Die Schachermühlk.

Eine bayerische Dorfgeschichte von Fr. Dolch 15) (Nachdruck verboten.)

Brauchst mir net zu drohen." unterbrach ihn der Lange kalt.Ich weiß schon, was ich zu thun hab'I Ich werd' schon sorg'n dafür, daß Du net in die Lage kommst, mich verraten z' müssen. Aber Du bist jetzt wieder a bist ausg'ruhk und wirst wohl ein' klein' Marsch aushallen können. Da hast meine Feldflaschen! Nimm noch ein' ordent­lichen Schluck, und nachher woll'n wir uns auf die Füß machen."

Er zog eine Korbflasche aus der Tasche seiner Jacke und hielt sie dem Burschen, der sich fröstelnd vor dem Feuer niedrrgekaucrt hatte, hin. Hiesl nahm sie mechanisch und wollte sie eben an die Lchpen setzen, als er plötzlich von rückwärts einen so gewaltigen Schlag auf den Kopf erhielt, daß er mit einem gurgelnden Schrei auf das Gesicht niederfiel. Er wollte sich aufroffen, aber aus'S Neue sauste der Gewehrkolben auf ihn nieder, und erst dann ließ der Mörder vo» seinem Opfer ab, als er kein Lebenszeichen mehr von sich gab.Du wirst mich net verraten," murmelte er heiser vor sich hin, ,und im Weg wirst mir auch nimmer umgeh'n. Gern Hab' ich's net gelhan, aber ich Hab' mir net anders helfen können! WaS mach' ich aber jetzt mit dem Aas da? Am besten wird'- sein, wenn ich 's in's Feuer wers' u»d ein' Arm voll Holz d'rauf leg' l Nachher wird er wohl schön stad ver- kohl'n, und wenn wirklich später amal wer auf den Platz herkommt, kann er höchstens Nock a paar Beinl finden. Also siisch an'- packt und hciß.'s laufen, so weit mich die Füß' tragen!"

Er faßte die bluiübersteömte Leiche, zerrte sie in die Flammen und bedeckte hierauf den Körper sorgfältig mit Reisig und Fichlen- zweigen. Prasselnd züngelten die Flammen empor, der Mörder griff rasch sein Gewehr auf und floh, wie von Furien gepeitscht, in das Dickicht des Waldes.

Wie ein oufgescheuchter Hirsch brach er durch die Büsche, deren Zweige ihm das Gesicht peitschten und ihn im Laufe hinderten. Plötzlich blieb er stehen und lauschte.Teufel," murmelte er mit bleichen Lippen,jetzt bin ich verloren! Strrispatrouillen sind in der Näh', sie haben Hund' bei sich und find mir auf der Spur!" I» diesem Augenblicke tönte ganz deutlich Hundegebell, daS sich plötzlich in ein seltsammes Klagegeheul vcr- wandelde, aus der Ferne herüber. Mil einer wilden Verwünschung auf den L'ppen floh der Mörder aus dem Dickicht in den offenen Forst hinein und flog wie vom Winde gejagt unter den Bäumen dahin. Der Schweiß troff ihm von der Stirne und das Herz klopfte ihm wie ein Schmiedehammer in der Brust; daS Hundegebell kam näher und näher, und jetzt brachen zwei krummbeinige Dachshunde aus den Büschen hervor und hefteten sich an seine Fersen. Einige Sekunden noch setzte er seinen Lauf fort, aber seine Kraft war erschöpt, das Gewehr entfiel seinen Händen und taumelnd brach er zusammen.

Wenige Minuten später hüten ihn die Verfolger erreicht. Er wurde emporgerisstn, gebunden und zurückgeschleppt zu dem Orte seines Verbrechens. Die Feuerbrände waren

auSelnondergerlssen und die halbversengte Leiche seitwärts unter einem Baume nieder­gelegt worden. Rasch wurde auS Baum' zweigen eine Tragbahre hergestellt, der Leich­nam taraufgelegt und nach dem Dorf ge­schafft. Der Mörder, der wie vernichtet vor sich hinstarrte, wurde einstweilen in doö Ortsgesängms gebracht und wohl bewacht. Dann wurde ein reitender Bote abgesandt, um die Gerichte von dem Vorgefallenen in Kenniniß zu setzen, und noch am selben Abende traf der Untersuchungsrichter ein und ließ sich den Gefangenen vorführen. Auch Walpi sollte einem Verhöre unterzogen werden, ober der Richter mußte von seinem Vorhaben abstehcn, da das Entsetzen Walpi plötzlich auf's Krankenlager geworfen und ein hitziges Fieber bei ihr zum Ausbruch gekommen war. Da die beiden Hauptzeugen, der Gendarmerie-Kommandant und Walpi, aiso erst später venommen werden konnten, so war die Thäligkeit des Untersuchungs­richters bald zu Ende, und am nächsten Tage reiste er, nachdem der Mörder in's LandgerichtSgefängnis eingeliesert worden war, wieder ab.

Einige Monate waren vergangen. Der Oktober hatte seine nebelreiche Herrschaft be­reits begonnen, aber der Himmel war noch so sonnig und blau und die Luft so mild und weich, daß Wiesen und Fluren im vollsten Grün eines Späifrühiings prangten und nur hur und da in den Wäldern eine vergilbte Birke oder das gerötete Laub einer Buche verriet, wie nahe vielleicht das Ende all dieser Herrlichkeit sein mochte.

Eines Abends sah Walpi auf der Haus, bank vor der Schachermühle. Wer das Mädchen vor wenigen Monden gesehen, der hätte wohl Mühe gehabt, in dieser, wie vom Tragen schwerer Lasten ermüdeten Gestalt, in diesem kalt ernsthaften, um nicht zu sagen, finsteren Angesicht sie wieder zu erkennen. Sie war zwar noch immer schön, aber zwischen den Augenbrauen hatte sich eine tiefe Furche eingegraden und der Glanz der Augen und die Farbe der Wangen waren verblichen vor dem strengen Lufthauche des Kummers.

Sie saß ganz unbeweglich, ganz in ihre Gedanken versunken, und bemerkte eS nicht, daß ein Mann gegen das Haus herankam und in einiger Entfernung stehen blieb. Kopf­schüttelnd betrachtete er das junge Mädchen einige Augenblicke und schritt dann langsam ans daselbe zu.

Als der Ankömmling nur mehr wenige Schrille vom Hause entfernt war, blickte das Mädchen auf und fuhr dann rasch von der Bank empor. Zitternd stützte sich mit der Rechten am Thürpfvsten, während sie die Linke auf's Herz preßte Röte und Blässe jäh auf ihren Wangen wechselten.

Sie stnd's, Herr Kommandant," stammelte sie mit versagender Stimme.Sie kommen zu mir".

Aufatmenb ließ sich der junge Mann auf die HauSbank nieder.Du stehst, Walpi," sagte er freundlich,daß ich die Uniform ausgezogen Hab'. Vielleicht hast's auch schon gehört, daß ich meinen Dienst aufg-geben Hab', eigentlich aufgeben Hab' müssen, weil ich invalid geworden bin. Ja, das iS eine schlimme Zeit g'wesen, die möcht ich net noch einmal durchwachen! Aber unser Herr­gott hat micks überstehen losten, und der Schuft, der mich so zugerichlet hat, haisein'

Lovn kriegt und kommt nimmer heraus auS'm Zuchthaus. Wenn 'n der Regent net be­gnadigt hält' wär' er um ein Kopf kürzer g'macht worden, nah' g'nug iS 's ihm g'standeu. Aber davon Hab' ich eigentlich net mit Dir red'» wollen. Ich Hab' gehört, daß Du fortzieh'» willst aus der Gegend, und d'rum bin ich herausgehascht zu Dir, um Dich zu fragen, ob Du das wirklich im Sinn' hast."

Ja," niktr Walpi mit gesenkten Blicken. Ich geh' fort, mir ts die Hoamat verleid'!, und es thät auf die Läng' auch kein' gut, wenn ich gleich bleiben wollt'. Ich Hab' in Jndersdorf eine alte Bas' und die hat mir vor ein paar Tag' geschrieben, daß ich zu ihr zieh'« und sie pflegen soll. Ich nehm' daS Anerbieten an und werd' mich wahr­scheinlich schon recht bald auf die Res' machen."

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Zuvorkommend. In einem Wagen 1. Klasse des Nord-Süd-Expreßzuges kam es kürzlich zwischen einem Franzosen und Engländer zu einem so lebhaften Wortwechsel, daß die dadurch gestörten Mitreisenden sich aus der nächsten Station beim Bahnhosvor- stand beschwerten. Dieser nahm die Herren ins Verhör, und es gelang ihm, f-stzustellcn, eaß den Anlaß zu dem Wortwechsel die Frage gebildet hatte, wer sich im Jahre 1899 mehr blamiert habe, die französischen oder die englischen Generäle. Der Engländer meinte natürlich, die französischen; der Fran­zose, die englischen. Der Herr Vorstand be­merkte hierauf höflich, daß man über diese Frage allerdings streiten könne, und wieS den beiden Herren ein besonderes Abteil an, damit sie ihre Erörterung fortsetzrn könnten.

Englische Findigkeit. Die Innung der Großmetzger in London hat ihren Kun­den die Anzeige gemacht, daß der FlcischpreiS wegen des Krieges" von nun an um min­destens 12 sür das Pfund erhöht werde. Warumwegen des Krieges" ? Die um Aus­kunft angegangenen Metzgermeister haben Mühe, einen vernünftigen Grund anzugeben. Endlich sind sie in ihrer Verlegenheit auf folgende köstliche Ausrede verfallen:Hun­derttausend Mann sind von England abge« gangen, der Verbrauch an Fleisch ist daher geringer und wir müssen es teurer verkaufen, wenn unsere Einnahmen sich gleich bleiben sollen." Geschäft ist eben Geschäft. Natür­lich könnte aber jedes Gewerbe mit gleichem Rechte sich dieser Beweisführung bedienen und zu ähnlichen Vorgehe» entschließen. Fraglich bleibt nur, ob auch die Konsumen­ten sich die schlecht maskierte, eigennützige Willkür der M-tzgerinnung gefallen losten, (Er hat recht!) Sie:Nun, wie gefiel D>r heut' die Primadonna?" Er: Ich fand sic reizend, wie einen Engel! Sie (eifersüchtig):Hast Du denn ge­sehen, wie gemalt sie war?" Er:Ja, hast Du denn je Engel gesehen, die nicht gemalt waren?"

^ ergiebig, denn eine Messerspitze voll genügt, G^chllwck und Farbe des Kaffees zu verbessern. 6

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