Zwölf schwere Schläge dröhnten durch die Nacht,

Und Hallen fröhlich nach an jedem Herde:

A«S düstern Wolken steigt in lichter Pracht Ein neue» Jahr auf unj're alte Erde.

Mutfrisches Hoffen strahlt auö feinem Blick,

Und Segen träuft herab von seinen Schwingen:

Sei unS gegrüßt denn wie rin neue- Glück Mit Jubelruf und freud'gem Becherklingen I

Auf frischen Mut vor allem immerdar I Auf licht're Zukunft und auf bess're Zeiten l So tön' es laut in'S neuerschlvfs'ne Jahr,

Und die Erfüllung möge unS begleiten.

Was uns beglückt, eS bleibe uns erhalten Zufriedenheit, das höchste Gut, das wahre! Wohlan I Nach heiter'm Schluß denn in dem Alten, Auf frohes Wiederseb.n im neuen Jahr!

Ir, sei gegrüßt, und laß unS mit Vertvau'n Auf deiner Bahn dir folgen ohne Zagen Nicht mehr zurück, nur mutig vorwärts schau'n Mit frischem Hoffen und mit neuem Wagen Sei uns ein Jahr, das endlich Heilung bringt Der Not, dem Leid, den Millionen Wunden Ein Jahr, indem die Menschheit neu verjüngt Zum Frieden und zum Frohsinn kann gesunden I

Die Schachermühle.

Eine bayerische Dorfgeschichte von Fr. Dolch.

2) (Nachdruck verboten.)

Ein Strahl des Hasses zuckte aus den Augen des Mädchens.Ja 's wahr/ rief sie mit bebenden Lippen,die Mutter will's haben, aber ich laß mich net zwingen, ehr spring' ich in d' Glon, wo's am tiefsten is, Der Wildgruber i« der schlechteste Mensch, den 'S gtebt auf Gottes Erdboden, und wer mit ihm umgeht muß verderben an Leib und Seel'. D' Brüder verführt er zu jeder Schlechtigkeit, und 'n Vater und d' Mutter, hetzt er auf gegen alle Leut'. Mit ihm iS der bi>' Feind ein'zogen in unser Haus, und er wird net rnh'n, bis er uns alle inS Unglück 'bracht hat.«

Der elende Kerl,« sagte finster der Kommandant und stieß zornig das Gewehr auf den Boden.Aber das Zuchthaus is ihm doch schon noch g'wiß. Heut' Nacht is wieder amal ein'brochen worden und zwar beim Grubhofbauern in Grubhof. Zwei Burschen mit geschwärzte G'sichter hab'n auf den Grubhofer, der seine Knecht' aufm cken hat woll'n, g'schossen. Giückiichcrwcis'haben's ihn net getroffen, weil er sich noch decken hat können hinter einer Thür, und nachher haben's RcißauS nehmen müssen, wie die Ehhaltea mit Heugabeln und Drischeln da­her gekommen sind. Ein' großer Fang haben's daSmal also net g'macht, aber ins Zuchthaus können'» spazieren auf a paar Jahr, wegen Einbruch und Mordversuch, wenn's aus- kommen«

Er schwieg und betrachtete das Mädchen mit forschenden Blicken. Walpi war leichen­blaß geworden und ihre Glieder zitterten so heftig, daß sie sich auf den Rechen stützen mußte. Verzehrende Angst sprach aus ihren Blicken; sie bewegte die bleichen Lippen, aber kein Ton drang aus der zufammengepreßten Kehle.

No, ängstig' Dich nur net'« fuhr der Kommandant, den die Angst de» Mädchens rührte, freundlich fort.Hoffen wir, daß Deine Leui' nichts zu thun gehabt haben mit der Sach'. Gut Nacht', Walpi I Und wenn Du vielleicht einmal a Hits' brauchst oder ein' guten Freund, der Dir beisteh'n soll mit Rat und Thal, nachher denk' halt dran, daß es einen Andreas Schachtnrr aus der Welt gibt. B'hüt Dich Gott l«

Er schüttelte dem Mädchen herzlich die Hand, warf das Gewehr über die Schulter und schrill rasch über die Felder dem Dorfe zu. Regungslos sah Walpt dem Davon­gehenden nach, bis er in der Dämmerung verschwand, dann warf sie sich plötzlich neben dem Karren sauf die Erde nieder und barg laut aufweinend das Gesicht im Grase. Wenn ich snur sterben könnt',« schluchzte sie. ,O Du lieber Herrgott tm Himmel drob'n mach', daß bald a End' hergeht mit mir!«

Laute? Gelächter, das in diesem Augen­blicke dicht neben ihr ertönte, schr-ckte sie em­por. Rasch hob Walpi den Kopf ein etwa siebzehnjähriger schmächtig gebauter Bursche mit bleichem Gesicht und verwegenem Bl'ck stand vor ihr. Der runde, niedrige Filzhut auf dem kurz geschorenen Haar und die rote, statt der Knöpfe mit Sildcrmünz'N besetzte W.ste zeigten, daß er zu den einge­borenen Bewohnern der Gegend gehörte. Eine kurze schwarze Jacke hing ihm lose um den Leib, und die Beine steckten in schwarzen Lederhosen, während hohe Stiefel bis an die Knie reichten. Ein abgeschabter Rucksack hing ihm über den Rücken, und in der Rech­ten hielt er ein blitzendes Doppelgewehr.

Was hol'S denn da eigentl.' 'geben?« rief er.Was hat denn der Grünspecht von Dir woll'n, daß er's gar so wichtig g'macht hat? So süß angezahnt (angedlickt) hat er Dich schon, daß ich gemeint Hab', er macht z'tktzt noch einen Fußfall vor Dir. Ich hält 'glaubt, so 'waS mußt' Dich doch freu'n, und derweil fängst zu weanen an, daß alle Feldmäus' versaufen möchten I WaS hat er kenn eigentll' g'sagt zu Dir? raus mit der Sprach', Du woanende Magdaleu'I«

WaS er g'sagt hat?« rief dos Mädchen mit funkelnden Blicken.Daß Du a Dieb und a Einbrecher bist, Hicsl, das hat er g'sagt I Ja, fahr nur zusammen, ich seh' Dir's am G'sicht an, daß er die Wahrheit g'sagt hat. Beim Grubhofbauern in Grub­hof iS etnbrvchen worden heul' Nacht zwei Burschen mit g'schwäizie G'stchler haben aus'n Bauern, der dt- Knecht' hat holen woll'n, g'schossen. Du bist dabei g'wesrn«

Weißt das so g'wiß I« höhnte der Bursche.Daß Du Dir fein Deine Schnap­pen net amal recht verbrennst I Wenn ich vabei gewesen wär, nachher thät ich jetzt im Wirtshaus sitzen bei Bratet und Wein und

thät mich net hinausfchleich'n zwischen Dunkel und Siehstminet auf 'u Anstand.«

Ware' nur, a Kugel is Dir doch noch g'wiß! Dem Jäger von Sulzemoos, wenn D' einmal in d' Händ' läufst«

Hoho,« grinste Hiesl, was frag' ich nach'm Jäger von fSulzemvos. Den brenn' ich nieder, wenn's amal leicht sein kann. Was thäten'S denn anfangen, die Alten, wenn »' net diemal a zaundürre GaiS »der ein' ausgehungerten Rehbock heimschleppen thät? Schmalhans is so alleweil Küchel« moaster bei uns, und wenn ich net allew il für a Atzung sorg'n thät, dürften wir 's Maul olle Tag an'« Tisch-ck hinschlag'u. Und wenn Du auch noch so scheinheilig thust, ein' R-Hdraten ißt doch auch lieber als a Katze,fleisch«

Las lügst,« rief Walpi entrüstet.Du w ißt recht gut, daß ich nie ein' Bissen an, g'rührt Hab' von dem g'stohlenen Wild. Wenn Du der Arbeit net auS'm Wege grh'n und unser'm Herrgott die Tag' net adstehl'n thät'st, nachher thät sich auch die Not net droat mach'n /n unser'm Tisch. Das kann ich Dir prophezeien, daß eS mit Dir noch amat ein tös-s End' nimmt I Bis jetzt sind Dir Deine Scheimstückte noch alleweil hin- auS'gangen, aber 's Blatt kann sich auch amal wenden. Der Krug geht so lang zum Brunnen, bis er lricht.«

Ja, wenn D' mich loS wer'n willst,« spottete der Bursche,nachher darfst mir nur a Predigt halten. Du weißt ja, daß ich von einer Predigt und Christenlehr' noch nie 'was hören Hab' wollen. Adies, Bet» schwester! Wenn ich heimkomm', werd' ich'S den Alten schon v-rzäht'», was Du sür rare Bekanntschaften hast. Wenn's Dich zum Teufel jag'n, nachher kannst ihm nachlaufen Dkin'm Schergenknecht!«

Er Verschwand im Waldcsdunkel. Mit glühenden Wangen kehrte Walpi zu ihrer Arbeit zurück; sie legte das Gras auf den Karren, Rechen und Sense darüber, und band die Ladung mit einem Stricke fest. Dann schob sie den Karren vor sich her und lenkte ihn auf einen schmalen Feldweg, der zur Schachermühle führte.

(Fortsetzung folgt.)

Merks.

Wie vieles bringt ein Tag, und ach, wie wenig giebt und vergißt ein Jahr.

Redaltton. Druck und Verlag von Beruh. Hofmgnn in Wildbgd.