England und Transvaal.

London, 27. Febr. Dir K önigin empfing die Nachricht von CronjeS Uedergobe mit groß r Freude und sandte Lord Roberts ein Glückwunschtelegramm. Telegramme aus allen T-ilen de-Reiches drücken ihre Freude au«. Der Eindruck der Nachricht ist der einer ungemeinen Erleichterung. Die Ge- nugthuung über das Ereignis ist eine um so vollständigere, als die Uebirgabe sich am Mojubatage vollzog.

London, 27. Febr. Eine vormittags 11 Uhr aufgegebene Reuterdepesche des Feld- marschallS Lord Roberts berichtet: Die ge­naue Zahl der Gefangenen beträgt ungesähr 3000. General Cronje wird nach Kapstadt gesandt.

Wien, 27. Febr. DieWiener Abend­post" sagt in Besprechung des Erfolges von Lord Roberts: Ein Erfolg ist erzielt, der den Engländern nach allen Schwierigkeiten und getäuschten Hoffnungen auf diesem Felde reichen Trost geben kann. Die Kapitulation CronjeS ist bisher dos bedeutendste Ereignis im südafrikanischen Kriege und dürfte der ganzen ferneren Entwicklung der Dinge eine neue Richtung geben.

Paris, 27. Febr. DerTemps" sagt anläßlich der Kapitulation CronjeS, England werde, je weiter es in das Gebiet der beiden Republiken eindringe, um so größere Schwie­rigkeiten vor sich finden. Eine weise Re­gierung würde jetzi den Frieden schließen. Die Menschheit, Afrika und vor allem Eng- land würde dabei gewinnen.

Newyork, 27. F-br. Der frühere Gene­ralkonsul von Transvaal in London, Mon- tagu White, sagte gestern in einer Unter­redung mit einem Berichterstatter, mit der G-fangeunahme CronjeS würde der Krieg noch nicht beendet sein. Der Krieg würde erst mu dem Fall von Pretoria enden. Die Aussichten auf eine Intervention seien nicht günstig. Er glaube nicht, daß in dieser Hin­sicht in Europa envas zu hoffen sei, wenn nicht Rußland eingreife, was aber nicht wahr­scheinlich sei. Als einzige Hoffnung bleibe noch das Vorgehen Amerikas. Sobald dieses Stellung nehme, würde der Krieg in 14 Tagen beendet sein, denn England brauche Amerika.

London, 28. Febr. Reutcrmeldung vom 25. dS.: General Hart griff die Guren- gräben bei PieterShill bei Sonnenuntergang (vermutlich am Freitag) an. Die Jnnis- killil-gsfüstliere stürmten die steile Bergseile hinauf, bis einige hundert Jards von der feindlichen Position, mußten jedoch angesichts des feindlichen heftigen Kugelregens zurück­gehen. DaS f, indliche Feuer war so furcht­bar, daß, als die Infanterie aus der Deck­ung hinter den Bäumen hervorbrach, fast jedermann von der an der Spitze befindlichen halben Compagnie verwundet niedersank. Nachts verschanzte sich die Infanterie aus der halben Höhe des Hügeis und machte den vergeblich erneuten Versuch, die Stell­ung zu erobern.

London, 28. Febr. Heber die Kapitula­tion Cronje's sagt derStandard": Der Erfolg ist bedeutend, doch muß man sich hüten, die Folgen zu übertreiben. Unseren Offizieren und Soldaten bleiben vielmehr neue Opfer auferlegt. DieMorniug-Post" meint: Schon läßt sich die Stimme der An- häng-r der Großherzigkeit vernehmen. Wir haben aber über diesen Punkt das Ber»

sprechen Chauiberlain'S, daß eine Wieder­holung des Krieges unmöglich gemacht wird Daily News"" warnt vor dem Glauben, daß nunmehr all« Schwierigkeiten behoben sind. Sie begrüßt die Ankündigung, daß demnächst die 8. Divistan eingeschifft wirb. Daily Telegraph" erhofft von dem Er­folge Roberts' eine Aenderung des Tones der auswärtigen Presse, welche ihre Freude über den Mißerfolg der Engländer bezeig« habe. DieTimes" urteilt, eS ist nicht leicht, die Bedeutung der Niederlage CronjeS abzuschätzen. Die Halländer seien so zäbe wie die Briten und der Sieg Roberts' müsse wahrscheinlich eine Wiederholung erfahren. Man müsse daher sich zur Fortsetzung des Krieges vorbereitcn.

London, 1. März. Lord Roberts melde« aus Paardcbcrg: Cronje ist mit seiner Familie in Begleitung des Generals Pretz mann und mit einer militärischen Eskorte abgrreist. Später folgten die anderen Ge­fangenen ebenfalls unter Eskorte. Die Frauen und Kinder wurden in die Heimat gesandt; 170 derselben wurden ins Hospital gebrach,, sie befanden sich in schrecklichem Zustand. Ich erfahre, daß man im Burcnlager sehr ungehalten war, weil Cronje sich weigerte freies Geleit für Frauen und Kinder an- zunrhmen. Gestern besuchte ich das Buren- loger und war erstaunt, mit welchem Ge­schick und Energie dasselbe fast uneinnehm­bar g-macht worden war.

London, l. März. Aus Paardebera wird vom 27. Febr. gemeldet: Die Be­gegnung zwischen Cronje und Roderts fand vor einem einfachen Wagen statt, welcher letzterem zum Schlafen diente. Als morgens 7 Uhr eine Reitertruppe in Sicht kam, ließ Roberts eine Abteilung Hochländer Ausstellung nehmen. Bald kam die Rtttcrtruppe näher, an der Spitze derselben ritt, rrchts von General Pretzmann, ein älterer Herr in einfacher Kleidung, dessen Haupt ein breit­randiger Filzhut bedeckte, es war Cronje. Roberts empfing Cronje stehend. Pretzmann stellte Cronje, nachdem man von den Pferden gestiegen war, mit den Worten vor:Kom­mandant Cronje". Cronje grüßte militärisch. Roberts trat an Cronje heran und begrüßte ihn mit den Worten:Sie verteidigten sich tavserl" Es wurden im ganzen 3700 Gefangene gemacht.

London, 1. März General Buller telegraphiert: General Mactonald ist m» den irischen Füsilieren in Ladysmith einge- troffcn. Ich befinde mich auf dem Marsche nach Nelthorpe.

In den letzten Tagen wurden bei großen Berliner Firmen 42 000 Anzüge und Mäntel, meistens aus Lodcnstoffen, für Trans­vaal bestellt.

Rundschau.

Die ordenil. Schwurgerichtssitzungen deS 1. Quartals 1900 sind zu eröffnen tn Tübingen am 19. März. Zum Vorsitzenden ist Landgerichtsrat Dr. Kapsf ernannt.

Calw, 27. Febr. Die Schuhmacher hiesiger Stadt machen im Wochenblatt be­kannt, daß sie gezwungeu seien, einen Preis­aufschlag durchzuführen, sowohl im Verkauf fertiger Waren, wie auch bei Maß- und Re- paralurarbeiten. Begründet wird dieser Auf­schlag durch die in letzter Zeit so rapid ge- stiegenen Preise deS Leders, sowie sämt­licher Rohmaterialien. Angesichts dieser Thar»

fachen sei eS nicht mehr möglich^ zu den alten Preisen zu verkaufen.

Kilchberg a. I , 26. Februar. (Ein schrecklicher Unglücksfall) ereignete sich heute nachmittag beim Holzfällen in der sogenann­tenTeufclSklinge", einem sehr steilen Ab­hänge ins Jagstthal. Ein Knecht fällte oben einen Baumstamm, welcher sich nach dem Umfallen überstürzte und unten zwei mit Holzwegränmen beschäftigte Männer, dem älteren, Familienvater W. ein Bein furcht­bar zersplitterte und einen jüngeren Knecht derartig über den Oberkörper traf, daß er sofort bewußtlos war und nach seiner Zu­rückbeförderung in« hiesige Krankenhaus an seinen gräßlichen Verwundungen starb.

Pforzheim. Wie man Goldschnipflern auf die Spur kommt, daS hat der Kriminal­polizei am besten der im O'fchen Geschäft beschäftigt gewesene Goldarbeiter K. gezeigt. Der Mann hatte Silber im ungefähren Be­trag von 300 entwendet. Kein Mensch, am allerwenigsten aber der Prinzipal hielt ihn für den Dieb. Als eines Tageö einer seiner Bretlkollegen geschäftlich in das Kon­tor gerufen wurde glaubte K. er sei Gegen­stand der Unterredung in der Diebstahls» Afsaire. Sofort begab er sich auf die Straße und gab dem ersten besten, vorbeikommenden Mann 20 mit dem Auftrag an seine Frau, sie möge die Sachen sofort in den Abbort werfen. Der Mann ging jedoch nicht zu seiner Frau sondern zur Kriminal­polizei , welche dann sofort Haussuchung vornahm, und, nachdem sie dort da« oben angegebene Silber gesunden hatte, den ganz erstaunt dreinschaucnden Goldschmied in der Fabrik verhaftete.

Ein ganzes Dorf ist im hanoverschen Kreise NeuhauS auf Abbruch verkauft worden. In dem Grund und Boden des Dorfes Heessel befindet sich, wie vorgenommene Unter­suchung ergeben haben, ein mächtiges Thon- tager. Eine Hamburger Gesellschaft hat kurzweg das ganze Dorf auf Abbruch ge­kauft, um das große Thonlager ungehindert ausbeuten zu können. Es soll sofort mit dem Bau einer großen Porzellanfabrik vorge­gangen werden.

Ein Ehepaar erfroren. In der Gegend von Sophienthal fand ein Landbricfträger vom Postamt Geyerswalde die Leiche eines Mannes und einer Frau, welche später als diejenigen der Eheleute Katolla aus KirstrinS- vors recognosciert wurden. Die Bedauerns­werten waren nach Hohenstcun zum Markte gegangen, wurden aber auf dem Rückwege vom Schneesturm überrascht und fanden so gemeinsam einen entsetzlichen Tod.

Schade um den Champagner. Eine der großen Kellereien, die sich unter den Felsen von Epernay bis Reims hinziehen, die des Champagnerwein-Fabrikanten Pol Roger in Epernay, ist infolge der letzten Regengüsse zusammengebrochrn. Die Keller, an der Erweiterung seit einiger Zeit gear­beitet wurde, sind zwanzig bis dreißig Meter tief eingestürzt und gleichzeitig hat sich eine Straße Epernays um vier Meter lgesenkt. Ein ganzes Viertel der Stadt ist durch die Katastrophe bedroht, bei der glücklicher Weise kein Menschenleben zu Grunde gegangen ist. Dagegen ist der materielle Schaden unge­heuer. Es sind 1'/, Millionen Flaschen Champagnerwein vernichtet worden.