Rundschau.
Wildbad, 19. Juli. Gestern sind Oberbürgermeister Wagner, Gemeinderat Allgö- wer und Bürgerausschußobmann Tetchmann von Ulm hier eingetroffen, um dem Reichskanzler einen Dankesbesuch für seine Beihilfe zur Niederlegung der Ulmer Stadtumwallung abzustaiten.
Calw, 19. Juli. Bei der gegenwärtig in Karlsruhe statifindenden Fachausstellung der deutschen Barbier-, Friseur- u. Perücken- machertnnungen wurde den Friseurgehilfen Wilh. Schneider von Calw und Robert Herzog von Wildbad, beide in dem Friseurgeschäft von I. Köhler Stuttgart, für hervorragende Leistungen aus diesem Gebiete je ein Ehrenpreis mit Diplom zucr- kannt. Herr Schneider, der schon 5mal mit Ehrenpreisen und 6mal mit Diplomen aus, gezeichnet wurde, hat beim Preisfrisiercn d. in Stuttgart den 1. Preis erhalten.
Metzingen, 19. Juli. Heute Nacht schlug während einis Gewitters der Plitz in die elektrische Leitung, wobei 3 Motoren vollständig unbrauchbar gemacht wurden. Ganze Teile von den einzelnen Maschinen kamen zum Schmelzen.
Rvttweil, 19. Juli. Die Konsekration der neuen Kirche in Altstadt-Rottweil ist vom Bischof Dr. v. Keppler definitiv auf Dienstag den IL.Sept. d. I. festgesetzt. An diesem Tage wird der neue Oberhirte unserer Diöcese zum erstenmal die Mauern unserer Stadt betreten. Auch ist die Kirche in Altstadt-Rottweil die erste Kirche, welche von ihm konsekriert wird.
Ravensburg, 16. Juli. JnLangquanz, O A. Wangen, gerieten die beiden Bauernsöhne Karl und Adolf Maier wegen der Frage, welcher von ihnen auf dem Felde Grünfutier holen müsse, in Streit, in dessen Verlauf der 23 Jahre alte Karl Maier seinen 29 Jahre allen Bruder mittelst eines DolchmesscrS niederstach. Der Thäter wurde sestgenommen und in das Amtsgericht Wangen eingeltesert.
Vom Bodensee, 18. Juli. Ein von beispielloser Roheit zeugender Akt spielte sich im Laufe des gestrige» Nachmittags am Hasen der Stadt Arbon ab. Saß da ein kteiner Knabe in einer am Hafen angebundenen Gondel und wartete auf seine in die Stadt gegangenen Eltern, als plötzlich ein land» fremder Arbeiter, von Geburt ein Böhme, deö Wegs daherkam, die Gondel loslöste und mit derselben, samt dem darin sitzenden Kind in den ziemlich stark bewegten See hineinfuhr. Das arme Kind schrie und jammerte, was jedoch den r^hen Menschen nicht abhalten ließ, in irgend einer bösen Absicht mit seinem Opfer um so rascher in der Richtung Lindau zuzufahren. Indessen entstand am Hafen ein Auflauf. Man hörte das weinende und laut nach Hilfe rufende Kind; aber niemand hatte den Mut nachzurudern und dasselbe dem rohen Menschen zu entreißen. Ein handfester Schiffsmann, ein Württemberger, der plötzlich hinzukam, bestieg ohne Zögern einen Nachen und ruderte eilends dem Fliehenden nach. Bald Halle er denselben erreicht, zog ihn mit einem Ruck auf seinen Nachen herüber und brachte ihn und das Kind ans Land. Dort angekommen fiel alsbald der wütende Volkshaufen über den Böhmen her, um ihn zu lynchen. Letzterer wurde dermaßen mit Prügeln traktiert, daß ihm die aus diese Weise gegebene
Lektion nicht so bald wieder aus dem Gedächtnis entschwinden wird. Die Angelegenheit wird ohnedies noch ein gerichtliches Nachspiel zur Folge haben.
Vom Bodensee, 19. Juli. Gestern nachmittag 1 Uhr wurde in Manzell der Hacken, an dem die Montierungshalle des v. Zepp- lin'fchcn Luftschiffes angekettet ist und die eiserne Stange, welche zum Betonklotz führt, infolge nordwestlicher Strömung losgerissen. Ein kleiner Dampfer, welcher zur Stelle war, konnte die von den Wellen fortgetrie- bene Halle nicht mehr aufhalten. Auch ein schweizerischer Dampfer eilte herbei, kom te aber nichts ausrichtcn. Inzwischen wurde die Halle immer Weiter westwärts getrieben, bis in die Höhe von Emishafen bei Konstanz. Schließlich wurde noch der Dampfer „Friedrichshofen" zur Hilfeleistung beordert. Erst diesem gelang es heute früh 4 Uhr die Halle an ihren früheren Stand nach Manzell zu führen. Der Schaden soll ein beträchtlicher sein.
Friedrichshafen, 20. Juli. Gestern abend ein halb 10 Uhr wurden bei heftigem Nord- ostwind die Anker des v. Zepplin'schen Ballongebäudes wiederholt abgerissen. Das Floß mit der Halle trieb mit ziemlicher Geschwindigkeit dem schweizerischen Ufer bei Uttreil zu. Da kein Dampfer im Hafen von Friedrichshafen angeheizt und auch keine Bemannung zur Stelle war, mußte man bis zur Ankunft des letzten Schiffes von Rorschach um 11.05 Uhr warten, bis Hilfe abgehen und die Halle wieder aufgefangen werden konnte. Graf v. Zeppelin nahm an diesen Rettungsarbeiten persönlich teil.
Pforzheim, 19. Juli. Eine mutige That vollbrachte ein löjähriger Schüler namens Knecht. Vom Schulzimmer aus sah.er ein Kind in die Enz fallen; kurz entschlossen sprang er aus dem Fenster, das in beträchtlicher Höhe liegt, hinaus in die Enz, schwamm auf das Kind zu und rettete so dasselbe vom Tode.
Berchtesgaden, 19. Juli. Auf einem Waldwege zwischen der Eiskapelle u. Bartho- lvmä ist die Kaiserin auf einem auf dem Fußwege befestigten Brett ausgeglitten und kam zu Fall, ging aber trotz starker Schmerzen eine Strecke weiter. Nun jwurde sie auf einem herbeigeholten Stuhl weiter getragen und kehrte dann mit dem Boot und dann zu Wagen gegen Abend noch Berchtesgaden zurück. Die Schwellung an dem gelähmten rechten Unterschenkel ist mäßig, erfordert je, doch die Anwendung einer Eisblase. Voraussichtlich wird die Verletzung eine längere Ruhelage erfordern.
— Der jüngst bekannt gewordene Beschluß der hessischen Abgeordnetenkammer, wonach die heiratsfähigen, aber weiberfeindlichen Junggesellen mit einer Steuer zu belegen seien, ist zu guter Letzt doch noch ge« fallen. Wie nämlich aus Mainz gemeldet wird, hat die Erste Kammer die Entscheidung der Herren Abgeordneten abgelehnt. (Was werden die Jungfrauen Hessens dazu sagen ?)
Paris, 20. Juli. Der Beginn der Verhandlungen vor dem Kriegsgericht zu Rennes ist amtlich auf Freitag, den 11. August festgesetzt worden.
— Vom General Gallisset kursiert in Paris eine hübsche Anekdote, welche fdie Schlagfertigkeit und den Humor des als mutigen Soldaten fast gefürchteten neuen
französischen Kriegsministers bezeugt. Düs Debüt des Ministeriums Waldeck-Rousseau vor der Kammer gab bekanntlich Anlaß zu einer recht stürmischen Sitzung. Die Hauptangriffe galten dem Kriegsminister. Galliffet, der nicht sprechen sollte, saß gelassen auf der Ministerbank. Ab und zu nur erkundigte er sich bei seinen Kollegen nach den Namen der Hauptschreier, die er sich sogleich notierte. „Was thun Sie denn da?" fragte ihn einer der Minister. — „Sie sehen es ja!" er- wiederte dieser, „ich notiere mir die Namen dieser Herren I — „Weshalb denn ? Etwa um sie erschießen zu fassen?" — „Nein, um sie zum Abendessen etnzuladen I"
— Amerikanische Sportnarrheiten. Ein Bicyclereiten auf einem Schornstein tritt, so wird der „Nat. Zeitung" geschrieben, dieser Tage der Professionsradfahrer Schrcyer, genannt der australische Wirbelwind, auf der Spitze deS höchsten Fabrikschornsteins in Washington an. Der Schornstein gehört der Capitol Traction Company, ist 195 Fuß hoch und hat oben 9 Fuß im Durchmesser. Gegenwärtig ist er unbenützt; seine Oesfnung wird mit Brettern belegt und auf diesen soll Schreyer seine achttägige Radfahrt ausüben. Natürlich handelt es sich nicht um ein Vorwärts-, Rückwärts- oder Kreisfahren; das Zweirad bleibt stationär, die Räder laufen auf Rollen, die ihrerseits auf den Planken befestigt sind und drehen sich mithin auf der Stelle. Ueber dem Rad wird ein großer Sonnenschirm zum Schutz gegen die Hundstagssonne angebracht, ebenso eine Kabine, in der Schreyer schläft und seine Mahlzeiten zu sich nimmt, die zu ihm heraufgezogen werden. Schreyer pedaliert täglich von morgens bis abends und hat große Wetten abgeschlossen, er werde den jetzigen Rekord Murphys von einer Meile in der Minute schlagen. Man wird ihn von allen Teilen der Stadt aus jederzeit beobachten können. Die zurückgelegte Meilenzahl wird durch einen automatischen Apparat festgestellt und ebenso auf einer unten angebrachten Tafel markiert. Um auf die Kosten zu kommen verkauft Schreyer die gesamten vier Schornsteinwände an eine große Annoncenfirma, die den Schornstein gegenwärtig mit Annoncen in allen Farben des RcgenbogenS überziehen läßt.
— 25 000 Dollar für ein Händeschütteln forderte vor dem Gerichtshöfe zu Philadelphia das achtzehnjährige Fräulein Edith Doone von einem Droguenhändler F. Far- row. Dieser, ein junger athlethischer Mann, hat nach der Klage eines Abends beide Hände des Mädchens kameradschaftlich ergriffen, aber derart kräftig geschüttelt, daß diese den Gebrauch der einen Hand vollständig verloren hat, während der Zustand der zweiten Hand derartig ist, daß die Aerzte sich für deren Amputation erklärt haben. — Wo der tüchtige Athlet demnächst auftritt, verraten die Blätter vorläufig noch nicht, aber man wird'S wohl bald erfahren.
— Weibliche Pserdebahnschasfner waren seiner Zeit in Madison in Nordamerika an» gestellt worden. Vor kurzem wurde nun sämtlichen Schaffnerinnen gekündigt, da die Direktion es doch für bester hielt, die Stellen mit Männern zu besetzen. Die jüngeren Frauenspersonen schwatzen zu viel, die älteren wären zu empfindlich und alle zusammen wären nur selten pünktlich bei ihren Wagen gewesen.