Im Banne des Wahns.

Novelle von H. von Limpurg.

(Nachdruck verboten.)

19.

Alice Möller war kein reiches Mädchen und wutzte ganz genau, daß sie, wenn ihr Vater stürbe, hinaus .in die Welt mußte, um sich ihr Brod selbst zu verdienen, aber trotzdem kam keine Bitterkeit in ihr Gemüt, sie freute sich mit den fröhlichen und weinte mit den Weinenden.

Jetzt wird das Feuerwerk gleich begin­nen," lächelte Hertha, denn um 10 Uhr wird gegessen, und da muß schon alles ver­pafft sein."

Hertha I" rief Frau von Schönerbeck, etwas aufgeregt zu den beiden Mädchen tretend,willst Du unfern lieben Gast, den Graf Fuentos, zur Muschelgrotte führen, von da aus steht er am besten, und er kennt den Weg nicht; ich gehe mit Onkel Albrecht, das Zeichen zum Beginn zu geben."

Der Freiherr stand neben der in der Thal bezaubernd aussehenden Frau, aber sein Auge hing wie verzaubernd an Hertha und einen Moment grüßten seine aufleuch- tcnden Augen die Geliebte voll unverhülltcr Zärtlichkeit, dann schritt er hastig neben deren Mutter dahin, ihr höflich den Arm bietend.

Was war das? murmelte Alice, ver­wundert stehen bleibend.Habe ich mich geiäuscht oder was ging da zwischen Onkel und Nichte vor? Frau von Schönerbeck scheint mir in einem großen Irrtum befangen, die Verlobung wird sich wohl anders ent­wickeln, als sie meint."

Gleichmütig schritt Hertha indeß neben dem Spanier dahin, ohne seinen ihr dargc- botencn Arm anscheinend zu bemerken. Sie plauderte auch ganz munter mit ihm wie noch niemals bisher, so daß Fuenios in allen Himmeln schwebte.

Man war bei der Muschelgrotte ange- kommcn, jeden Augenblick konnte das Zeichen zum Beginn des Feuerwerks gegeben werden.

Hertha, angebetetes Mädchen," rief er feurig und kniete vor ihr nieder,Sie wissen, daß ich Sie liebe, Sie müssen mein Weib werden."

Ein krachender Böllerschuß und rings sprühte und prasselte es auf, und plötzlich schwamm die ganze Muschelgrotte in märchen­haftem, zartgrünem bengalischem Feuer.

Zugleich tauchten von allen Ecken und Enden neugierige, lachende und spöttische Ge sichtcr auf, und Fuentos sprang in die Höhe. Hertha prallte zurück, und Frau Berthas Stimme tönte mütterlich zärtlich durch all den Lärm.

Ah, mein theureS Kind, also endlich darf ich Deinen Herzensbund segnen I Komm in meine Arme, ich bin so glücklich wie Du!"

Aber schon stand hoch ausgerichtct und voll impossanter Ruhe ein Anderer neben dem jungen Mädchen, ihre -Hand fest in die seine pressend.

Was soll das heißen? Was soll das be­deuten? Wer sind Sie, mein Herr, daß Sie solch französisches Rührstückchen hier auf- sühren?"

Fräulein von Schönerbeck ist meine Braut," und verbleiche spanische Conte warf sich voll würde in die Brust,ich habe daö Jawort der gnädigen Frau."

Bei uns zu Lande fragt man aber erst

das Mädchen, welches man liebt, um ihre Entscheidung, Sennor Conte, und da sind Sie wohl allerdings einen Posttag zu spät gekommen, denn Hertha, meine geliebte Nichte, ist schön seit einigen Tagen meine Braut."

Ein allgemeiner Jubel brach los, in wel­chem die beiden Schreckensrufe von Frau Bertha und dem Conte ungehört verklangen; Alice nickte verstäniSvoll und drängte sich neben die schöne, erglühende Braut.

Ich habe es seit vorhin gewußt," flüsterte sie Hertha zu, als er sie so strahlend und zärtlich anschaute und Ihnen 'gönne ich dies große Glück auch am liebsten; wir dachten alle, Ihre Frau Mutter würde es seinl"

Das Feuerwerk rauschte ziemlich unge­sehen vorüber und dann schritt die große, heitere Gesellschaft hinein in den Speisesaal, um beim schäumenden Scct das neue Braut­paar leben zu lassen; Niemand schien zu bemerken, daß Frau von Schönerbeck und Gras Fuentos fehlten.

Hoch und dreimal hoch der schönen, neuen Lilie, Schönerbcck, die Sie auf das alte Reis pfropfen, möge der alte Stamm neu erblühen in Glück und Stärke," rief Alicens Vater und hell klang sein GlaS mit dem des Brautpaares aneinander.

Erst am folgenden Morgen entdeckte der Freiherr auf seinem Schreibtisch einen Brief von Damenhand geschrieben und laS staunend und voll ehrlicher Entrüstung:

Sie haben mich schmählich hinter- ,gangen und auch meine Tochter mit in den Betrug verwickelt. Es bleibt mir nichts übrig, um den völlig gebrochenen Conte zu trösten und einen Selbstmord seinerseits zu verhüten, als ihm selbst die Hand zu reichen und Herthas Hinterlist auf diese Weise gut zu machen. Wir reisen nach Paris, ich bitte Sie, mir meine Sachen an die unten angegebene Adresse nachzuschicken. Seien Sie glück­lich ich habe Ihnen vergeben.

Bertha."

Sehr verbunden, ist mir aber im Ganzen furchtbar gleichgültig," brummte der Freiherr vor sich hin,das ist dem arroganten Spanier aber sehr zu können, daß er nun statt der Tochter die Mutier bekommen hat; ich wünsche Beiden von ganzem Herzen Glück."

Noch am selben Tage holte Alice ihre junge Bekannte zu sich, wo Hertha auch bis zu ihrer Hochzeit blieb, umgeben von Glück und Sonnenschein, von Liebe und treuer Freundschaft.

Auf dem Schlosse erblühte von nun an ein neues wahres Glück, dem nach Jahres­frist noch die Krone aufgesetzt wurde durch die Geburt eines Stammhalters.

Meine Hertha, mein Glück und mein Sonnenschein," flüsterte der Freiherr, als die junge Mutter ihm zum ersten Male den Neugeborenen reichte,laß uns demütig blei­ben, damit wir unser Glück erhalten?"

So soll es sein," nickte Hertha,Gott schütze uns und unser Kind, wie er uns bis­her geführt und geleitet. ^Des Vaters Segen ruht auf uns."

Ueber dem steinernen Lilienwappcn wehte die Fahne stolz im Winde, und die Leute gingen strahlend umher, denn sie liebten ihre schöne, junge Schloßherrin beinah abgöttisch. Der Freiherr aber stand Abends noch lange am offenen Fenster und und schaute in die

Sternenpracht des tiefblauen Sommerhimmels.

Herr, mein Gott, ich danke Dir. Du hast mir, wenn auch spät, so doch um so herrlicher das Glück erblühen lassen, welches Deineine alleinige Gnade einmal jedem Men­schenkinde zu Teil werden läßt!"

Ende.

Verschiedenes.

Tiere, die niemals trinken. Es giebt eine ganze Reihe von Tieren, die ihr ganzes Leben lang nicht einen Tropfen Wasser trinken; dazu gehören die Lamas in Pata­gonien und eine Art Gazellen, die im äußer­sten Orient leben. Ein Papagei im Zoolo­gischen Garten in London hat 82 Jahre lang auch nicht einen Tropfen Wasser zu sich genommen und einzelne Naturforscher be­haupten, daß Kaninchen keiner anderen Flüs­sigkeit bedürfen, als des Taues auf deu Gräsern. Eine Anzahl Reptilien, Schlangen, Eidechsen und eine Menge froschartiger Tiere leben in Gegenden, die gar kein Wasser haben. Man glaubt sogar, daß auch eine gewisse Art von Mäusen, die in trockenen Steppen des östlichen Amerikas wohnen, den Mangel an Feuchtigkeit nicht empfinden. Jo, selbst in Frankreich gibt es bei Lozire Kühe und Schafe, die fast niemals saufen und nichtsdestoweniger die Milch geben, aus der der berühmte Roquefort gemacht wird.

Ueber das Abschneiden von Rosen. Es herrscht die Ansicht, man schone dadurch seine Rosenstöcke, daß man die einzelnen Rosen verblühen laste. Das ist eine irrige Ansicht, denn gerade in der Zeit des Ab- blühens entzieht die Blume ihrem Stocke die meiste Nahrung. Es ist daher zu raten, die Rose sobald abzuscheiden, als sie ihre schönste Form zeigt, und sollte man sie nur zur Ztmmerzterde u. s. w. benützen können. Eine abgeschnittcne Rojenblume hält sich stets länger, wenn sie ordentlich gepflegt wird, als wenn sie am Stocke belassen wäre. Der Rosenstock aber entwickelt, wenn fleißig di( erblühenden und erblühten Blumen abge­schnitten werden, eine Menge neuer Knospen.

Die größte Küche der Welt hat das Bon Marchs-Haus in Paris. Sie versorgt all die 4000 Angestellten deS Hauses mit Nahrung. Der kleinste Kessel faßt 75 Quart (circa 83 Liter), der größte 375 Quart. 50 Bratpfannen sind vorhanden und in jeder können 300 Koteletts oder 220 Pfund Kar­toffeln zugleich gebraten werden. Wenn Omeletts zum Frühstück gemacht werden, werden 7800 Eier verbraucht.

In der Kleinstadt. Fremder:Sie Nachtwächter, was bedeutet denn das? Jetzt hat die Kichenturmuhr eben siebzehn geschla­gen!" Nachtwächter:Dann ist es ein Viertel auf eins." Fremder:Wieso denn?" Nachtwächter:Ja sehn Se, unsere Uhr schlägt Sie ein bischen langsam ; erst schlägt se de vier Viertel vor voll denn schlägt se de Zwölfe, macht zusammen sech­zehn, inzwischen iS es 'ne Viertelstunde später geworden, schlägt se also noch mal, macht siebzehn."

(Beim Dessert.) Mama:Aber, Elschen, Dn sollst doch die Nüsse nicht mit den Zähnen aufknacken sie werden sonst lose und fallen ganz heraus!" Elschen: Tannte Emma, hattest Du gestern abend auch Nüsse geknackt? Ich sah Deine Zähne heute früh auf Deinem Nachtschrank liegen I"

Redakitsn, Druck und Verlas von Beruh. Hosm » « u in Wildbad.