R a u d s ch a u.

Se. Maj. der König hat aus Anlaß der Visitation des Oberamts Calw in An­erkennung treuer und ersprießlicher Amts­führung dem Stadtschultheißen H'ffner in Calw eine öffentliche Belobung erteilt, den Stadtschultheißen Hermann in Neubulach und Wiedenmay-r in Zavelstein, sowie dem Schult­heißen Scholl in Unterreichcnbach die Verdienst- Medaille des Friedrichsordens, dem Schult­heißen Kübier in Brritenberg, sowie dem Gemeindepfleger Lorcher in Hirsau die silberne Verdienstmedaille verliehen.

Stuttgart, 25. Juli. Zur Anwesenheit des Kaisers bei den diesjährigen, großen Kaisermanövern verlautet, daß derselbe am Nachmittage des TageS vor der Parade (also am 6. September) 3 Uhr nachmittags hier eintrcffen wird und im Rcsidenzschloß Woh­nung nimmt. Abends ist Familientafel, Festoper, dann großer Zapfenstreich. Am nächsten Tag ist vormittags die Parade, an welche sich nachmittags die große militärische Galatafel anschließt. Noch im Laufe deS AbenbS werden sich der König und Kaiser in das Manövergelände begeben. Ob die Kaiserin ihren Gemahl begleiten wird, ist wieder mehr als fraglich geworden.

Gaisburg bei Cannstatt, 24. Juli. In der Nähe des hiesigen Ortes wurde heute vormittag der ledige 52jährige Fuhrknecht Michael Eisenmaier aus Hcrbrechlingen, in Diensten der Ziegelei Gablenberg mit einem seiner beiden Pferde vom Blitze erschlagen.

Untertürkhtim, 23. Juli. Seit zwei Tagen sind an einer Kammerz hier gefärbte Trauben zu sehen.

Heilbronn, 23. Juli. Der Stand un­serer Weinberge ist Heuer ein sehr verschie­dener. Junges Gewächs steht ausgezeichnet schön, äl.ere Weinberge lassen dagegen zu wünschen übrig. In frühen Lagen sind die Traubenbecren schon über erbsengroß; was nach der schlechten Witterung Ende Juni und Anfangs Juli verblühte, ist eiwas zurück. Den reichsten Ertrag verspricht der weiße Rjcsling und Silvaner. In Weinbergen, wo nicht rechtzeitig geschwefelt wurde, macht sich daS O'r'dium stark bemerklich; dagegen konnte die Peronospora bis jetzt nicht wahr- genommrn werden. Der Obstertrag ist ge­ring, besonders was Birnen anbetrifft.

Eßlingen. 25. Juli. In vergangener Nacht entsprang beim Verladen von Vieh eine Kalbet, dieselbe rannte durch die Stadl, konnte aber nicht mehr eingefangen werden. Heute stütz wollte in der Nähe des Fried­hofes ein Gärtner dieselbe festhalten, erhielt aber einige leichtere Verletzungen; auch wei­teren Männern gelang es nicht, das Tier zu bändigen, so daß dasselbe mittelst eines Schusses getötet werden mußte.

Künzelsan, 23. Juli. In Jngrlfingen ertrank gestern obend 10 Uhr beim Baden im Kocher ein 23jähr. junger Mensch, die Stütze seiner Eltern. Derselbe, ein geübter Schwimmer, versank lautlos in die Tiefe; er scheint einem Krampfunfall infolge zu großer Anstrengungen und Erhitzung bei des TageS Arbeit erlegen zu sein. Weder die Bemühungen seiner ihn alöbald vermissenden Kameraden, die ihn aus der Tiefe heraus­holten, noch die deS sofort herbeigerufen Arztes konnten ihm das Leben wiedergebrn.

Giengen a. Br., 24. Juli. Von einem furchtbaren Brandunglück ist gestern Vor­pittag unsere Nachbargemeinde Nnterbechingen

betroffen worden. Während des Gottes­dienstes brach im Anwesen des Michelbauern Feuer aus, das mit großer Schnelligkeit um sich griff. Während der Löscharbeiten zog ein schweres Gewitter herauf, das leider nur wenig Regen brachte, dafür einen heftigen Sturm im Gefolge hatte, der die Flammen auf die Nachbarhäuser weitertrug. Neun bäuerliche Anwesen wurden vom Feuer er­griffen und lagen nebst 3 Scheuern binnen weniger Stunden in Schutt und Asche. Nie- dergebrannt ist auch das Rathaus; sämtliche Gemeindeakten wurden ein Raub der Flam­men. Fast alle Fahrnis ist mitverdrannt, dagegen konnte das Vieh bis auf einige Pferde gerettet werden; viel Kleinvieh fiel dagegen dem Feuer zum Opfer. Die Not ist nun unmittelbar vor der Ernte eine große unter den Betroffenen. Das Schadenfeuer wurde durch Kinder hervorgerufen, die, wäh­rend die Eltern dem Gottesdienst anwohnten, ohne Aufsicht waren und in der Scheune einFeuerle" gemacht hatten. Nach voll­brachter Thal eilten die Kleinen zur Kirche und machten Mitteilung von dem Geschehenen.

Freudenstadt, 23. Juli. Hier soll An­fang August im Park deS Schwarzwaldhotels ein Kaiser- nebst Bismarck- und Moltke- Denkmal Aufstellung finden. Der Besitzer E. Luz jr., ließ 3 mächtige erratische Blöcke in einer Gruppe vereint aufstellen, von denen der mittlere und größle das Bronze-Relief- Porträt des allen Kaisers, die beiden anderen die Porträts von Bismarck und Moltke schmücken werden. Die RcliefporträtS wur­den von Bildhauer R. Dietelbach-Stuttgart tresflrch modelliert und werden z. Zt. in Galvanobronze auSgeführt.

Ravenburg, 24. Juli. Auf der Station Durlcsbach wurde heute vormittag der Essen» bahnarbeiter Seybold beim Verladen eines LangholzwagenS gelötet. Gerichtliche Unter- suchung ist eingeleitet.

Vom Bodensee, 25. Juli. Während noch im vorigen Jahre in der ganzen Gegend Obst in Fülle geerntet werden konnte, stehen Heuer die Bäume im Schussenthal völlig leer. Ebenso schlecht sind die Aussichten bezügl. der Obsternte im Rheiuthale, südlich des Bodensees. Zwischen Bregenz und Feldkirch stehen alle Bäume fast völlig kahl da, d. h. ohne irgend welche Früchte.

Friedrichshafen, 26. Juli. Die Königin ist heute vormittag von Bayreuth wieder hier cingetrvffen.

Ich hasse den Fiskus! so soll sich kürzlich der Kaiser geäußert haben. Zur Erläuterung dieser Worte wild von einem olfiziösen Blatte bemerkt, es passe in unser Zeitalter nicht, daß der Fiskus Tausende und aber Tausende vonBeamten", die sich als Herrscher fühlen, damit beschäftigte, nach­zuspüren, ob irgend eine Mark oder noch weniger von einem Steuerzahler zu wenig entrichtet worden sein möchte. Es wird fer­ner auf daS nunmehr vom Kaiser genehmigte neue JnvalidenversicherungSgcsetz verwiesen, das den Anfang gemacht habe, die Ring­mauer zu durchbrechen, welche den einzelnen Arbeiter bisher verhinderte, sein Anliegen persönlich an der zuständigen Stelle zu ver­treten. Auch im Gerichtsverfahren würden wir dahin kommen, daß die Schlagbäume fallen, welche zn Gunsten der Advokaten er­richtet wurden. In nicht zu ferner Zeit werde der übertriebenen Fiscalität, die sich jctzt noch bei jeder Gelegenheit Geltung zu

verschaffen suchte, der Krieg bis aufs Messer erklärt werden.

Berlin , 24. Juli. Gestern nachmittag wurden auf der Radfahrbahn zu Chariotten- burg, wo ein polnischer Arbeitertnrnverein sein Turnfest abhiclt, etwa 40 Zuschauer, die an dem Drahtseil lehmen, vom Blitz ge­troffen. Zwei davon starben auf dem Trans­port ins Krankenhaus, vier wurden schwer, l6 leichi verletzt. (Nach einer weiteren Nach­richt schlug der Blitz in eine Fahnenstange und traf 11 nahestehende Personen.) Wie nunmehr fcstgestellt ist, waren ein Mann und eine Frau sofort tot, die übrigen sind nur unbedeutend verletzt. 3 wurden ins Krankenhaus verbracht, aber bald wieder ent­lassen.

Die Kaiserin hat jedem der vier Bauernburschen, die sic von der Eiskapelle nach St. Bartholomä brachten, einen mit Brillanten besetzten Adler als Kavatteonadel und Geldgeschenke überreichen lassen.

Im Wahnsinn begoß in Köln a. Rh. eine Frau die Kleider ihres 13jähr. Kindes mit Spiritus und zündete sie alsdann an. Auf das Geschrei des Kindes eilten Nach­barn herbei, löschten den inzwischen ausge- brochenen Stubenbrand und fanden das schrecklich verbrannte Kind, das nur noch schwache Lebenszeichen von sich gab. Die Frau wurde verhaftet und daS Kind alsbald dem Krankenhause zugeführt.

ES istdrüben" nichts mehr zu holen". In den beiden letzten Monaten sind gegen 40 000 Personen von Amerika nach Europa adgesegelt. Eine so hohe Ziffer ist in keinem der früheren Jahre zu verzeich­nen gewesen. Die Zeiten haben sich geändert. Die Geschäfte gehen in Deutschland viel besser als in Amerika und es ist jetzt in der alten deutschen Heimat für arbeitsame und unternehmende Leute vielmehr die Gelegen­heit gegeben, emporzukommen als in den Vereinigten Staaten, wo die Großindustrie und dir Ringe alles Kleine im Keime er­sticken und den bestehenden Geschäften immer mehr Luft und Licht nehmen.

Vom Hitzschlag wurden in Mühl­hausen zwei Reservisten des Regiments Nr. 112 getroffen. Einer davon, ein verheira­teter Eisenbahnasststent starb einige Stunden später.

Dreysus. Aus Baden-Baden wird dem Bad. Korresp-Bureau berichtet, daß dort in der Nähe der Villa Krupp ein Land­haus für Kapitän Dreyfus gemietet wurde.

Ein seltenes Hochzeitsgeschenk wurde dieser Tage in Karlsruhe einem jungen Paare zum Hochzeitstage beschrert. Der Storch überbrachtc der jungen Frau Zwillinge.

Uebersahren wurde auf dem Bahn­hofe Herlasgrün im Voigtlande der Führer eines Personenzugs; er war auf der Stelle tot.

Eine kaltblütige Mörderin Eine furchtbare Mordthat ist in dem Dorfe Nem­pitz verübt worden. Eine Frau erschlug ihren Mann währeud dieser schlief. Noch furchtbarer aber als der Mord selbst ist die Kaltblütigkeit, die die Mördretn nach der Thal entwickelte. Nach der schauerlichen Thal legte sich die Frau zu der Leiche, wo sie bis zum morgen schlief. Dann stellte sie sich selbst der Ortsbehörde. Die Motive dieser Blutthat sind noch in rätselhaftes Dunkel gehüllt.

Vatermörder. In Ratin gen bei Düsseldorf geriet ein 20jähriger Bursche mst