versicherungsanstalt Württem­berg in Stuttgart schriftlich einzur-ichen. Zur Benützung dieses Heimes wird von der Versicherungsanstalt aufgeforder».

Stuttgart, 11. April. Auf der Tages­ordnung der Plenarsitzung vom 24. April, mit welcher die Kammer der Abgeordneten ihre Sitzung wieder ausnehmen wird, steht;

1) Bericht der volkswirtschaftlichen Kom­mission , betreffend die Ueberstcht über die Verwendung der für den Eifenbahnbau, sowie für außerordentliche Bedürfnisse der Eisen- bohnvelwaltung verwilligien Geldmittel.

2) Berichte und Anträge der Kommission für Gegenstände der inneren Verwaltung zu verschiedenen Eingaben (betreffend Reb- lausgesahr, Manöverschäden, Berechtigung der Realaustallen rc).

Heilbronn, 12. April. Von der rühren­den Treue eines HundeS wird uns von durchaus glaubwürdiger Seile eine hübsche Geschüchte erzählt: Vor einiger Zeit starb ein hiesiger, in der Stadt wohlbekannter Feldwächter, dessen steter und treuer Bgleiter auf feinen einsamen Gängen ein schwarzer Spitzer war. Schon während der Krank- keit feines Herrn wich der Hund keinen Augenblick vom Bette desselben, und sein ganzes B-nehmen war ein so mitlciderwcckendeS daß der K>anke ihn zuletzt zu sich aufs Bett nahm, wo der Hund denn auch nach dem Tode des Herrn Wache hielt. Am Abend des Begräbnistages war derselbe verschwunden, am andern Morgen fand ihn der Friedhof- «ussrhrr auf dem frischen Grabhügel, in

welchen er ein tiefes Loch gescharrt hatte. Heimgekehrt entwischte er wieder und wieder fand man ihn am andern Morgen klagend und winselnd auf dem Grabe, das er wieder­um aufgewült hatte. So schwer cs nun auch den Hinterbliebenen des Feldwächters fiel, so sahen sie sich doch, um weitere Un« annehmllchkeiten sich zu ersparen, zuletzt ge­nötigt , dem Leben dcS treuen Tieres ein Ende zu machen. Das Wort von der Hundetreue" ist eben keine Phrase I

Hall, 11- April. Einen seltenen Fang erbeutete der Jagdpächter Frenz in Geis­lingen am Kocher, insofern er dieser Tage beim Fällen einer hohlen Buche ein Prachtexem­plar von einem Edelmarder lebend einfing.

Leutkirch, 10. April. Bei der heurigen Musterung stellte sich hier der Rekrut Binzeuz Bernhard aus Wintcrstctten, der 1,29 Meter groß ist und 27'/, Kg. wiegt.

Pforzheim, 11. April. Der Typhus ist vollständig aus unserer Stadt verschwunden. Ende der vorigen Woche lag nicht ein Ty- phuSkranker mehr im Krankenhause.

Pforzheim. Um billiger auf die Welt­ausstellung zu kommen, sind mit den beiden Weltreisendcn, die vorige Woche hier waren, 2 junge Pforzheimcr abgereist, um zu Fuß nach Paris zu gelangen.

Pforzheim. Zu den Dummen, die nicht alle werden, gehört auch ein hiesiger Ein­wohner. Derselbe erhielt vor einiger Zeit aus Spanten einen Brief, worin ihm mit­geteilt wurde, daß beim Kirchhof hier ziem­lich viel Geld vergraben sei, er möchte doch dem Briefschreiber etwa 400 Mark schicken, Der gute Mann raffte all sein Geld zu­sammen und schickte dem Schatzgräber 200 «/A mit einer großen Entschuldigung, daß es ihm unmöglich sei, noch mehr zu schicken. Aber bis heute ist der Spanier noch nicht eingetroffen.

In Weinheim (Baden) erhängte sich das 8jährige Söhnchen eines Großindustriellen wegen einer schlechten Censur.

In Mainz ertränkte eine Arbeiter­frau ihr zwei Monate aites Kind in einer Badewanne, weil sie mit ihrem Manne in Unfrieden lebte.

In einem Dorse des untern Elz- thales wurde der Totengräber vermißt. Der Mann war nirgends zu finden, bis man am nächsten Morgen aus einem frisch aufge­worfen Grab ein lautes Schnarchen hörte. Hier lag der vermißte Todtengräber und schlief noch immer seinen Kanonenrausch aus, den er sich am Tage vorher angetrunken hatte. Der Sturz in das Grab hatte ihm nichts geschadet.

München. 12. April. DieM. N. Nachr." melden aus Bremen: Der Kassier Lffta aus Duisburg, der mit der Kaffe dlS DampfkeffelvereinS Düsseldorf durchgedrannt ist , wurde hier verhaftet. Man fand 11 400 bei ihm vor.

München, 12. April. DieM. N. N." melden aus Graz: Bei der Firma Lapp er­eignete sich ein schweres Unglück. Ein Ge­fäß m't geschmolzenem Eisen brach und 4 Arbeiter wurden vollständig verbrannt.

Ueber den deutschen Kronprinzen, dessen Volljährigkcitserklärung nunmehr be- vorsteht, berichtet die .Kölnische Z-itung": Der Kronprinz, der seit seiner Uebcrstedel- ung von Piön nach Potsdam dort in großer Stille lebt und sich zunächst dem Studium der Militärwissenschaften widmet, in denen

ihm vier Lehrer der Kriegsschule in Pots­dam Unterricht erteilen, hat sich vorzüglich entwickelt. An Körperlänge ist er bereits seinem kaiserlichen Vater über; wo er in Gesellschaft bisher erschienen ist, fällt sein bescheidenes Wese» und sein kluges Auge vor all m vorteilhaft auf. Bald nach der Volljährigkeitserklärung wird er zunächst längere Zeit im 1. Garderegiment zu Fuß Dienst thun und später nach Bonn über- strdein, um dort die Hochschule zu besuchen."

Aachen, 6 . April. DerOeffentliche An­zeiger zum Amtsblatt der kgi. Regierung zu Aachen" enthält eine Anzeige über die Güierrechtsverhältnisse von zwei Brautleuten, worin es heißt:Zwischen den zukünftigen Eheleuten soll vollständige Gütertrennung bestehen. Das Vermögen der Braut be­steht aus Haus- und Küchenmobilien im Werte von 2000 , dasjenige deS

Bräutigams aus einem Voloziped, Gewehr, Revolver und Säbel." Hoffentlich fällt diese Che nicht so kriegerisch aus, wie man nach dieser Angabe über daseingedrachte Vermögen" des Bräutigams anzunehmen versucht sein könnte.

Ein gräßlicher Unglücksfall ereignete sich in der Exportbier-Braucret Hofbräu zu Bamberg. Der Taglöhner Josef Rau au- Wadendorf, ein verheirateter Monn, war da» selbst im Treber-Lagerraum beschäftigt, die Treber in einen schräg abfallenden Schacht zu schaufeln. An dem unteren Teile dcS Schachtes befindet sich eine eiserne AuSlauf- walze mit tanzen Eisenspitzen, welche den Zweck hat, eine Verstopfung der Treber beim Einlaufen in einen weiteren Cylinder zu verhindern. Rau scheint nun bei seiner Ar­beit ausgeglitten zu sein und fiel kopfüber in den Schacht, wobei er von den Eisenspitzen der AuSlauswalze in entsetzlicher Weise ver­stümmelt wurde. Die ganze Halspartie war zermalmt und die linke Seite des Gesichts vollständig abgerissen. Der Verunglückte war sofort toi.

Kostbares Geschenk des Zaren an die Stadl Paris. Der Kaiser von Ruß­land hat der Sla»t Paris ein wertvolles Ge­schenk gemacht. Es ist dies eine Karte von Frankreich, in Relief, die nur aus edlen Steinen und Metallen besteht. Dos seltene Kunstwerk, das auf der Weltausstellung figu­rieren wird, wurde von dem General Ba­stlus von Mostavenko überbracht. Zu der Karte selbst sei bemerkt, daß die Städte darauf in echten Steinen bezeichnet sind, die Flüsse in Platins, die Namen der Städte in Gold, der Ocean in Lapis lazuli und der Rahmen, der 1 Meter 60 Ccntimeter umfaßt, in Lapis Nicolas II.

Verloren". In einem Züricher Blatte lesen wir folgende Anzeige:Ver­loren. Freitag morgen früh in der Rämi- straße (ungefähr Gegend des kantonalen Phy­sik- und Phystoiogiegebäudes) ein goldener Kneifer, ein schwarzer Hut und Stock. Gefl. Anmeldungen sind unter Chiffre il. L. 882 ins Berichthaus zu richten." Dem Ver­nehmen nach soll der Aufgeber der Annonce am folgenden Morgen unter der von ihm angegebenen Chiffre einen Brief erhalten haben, des Inhalts:Na hören Sie mal, Sie müssen aber einen Riesenbrand gehabt haben! Wie ist denn heute Ihr Kater?"

(Zweifel ) Mamn sagt immer, ich werd' 'mal grad' so nasrweiß wie Du, Papa aber Deine Nase ist doch ganz blau«