Die Schachermühle.
Eine bayerische Dorfgeschichte von Fr. Dolch. 11) (Nachdruck verboten.)
Er sprang rasch auf Hiesl zu und faßte ihn bei der Schulter, Zähneknirschend riß sich der Bursche loS und lastete nach seinem Besteckmcsser, allein der Kommandant drückte ihn, ehe er e« zu ziehen vermochte, mit Riesenkraft auf die Bank nieder. Die Wirtsknechte hatten sich inzwischen auf Han- und Allst, die nur geringen Widerstand leisteten, geworfen und ihre Hände mit blicken gefesselt. Auch Hiest, der mit schäumendem Munde Flüche und Verwünschungen ausstieb, war bald überwältigt und gebunden. „Die Schufte hätten wir, sagte der Kommandant erleichtert aufatmend. „Jetzt wollen wir sie gleich ins Ortsgefängnis schassen und morgen dann nach Dachau transportieren. Seht euch einstweilen nach irgendwelchen Waffen um, Leute! Ich hole jetzt den Bürgermeister und nachher wollen wir geschwind in die Schachermühl', hinüber und das Räubernest ausheben. Ich denke, wir haben da keinen schlechten Fang gemacht, und wer weiß, was wir in der Mühle noch alles finden."
Eine Viertelstunde später soß'n die Gefangenen schon hinter Schloß und Riegel, und ein kleiner Trupp bewaffneter Männer, der Gendarmerie-Kommandant und der OrlS- dürgecmeister als Führer an der Spitz , machte sich aus den Weg nach der Schacher» Mühle.
Inzwischen war es längst Nacht geworden. Der Mono stieg über den Tannenwipfeln herauf und lugte neugierig in die dunkle Schlucht, in welcher die einfache Schachermühle lag. Es drang kein Lichtschein aus den Fenstern und wie ausgestcrven lag das unheimliche Gebäude da. Nur der Mühlbach rauschte einschläfernd und zuweilen tönte der krt schenke Schrei eineS Nachtvogels vom schlummernden Waide herüber.
In der Wohnstube saß der Müller regungslos am Tische und starrte finster auf den Erdboden. „Warum mir nur hem' gar so elend zu Mut iS," murmelte er fast unhörbar in sich hinein. „Der Kopf brennt mir wie Feuer und dtr'mal schüttetr's mich, als wenn's mir die Seel' aus'm Leid beuten wollt'. Und die dummen Gedanken erst, die kann ich mir heut' erst recht net aus'm Sinn schlagen, WaS einem da net alles zufliegt, wennn man so mutterseelenallein in der Dunkelheit sttzil Fürchten lö>nt 'man sich schier. Wenn ich sie auch mit G.wati fon'jag', sie kommen alleweil wieder und lassen mir keine Ruh'."
Er streckte die Hand nach der Flasch', die neben ihm aus dem Tische stand, aus, fetzte sie an die Lippen und that einen gewaltigen Zug. Dann stellte er sie wieder nieder, schüttelte sich nud sprang von de, Bank empor. Mit verschränkten Armen schritt er einige Maie hastig in der Stube aus und ab, dann warf er sich wieder aus die Bank nieder und versank auf's neue in Gedanken.
„Da iS sie gelegen," fuhr er nach einer Weil« starr auf den Boden blickend, in seinem Selbstgespräche svrt. „Da hat sie die Händ aufgkhoden zu uns und hat uns eindringlich in's Gewissen gereb'l. Aber
V-ss
wir haben das Versprechen, das wir ihr 'geben haben, net gehalten, haben sie schändlich angelogen, und hintergangen. Damals wär'S vielleicht noch net zu spät gewesen, zum letztenmal bat uns unser guter Engel mahnen wollen. Aber wir haben ihn wegg'stoßm, und von der Stund an sind wir dem Teufel verfallen gewesen für immer und ewig. Für da?, was wir gethan haben, giebts keine Absolution mehr, Kirchcnräuber sind verflucht und verdammt in alle Ewigkeit —*
Plötzlich fuhr er empor und warf einen spähenden Blick durch's Fenster. „Hat sich jetzt net 'waS gerührt da draußen?" flüsterte er ängstlich. „Mir iS 's g'wefen, als wenn ich 'waS um's Haus hält' wischen sehen! Aber warum erschreck' ich denn eigenilich so? Die Buben werden halt vom Wirtshaus heimkommen, ein anderer Mensch trau! sich um die Zeit net zu der Schachermühl'. Aber eS iS alles wieder ganz stad, ich muß mich geirrt haben. Vielleicht iS 's eine Nachteul' gewesen, die herum g'flogen iS, oder ein anderer Vogel. Jetzt iS 's schon bald soweit, daß mich das fallende Laub erschreckt und das Klopfen an der Thür'. Wenn ich 'was blitzen feh' in der Weiten, mein' ich jedes Mal, 'S ts a Schandarm, der kommt und mich holen will. Eine ruhige Slund' Hab ich nimmer, und eö wär' wohl am ge- scheidlesten, wenn ich dem elenden Zustand ein für allemal ein End' mach'n thäi. Aber auf'S Gericht geh'», und mich selber angeb'n, daS bring' ich net fertig. Lieber unter'm Erdboden vergraben sein, als tm Zuchthaus. Wie wär'ö, wenn ich mir jetzt ganz in der Still' eine Kugel in den Kops jagen und mir daS Lebenslicht auSdlasen lhäl? Da IS die Büchs', ich dürft' sie nur auf den Boden stellen und mit dem Fuß lvSbrucken, nachher wär alles aus unv vorbei. Ja, wenn mann bas g'wiß w ssen thät? Wenn's kein Herrgott geben thät und keine Höll'I Ader brennen müssen im ewigen Feuer —"
Schaudernd bedeckte er einen Augenblick das Gesicht mit den Händen, aber in der nächsten Sekunde schon sprang er mit einem gewaltigen Satze an'S Fenster und spähte mit verz-rrtem Gesichte in den vom Mond erhellten Hof hinaus. „Höll und Teufel, vu sind sie schon," stammelte er. „Da mutz 's 'was 'geben haben, die Buben haben sich vielleicht verraten, und jetzt kommcn'S und wollen mich holen. Abrc sangen iaß' ich mich net, lieber schieß' ich ein paar üvrr den Haufens"
Er stürzte zum Ofen, ricß die Büchse von der Wand und eilte wieder an'ö Fenster. Er hob das Gewehr an die Wange, ließ es aber gleich wieder sinken. „Nein," murmelte er schaudernd, „ich kann's nei — ich will's net thunl Ich will kein' Mord begeh'», ich Hab so schon g'nug aus'm G'wisftn." Hastig stieß er mil dem Fiinlcniauie die Fe,ist r- schelbe ein, so daß die Scherben klingelnd auf den Boden niederficlen, und schoß hierauf die beiden Gewehriäufe in die Luft ad. Dann lehnte er die Büchse an du Mauer und huschte, während gewaltige Schläge gegen die Hausihüre donnerten, durch den HauSflötz in den Kuhstall. Hastig öffnete er dle niedere Thüre und kroch wie eine Schlange hinter einem Erdhaufen dem nahen Mühlbach zu. Am User des Baches standen ;wet mit Heugabein bewaffnete Männer, oie neugierig zu den Äenrarmen, welcher
eben die Thüre Ungeschlagen hatten und unn in's Innere des Hauses drangen, hinüberblickten. Wahrscheinlich hätten sie die dunkle Gestalt, die dicht an ihrer Seite in's Wasser glitt, garnicht bemerkt, wenn nicht ein leises Plätschern ihre Aufmerksamkeit erregt hätte. Laut schreiend stürzten sie sich daher, als sie ein menschliches Haupt in den Wellen versinken sahen, ebenfalls in's Wasser, faßien den sich gewaltsam Sträubenden bei den Armen und Beinen und zerrten ihn an'S Ufer. Die Gendarmen waren inzwischen wieder aus dem Hause gekommen, und rasch wurden nun dem Gefangenen, der sich kaum aufrecht halten konnte und keuchend nach Atem rang, die Handschellen angelegt. Mit brechenden Knien taumelte hierauf der Müller zu der Bank neben der HauSihüre und sank schwer auf dieselbe nieder. Eine Wache blieb bei dcm Gefangenen zurück; die Uebrigen aber begaben sich wieder in das Haus und die beiden Gendarmen durchstöderten nun jeden Winkel desselben. Aber zur Verwunderung Aller wurden nur wenige und unbedeutende Gegenstände die von Diebstählen herzurühren schienen, vorgefunden. Nachdem die Durchsuchung des Hauses beendet, wurden die Thürcu verschlossen, die Gendarmen nahmen den Gefangenen, der von Fieberschauern geschüttelt wurde, in die Mitte und rasch marschierte der kleine Trupp dem Dorfe zu.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
/. Eine Anekdote, die der „Fronde" aus Sl. Petersburg berichtet wird, beweist aufs neue, wie sehr der Zar b,strebt ist, das Beispiel der Einfachheit zu geben. Er hatte geiört, daß die Gardrosfizicre einen Kameraden boykottierten, der den Trambahnwagkil benutzt hatte. Da stieg nun der Zar selbst in Odrrstenunisorm in den Pserdedahnwageu, oer zur Kaserne res Garbe-NegimentS fühlt, und sagte zu den Offizieren, die ihn mit verblüffter Miene ausftcigen sahen: „Nun, weiden Sie ihrem Odeist auch den Stutzt vor die Thüre setzen?"
— Ein sonderbarer Irrtum Aus dem Städtchen Wronke (Posen) wird mitgeteilt: Ein merkwürdiger Irrtum passierte einem Familienvater unserer Staat. Er meldete kürzlich vor dem Standesamt die Geburt eine- Knaben an. Drei Tage später erschien der glückliche Vater abermals vor dem Standes« beamten, umeine „Berichtigung" dahingehend anzudringen, daß das neugeborene Kino ein Mädchen sei.
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Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosm « vn io Wftrhad.