in der dortigen Kirche die Messe. Ertrank dann, wie üblich, von dem Weine, der sich im Kelche befand, und stürzte, nachdem er getrunken, tot zu Boden. Die Untersuchung ergab, daß der Nesse des Pfarrers, der als Ministrant bei der Messe fungierte, aus Versehen eine im Schranke der Sakristei auf- bewahrte Flasche mit einer Flüssigkeit, die z»m Reinigen der Lampen diente, ergriffen und dieses Gift in den Kelch geschüttet hatte.
Paris, 22. Juli. In dem Saal zu Rennes, wo die Verhandlungen gegen Hauptmann Dreyfuß stattfinden sollen, werden 190 Plätze für die Presse, 200 für das Kartenpublikum und 60 Plätze für die gewöhnlichen Zuschauer bestimmt. Die Zahl der Z ugen beträgt jetzt 152. DreyfuS hat von he'ite ab Uniform angelegt.
Newyork, 22. Juli. Im Staate Loui. stana fielen 6 Italiener der Lynchjustiz zum Opfer. Einer derselben hatte im Streit einen Arzt, Namens Hopkcs, tödlich verletzt; er wurde darauf ergriffen und nebst fünf Kameraden an den nächsten Bäumen aufgeknüpft.
— Der Kriegsminister der Vereinigten Staaten, Alger, dessen Stellung infolge der aufgedeckte» Mißwirtschaft im amerikanischen
HeereSwesen schon längst erschüttert war, ist von seinem Posten zurückgetreten.
— Im Kampfe gegen den Hut in der Kirche. Ein amerikanischer Geistlicher, welcher durchaus durchsetzen wollte, daß die Frauen während des Gottesdienstes die Hüte abnehmen sollten, ist zur Erreichung seines Zweckes auf folgende Mittel verfallen. An einem Sonntage, vor der Predigt, begann er: „Man darf wohl die Damen nicht bitten, die Hüte abzunchme». Sie könnten sich leicht erkälten." Diese Apostrophe machte keinen Eindruck auf die weiblichen Zuhörer. „Allerdings", so fuhr der Geistliche fort, „sind unsere Damen ja heutzutage so frisiert, daß sie ohne Hut weniger schön auSsehen." Das wirkte bereits. Eine größere Anzahl von Damen und jungen Mädchen entblößte ihr Haupt. Doch unerbitterlich fuhr der Prediger fort: „Vor allem aber können die meisten Damen deshalb den Hut nicht abnehmen, weil sie falsches Haar haben, und Gefahr laufen, dies mitsamt dem Hute abzunehmen." Das war den Damen doch zu stark. Kurz entschlossen nahmen alle die Hüte ab, und in der Folgezeit erblickte man in der Kirche keinen Hut mehr auf den Köpfen der Frauen.
LrlimvruLK an Mläkaä.
XVo äis ünr so rnsoü innsilst, äsr kromonaäs 8tranä;
^o äsr b'uss so isioüt üinsoürsitst, lu äsm küirisn 8odvLrrvaiäsallä :
vis ist ss äs so üsblioü,
^Vis küdit Wan sioü äs. so voüi, l,Lrmsn, 8ioAsn ist niodt üidiioli,
Ilnä äis Lrust, sis ntmst voll!
Lääsr, nnvsr§isiotiiioii üsiisam, LtLrksu unssrn müäsn I^sib,
Ois Lapsils unssrs „Onr?°
8or§t kür settöllsn Zeitvertreib.
§sin Liiisobsn, bsi §rsuoä loussaint, ll?räZt äsr 8psissn visis nuk,
vis stärkt sieb I-sib unä 8ssis, Ooiänv 2sit, Kur? ist äsin ikmnk!
Ooott vsrä' ivb äiob nis vseZssssn, 8obvnrLvaiäs ksrls, vunäsrkar, äsr ^Vunsob niobt 2 U vsrmssssn: Osrns küw iob ^säss änbr!
L. ^V.
WiLde Hisse.
Novelle von Jenny Piorkowska.
(Nachdruck verboten.)
12 .
»Ja, so war es in der That; er lieble Erna leidenschaftlich. Wie schmerzlich durchzuckte es ihn, als er sah, mit welcher Freude sie den jungen Amerikaner begrüßte. Seine Ehre band ihn an Melanie, während seine Liebe zu Erna und seine traurige, pkuniäre Lage ihn in die größte Aufregung und Un- schlüsstgkeit versetzte.
Während diese zwei in ernstes Sinnen versunken schweigend nebeneinander hergingen, schritten Erna und der junge Fremde in lebhaftem Geplauder dem Hause zu.
Sie hatten sich beide so viel zu fragen und zu erzählen. James sagte ihr, daß cs ihm nach ihrer Abreise in Kalifornien keine Ruhe mehr gelassen habe und es ihm endlich nach vielem Bemühen gelungen sei, in Deutschland i» einem bedeut nden HandlungShaus Stellung als Correspondent zu erlangen.
„Aber ich konnte meine dortigen Pflichten nicht eher antreten," schloß er, „als bis ich Dich, meine Erna wiedergesehen und von Deinen eigenen Lippen gehört habe, daß es Dir gut geht und Du glücklich bist."
„O, es ist mir ja immer ganz gut gegangen," erwiderte sie, „aber glücklich, — nein, glücklich bin ich nicht. Frau Merling ist sehr freundlich gegen mich, aber — o, Du wirst es kaum glauben, — sie hat mich wieder in die Schulstube gesteckt I Dennoch habe ich sie so lieb, daß ich mich darüber schon hinweg s tzen wollte. Aber hier! Wir kamen als Gäste her; die Damen jedoch behandeln mich allesamt, als gehörte ich nicht zu ihnen, als wäre ich ein Eindringling in ihre Kreise, eine Bettlerin. Ach, James, hier in Deutschland ist alles sehr vornehm und großartig, aber ich war doch viel glücklicher in dem bescheidenen Boardinghaus, als Du mich englisch lehrtest und wir zwei des Abends nach Mama'ö altem Klavier zusammen tanzten."
Erna's schöne, veilchenblaue Augen füllten sich mit Thränen.
„Mein armer Liebling!" tröstete James sie, indem er zärtlich ihre Hand in die seine nahm. „Ertrage es nur noch eine Weile mutig, — nur noch eine kleine Weile. Ich bekomme vorläufig fünfzehnhundert Mark; nächstes Jahr wird mein Gehalt erhöht; ich werde suchen, für die Abende englische Stunden zu bekommen, das bringt zuweilen sehr gut ein; wenn wir dann Dein kleines Vermögen zu Hilfe nehmen, werden wir bald heiraten können. Wird es Dir aber nicht zu schwer werden, all diese Eleganz, die Du nun kennen lerntest, mit einem sehr bescheidenen Heim zu vertauschen?"
„Mit Dir würde es mir überall gefallen !" brach Erna leidenschaftlich aus.
W-lche Musik ihre Worte waren für den einen, dem sie galten I
„Ich will unablässig fleißig arbeiten, um Dir ein behagliches Heim bieten zu können," sagte er voller Inbrunst und ihren Arm zärtlich in den setnigen schmiegend.
Herr von Halden hieß den jungen Mann auf's freundlichste willkommen; er litt auch nicht, daß derselbe in den Gasthof im Dorfe zurückkehrte. So verlebte Erna zwei glückliche, ach, unendlich glückliche Tage in seiner Gesellschaft.
Monate vergingen und schon entfaltet' sich das erste junge Grün an Bäumen und Büschen, als endlich alle erforderlichen Be» weise aus Amerika anlangten, welche Erna als die rechtmäßige Erbin von Herrn von KortiS stempelten. Man hatte von KortiS Trauschein sowohl, wie von Erna's Taufe als seiner Tochter Einsicht genommen.
lieber Rudolph's Tod hatte ein Amerikaner Auskunft gegeben. Derselbe hatte Rudolph als dessen Diener auf seinen Reisen begleitet. Sie waren, wie er erzählte von Indianern angefallen worden; ihm selbst war es gelungen, zu entkommen, während sein armer Herr den schweren Wunden, die er bei diesem Kampf erhalten hatte, bald erlegen war.
In wahrer Verzweiflung nahm Nöllen diese Mitteilung aus Herrn von Halden's Munde
entgegen, und doch gab er noch nicht alle Hoffnung auf; immer und immer wieder kam er darauf zurück, daß der bestimmte Termin bereits verstrichen gewesen sei, als sie zum erstenmal von Ern'as Existenz Kenntnis erhallen hätten.
„Mein lieber Nölten," entgegnete Herr von Halden in ernstem, nachdrücklichem Tone, „was das anbelangt, so gehen unsere Ansichten weit auseinander; doch meine Tochter sowohl wie ich haben nicht übersehen, daß Sie selbst uns sagten, Ihre Verhältnisse zwängen sie zu einer reichen Heirat. Aus diesem Grunde geben wir ihnen Ihr Wort zurück. Von diesem Augenblick an sind sie frei. Wenn Sie hingegen glauben, daß nur eine Verbindung mit Melanie Sie glücklich machen kann, wenn Sie ihr zu Liebe zu Opfer gewillt sind, bin ich bereit, für Sie zu thun, was in meinen Kräften steht, — das heißt, ich gewähre Ihnen beiden eine nicht unbedeutende Jahresrente und biete Ihnen freies Leben in meinem Hause; meine Pferde, Wagen rc. soll Ihnen stets zur Verfügung stehen. Nein, nein, bitte, antworten Sie mir jetzt nicht. Ueberlegen Sic sich die Sache in voller Ruhe, und lassen Sie mich morgen Ihren Entschluß wissen."
Nöllen gehorchte, etwas Unverständliches zwischen den Zähnen murmelnd. Was konnte er sagen, — Ruin in der einen Wagschale, seine Ehre in der anderen, —während Erna, die reiche Erbin, ihn mehr denn je lockte?
Er schlug den längeren einsamen Weg durch den Park ein. Diese Stille hier paßte besser zu seiner Stimmung, als die breite freie Landstraße. Und hier, fern von jedem menschlichen Blick, gab er sich ganz seinem Kummer hin. Die Hand vor die schmerzende Stirn gedrückt, lachte er laut über seine grausame Lage, — ein bitteres furchtbarcS Lachen. Und wie dieser Ton verhallt war, raschelte eS in dem hohen Gestrüpp, und in der nächsten Minute stand sie, die Hände voll Veilchen, mit vor Schreck bleichen Zügen plötzlich vor ihm, — sie, Erna!
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Drrrck und Verlag von Beruh. Hofmavn in Mldbab.