Wirde Wofe.
Novelle von Jenny Piorkowska.
(Nachdruck verboten.)
5.
Wie lange ihr eine jede Minute rorkam, während ihre Augen der monotonen Beweg» ung des Pendels folgten, — eine jede der Minuten, die so schwer in ihrem Schicksal wog, — und noch immer war die Unterhaltung der beiden Herren nicht zu Ende.
WaS ging in diesen selben Minuten, welche sie, — zum stillen Warten verurteilt, — hier sitzen mußte, in dem Arbeitszimmer ihres Vaters vor? Hatte derselbe ebenso endlos lange gesprochen, als er ihr das Bekenntnis der Vergangenheit abgelegt, oder hatte er ihr nicht alles gesagt? Und wenn nicht alles, — was dann nicht?
WaS konnte es noch mehr geben, um ihr Leben zu vernichten und sie elend zu machen? War es nicht genug, wenn sie den Geliebten verlor? Was konnie ihrer mehr — mehr noch harren? In atemloser Spannung lauschte sie, kein Ton, kein Laut drang zu ihr; aber dann plötzlich — die Thür ward geöffnet, hastig, und mit einem Schrei sprang sie empor.
«
Melanie'S Nerven befanden sich infolge der stattgehabten Ereignisse in einer an diesem Mädchen ganz ungewohnken Aufregung. Sonst nimmer hätte sie erschrecken können beim Anblick der lieblichsten Erscheinung, die da über die Schwelle trat und die keine andere war, als diejenige, welche, ohne daß sie selbst es wußte, das Schicksal dazu ausersehen hatte, umgestaltend in ihr Leben einzugreifen.
Erna aber und die sie begleitende Frau Merling hatten Melanie'S momentanes Erschrecken nicht wahrgenommen. Schnell faßte sie sich und begrüßte die beiden Damen mit ihrer gewohnten Liebenswürdigkeit.
Man plauderte von allerhand; bald kam auch die Unterhaltung auf den gestrigen Ball, und Erna erzählte nun, daß es ihr erster Ball gewesen sei, daß sie noch nie zuvor eine derartige Gesellschaft besucht habe.
„Das wundert mich*, entgegnete Melanie, „denn ich bemerkte, daß sie überhaupt sehr gut tanzen und ganz besonders graziös walzen."
„O, das verdanke ich James Carcw," sagte Erna sichtlich erfreut; „ein junger Mann der in unserm Haufe in St. Francisko lebte," erklärte sie auf Melanie'S fragenden Vlick. „Er war Goldgräber, doch verstand er besser zu tanzen, als Gold zu graben."
„Sie lebten in Kalifornien?"
„Ja, in St. Francisco. Mama hatte dort ein Boardinghaus, und James wohnte bei unS."
Die Thür zum Nebenzimmer that sich auf. Herr von Halden trat ein, allein. Vergebens suchten Melanie'S Augen nachdem Geliebten.
„Baron Nölten läßt sich entschuldigen," erwiderte er auf ihre stumme Frage, „doch wird er zu Mittag bei uns speisen."
Darauf nahm er neben Erna Platz, und während die beiden anderen Damen miteinander plauderten ließ er sich von jener ein wenig von ihrem früheren Leben erzählen.
„Ihr Vater war einer meiner besten Freunde," begann er das Gespräch.
„O, ich weiß!" fiel Erna ihm lebhaft ins Wort. „Frau Merling sagte mir, daß Sie immer mit großer Liebe an ihm gehangen hättten. Der arme Papa! Ach, ich hatte ihn so innig lieb, obwohl ich gar oft, wenn er mich unterrichtete, recht unartig war."
„So erinnern Sie sich JhrexS Vaters?" fragte Herr von Halden.
„Gewiß, ich war ja bereits 13 Jahre alt, als er unS verließ; ich zähle jetzt erst siebzehn. Wenn er zu Haus war, unterrichtete er mich stets selbst, — aber er war sehr, sehr viel fort," setzte sie seufzend hinzu. „Mama meinte immer, er könne keine drei Tage ruhig an einem Orte bleiben; er hätte Zigeuner werden müssen."
„Wo lebten Sie denn meH?" fragte Herr von Halden lächelnd.
„Eigentlich überall und nirgends, zuletzt in San Francisco. Der arma Papa hatte ja immer Unglück. Wenn er wirklich einmal etwas verdiente, konnte man sicher sein, daß er in der nächsten Zeit das Doppelte verlor. Ich weiß nicht, was schließlich aus uns geworden wäre, wenn Mama nicht das Boardinghaus gehabt hätte; aber Papa meinte, er könne eö gar nicht mit ansehen, Wie die arme Mama sich abmühen und arbeiten müsse; und er verließ uns wieder. Bald darauf schrieb er, daß er ein Stück Land gekauft habe und Oel daraus ziehe; das war sein letzter Brief, seitdem hörten wir nichts mehr von ihm, bis Tom sein Begleiter zu unS zurückkehrle und uns die traurige Kunde von seinem Tode brachte. Indianer hatten ihn getötet."
Erna schwieg. Thränen traten ihr in die Augen.
„Armes Kindl" sprach Herr von Halden, indem er wie tröstend seine Hand auf die ihre legte.
„Da wurde meine arme Mama sehr krank," fuhr sie nach einer kurzen Pause fort. „Kummer und Sorge batten ihr die letzten Kräfte genommen. Unser Boardinghaus wurde täglich leerer; wir hatten viele Schulden und kein Geld. Ich weiß nicht, was aus uns geworden wäre, wenn sich nicht ein Freund, Mr. Blunt, unser angenommen hätte. Als Mama ihr Ende nahe fühlte, bat sie ihn, ausfindig zu machen, ob Frau Merling noch lebte; in Papas Sekretär liege ein an sie gerichteter Brief. Mr. Blunt brachte auch Frau Merling's Adresse bald in Erfahrung, aber noch ehe Mama den Brief an sie abschicken konnte, ward sie so krank —"
Hier vermochte Erna vor Schluchzen nicht weiter zu reden, und Frau Merling, des Mädchens Hand zärtlich in die ihre nehmend, vollendete statt ihres Schützlings:
„Die Arme starb, und Erna stand allein in San Francisco. Mr. Blunt war unverheiratet und noch zu jung um sie in sein Haus nehmen zu können; und da er auch nicht wußte, wem er sie dort anvertrauen könnte, faßte er den sehr vernünftigen Entschluß, sie mir zu schicken. Die beiden Briefe von Erna'ö Eltern sandte er voraus; doch durch einen Zufall verzögerte sich die Post und sie kamen erst mit demselben Dampfer, welcher Erna nach Deutschland brachte, so daß ich, in völliger Unkenntnis ihrer Ankunft, sie nicht einmal erwarten konnte und sich die Arme allein zu mir finden mußte. — Ich kann Jhn,„ gar nicht sagen,
welch' eine Freude eS mir war, daß der gute Rudolph nach einer solchen Reihe vou Jahren noch ein so großes Vertrauen in mich gesetzt hatte, sein Kind unter meinen Schutz zu stellen. Ich habe seinen und auch den Brief seiner Frau mitgebracht, damit Sie beide lesen können. Sie werden da» raus ersehen, wie freundlich sich auch Rudolph Ihrer erinnerte." Und sie zog ein großes Couvert aus der Tasche, welches sie Hern von Halden reichte. „Der Schluß des Brieses veranlaßte mich Erna zu dem Ball mitzubringen und Ihnen mit dem Kinde Ihres einstigen Freundes eine angenehme Ueberraschung zu bereiten."
Welch unbewegte Ironie lag in diesen Worten I
(Fortsetzung folgt.)
Die Abrüstungs-Konferenz.
Preisend mit viel schönen Reden Ew'gen Friedens Ideal Saßen mancherlei Vertreter Einst zu Haag im Rittersaal.
Herrlich sprach allda der Russe,
Ist des Friedens goldne Zeit.
Gebt ihr mir ganz Asten, bin ich Gern zur Abrüstung bereit.
'X'ss, der Friede ist ein Kleinod Sprach von England da ein Lord,
Laßt uns Afrika, wir rüsten Schleunigst ab dann auf mein Wort.
Osr^ veil, wir wollen Frieden Stimmte auch der Aankee ein,
Doch wir müssen erst die Herren Uns'reS Kontinentes sein.
Frankreich, rief dann der Franzose, Lechzet nach des Friedens Glück Und verlangt bescheiden vorher Nur das Elsaß sich zurück.
Nur der Deutsche lachte leise:
„Liebe Herren, ich merke schon,
Ohne Krieg bleibt ohne Aussicht Eine Friedenskommission.
Ich auch bleibe gern im Frieden,
Wenn man mich in Frieden läßt:
Doch, wenn nicht — ich bin gerüstet Was ich habe, hall' ich fest".
Und es riefen die Vertreter:
Jetzt steht unsre Sache schlecht. Deutschland ist der Friedensstörer:
Aber leider hat eS Recht!
(AUg. Volksfr.)
Verschiedenes.
— Allerlei Druckfehler. „Er wollte ihr noch einen Fuß rauben, aber sie wehrte sich heftig." — „In ihrem Rinde sah sic daS Ebenbild ihres Gatten wieder." — „Kann Ihre Kleine schon saufen?" frate er teilnehmend die junge Mutter,
Im Gerichtssaal. Richter: „Ange- klagter, warum haben Sie die Maggiflasche gestohlen?" Angeklagter: „Na, auf den Plakaten heißt eS doch ausdrücklich: „Nimm Maggi zum Würzen Deiner Suppen!"
(Wirkung der Ammenmärchen.) Lehrer: „Weshalb bist Du denn gestern aus der Schule geblieben, Fritzchen?" — Fritzchen: „Der Storch hat uns 16 kleine Ferkel gebracht!"
Nedaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hofmann in Wildbad.