Me Sirene.

Novelle von F. von Limpurg.

12) (Nachdruck verboten.)

Die sanfte, freundliche Oberförsterin wurde überall gern gesehen; auch hier brachte ihr die Frau geschäftig Milch und Brot und bat, doch von demselben zu kosten. Bald saßen sie denn auch plaudernd zusammen, nur Mariechen unternahm, nach Vertilgung eines Butterbrotes und köstlicher Milch, eine Entdeckungsreise durch das Häuschen und den kleinen Garten.

Ist mein Mann schon lange nicht mehr bei Euch gewesen Frau Martje ?" frug Anna, al« die Fischersfrau ihr eine lange Schilder­ung ihres öden aber zufriedenen Lebens ge­geben; »er hat doch sonst immer sehr viel nach Euch gesehen."

Die Frau schüttelte etwas verlegen den Kopf und sah eine Weile vor sich nieder, dann antwortete sie hastig, doch ohne Anna anzublicken:Nein, bei uns hier war der Herr Oberförster schon lange nicht, aber gesehen Hab ich ihn wohl öfters."

»So. Er ist nicht so ganz frisch, als ich möchte", antwortete die Oberförsterin un­befangen, »sein Beruf nimmt ihn so häufig in Anspruch, daß ich ihn ebenfalls nicht viel sehe."

Scheeler blickte die Frau vor sich hin und ihre Finger nestelten an den Schürzen- bändern, dann frug sie leise:Und Ihr seid glücklich, Frau Obersörsterin?"

»Sehr glücklich," lächelte diese, »ich habe meine beiden Kinder und einen braven Mann den ich liebe."

»Liebt er Euch denn ebenso wieder?"

Frau Martje", sagte Anna etwas ver­wundert, »Ihr fragt sehr sonderbar, aber ich will Euch dennoch antworten. Ja, mein Mann hat mich lieb, wrShalb seht Ihr mich so eigentümlich an?"

»Weil Ihr mich dauert, Frau Ober­försterin!," brach Frau Martje jetzt los, »wir Wissens ja alle schon längst daß Ihr ein armes betrogenes Eheweib seid und er, der Herr Oberförster, die fremde schöne Dame mit solch' heißen Augen an- sieht."

Anna wurde totenbleich, ihre Hand fuhr unwillkürlich nach dem Herzen, als spüre sie hier einen scharfen stechenden Schmerz und beinahe vrrständnißloS blickte sie die Fischersfrau an.

»Martje", hauchte sie endlich,was sagt Ihr da? Wen meint Ihr doch nicht die Gräfin."

,3°/ st«.' ries das brave Weib, die Hände ballend,sie allein ist es, welche Euren Mann umgarnt hat, denn sie war von jeher eine böse Frau. Schon einmal hat sich ein Mann ihretwegen daS Leben genommen, aber sie lacht nur höhnisch dazu, und eines TageS wird sie es mit dem Herrn Oberförster gerade so machen."

Frau Martje", unterbrach die bleiche Obersörsterin das erregte Weib und erhob sich würdevoll, »ich muß Euch wirklich ver­bitten, von meinem Manne so zu reden; hier muß ein Irrtum oder eine schändliche Verleumdung vorliegen"

Nein, keinS von beiden", Frau Martje schüttelte ruhig den Kopf,was ich mit diesen meinen Augen angesehen habe, glaube ich auch. Vor acht Tagen so etwa gehe ich

am Strande entlang, um die Kate drüben einmal aufzusuchen; 'S war ein sehr heißer Tag und im Wasser braute sich ein ordent­liches Gewitter zusammen, man sah schon das fahle Blitzen drin im Gewölk und hörte den Donner von ferne grollen.

Da sah ich dort weiter unten in den Klippen zwei Menschen und sogleich regte sich meine Neugier, ich mußte wissen, waS die da trieben; ich schlich näher und verbarg mich hinter einem der aufgeschichteten Stein­haufen , nun wußte ich bereits, wer das Paar war: der Herr Oberförster, und die Gräfin droben vom Schlosse. Erst dachte ich mir nichts Böses dabei, denn sie schienen ruhig miteinander zu plaudern, aber endlich ward es mir doch ganz kurios. Der Herr Oberförster, welcher neben der Dame stand, senkte das Gesicht tief zu ihr nieder und seine Augen blickten sie so ganz merkwürdig an, als ob sie das schöne Antlitz verschlingen wollten. Dann lachte die Dame plötzlich hell und keck auf, daß es mich schlichte Frau gar seltsam durchschauerte, erhob sich und warf dem Oberförster eine Kußhand zu; aber er war sogleich hinter ihr her, ergriff ihre beiden Hände, preßte sie erst an die Brust, daraus an die Stirn und küßte sie endlich wiederholt und glühend.

Lassen Sie mich nach Hause, Konrad," sagte dir Gräfin hastig,eS wird spät und daS Gewitter zieht herauf."

Und wenn ein Donnerkeil mich zu Boden streckte, Jutta", antwortete leidenschaft­lich der Herr Oberförster,ich bereue diesen Augenblick nicht, in dem ich Ihnen habe sagen dürfen daß ich Sie liebe."

»Schweigen Sie doch, Herr Oberförster, wenn Sie Jemand hörte."

Wer sollte hier in der Nähe sein, Jutta? Die MeereSrvellen mögen es hören, dies Geheimnis, welches mein höchstes Glück und meinen tiefsten Schmerz enthält."

Treuloser, und Sie haben vergessen, daß daheim Ihre Gattin und die Kinder Sie erwarten?"

Jutta," fuhr der Herr auf,weshalb erinnern Sie mich an jene, gegen die ich gesündigt habe? Sie waren eS ja, die Schritt um Schritt meine Seele eroberte und das Gefühl für Pflicht und Sitte in mir erstickie."

»Oh, nun bin ich wohl gar schuld, daß Sie sich in mich verliebten? Haha, Ihr Männer seid stet» im Rechte und wir tragen die volle Schuld."

WaS sie noch weiter redeten, konnte ich nicht mehr verstehen", fuhr Frau Martje fort, denn sie gingen langsam weiter und ich lag noch immer hinter dem Steinhaufen; doch es war genug und ich ballte hinter ihnen die Faust. Sie hatten ja daS sechste GotteS- gebot übertreten und die Ehe gebrochen!"

Schweigt, Frau Martje, um Gottes Barmherzigkeit willen, schweigt", rief die gequälte Obersörsterin und preßte beide Hände vor'S Gesicht,wißt Ihr denn nicht, daß Eure Worte mich töten? Ich glaubte bis zu dieser Stunde glücklich zu sein und nun habt Ihr mich elend gemacht!"

Elend?" frug daS Weib ganz er­schrocken,daS wollte ich nicht, nein, Ihr solltet nur wissen, was unser ganzes Dorf schon längst weiß, damit Ihr es Eurem Manne sagen könnt. Elend dürft' Ihr nicht sein, denn wir alle haben Euch lieb"

»DaS hilft mir Eure Liebe", murmelte Anna dumpf,nun mein höchstes Glück, mein köstlichstes Gut von mir genommen ist; lebt wohl, Frau Martje Gott ver­gebe Euch, daß Ihr mir dies Leid angethan."

O mein Himmel, mein Himmel!" Martje rang ganz außer sich die Hände. Ihr seid mir böse, Frau Obersörsterin, ach und ich habe es ja nicht schlimm ge­meint Ihr dauert mich nur so sehr geht doch nicht fort, bleibt bei mir Ihr thut Euch wohl gor ein Leid an."

Nein, gute Frau, ich bin eine Christin und kann auch diesen Schlag tragen. Lebt wohl I Mariechen, komm I"

Und sie ging in den sinkenden Abend hinein, anders als sie gekommen, mit schweren, stockenden Schritten, mit fliegendem Atem und zuckendem Herzen; Mariechen sprang wie vorhin fröhlich umher und hatte tausender­lei zu fragen und zu berichten, aber die Mutter gab keine Antwort. ES war, als sei der Lebensnerv der unglücklichen Frau jäh durchschnitten; sie sehnte sich danach, sich hinlegen und sterben zu dürfen, ehe sie den widersah, für welchen sie so freudig ihr Herzblut vergossen und der sie um einer Andern willen verraten!

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Neues Mittel gegen Schwindsucht. Der franz. Arzt Hericourt glaubt ein Heil­mittel gegen die Tuberkulose gefunden zu haben.Wir begonnen," so sagte er einem Berichterstatter,unsere Versuche vor zehn Jahren mit tuberkulösen Hunden und Affen, denen wir ein aus Rindermuskel-Fleisch ge­preßtes PlaSma eingaben. Dieses hat mit dem zwischen den Muskelfasern zirkulierenden Blute nichts gemein. Vor sechs Monaten begannen unsere Versuche an Menschen. Zehn Tuberkulose zweiten GradcS nahmen an Körpergewicht zu und fühlten sich wohler. Die Kranken erhielten täglich 600 Kubik- Centimeter Plasma in drei Rationen als kalte Bouillon." Hericort sprach die zuver­sichtliche Hoffnung aus, daß hier ein Mittel gegen die Schwindsucht vorliege und erwartet, daß Versuche damit in allen Großstädten angestellt würden.

Der bestrafte Präsident. Um dar- zuthun , daß in Amerika gleiches Recht für Alle gilt und auch das Staatsoberhaupt vor dem Gesetz keine Ausnahmestellung genießt, ist Präsident Mae Kinley in seinem HeimatS- ort im Staat Ohio in Polizeistrafe genommen worden, weil er unterlassen hatte, die Ge­nehmigung der Baupolizei zu einem Umbau an seinem Privathause einzuholen.

(Nicht aus der Fassung zu bringen.) Stammttschgast:Na, na, Herr Oberförster, diese Geschichte haben Sie uns schon vor zehn Jahren erzählt! damals waren es aber nur fünf Hasen, die Sie auf solche Weise lebendig fingen und wieder laufen ließen, nicht fünfzig, wie Sie jetzt behaupten!" Oberförster:Allerdings waren eS damals nur fünf, aber Sie haben gar keine Ahnung wie sich dieses Viehzeug in 10 Jahren ver­mehrt!"

.'. (Immer beim Fach.) A.:Kennen Sie das Fräulein Schulze?" Förster: Gewiß, das Mädel ist sehr hochstämmig und von knorrigem Charakter I"

Redaktion. Dmck und Verla« von Beruh. Hofwann in Msdbad.