Der Spieker.

Novellette von Fr. Ferd. Tamborini.

6) (Nachdruck verboten.)

Betroffen ging er in ein Kleidergeschäft, kaufte sich dort einen neuen Anzug, erwarb einen neuen Hut, sowie einen Reisekofstr und noch einige notwendige Sachen. Dann suchte er einen bescheidenen Gasthof aus, ließ sich dort ein kleines Zimmer geben und überlegte bei einem einfachen Abendessen, Welchen Plan er ausführen wollte, um rin neues Leben zu beginnen.

Soviel sittliches Bewußtsein war Berg von seiner einst guten Erziehung geblieben, daß er einsah, daß er nicht nur das Hazard- spielen lassen, sondern auch das Bummel­leben meiden muss?, denn Müßiggang ist aller Laster Anfang, halte seine gute Mutter so oft gesagt.

Arbeiten, täglich fleißig arbeiten, wollte er, daS war der wichtige Vorsatz, den Berg jetzt faßte und sein Gewissen sagte ihm auch, daß die gute ernste Arbeit eine sittliche Thal sei, die ihm zu einem neuen bessern Leben emporhelfeu würde.

Nun flogen eine Menge Pläne Gedanken durch Bergs Kopf, welchem Berufe er stcb wohl zuwenden möchte und welche Stadl oder welches Land er dazu erwählen würde.

Den Plan nach Amerika zu gehen, der vielleicht in mancher Hinsicht am besten schien, verwarf Berg nach einigem Ueberlegen.

Ec fürchtete, daß ihm die Unbekanntschafl mit den amerikanischen Verhältnissen zu viele Enttäuschungen bereiten würde, und daß er dort in der neuen Welt, wo eS an listigen Betrügern auch nicht fehlt, auch leicht die zehntausend Mark, die ihm nochmals ein günstiges Geschick in die Hände gespielt hatte, verlieren würde.

Aber in Deutschland mochte Berg an­fänglich auch nicht gern bleiben, denn er konnte doch da und dort mit ehemaligen Regimentskameraden Zusammentreffen, und daraus ergab sich dann für ihn immer eine schlimme Lage. Waren eS ehrbare, noble Herren so mieden und verachteten sie Berg; waren sie aber auch wie er auf die schiefe Ebene geraten, so traten sie dann als Ver­sucher vor ihn und zogen ihn wieder in den Pfuhl böser Leidenschaften, denn daß herunter­gekommene Leute aus der besseren Gesell­schaft hauptsächlich durch das Hazardspiel und andere schlechte Mittel ihre zweifelhafte ExistenS fristen, hatte Berg nur zu gut an sich und anderen Verirrten beobachtet.

Aber wenn er Landwirt werden wollte, sollte sich da nicht in einem stillen Winkel SüddeutschlandS eine Stelle für ihn finden, wo er nicht so leicht mit Bekannten zu- sammentras.

Dieser Gedanke erschien Berg gut und er suchte sich durch Inserate in mehreren Blättern eine Stellung als Volontär auf einem Gute, wo er die Landwirtschaft zu er» lernen wünschte und für Wohnung und Kost auch noch etwas bezahlen wollte. Es liefen auch aus die Inserate zw.-i Offerten von Gutsbesitzern ein, und Berg antwortete auf diejenige, welche ihm am günstigsten schien. DaS heißt, wo er nur ein Jahr lernen und nur vierhundert Mark für die Gewährung vollständig freier Station zahlen sollte. Auch gefiel ihm an diesem Angebot, daß der Be­sitzer des Gutes kein adeliger H-rr, sondern

ein einfacher Landwirt war. Auf diese Weise hoffte Berg, alle Berührungen mit ihm gefährlichen gesellschaftlichen Kreisen meiden zu können.

In drei Tagen hatte Berg auch die Zu­sage von Herrn Ludwig Huth, Gutsbesitzer aus Gunbach, erhalten, daß er unter den erwähnten Bedingungen die Volontärstellung am 15. September antreten könne. Da bis dahin nur noch sechs Tage Zwischenzeit waren, so wollte Berg noch vier Tage in Baden-Baden bleiben und dann nach Gun­bach abreistn. Er hatte seit der Z it seiner Entlastung aus dem Krankenhause sehr zu­rückgezogen gelebt, und pflegte nur früh Morgens auf wenig besuchten Wegen in der herrlichen Umgebung Baden-Badens einen Spaziergang zu machen, um weder mit den Spielern, noch mit vornehmen Herren seiner Bekanntschaft zusammen zu kommen. Auf diese Weise wollte er auch die letzten Tage in Baden-Baden verbringen und schritt eines Morgens durch einen abgelegenen Stadtteil einem nahen Walde zu. Dort angekommen, setzte sich Berg auf eine Ruhebank und über­blickte die schöne Umgebung. Da rief auf einmal eine Stimme in seiner Nähe:

Herr von Berg, sind Sie es wirklich?"

Erstaunt blickte er sich um und bemerkte einen älteren Herrn, der lahm gehend, ziem­lich schwerfällig daher humpelte.

Als Berg nicht antwortete und immer noch betroffen den alten Herrn ansah, rief dieser von Neuem:

Herr von Berg, Sie kennen mich wohl gar nicht mehr l Wir sahen uns doch voriges Jahr in Berlin imClub Rosenkamp." Ich heiße Klcemann. Wir haben doch manches nette Spielchen zusammen auf den richtigen Weg gelrireben. Wissen Sie noch, wie wir den reichen Russen 40 000 Mark abnahmen. DaS waren goldene Zeiten I Hahaha I"

Immer noch stand Berg unschlüssig, zögernd und staunend da.

Ah, Sie sind jetzt ganz nobel und stolz geworden, Herr von Berg," fuhr der alte lahme Herr im dreisten Tone fort und musterte mit seinen unheimlich blitzenden schwarzen Augen den jungen Mann.Sie haben wohl eine reiche Erbschaft gemacht und wollen mit professtonSmäßigen Spielern nichts mehr zu thun haben. Aber da hätten Sie sich auch einen anderen Kurort als Baden-Baden wählen sollen, wo es neben feinen Herren und reichen Gimpeln von internationalen Abenteuern wimmelt. Freut mich übrigens, H rr von Berg, wenn Sie daS Spiel nicht mehr brauchen. Sie sind noch ein junger Mann und können noch auf anständige Weise Ihr Glück machen, zu­mal, wenn sie geerbt haben. Aber bei mir alten Sünder ist Hopfen und Malz verloren, ich muß weiter spielen, denn ich bin dazu verdammt schon seit 20 Jahren. Uebrigens muß ich auch davon leben und nicht ganz schlecht, wenn mich auch die Gicht in den Beinen q ält."

Mehr als einmal wollte Berg dem Ver­sucher, der ihm in der Person des alten Gauners so seltsam entgegentcat, entrinneu und Kleemann stumm den Rücken zuwenden. Aber cs war seltsam, je länger er auf deS Spielers Worte hörte, je mehr wandelte sich sein Gemüt um, und die gleißende Sirene

Spiellust tanzte wieder mit goldenen Schätzen vor seinen Augen.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Ein zeitgemäßes Lied, nach sehr be­kanntem Vorbild zu einer sthr bekannten Melodie zu singen, widmen dieNeuen Linzer Fl. Bl." den Engländern in Afrika. Die erste Strophe der gelungenen Parodie sei hier wiedergegcben:

Das ist in Transvaal häßlich eingerichtet,

Daß bei den Grenzen gleich die Buren stehn;

Im Handumdrehen ist zwar ein Sieg erdichtet,

Jedoch statt vorwärts muß man rückwärts geh'n!

Schon oft hat man in Zeitungen gelesen:

Wir rücken nächstens in Pretoria ein."

Behüt' dich Gott, es wär' zu schön gewesen,

Behüt' dich Gott, eS hat nicht sollen sein ....

(Die Macht der Musik.) Hausfrau (sehr gefallsüchtig und jugendlich thuend, giebt über die von ihr entlassene Köchin Auskunft):. . . Jawohl ich habe diese sonst brauchbare Person nur wegen ihres Gesanges entlassen und ihr zum Schluß auö demselben Grund Etwas an den Kopf ge­worfen! . . Sie müssen aber auch wissen, was diese Person gesungen, um mich aus der Fassung zu bringen. So sang sie täg­lich, wenn ich Toilette machte:Ach wie bald schwindet Schönheit und Gestalt!" Kam mein Mann vom Tarock heim, so konnte er sicher sein, schon auf der Treppe zu hören: Der Graf von Luxemburg hat all' sein Geld verjuckt, verjucki." Als ich aber letzt­hin meinen Geburtstag feierte und die un­verschämte Person, so oft Besuch kam, mit lauter Stimme schrie:Schier dreißig Jahre bist du alt, hast manchen Sturm erlebt," kündigte ich ihr. Seitdem singt sie nur geistliche Lieder über Tod und Verdammnis so daß ich, aui's Höchste gereizt, ihr gestern eine Waschschüssel an den Kopf ge­worfen habe!"

(Ein Gemütsmensch ) R.chter:Wie kamen Sie dazu, dem Huturbauer die Blut­wurst zu stehlen?' Angeklagter:Wissen S', Herr Richter, das Schwein, das der Hubcrbauer g'ichlachtet, Hab' ich von Jugend auf gekannt und da wollt' ich halt gern 'n Andenken von ihm haben!"

.-. (Größte Faulheit.) Spund:Na, Sumpf, willst du denn gar nicht in's Kolleg gehen?" Sumpf:Nee. Es ist ja doch nun mal ein angebrochenes Jahrhundert."

.'. (Ausdauernd.) . . Jetzt wird's mir aber doch zu toll! Dreimal had' ich Sie bereits 'rausgeschmissen und nun sind Sie schon wieder da!"Allerdings. Ich vertrete aber jetzt eine andere Firma!"

(Bei der Probe.) Direktor:Wie?" Sie lächeln beim Sterben?" Schauspieler: Gewiß I Bei der Gage, die Sie zahlen, ist der Tod eine wahre Erlösung!"

Illüätz's sehr ergiebig, denn eine D Messerspitze voll genügt, * Gesthmack und Farbe des Kaffees zu verbessern. 6

I

Redaktion, Druck und Berlag von Beruh. Hosmann in Wildbad.