Der Spieker.
Novellette von Fr. Ferd. Tamborini.
5) (Nachdruck verboten.)
Des Abends waren die Spielratten wieder versammelt, — nach langer Zeit wieder einmal, denn sie fürchteten die Strenge des Obersten. Lieutenant von Berg sah sie mit
einem gewissen Hohngefühl kommen-
mochten sie spielen, soviel sie wollten. Er war gefeit gegen jede Anfechtung. — Schon vor elf war die Spielgescllfchaft etabliert, eS wurde getempelt, ein Lieutnant vom Train hielt die Bank.
„Nun wollen Die nicht auch ein wenig mitmachen?" fragte er von Berg, „Sie sind uns doch noch Revanche schuldig."
In diesem Augenblick betrat Baron Stolzing das Zimmer.-
„Gar nichts ist er Ihnen schuldig, Herr Kamerad," antwortete Stolzing statt des Angeredcten. »Lossen Sie Herrn von Berg nach eigenem Ermessen Verfahren! Wenn Eie Lust haben zum verspielen, kommen Cie her, ich will Ihre Vorräte erleichtern!"
Auf diese Weise glitt die Versuchung an Berg ab.
Gegen ein Uhr empfahl sich Baron Stol- zing. Lieutnant von Berg begleitetet? ihn bis zur Thüre, sie schüttelten sich die Hände — und ohne ein Wort zu wechseln schieden sie.
Als Berg an den Tisch zurückkehrte, empfing man ihn mit lautem Lacken.
„Herr Kamerad, — Ihre Pflezemama ist gegangen," spotteten stk, „setz! können Sie uns die schuldige R-Vanche geben."
Das Biut stieg dem jungen Manne zu Kopf.
„Ich verbitte mir Ihre Spöttereien," erwiederte er heftig; ich bin Niemand Rechenschaft schuldig über mein Tdun und Lossen!"
Wohl wurden beschwichtigende Stimmen laut, etter die Sticheleien begannen doch wieder. Berg hielt noch eine Weile an sich, dann sagte er:
„Sie sollen Ihre Revanche haben. Hier sind hundert Mark auf's Aß!"
Er verlor.
„Noch einmal hundert Mark-und
nochmals hundert Mark!"
Er verlor wieder und wieder.
„M>in bare- Geld ist zu Ende! sagte Berg.
„Macht nichts, Herr Kamerad sind ja ein sicherer Mann, können Bons schreiben."
Als Adolf von Berg ken ersten Zeltet aus seinem Notizbuch riß, erhob sich etwas Beklemmendes in s-incr Brust, es war wie eine warnende Stimme. Nur »och fünfhundert Mark sagte er beschwichtigend — schrieb und verlor und — — — spielte dennoch leidenschaftlich gereizt weiter.
Ais man gegen fünf Uhr morgens ouf- hörte, hatte der Bankhalter über dreißig tausend Mark Bons von Berg in seinen Händen. Berg hatte sein „V-rmögen" bis auf einen kleinen R st verspielt.
„ES ist gut, H rr Kamerad," sagte er mit erzwungener Nachlässigkeit, „heute »och sende ich Ihnen das Geld!" —
Die Wachtstube war inzwischen leer geworden, ein ekelhafter Dunst zog um die trübbrennende Lampe.
Berg hatte sich auf das alte Sopha geworfen und versuchte seine Gedanken zu
ordnen. Die Stunden verrannen im Halb» schlummer und als um acht Uhr der Unteroffizier den Wachtrapport zum Unterschreiben brachte, wunderte er sich, wo die Zeit geblieben war.
Er versank abermals in ein dumpfes, gedankenloses Brüten, da kam Baron Stolzing staubbedeckt geradenwegs vom Dienst.
„Sie brauchen mir nichts zu sagen ich weiß alles." Mit diesen Worten trat er dem jungen Manne entgegen. „Als ich diese Nacht ans dem Heimwege war, hatte ich plötzlich die Empfindung, hierher zurückkehren zu sollen, denn ich wußte daß nur meine Gegenwart Ihre Vorsätze vor dem Umfallen bewahrte. Aber, ich kann Sie doch nicht fortwährend beschützen! Nun ist's aus mit allen Träumen und Hoffnungen, jetzt heiß?s den Schmachtriemen fester ziehen I"
Da faßte ein tiefer Schmerz der Reue den jungen Mann mit elementarer Gewalt, ein krampfhaftes Schluchzen erschütterte seine Brust und er ließ sich kraftlos auf den nächsten Stuhl sinken.
„Sie wissen — noch gar — nicht, was
— ich verspielt habe!" brachte er stoßweise hervor, „das Geld? — bah!" — Aber Elli, meine arme Elli!"
Stolzing sprang auf und packte ihn am Arme.
„Was?" schrie er, „Eie haben — sich verlobt?! Ihre Braut unglücklich gemacht?
— Pfui, das ist erbärmlich!"
Er griff nach seinem Helm und wandte sich zur Thüre.
„Schelten Sie nur, liebster Baron," flehte Berg, aber lassen Sie mich nicht allein, ich werde sonst verrückt."
„Das wäre vielleicht das Beste, erwiederte jener hart und schlug krachend die Thür hinter sich zu.
4 .
Ein paar Jahre später war es, da war der hoffnungsvolle junge Mann Adolf von Berg zum Professtonsspicler der schlimmsten Sorte herabgksunken, denn die Sucht sich nochmals durch das Spiel zu retten, hatte ihn ruiniert. Den bunten Rock hatte er schon lange ausgezogen. Es war nicht lange »ach jener Spielnacht, als ihm einer der Kameraden das Wort „Betrüger" in's G-sicht schleuderte.
Am andern Tage veranstalteten die beiden das übliche Duell und vierzehn Tag später hatte Berg seinen Abschied in der Tasche, daß er so giiwptl'ch davon kam, Halle er nur dem Wunsche des Kommandeurs zu verdanken, der einen größeren Skandal zu vermeiden trachtete.
U-d seine Mutter? Die Aermste legte sich, um nicht wieder aufzustehen. Sie schied aus dem Leben ohne verziehen zu haben.
DaS arme Mädchen, weiches sich so freudig als seine Braut bekannt hatte, sah ihn nicht wieder, als am Tage des Begäb- wssks der Mutter. ES war aus zwischen ih en, ohne dcß sie ein Wort gewechselt hatten.
Dieses alles ging an Berg vorüber, ohne daß er viel Reue empfunden hätte; ihm war das Ehrgefühl in seiner Brust abhanden gekommen, seit er sein Ehrenwort nicht gehalten und der Spielteufel dort eingezogen war. Nur einmal traf ihn eine schmerzliche Empfindung. Sein Koffer war schon gepackt, er wollte mit dem Nachtzuge nach
Berlin fahren, da traf er den Baron Stol« zing auf der Straße. Ec schritt auf ihn zu, um Adieu zu sagen, doch jener streckte die Hände in die Paletottaschen und ging an ihm vorüber, als wäre er Luft.
(Fortsetzung folgt.)
England und Transvaal.
— Aus dem Lager von Ladysmith wird dem Rcuterschen Bureau unterm 13. dö. gemeldet: Gestern hat General Botha mit einer kleine» Abteilung den Tugela überschritten, um die von den Engländern verlassenen Stellungen zu besichtigen. Botha stieß auf 40 LancierS, welche warscheinlich zurückgeblieben waren und kam mit ihnen in ein Gefecht, bei welchem 13 Lanciers getötet, 5 verwundet und 9 gefangen genommen wurden. Einer der letzteren wurde zu den englischen Truppen gesandt, um dieselben aufzusordern, daß ste ihre Verwundeten abholen. Gestern bewegte sich eine starke englische Ableitung auf Colenso zu und lagerte sich in der Nähe des Boschkop. Um Lady- smitb herum ist alles wohl.
London, 16. Fcbr. „Daily Chrcnicle" meldet aus Kapstadt vom 14. dS>: Die englischen Truppen haben Rensburg geräumt und sich nach Araudel zurückgezogen.
London, 16 Febr. Nach gestern abend veröffentlichtem amtlichem Bericht wurden am 13. Febr. 6 neue Batterien reitender Artillerie, 15 Batterien Feldartillerie und 3 Bataillone Infanterie formiert.
London, 16. Febr. Amtiche Meldungen. Lord Roberts telegraphiert aus Jakvbsdal von heute, General Kreuch ist mit Artillerie, Kavallerie und berittener Infanterie in Kimberley eingetroffen.
(Wurde hineingetaffen?)
London, 16. Febr, ES wird als bemerkenswert erachtet, daß die Depesche deS Lord Roberts aus JakobSdal datiert ist, welcher Ort für die Buren ein wichtiges Verproviantierungszentrum war.
Paris, 16. Febr. Die „Esparsette" will wissen, daß in Frankreich ein CorpS von 3000 Freiwilligen zur Abreise nach Transvaal bereit steht. Die Einschiffung erfolgt bald. Alle Freiwillige sind gediente Soldaten und ihre Offiziere haben alle schon sämtlich im Feuer gestanden.
Brüssel, 16 Febr. In den letzten Tagen erhielten die Buren an der Oranje- grenze fortgesetzt Verstärkungen, so daß 20 000 Bewaffnete unter General Cronje steh?«. Man glaubt hier, daß General Jou- bert sich nach dem Modderfluß begeben wird.
London, 17. Febr. Lord Roberts berichtet: General French teilte mir heute mit: Ich habe den Feind auf der Südseite von Kimberley vertrieben und bin fitzt dabei, das Terrain zu besetzen. Ich habe ein feindliches Lager eingenommen mitv vielen Vorräten; mein Gesamtverlust beträgt nur 20 Mann, in Kimberley ist alles wohl.
London, 17. Febr. „Daily Mail" meldet aus Naauwporl vom 14. ds.: Die Engländer räumten in der vergangenen Nacht Rensburg -und ließen daselbst eine Menge Vorräte zurück und konzentrierten sich in Arundel. 2 Compagnien verloren, als ste sich von dem Klooflager zurückzogen, den Weg und werden vermißt.
— Das minderwertige englische Heer kostet jährlich 360 Millionen Mark, also jeden Tag eine Million.
Redaktion Dr"tll und Verlag von Bernd- Hotmann (n Wl-doi».