Schwarzwald-Wasserversor'gitvg.

Calw, den 15. Oktober 1899.

Ein großartiges, und für die beteiligten Gemeinden überaus segensreiches Unterneh­men,die Wasserversorgung des nördlichen Cchwarzwaids", hat gestern seine Vollendung und Einweihung erhalten. Zu dem Festakt war Staatsminister v. Pischek in Begleit­ung von Ministerialrat v. Mosthaf, Obcr- baurat v. Ehmann, Direktor v. Euting und den Oberamtmänncrn Völter von Calw und Ritter von Nagold erschienen. In 21 Ge» führten begann von Altensteig die Rund­fahrt durch die Ortschaften Utberberg, Ett- maanSweiler, SimmerSfeld, Aichelberg, Aich- hrlden, Zwerenberg und Neuweiler. Am Bahnhof in Altensteig überreichte beim Em­pfang der Minister dem Vorstand des Ge meindeverbanvs der Schwarzwaldwasserver­sorgung, dem Schultheißen Frey in Aichel­berg die goldene Medaile des Friedrichsor- dens und ebenso in Zwerenberg dem Schult­heißen Wolf. In allen Orten waren die Schuljugend, die Vereine, die Feuerwehr, die bürgerlichen Kollegien mit dem OrtSvorsteher und Pfarrer aufgestellt, um die Festgäste mit Gesang und Rede zu begrüßen. Ehren­pforten mit sinnigen Zuschriften waren am Eingang der Ortschaften angebracht, sämtliche Ortschaften boten reichliche Erfrischungen an. Allgemein gefiel die Inschrift deS Wirtes Faiß zum grünen Baum in Ettmannsweiler, der als behäbiger Mann und trefflicher Wirt bekannt ist; der Endreim des Will­kommengrußes lautete:

Wenn i mein Wn'le pantsche thüt,

No thüt i net so groia."

DaS Wasser für die Wasserleitung ent­springt einer Quelle bei der Kälbermühle, die 595 Meter hoch liegt; das Wasser wird 300 Meter hoch in das Hauptreservoir auf dem Aichelberg gepumpt. Das Re'ervoir hält 620 Kubikmeter oder 2067 Eimer und ist für 27 Gemeinden mit 6907 Einwohnern und zwar 17 Gemeinden aus dem Obcrami Calw mit 4207 Einwohnern und 10 Ge­meinden aus dem Overamt Nagold mit 2700 Einwohnern erstellt worden. DaS großartige Werk hat im ganzen 900,000 gekostet, wozu ein Staatsveitrog von 280,000 gereicht wurde. Die Wasserkraft zum Be­trieb des Werkes wird durch die große Enz mit 100 Psirdekräflen bewirkt. Tie Aufsicht über die Gruppenverwaltung im Bezirk Csiw hatte Oberamtmann Völter, dessen rastloses Streben um das Zustandekommen des großen Werkes in den beteittg'en Gemeinden unver­geßlich bleiben wird. Anfänglich im Jahr 1897, traten nur 7 Gemeinden im Bezirk Calw und 4 Gemeinden im Bezrk Nagold bei, die übrigen Gemeinden folgten später. Die Quelle liefert 22 Sekundenliler und da­von braucht man zur Erfüllung aller Be­dürfnisse nur die Hälfte. Das Festmahl fand im Lamm in Neuweiler statt. Während deS vorzüglichen Essens wurden verschiedene Toaste ausgebracht, von Minister v. Pischek auf S. Majestät den König, von Schultheiß Frey in Aichelberg aus den Minister v. Pischek, von Oberamtmann Völter in C>lw aus Mi­nisterialrat v. Mosthaf, von Oberamlmann Ritter in Nagold auf Oberbaurat Ehmann, von Pfarrer Klumpp in Ettmannsweiler auf Oberamtmann Ritter und von Ob^ramtmann Völter auf die 3 dekorierten OctSvorsteher. Um 7 Uhr schied der Minister, indem er noch dir VersaalMiuntz Meiste, daß kt über das

herzliche Entgegenkommen, das er überall ge­funden, sehr erfreut gewesen sei, daß er allen Beteilig'en dafür aufrichtig danke uud daß er überall deu besten Eindruck gewonnen habe. Die versorgten Gemeinden zeigten sich bocherfreut über den Besuch des Ministers und über die thotkräftige Unterstützung des Werkes durch die Regierung. Der Minister fuhr über Calw abends 9 Uhr nach Stutt­gart zurück. Die Gemeinden, die so oft von drückendem Wassermangel heimgesuchr waren, sind nun aller Not enthoben und freuen sich dankbar des gelungenen Werkes, das von Oderbaurat v. Ehemann in tadelloser Weise zur Ausführung kam.

Rundschau.

Stuttgart. Zur Ergänzung der bis­herigen Mitteilungen über die Frage der Gewährung von Diäten an die Mitglieder des Gemetnderats sei eine Aeußerung des Stadtschultheißen Gauß verzeichnet, wonach es sich bei der erwähnten Bestimmung des Bürgerl. Gesetzbuches um den Bürgeraus­schub, nicht aber um den Gemeinderat handeln düifte. Dieser, der Gemeinderat sei das Zentralverwaltungsorgan der Gemeinde, dem alle Geschäfte zufallen und der mit dem preußischen Magistrate zu vergleichen sei.

Stuttgart, 14. Okt. Der Andrang von Gütern auf dem Güterbahnhof scheint neu­erdings ein so starker zu sein, daßdieEism- bahnverwaltung gegenwärtig Soldaten zum Ein- und Ausladen herangezogen hat.

Cannstatt. Oberbürgermeister Nast wird seine Ansicht in Betreff der Eingemeindungs­frage in einer Denkschrift niedrrlegen. Die Eingabe des Stuttgarter Gemeinderats an das Kgl. Ministerium des Innern betreffend die Vereinigung von Stuttgart und Cannstatt soll der hiesigen Bürgerschaft gedruckt vor­gelegt werden, damit in dieser hochwichtigen Frage sich jeder ein eigenes Urteil bilden kann. Die bürgerl. Kollegien werden auf diese Weise auch Gelegenheit haben, die Stimmung der Wähler kennen zu lernen, und die nächsten Gemeinderatswahlen werden zweifellos unter dem Zeichen der Eingemeind­ung statifinden.

Calw. 12. Okt. Der zum 3. Mal In Neuhengstelt zum OrtSvorsteher gewählte Wirt und Gemeindcrat Weinmann wurde, da er den Betrieb der Wirtschaft nicht auf. geben will, bis jetzt noch nicht bestätigt, vielmehr nimmt die Regierung eine abwarlcn- de Stellung ein, sie hat den Gewählten nun als AmtSvcrweser eingesetzt und wird später je nach Ausfall der Probezeit ihre Ent­scheidung fällen. Dadurch ist vorderhand ein Ausweg in der für die Gemeinde so wichtigen Angelegenheit geschaffen.

Nagold, 11. Okt. Beim Bau eines Anwesens deS Oekonomen Herrgott im so­genanntenHesel" unterhalb Röchenbach, stieß man, dem N. Tagbl. zufolge, bei den Grabarbeiten auf Reste eines römischen Kastells. Ueber den archäologischen Wert dieses Fun­des werden weitere Nachgrabungen, die vor­aussichtlich gleichzeitig mit denen amKraut- bühl" vorgenommen werden dürsten, Auf­schluß geben. DerKrautbühl" ein kleiner künstlicher Hügel auf den Wiesen bei der Haltestelle Nagold-Stadt, soll ein keltischer Grabhügel sein.

Mundelfingen, 1l. Okt. Eine gräßliche Nacht, in welcher 4 Menschenleben den Tod durch Feuer fanden, liegt hinter uns. Gestern

nacht ^10 Uhr brach In dem auS Holzrlegeln erbauten und mit Schindeln gedeckten Wohn» und Oekonomiegebäude deS Landwirts und MeSnerS Leo Bea, wahrscheinlich in dem auf einem sogenannten hölzernen Wechsel stehenden Kamine ein Brand aus, der mit ungeheurer Schnelligkeit um sich griff. AIS der Besitzer und seine Frau (die Eltern von 7 Kindern) erwachten, stand schon die nach oben führende Treppe, wo 3 Knaben, einer im Alter von 9 Jahren und ein 7jährigeS Zwillingspaar schliefen, in Flammen. Die Mutter konnte von den bei ihr unter­gebrachten 4 jüngsten Kindern 3 in Sicher­heit bringen; ei» dreijähriges Mädchen, von dem sie glaubte, eS folge ihr nach, geriet auf nicht aufgeklärte Weise ins Feuer und fand den Tod. Die Versuche des Vaters, mit einer Leiter die im oberen Stockwerke liegende Knaben zu retten, mißlangen und so fanden diese ebenfalls den Feuertod. In der Frühe des heutigen TageS waren die 4 Leiwen noch nicht gefunden.

JsNy, 11. Ok>br. Die beiden hiesigen Scbützengesellfchaftcn bereiteten ihrem Mitglied Büchtenmachcr Epp aus Kleinholente einen festlichen Empfang auf dem hiesigen Bahn­hof. Hr. Epp, cin weit und breit bekannter, tüchtiger Schütze, halte das Glück, beim Oktoderfest-Schießen in München die meisten Punkte zu erzielen und dadurchSchützen­könig" von Bayern zu werden, wodurch ihm auch besondere Auszeichnung seitens Sr. Kgl. Hoheit deS Prinzregenten Luitpold zu teil wurde.

Hall, 14. Okt. sGerichtSsaal.) In wohlverdienter Weise wurde vorgestern vom K. Schöffengericht Hall die Baucrsehefrau Kath. Grodbach von Sanzenbach, Gemeinde Rieden, hiesigen Oberamts, wegen verleumder­ischer Beleidigung mit 4 Wochen Gefängnis bestraft. Dieselbe hegte unbegründete Eifer­sucht gegen ihr Dienstmädchen und um die­selbe auf einfache Weise aus dem Hause zu bringen, schrieb sie einen anonymen Brief, in welchem sie das Mädchen und deren Lieb­haber des Wein- und Fleischdiebstahls in ihrem Hause bezichtigte und spielte diesen Brief ihrem Ehemann in die Hände. Dieser ho'te sofort den Landjäger, durch dessen Untersuchung die Unschuld deS Mädchens festgestellt und die Verleumderin entlarvt wurde. Die Beleidigten stellten infolgedessen Stafantrag gegen die Gronbach und eS wurde von seiten der K. Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage erhoben.

Friedrichshofen, 14. Oktober. Minister­präsident v. Mitinncht, der am längsten hier weilende Sommergast, ist heute mittag wieder nach Stuttgart abgereist.

Pforzheim, 12. Okt. Unserem Reichs­tagsabgeordneten Alfred Agster ist nunmehr vom ReichStagsbureau die Mitteilung zuge­gangen, daß sein Mandat erloschen ist. Di« Neuwahlen dürften in Bälde, wahrscheinlich kurz nach den Landtagswahlen angesetzt werden.

Aus der allgemeinen Ausstellung für Haus uud Küche in Frankfurt a. Oder er­hielt die Maggi Gesellschaft in Berlin (Fabrik in Singen, Baden) die Goldene Medaille als höchste Auszeichnung und einen Ehren­preis für hervorragende Leistungen.

/. (Gerechtes Mißtrauen.) »Da schau' her, jAlte , jetzt giebt's gar schon flüssige Luft!"Na ja, das ist halt wieder was für Euch Männer; jetzt werdet Ihr die Luft saufen statt tsnatmen f"