Me Sirene.
Novelle von F. von Limpurg.
9) (Nachdruck verboten.)
»Ich freue mich, Frau Gräfin, daß Sie an unserer stillen Meeresküste heimisch werden wollen/ antwortete der Oberförster, doch die Worte klangen kühl und wenig herzlich, fo daß Anna verwundert auf ihren Galten schaute. Was war ihm den mit einem Male begegnet, daß er so still und unfreundlich sich benahm?
„Wo find Deine Kinder, Anna?" frug jetzt die Gräfin scheinbar ohne Baumann zu brachten; ein feiner Beobachter hätte indes den triumphierenden Blitz der grauen Augen wohl bemerkt, der hinüberglitt unter den niedergeschlagenen Wimpern.
Die beiden Frauen gingen plaudernd in die Kinderstube und Baumann öffnele die Thür seines Arbeitszimmers; wo war der Osterfriede, wo die Freude an der Taufe seines SöhnchenS hin? Fort, fortgewischt war all und jedes andere Empfinden aus seiner Brust, nur ein Klang zitierte ihm tief drin im Herzen: „Jutta." Er riß das Fenster auf und lehnte das Haupt an die kühlen Scheiben, er schaute empor zum blauen Himmel und flüsterte mit bleichen Lippen und düsterem Blicke: »Führe uns nicht in Versuchung." Aber es wollte nicht ruhig werden in seiner Seele. Die Sirenenaugen hatten ihn von neuem in Bann gerhan, er sah nur sie und immer sie, wohin er sich auch wandte. Wie blasse Echattengebilde versanken die Bilder von Weib und Kindern, er atmete tief und schmerzlich, dann breitete er beide Arme weit aus und murmelte vor stch hin: „Jutta — Jutta —"
»Konrad, das Essen ist da," rief von der Thür her eine freundliche Stimme, die Annas, und er wandte sich um: »Wo ist die Gräfin?"
»Sie bleibt heute bei uns, aber, Konrad, Liebster, weshalb bist du so unfreundlich zu ihr? Ist es Dir nicht recht, daß sie kam?"
»Ich maße mir kein Urteil an," gab er ausweichend zur Antwort, „indes — wir wären allein glücklich gewesen."
Sie verstand diesen Aufschrei seiner Seele nicht und glaubte, es sei ein Vorurteil, welche« ihn gegen Jutta erfülle; als das Ehepaar in'S Wohnzimmer trat, saß die schöne Schloßfrau in jenem Stuhl, den vorher der Oberförster selbst inne gehabt, und Mariechen stand vor ihr, die beiden runden Kinder- irmchen auf das braunseidene Kleid gelegt und mit großen, glänzenden Blicken dem Märchen lauschend, welches die neue Tante erzählte.
»Wirhaben schon Freundschaft geschlossen," lachte Jutta und blickte zu Konrad auf, »Herr Oberförster, Ihr Töchterchen hat mich wärmer willkommen geheißen — als Sie selbst."
»Vergeben Sie dem ungewandten Manne, gnädige Gräfin, der so wenig mit den Regeln und Satzungen der vornehmen Welt bekannt ist; ich war überrascht durch Ihr plötzliches Erscheinen —"
»O, nichts für ungut, Herr Oberförster, wir wollen schon gute Freunde und getreue Nachbarn werden."
Gräfin Rotenau hielt dem ernsten Manne ihre Hand hin und Mechanisch ergriff er
diese kleinen Finger, welche die seinen wie mit übernatürlicher Gewalt fcsthielten.
„So, das ist recht, daß Ihr Freundschaft schließt," rief Anna vom Tische her, „Konrad, nun sei galant und führe unsere liebe Schloßfrau zu Tische I"
Sie hing an seinem Arme und, war'ö Einbildung oder Wahrheit, schmiegte stch an ihn, daß eS ihn durchschauerte mit unseligem Entzücken; sein Atem stokte, er mußte sie ansehen — und wieder ruhten ihrer beiden Blicke ineinander wie damals an jenem Syl- vesterabend. —
„Jetzt muß ich aber beimgehen," meinte die Gräfin, als die Sonne stch stark nach Westen neigte, »meine Gesellschafterin wird gar nicht wissen, was aus mir geworden ist; nun, hoff-nilich ist es im Schlosse währenddem wohnlicher geworden! Anna, Dein Mann und Du müßt bald einmal bei mir essen und dann fahre ich Euch spazieren."
„O, Jutta, wie wunderhübsch wird unser Verkehr sein; Du glaubst gar nicht, wie ich mich freue! Doch Konrad mag Dich jetzt begleiten; es ist immerhin ein ganz bedeutendes Stück Weg, so nahe am Meere und Du hast nicht einmal den Diener mit Dir."
„Gewiß, Frau Gräfin, ich stehe zu ihrer Verfügung. —"
Langsam schritten sie dahin am Strande, umleuchtet von den letzten Strahlen der scheidenden Sonne.
Keines sprach ein Wort, sie lauschten beide auf das Gebraus der Wogen, auf das Geschrei der Möven bis endlich Jutta den Bann brach.
»Herr Oberförster, Sie haben, wenn Sie mein Schicksal erfahren, jedenfalls den Stab gebrochen über die herzlose Kokette. Nicht wahr, ich irre mich nicht?"
„Nein, Frau Gräfin, Sie haben Recht—"
»Nun gut, da Sie freimütig Ihre Ansicht aussprechen, so will auch ich gleich offen mich verteidigen. Wir find ja allein, nur Gottes blauer Himmel wölbt stch über uns und — Sie können meine Worte als Beichte betrachten —"
»Fürchten Sie nichts, Gräfin. Ein Mann von Ehre kann immer schweigen."
Und nun begann sie zu erzählen von Anbeginn ihrer unglücklichen Ehe bis zu dem Tage, da sie am Sarge des toten Gemahls gestanden, starr und thränenlos; Konrad Baumann hörte ihr zu und doch auch wieder nicht, ihre Stimme klang wie Mu- stck an sein Ohr, ihr seidenes Kleid streifte ihn, und ab und zu hob sie das Auge zu ihm auf wie in flehender Bitte. Ja, sie war eine vollendete Kokette, denn ehe sie noch die Hälfte des Weges zurückgelegt, hatten ihn ihre Z,uberbande bereits vollständig gefesselt, daß er nicht begreifen konnte, wie er vier Jahre, ohne etwas von ihr zu hören oder zu sehen, hatte durchleben können.
»— und so will ich denn nach all dem aufregenden Leben hier ein wenig rasten als Schloßsrau am Meere; wollen Sie mir helfen, Herr Oberförster, mein Gemüt zu beruhigen und zu sammeln?"
Sie hielt ihm die Hand hin, sie lächelte zauberisch und eine Stimme tief im Herzen rief ihm warnend zu: „Es ist der Versucher — fliehe — noch bleibt Dir Zeit —" aber, es zu sväl I Schon hattenS die grauen Sirenenaugen ihm angethan, die Stimme verhallte, Annas Bild verblaßte
und er ergriff mit leidenschaftlichem Drucke die schlanken Finger.
O, Jutta, ich soll Ihnen helfen? Ich, in dessen Seele ein Chaos wirbelt, aus dem nur der Klang Einer Stimme hervortönt!"
„Still, Herr Baumann, hören Sie das Abendläuten vom Dorfe her? ES ist eine schöne Besiegelung unseres Bundes; Sie sollen mein Freund und Berater sein und sollen Ihre Ansicht von mir ändern. Oder halten Sie mich noch immer für eine Kokette ?"
»Ja," sagte er tiefaufatmend, „das find Sie, Gräfin. Sie schauen ihr Opfer an mit diesen Sirenenaugen und eS liegt wehrlos zu Ihren Füßen! Seien Siebarmherzig — lassen Sie mich fliehen ehe ich es nicht mehr vermag!"
(Fortsetzung folgt.)
Gemeinnütziges. Dienstboten in der Westentasche hat jemand die modernen Hilfsmittel genannt, die der Hausfrau einen großen Teil ihrer Arbeit abnehmen, ohne Beköstigung, AuSgehe- tag und dergleichen schöne Dinge zu verlangen. So macht z. B. Dr. Tompson'S Seifenpulver — in den roten Packeten mit dem Schwan, wie sie jedermann kennt — die gefürchtete Arbeit der großen Wäsche zu einer Kleinigkeit. Die Wäsche braucht weder auf dem Waschbrett mühsam gerieben oder geklopft, noch langwierig gebleicht zu werden und ist doch nachher blendend weiß. Zudem riecht sie weder nach Schmierseife noch zeigt sie irgend welchen Schaden im Gewebe, der bei der gewöhnlichen Waichart nicht aus« bleibt. Und diese große Hilfe geschieht sozusagen umsonst; denn jede Hausfrau weiß, daß die Halbpfund-Pakete von Dr. Tomp» son's Seifenpulvcr allenthalben billig Verkauft werden, also auch in dieser Beziehung Dienstboten in der Westentasche find.
Kurnoristisches.
.e. (Mutter neugierig): „Was hat dir dein Tänzer vorhin zug-flüstert?" — Tochter: „Es ist fatal ... daß ... du mich überall begleitest." — Mutter: „Impertinent! Und was hast du ihm darauf erwiedert?" — Tochter: „Auf der Hochzeitsreise würdest du mich nicht begleiten."
.'. (Beim Bankett.) »Herr Hofrat sollten doch einen Toast halten, einige freundliche Worte auf die Hausfrau sprechen." — „Unter uns, gnädige Frau, ich lhätS ja gern, aber das Essen ist wirklich nicht der Rede wert."
.'. Vom Exerzierplatz. Untrrosfifier: „Leute der Parademarsch muß so schön an- zusehcn sein, daß alle Zivilisten über ihr verfehltes Dasein weinen."
.. (Beim Heiratsvermittler.) Alte Jungfer: „Wenn Sie einen Ausverkauf machen, reservieren Sie mir Einen!"
Es ist ein schweres Unrecht, Kindern den aufregenden Bohnenkaffee zu geben. Für sie ist der wohlschmeckende Kathreiner'S Malzkaffee daS gesündeste Getränk. 9
Rrdakitsn. Druck und Verlag van Beruh. Hosm « uu in Wildhad,