gliubische Bauer glaubt« nämlich der Teufel brülle in eigener Person in der Kuh. Als man dem Besitzer des TiereS diesen Vorgang und den Tod des Rindes mitteilte, fand er alles ganz in der Ordnng.
— Während des Dreysusprozesses sollen vom Telengraphenamte in RenneS neun Mill. Worte abgesandt worden sein. ES ist dies eine Zahl, die man sich versinnlichen muß, ehe man ihre ganze Größe erfaßt. Denken wir uns einen Stenographen, der zweihundert Worte in der Minute niederschreiben kann — eine Leistung, die kaum von dem besten Kammrrstenographen erreicht wird — dann müßte er einen vollen Monat ununterbrochen Mit gleichmäßiger Schnelligkeit schreiben, um das Pensum von neun Millionen Worten zu absolvieren. Berechnet man den Raum, den ein Wort mit dem dazu gehörigen leeren Platze auf einem Depeschenstreifen «innimmt, mit nur einem Zentimeter, dann beträgt die Länge des Streifens, auf dem die neun Mill. Worte sich befinden, neunzig Kilometer, also eine ganz ansehnliche Strecke. Neun Millonen Worte bilden schließlich gedruckt, den Inhalt von S dicken, tausendseitigen Bänden Lexikons- formateS.
— Die Begnadigung Dreyfus' soll demnächst erfolgen. Das betr. Dekret ist bereits unterzeichnet.
Sinseropol, 17. Sept. Vorgestern wütete in AlusLka (Krim) ein mit Regen verbundener Orkan, wordurch Früchte im Werte von 400 000 Rubel vernichtet wurden.
— Die verlauste Frau. Aus Sskiwra, Gouvernement Kiew, meldet man: Bei den Bauern ist die Unsitte eingerissen, am Tage nach dem Jahrmarkt einen „Nachjahrmarkt" zu feiern. Zu diesem Zweck versammeln sie sich in der Nähe einer Branntweinbude erzählen sich ihre Markterlebnifse u. s. w. und sprechen dabei dem Monopolschnaps eifrig zu. Das war auch jüngst wieder im Flecken Pawlow der Fall. Bei der Gelegenheit brachte ein Zechbruder scherzweise das Gespräch aufs Tapet, daß es gut wäre, wenn auf den Jahrmärkten neben anderen Waren auch Weiber zum Verkauf gelangten. Diese Idee fand Aoklang und zwischen zweien der Zecher, einem Witwer und einem Ehemann, war flugS ein Handel im Gange, der damit endete, daß der Ehemann dem Witwer sein Weib für einen Silberrubel und eine Flasche Monopolschnaps verkaufte.
Käufer und Verkäufer begaben sich in Begleitung zweier Zeugen in das Haus de» Verkäufers und teilten dessen Weib den geschlossenen Vertrag mit, das Weib folgte ohne Protest dem Käufer. Am selben Abend, als der Ehemann seinen Rausch ausge- schlafen hatte und zur Besinnung gekommen war, machte er sich auf den Weg, um sein Weib nach Hause zu holen, hatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Ehefrau erklärte strikt, daß sie nicht mehr heimkehren werde, da er sie mal verkauft habe, und als der Mann seinen Willen durchsetzen wollte, ergriff sie einen Stock und bearbeitete den Verkäufer so gründlich, daß diesem nichts weiter übrig blieb, als sein Heit in der Flucht zu suchen.
— Mit 84 Jahren Mutter zu werden, das kommt nicht alle Tage vor. Dem russischen Blatte »Narod" zufolge hat eine 84jährigc Greisin auf der Ziegelei von Balaschew in Kolpino zwei Mädchen ans einmal das Leben gegeben. Eines der Kinder starb bald nach der Geburt, das andere und die greise Mutter sollen wohlauf sein. Witwe ist, dem „Narod" zufolge, die „junge" Mutter noch obendrein.
Die Ehre des Hauses.
Novelle.
Originalbearbeitung nach dem Englischen von Klara Rheinau.
7) (Nachdruck verboten.)
Der Oberst beeilte sich, das seltsame Benehmen seiner Gemahlin zu entschuldigen.
„Frau Mrrvyn erträgt nur schwer die Erinnerung an jene Tage, welche sie als die unglücklichsten ihres Lebens betrachtet", sagte er. „Ich bin überzeugt, sie freut sich Ihrer glücklichen Heimkehr nach England. Haben Sic die Absicht, sich dauernd hier Nttderzulaffen?"
„Noch habe ich keinen fisten Entschluß gefaßt," erwiderte höflich der Fremde; „vorläufig gedenke ich Paris einen längeren Besuch abzustaiten. Mich fesseln keine engeren Bande an dies Land" — er warf einen traurigen Blick auf die blühenden Töchter de» Obersten — »ich bin ein Bürger der Welt. Ich landete in Southampton," fuhr er fort, sich wieder an Frau Mervyn wendend, die mühsam ihre Erregung niederzukämpfen suchte, „und suchte auch Frau MordauntS früheren Wohnsitz auf. Waren Sie lange nicht dort?"
Ein Schauder überlief Frau Mervyn, während sie leise erwiderte: „Nein, mein Herr. Ich lebte in unglücklicher Abhängigkeit in Millbrook und fühlte nie Verlangen, r» wiederzusehen."
»Ach ja, ich erinnere mich. Meine Cousin« besaß ein höchst unglückliches Temperament, obschon sie im Ganzen «ine vortreffliche Frau war."
Frau Mervyn erwiderte nichts, und Herr Hollis fuhr fort: „Ich plauderte lange mit einer sehr gesprächigen alten Dame, die in der Nähe einen kleinen Laden hat und früher bei Frau Mordaunt in Diensten stand. Sir erzählte mir alle Einzelheiten von jenem Diebstahl, dessen Folgen meiner armen Cousine das Leben kostete. Die Faru hielt mich wohl für sehr neugierig, aber da ich ein persönliches Interesse bei der Sache
habe, so wünschte ich mich auf's Genaueste zu informieren."
Oberst Meivyn sah etwas gclangweilt aus, aber er konnte es nicht verhüten, daß der neue Bekannte an der Seite seiner Gemahlin blieb, als die Gesellschaft jetzt in den Garten hinaustrat.
„Sic wußten Vielleicht," fuhr er fort, „daß ich vor meiner Abreise nach Indien die Juwelen, die ich für meine arme Emma gekauft hatte, in Frau MordauntS Obhut zurückließ; sie wurden sämtlich bei jenem Einbruch entwendet. ES muß befremden, daß die Diebe mit so viel wertvollen Gegenständen entkommen konnten, aber die Landpolizei ist nicht sehr geschickt und meine Cousine hatte keinen männlichen Beistand, der für sie handelte. Nach einem Zeitraum von mehr als zwanziz Jahren die verlorenen Spuren wieder auffinden zu können, ist kaum denkbar; aber in Skotland Var»*) sagte man mir, daß dies nicht nur möglich, sondern sogar höchst wahrscheinlich sei."
Frau Mervyn lauschte jetzt mit atemloser Aufmerksamkeit.
Herr Hollis fuhr fort: „Der wertvollste Gegenstand in der Kassette war ein Rubinen- armband, das einst einer orientalischen Prinzessin gehörte. Die Fassung war kunstlos aber die Steine selbst waren von seltener Glöße, daß dieser Umstand allein zu ihrer Entdeckung führen könnte, wie angesehene Juwelenhändler mir versicherten. So gab ich denn die ganze Sache in die Hände eines geschickten Detektivs."
»Sprachst Du mir je von diesem Diebstahl, Adelheid?" fragte Oberst Mervyn.
„Vielleicht nicht," war die hastige Entgegnung. „Warum sollte ich auch? Glaubst Du nicht, daß ich ihn verhindert hätte, wenn es in meiner Macht gestanden?"
Das seltsame dieser Bern rkung überraschte Herrn Hollis sichtlich.
»Niemanden trifft eine Schuld, Madame," versetzte er; „höchstens meine Cousine selbst,
*) Hauptquartier der Londoner Polizei.
die, ohne männlichen Schutz zu haben, so viele Kostbarkeiten in ihrem Hause aufüe- wahrte. Uebrigens erfuhr ich auch, daß Sie zur Zeit des Diebstahls abwesend waren."
Die Gesellschaft hatte jetzt den Eingang des Garlens erreicht, und Herr Hollis verabschiedete sich von der Familie des Obersten, nicht ohne nochmals seine Freude über die Begegnung mit Frau Mervyn ausgesprochen zu haben.
Für Adelheid Mervyn war diese ganze Unterredung eine entsetzlich qualvolle gewesen — die schlimmen Folgen waren noch nicht abzusehen. Jugendthorheiten und Versuchungen, die sie längst in Vergessenheit begraben wähnte, waren in Gefahr, wieder ans Tageslicht gezogen werden und solche Eröffnungen mußten das Glück derer, die ihr die Liebsten und Nächsten waren, unfehlbar auf immer vernichten. Wie im Traume legte sie den Heimweg zurück; zu Hause angekommen dispensirte sie, unter dem Vergeben großer Ermüdung, sich von jeder Unterhaltung, und keiner ihrer fröhlichen Gefährten ahnte die Qualen, welche sie im Stillen erduldete.
5. Kapitel.
Am nächsten Abend, als die zum Diner geladenen Gäste sich wieder entfernt und auch der Oberst noch auf ein Stündchen das Haus verlassen hatte, rollte Lilly, die in Abwesenheit Fremder stets am heitersten und glücklichsten war, ein Sopha an den Kamin und bereitete der Mutter ein behagliches Plätzchen daraus. Dann holten beide Töchter ihre Arbeit herbei, gruppierten sich um das Lager der Mutter und schickten sich au, einmal einen recht gemütlichen Abend zu verbringen.
„Wie märe es, liebe Mama, wenn Du uns etwas aus Deiner Jugendzeit erzähltest," begann Rosa. „Als ich Herrn Hollis gestern davon reden höile, wurde von Neuem der Wunsch in mir wach, von jenen Tagen zu hören, da Du mit Papa bekannt wurdest."
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hofmann in Wildbad.