Die Schachermühle.
Eine bayerische Dorfgeschichte von Fr. Dolch, ü) (Nachdruck verboten.)
„Wir kommen net auf, wenn wir's schlau anpacken," erwiderte eifrig der Lange. „Höcl'e nur zu, was ich mir für ei»' Plan aus- siudiert Hab'. Du weiht ja, Müllerin, daß ich diesmal gegen Friedberg zu 'gangen bin mit meiner Waar'. No, in die Dörfer da hinauf Hab ich ja diesmal ein klein'ö Geschäfte! g'macht, und Hab a paar Betbüchel mit silberne Schließen und a halb's Dutzend Rosenkranz' verkauft. Me>', die Ehhalten haben selten ein' Draht, und die Bäuerinnen haben mir oft d' Thür vor der Nase zu- g'schlagen und hab'n geschrieen : „Jetzt kummt scho' wieder a Kroxentrager I Mach daß D' weiter kummst, wir kaufen nix!" In Friedberg selber is 's mir um kein Haar besser 'gangen. AuSkundfchastcn Hab' ich unterwegs auch nix können, und so bin ich aus d' Letzt ganz fuchsteufelswild in Friedberg zum Bauernbräu hinein und Hab' meine Wut und mein' Zorn mit einer frischen Maß hinunterg'schwoabt (geschwemmt). Da kommt der Bräu zu mir und fragt, wie die G'lchüften geh'n. „Bist schon beim Dechant Herrgvltsruah draußt g'wesen? hat er z'letzi p'fagt. „Den mußt ausfuch'n, da machst g'wiß a gutes G'lchäst." No, das Hab' ich mir net zweimal sagen lassen und bin gleich hinaus, Der Dechant iS auch ganz freuntl. g'wesen, ich Hab' alle meine Sach'n vorlegen dürfen, und er hat orbcnlst' ein'kauft und hat net amal seindli (arg) gehandelt. Wies nachher an'S Zahlen 'gangen iS, hat er ein Wandkastel ausg'tperrt und hat schwatzlederne Taschen herauSg'nommen. Das Kastei hat er aus'assen, und während er mir das Geld htn'zählt Hot, Hab' ich meine Aug'n im Zimmer herum spazieren geh'n lassen. Vom Wandkastel häu' ich die Augen bald nimmer weggebracht, denn a groß r Haufen Geld- rvllen und allerhand Wertpapier' haben da herausg'schaul. Teustl, Hab' ich mir denkt, da wär' ein Fang z'machen, wenn man da einbrech'n thäi. Ich Hab mich nachher im Städtel noch genauer erkundigt und Hab' erfahren, daß auch in der Kirchen gar kostbare Sach'n aufbewahrt werden — goldene Monstranzen und Kelch', alles mit Perlen und Edelgistein verziert, und Reliquien, die die WallsahrtSleut' küssen und anbeten. Ihr wißl's ja, daß die Wallfahrlskirch' a gute Vierlelstund' von Friedderg weg ts und ganz einschichtig! draußt im freien Feld steht. Im Priesterhaus aber logieren nur vier Leut': der Dechant und die alte Hauserin, der Meßner und der Ministerant. Da dürft' man nur d' Giockenseil' abschneidcn, nachher könnt man die Vier leicht überwältigen und 's ganze Nest auSnehmen. No, was sagl'ü jetzt zu dem Plan?"
„Daß 's nix iS damit," sagte der Müller aufstehend. „Za einer solchen Schandthat such' Dir Du nur andere Helfer. Ich will net verflucht und verdammt sein in Ewigkeit —"
Der Lange stieß ein heiseres Lachen aus. „Aha, j-ht kommt's auf, was D' eigentli' fürchl'st, Müller," rief er höhnend. „Bor der ewigen Verdammnis und vor der Höll' fürchl'st Dich? Als wenn's eine Höll'geben thät l Dich, Müller, hält' ich für g'scheidter ang'schaui. Und was iS 'S nachher mit Euch,
Bub'n, denkl's ös auch so, wie der Vater?"
„Ich frag nach der Höll' und nach'm Teufel nix," rief Hiesl lachend. „Auf mich kannst zählen, ich bin dabei?"
»No und Du, Müllerin? Was iS 's nachher mit Dir?"
„Ja, meinst denn wirkst', daß da ordentlicher Ram (Beute) z'machen wär?" forschte die Alte. „Wie viel könnt' denn das wohl ausmachen, was der Dechant im Haus hat? Aus die Kirchensachen wär' gewiß auch a schönS Stückl Geld z' lösen, aber schwer an- zubringen wärens halt —"
„Die thäten schon ihren Herrn finden," meinte der Lange. „Die Hauptfach' aber wär freilich 'S bare Geld und das muß doch alleweil so a zehn- oder zwanzigtausend Mai kl ausmachen."
„Zwanzigtausend Mark," murmelte die Aste mit leuchtenden Augen. „Teuf-l, das wär freilich kein schlechter Fang? Da könnt man schon ein bissel was riskieren. Arg q'fährlich is 'S freist', da hat der Peter scho' Recht, aber zwanzigtausend —"
„Is halt auch kein Pfifferling, net wahr? Da wären wir alle mit einander mit einem Schlag aus'm Elend und könnten uns in Amerika drüben a Landgut kaus'n und 'u Herrn spielen. Ich mein' Müller, Du könntst es schon lang dick hab'n, das Hundeleben das Du daheim führen mußt! Bist net veracht und über die Achseln ang'ffh'n von der stanzen Gemeind und geh'n Dir net alle Leut' aus'm Weg als wie einem räudigen Hund? Im Elend mußt noch Verderb'» und versterb'n und Dein Weib und Deine Buben mit Dir Betteln geh'n mußt noch von Haus zu Haus und froh sein, wenn Dir die Gemeind' das Gnadenbrot) gibt in Deine alten Tag'. Oder Du stiehlst amal a Stückl Wild oder ein'Hammel, weil Du's nimmer aushalten kannst vor lauter Hunger, nachher wirst gleich gar g'hetzt und g'jagt wie ein wild'S Tier und wirst ins Zuchthaus g'sperrt, weiß unser Herrgott wie lang. In Amerika drent, bist a freier Mann, hast alles, was Dein Herz begehrt, und wen» Du auf die Jagd gehn willst, kümmert sich k tn Teufel darum. Wenn Du Dich vor der Verdammnis gar so fürchl'st, mußt Dich halt später bei unferm Herrgott wieder einbetteln und fleißig gute Werk' lhun mit Dein'm Geld, nachher wird er schon ein Aug zudrucken, wenn Du hinüber kommst zu ihm."
„Ja, der HanS hat R.cht," sagte dt? Müllerin entschlossen. „Eine p'wagte Sach' is 's sreilich und bö>' ausgeh'n kann sie auch, aber nur wx wagt der g'winnt auch nix. Wenn Du Dich net dazu entschließen kannst, Peter, nachher geh' ich von Dir und Du sollst mich nimmer seh'n und die Buden auch net. Nachher g'schteht Dir Recht, wenn Du amal einsam und verlassen in einem Winkel sterben mußt, Du hast's net anders hab'n woll'n l"
Sic schwieg, denn der Müller, der inzwischen heftig bewegt in der Stube auf und abgegangen, blieb jetzt plötzlich vor ihr stehen. „Hast, keine Sild' mehr," stieß er schweratmend hervor. „Du weißt, daß ich Dir nix Abschlägen kann, wenn Du mit mit red'st, und daß ich lieber mee' Seligkeit verstehn will als Dichl Dein Will' soll geschehen, da hast meine Hand!"
„So iS 's Recht, Müller," rief der
Lange und schlug vergnügt auf den Tisch» „Also das wär' in der Ordnung! DaS Weitere werd'n wir nachher schon morg'n noch ausmachen. Jetzt wert», ich aber schau'n, daß ich in's Nest komm, denn ich g'spür' meine Haxen (Beine) schier nimmer vor lauter Müdigkeit."
Lärmend verließen die Burschen die Stube. Der Müller trat ans Fenster und starrte in die Nacht hinaus, die Alte aber nahm die Lampe vom Tische und stellte sie auf das Fensterbrett. „Ich will nur g'schwind noch den Tisch abräumen," sagte sie, nachher werd' ich auch nach meiner Liegerstalt schau'n. Mil'm Schlafen wirdS freilich net viel werd'n mein' ich, denn heut' gehn mir zu viel Sach'n im Kops 'rum —"
Sie hielt in ihrer Beschäftigung inne und blickte erstaunt auf, denn die Thüre öffnete sich plötzlich geräuschlos und Walpi schlüpfte in die Stube. Behutsam schloß das Mädchen die Thüre wieder und näherte sich dann mit schreckensbleichem Gesichte und gefalteten Händen der Alten, die sie überrascht und argwöhnisch anstarrte.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Auf dem Schwarzwald bei Hinter- villingen halte ein Bauer den 16. oder 18. Sprößling erhalten. DaS Büeble sollte getauft werden. Hebamme und Paten, sowie auch Pfarrer und Meßner waren in die Kirche bestellt. Der Bauer steigt vom Wald herab und des leichten Transports wegen hat er sein Söhnchen in einen Rucksack ge- ihan, den er auf dem Rücken trägt. Im Pfarrdorfe angekommen, hängt er den Rucksack mit dem lebenden Inhalt an einen Haken der Küchenthüre, um feine Ankunft dem Psaner zu melden. Als dann der Taufakt beginnen soll und der Bauer den Täufling dem Rucksack entnimmt, staunt er denselben einen Moment mit großen Augen an, bann sogt er verlegen: „Herr Pfarrer, jetzt Han i erst da Unrechte, da Letzschtjährige dr'wischt." . Aus der Taufe wurde an jenem Tage natürlicd nichts.
— Seit wann sind Sie Neger? Vor der achten Kammer deS ZuchtpottzeigerichtS in Paris erschien dieser Tag ein Herr Lauriston. Ein Mann dieses Namens war vor einiger Zeit zu fünf Jahren Gefängnis in oontumnoinm wegen frecher Betrügereien verurteilt worden und nun verlangte der Erschienene, daß dieses Urteil wegen Personen» Verwechslung aufgehoben wurde. Er hieße wohl Lauriston, aber er habe keine Bstrüg- ereien begangen. Die Zeugen sind da, Lauriston wird aufgerufen und — ein eben, hoizscharzer Neger erscheint. Groß-s Staunen sämtlicher Zeugen, die sofort erklären, das könne der gesuchte Gauner nicht fein. Nur ein Zeuge ruft, nachdem er den guten Neger lange angestaunt hat: „Herr Lariston, feit wann sind Sie Neger?" In der That erscheinen die Augenlider des Trefflichen ganz europäisch weiß. Das Gericht beschließt ein Bad mit Seife, dem Lauriston, der Neger, sich nur sehr ungern unterwirft. Nach dem Bade war Lauriston weiß und seine Schuld unr war ebenholzschwarz; es gab ein rührendes Wiedersehen und der Entfärbte wandelte auf fünf Jahre ins Gefängnis.
Krtzsktts», Pr-rck Mtz Brrls« von vrrnh. hofmgss tn Wildhab.