Lokaler.

Wildbad, 8. Juni. (Eingesandt.) Letz­ten Sonnlag fand die Gaulurnfahrt des Nagold-Gaues nach Zavelstein statt, zu wel­cher wie alljährlich auch unser Verein seine Turner stellte. Leider ließ die Beteiligung sehr zu wünschen übrig, was bedauerlicher Weise an dem geringen Jnteiefse für die Turnsache, deren Wert noch viel zu sehr verkannt wird, zu liegen scheint. Von sämt­lichen 11 Vereinen des Enzihales beteiligten sich nur drei. Doch ..frisch, fromm, fröhlich, frei" so zog am Sonntag Morgen die lustige Turnerschar unter den Klänge» ihrer Musik zum Stäbchen hinaus nach Calmbach, wo sie sich mit ihren Calmbacher Turngenosirn vereinigte. Von hier aus trat man nun de» Marsch durch die herrlich freie Natur, durch Feld und Wald an, die bet dem präch­tigen Wetter ihr Festgewand angelegt halten. Manch fröhliche Weise ertönte und manch lustiger Gesang entströmte der freien Turn­brust bis man um 12 Uhr das Ziel erreichte, indem man sich noch vorher oberhalb Würz­bach mit den Waltrennacher Turnern ver­einigte. Von den Calwer und Wildberger Turnern begrüßt, zog ma» in das Gasthaus zum Lamm ein, um sich nach dem Zstündi- gen Marsch zu stärken und sich an den Er­frischungen zu laben, die Herr Rolhfuß, der Besitzer des Gasthauses reichlich bot. NaL dem Mittagessen fanden auf dem vor dem Lamm" gelegenen Platze einige Turnerspiele statt, welche begeisterten Beifall fanden. Der als Gast anwesende Gauschriftwart des Pforz- heimer Gaus, Herr Schimpf, hielt eine An­sprache, indem er über den Wert der Turn- sahrten sprach und führte hierbei mit zün­denden Worten aus, daß diese den Zusam­menhalt der einzelnen Vereine stärken und die Freude am Turnen vermehren müssen. Mit einem dreifachen donnerndenGut Heil" auf die deutsche Turnerschaft und auf den Nagoldgau schloß er seine Ansprache. Um ''-5 Uhr zog man mit Sang und Klang heimwärts über Altburg, Reichenbach, nach Calmbach, indem man sich vorher von den Wildberger und Calwer Turnern mit einem herzlichenGut Heil" verabschiedete. Jeder der Teilnehmer ging heim mit dem Be­wußtsein einen recht vergnügten und fröh­lichen Tag verlebt zu haben und wird sich mit desto größerem Eifer wieder der Arbeit auf dem Turnplatz widmen. Möge dies ein Ansporn sein für alle diejenigen, die bis­her noch saumselig beiseite gestanden und mögen auch sie sich der edlen Turnsache, die erzieherisch in physischer wie in moralischer Beziehung wirkt, mehr annehmen, indem sie unserem Verein beitreten. Sie sind stets herzlich willkommen. Gut Heils

R a a o f ch a u.

Seine Majestät der König hat dem Bezirksfeldwebel Schramm im Landwehr­bezirk Calw (in Neuenbürgs das Dienst- ehrenzetchen 2. Kl. verliehen.

Seine Majestät der König hat die Errichtung von Telegrophen-Anstalten in Engelsbrand und Waldrennach ver­fügt. Diese Telegraphenanstalten erhalten Telephonbetrieb und werden am 15. Juni 1899 mit beschränktem Tagesdienst für den öffentlichen Verkehr in Betrieb genommen werden.

Cannstatt, 4. Juni. Gestern nachmittag siel ein lüjähriger Maurerlehrling an einem

Neubau in der Waiblingerstraße aus Unvor­sichtigkeit ca. 7 m hoch in den Souterrrain und erlitt neben einem Schädelbruch noch innerliche Verletzungen, so daß er ins Be- zirk-krankenhaus gebracht werden mußte. Gestern abend wollte ein Fabrikarbeiter auf seinem Fahhrrad einem Fuhrwerk auf der Karlsbrücke Vorfahren, in dem Augenblick als der Fuhrmann in d>e Neckarstraße ein­bog. Hiedurch kam der Radfahrer einem Pferd in die Hinteren Füße, worauf dieses ausschlug und dem Radfahrer die Hirnschale einschlug. An dem Auskommen des Schwer­verletzten wird gezweifelt.

Plochingen, 5. Juni. Der Zlmmermann Haller aus Kirchhelm lief am letzten Sams­tag auf der Bahnlinie Plochingen zu, geriet aber dabei unter die Räder eines Zuges und wurde so schrecklich zugerichtet, daß er noch am gleichen Tage starb.

Eßlingen, 4. Juni. Letzte Nacht setzte sich der Schreiner Scholp von Wangen in etwas angeheitertem Zustand auf einen im Erdgeschoß des Fabrikant Dickschen Neubaues hier liegende» Zementsack und fiel von dem­selben so unglücklich in den Keller hinab, daß er sofort tot war. Heute Nachmittag zwischen 2 und 3 Uhr ertrank beim Baden oberhalb des WasserhauscS der 18jährige Spieth von Hegensburg.

Aalen, 5. Juni. Dieser Tage wurde der ledigen Nähterin Katharina Dreher von Reichenbach, hiesigen Oberamts, nach­träglich die Altersrente mit 890 ^ auSbe- zahlt, außerdem erhält dieselbe monatliche Rente von nun ab mit 8,90 Mark. Die Freude der Achtun dsiebzlgjährigen, welche sich in dürftigen Verhältnissen befand, läßt sich begreifen.

Calw, 5. Juni. Heute Vormittag wurde der Leichnam des seit 28. v. M. vermißten Schuhmachers Jakob Heilemann von Hirsau bei Ernstmühl aus ber Nagold gezogen. Ob Selbstmord oder Unglücksfall vorliegt ist un­bekannt.

Der Schwarzwald birgt viele Baum­riesen. Ein solcher, eine Wetßtanne liegt gefällt im Hofe der Möbelfarik von Both- ner in Freudenstatt. Der Stamm zeigt 130 Jahresringe. In 8 Meter Höhe hat er noch 1 Meter Durchmesser. Ein 9 Meter langes Stück des Stammes ist 400 Maak wert.

Biberach, 5. Juni. In Bonlanden wurde bei Streithändeln zwischen Arbeiter» der ledige Adolf Haug von dem 60jährigen Leonhard Weber aus Eiolzheim so unglücklich in den Unterleib gestochen, daß er andern Tags starb. Der Thäter stellte sich selbst dem Gericht.

Neresheim, 7. Juni. Gestern nacht sollte ein Möbelwagen von Schloß Neresheim herab- grsührt werden. Da derselbe nur mit un­genügenden Sperrvorrichtungen versehen war, so rollte derselbe schnell abwärts und drückte ein wertvolles, dem Hrn. Domänepächter ML- bosvom Hochstätterhof gehör. Pferd zu Tode.

Ulm, 6. Juni. Das Gasthaus zum ,Goldenen Lamm" in der Herdbruckerstraße, früher Dobler, hat Saalbaupächter Gneiding um die Summe von 75,000 ^ gekauft. Derselbe wird die Wirtschaftsführung zum Lämmle" seinem Bruder aus Pforzheim übertragen.

Es giebt auch heutigen Tags noch Wunder. Ein solches ist die Dienstmagd Wiihelmine Schenk in Kitnzelsau. Sir hat

nunmehr 60 Jahre ununterbrochen in der Familie des Privatiers Kraft gedient. Die Königin von Württemberg sandte ihr ein ehrenvolles Schreiben. Das silberne und das goldene Ehrenzeichen besitzt die brave Alte schon.

Neckargartach, 6. Juni. Seit einigen Tagen sind an an der Kamerz am Hause der Bäcker WaidmannS Witwe blühende Trau­ben z» sehen.

Breiten, 5. Juni. (Großfeuer.) Heute nacht wurde die hiesige Feuernehr aufgcrufen, weil es in dem benachbarten Ntibshtim brannte. Trotz tüchtiger Arbeit der herbei- geeilten Feuerwehren brannten 15 eng an. einander gebaute Gebäulichkeiten, nämlich 7 Wohnhäuser und 8 Scheunen, nieder. Auch eine Kuh und 2 Schweine kamen in den Flammen um. Ueber die Entstehung des Brandes ist noch nichts bekannt.

Pforzheim, 6. Juni. Bei der heute statt­gehabten Stadtverordnetcnwahl der 3. Steuer­klasse wurden bei etwa 4000 Wahlberchtig« ten 2163 Stimmen abgegeben. Die Sozial­demokraten siegten mit 1203 Stimmen über die vereinigten Gegner, die es auf 960 Stimmen brachten. Vor drei Jahren er­hielten in der 3. Klasse die Sozialdemokra­ten 1041 Stimmen, die Gegner 648.

Pforzheim, 6. Juni. Gestern Nacht er­schoß sich in einem Waldteile außerhalb Pforzheims der 25 Jahre alte Buchhalter Klotz von Neuhausen. Derselbe hatte vor etwa 2 Jahren eine bedeutende Erbschaft ge­macht. Nachdem das Geld glücklich durch­bracht war und der junge Mann sich noch verschiedene Unterschleife zu Schulden kom­men ließ, griff er zur Pistole.

Karlsruhe, 5. Juni. (Besttzwechsel.) DieBad. LandeSzeitung" ist durch Kauf in den alleinigen Besitz des gegenwärtigen Chefredakteurs derKarlsruher Zeitung" Herrn Julius Katz, übergangen. Der Be­sttzwechsel vollzieht sich am 1. Juli d. Js.

Köln, 5. Juni. Unterhalb Köln wurde die Leiche eines etwa 45iährigen Mannes gelandet. Die Hände und Füße waren ge­knebelt. Die Leiche war in einen Sack ein- genäht und wies eine riefe Stichwunde ober­halb des linken Auges auf. Die Staats­anwaltschaft ist cifrigst bemüht, das Verbre­chen aufzudecken.

Aus der Rede, die Kaiser Wilhelm dieser Tage in Kiel gehalten hat, kltngt ganz derselbe Gedanke wieder, dem der Vroß- herzog von Baden in Pforzheim Ausdruck gegeben hat, ja der Kaiser hat sich fast der­selben Redewendung bedient, wie sein Oheim. Nur der Kaiser Wilhelm I. sei der Gründer des Reichs. Man wird sich der Annahme kaum entziehen können, daß hier keine zu­fällige Uebereinstimmung, sondern eine be­stimmte Absicht vorliegt, daß der Kaiser den Anlaß ergriff, um das, was der Großhtrzog in Pforzheim gesagt, in feierlicher Weise zu bekräftigen.

Die Wohnungsnot der Arbeiter

scheint auch die Aufmerksamkeit des Kaisers erregt zu haben. In einem Gespräch mit der Frau des Landrats Etzdorf in Cadinen erkannte er an, daß vornehmlich die Arbeiter- schaft luftige und geräumige Wohnungen haben müßte, wollte sie ihrem zuweile recht schweren Berufe nicht vor der Zeit unter­liegen. Im besonderen auf sein neue« Be­sitztum Cadinen übergehend, meinte der Kaiser daß dort noch manches anders werden müsse