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Stuttgart, 28. Mai. Gestirn abend 10'/« Uhr starb StaatSrat v. Hohl, Land- tagsabgeordneter für Geislingen und früherer Kammerpräsident, 74 Jahre alt.

Stuttgart, 30. Mai. Für die bevor­stehenden Kaifermanöver sind umfangreiche Einberufungen, sowie ein erheblich gesteiger­ter Verkehr zu erwarten. Infolgedessen sind die Beamten der VerkehrSanslalten aufgksor- dert worden, ihre Urlaubsgesuche zeitiger als sonst rinzureichen und ihre Ferien früher als sonst anzutreten, da über die strenge Zeit ein Urlaub überhaupt nicht gewährt werden kann. Um den gesteigerten Anforde­rungen zu genügen, soll sämtliches verfüg­bare Personal zur Stelle sein.

Stuttgart, 29. Mai. DaS Restaurations­wesen Bernerstraße 8, zum goldenen Becher, wurde heute um 75,000 ^ an die Retten- maier'sche Aktiendrauerei verkauft.

Ende nächsten Monats feiert der Stuttgarter Liederkrauz das Jubiläum seines 75jährtgen Bestehens. Nach dem vorläufigen Programm wird aus diesem Anlaß am SamStag den 24. Juni ein Festkonzert in dem Festsaale der Liederhalle obgehalten wer­den, am Sonntag den 25. Juni findet bor- mitagS 11 Uhr ein Festakt mit Festspiel statt, dem sich abends 8 Uhr ein Festbankett im Festsaate anschließen wird. Für Sams­tag den 1. Juli endlich ist ein Festball ge­plant.

Heilbronn, 28. Mai. Die Stuttgarter Stadlvorstandswahl hat hier ein kleines aber bezeichnendes Nachspiel erhalten. Am Schluß der letzten gemeinschaftlichen Sitzung der bürgerl. Kollegien erbat sich Gemeinderat Fuchs noch das Wort und sagte:Nachdem wir der Gefahr entronnen sind, daß wir unfern Herrn Oberbürgermeister verlieren zum Vorsitzenden, der den Redner zu unterbrechen sucht, gewendet;Lassen Sie mich nur aussprechenI* so schlage ich vor, daß wir seinen Erfolg im Ratskeller feiern (I) Wir dürfen uns freuen, daß uns unser Herr Oberbürgermeister erhalten dleibt; es kommt selten etwas Besseres nach." Ober­bürgermeister Hegelmaicr erwiderte:Ich glaube, daß die Behandlung der Sache in dieser Weise nicht angemessen ist. Ich habe nichts dagegen, wenn sich die Herren noch in den Ratskeller verfügen. Ich werde aber nicht erscheinen." (Soviel man bemerken konnte, haben sowohl die Mitglieder des Ge­meinderats, wie die des BürgerausschusfeS dem Vorschläge des Gemeinderats Fuchs keine Folge geleistet.)

Hkilbronn, 30. Mai. (Mord.) Zwi- scheu Schlüchtern und Großgartach wurde gestern nachmittag ein grausamer und ab­scheulicher Mord begangen. Die 25jährige Lehrerin Frida Gilbert von Schlüchtern wollte gegen 4 Uhr nach Großgartach, um mildem Zug nach Heilbronn zu fahren. Unterhalb des israel. Friedhofes, auf Großgartacher Markung sprang plötzlich ein vagabondieren- dcr HandwerkSburjche auf das Mädchen zu, packle es und wollte dasselbe jedenfalls ver­gewaltigen. Durch das Geschrei des Mäd­chens wurden in der Nähe arbeitende Bauern auf die Ringenden aufmerksam und eilten zu Hilfe. Während dessen holte das Scheu­sal einen langen Dolch hervor und brachte dem Mädchen auf der linken HalSseitr eine tiefe klaffende Wunde bei, welche den sofor­tigen Tod herbeisührte. Darauf hin ergriff

er die Flucht, wurde aber kurz vor Groß­gartach von einigen Männern nach heftiger Gegenwehr, wobei er noch von seinem M-sstr Gebrauch machte, überwunden und nach Groß­gartach verbracht. Am Ort erschienen als­bald Herr Landgerichtsdirektor Willich und ein Vertreter der Staatsanwaltschaft um den Thatbcstand aufzunehmen. Daraufhin wurde die Ermordete gegen 8 Uhr abends zur wei­teren Untersuchung nach Großgartach übei- führt. Der Thäter, der ca. 35jährige Bier­brauer und Mctzgar Vogel aus Habelsbach (Niederb) trieb sich schon am Sonntag in Schlüchtern fechteud herum und erregte durch sein freches Auftreten allgemeines Mißfallen. Die Aufregung in den umliegenden Orten insbesondere unter den Frauen ist sehr groß Die Verwundete, ein allgemein geachtetes braves Mädchen, Tochter des Lehrers Gilbert von Schluchtirn, war Lehrerin in Konstanz am Bodensec und wollte heute dorthin zu­rückkehren. Den schwergeprüften Ellern wendet sich die allgemeine Teilnahme zu. Heute Dienstag, morgens 8 Uhr findet die Sektion statt, zu welcher der Verbrecher vor- gesührt wird. Wie wir noch hören, soll der Mörder augenblicklich im OrtSgefängniS den Verrückten, bezw.den wilden Mann" spielen, wodurch ihm aber hoffentlich nicht gelingen wird, sich der gerechten Sache für seine Thal zu entziehen.

Heilbronu, 30. Mai. Der Mörder der 24jährigen Lehrerin Frida Gilbert ist der ca. 35jährige Bierbrauer uad Metzger Vogel aus Habeisbach in Niederbayern, der keinerlei Reue über seine That zeigt, sondern i och in cynischen Aeußerungen davon spricht. Er behauptet übrigens, kein Sittlichkeits­attentat beabsichtigt zu haben, sondern er habe es nur auf das Geld und die Uhr des Mäd­chens abgesehen. Die Erregung hier und in der Umgebung ist eine ungeheure.

Unterkochen, 30. Mai. Die hiesige Pa­pierfabrikPapierindustrie Unterkochen zu Unlcrkochen", Aktiengesellschaft, hat unterm heutigen ihren Konkurs angemeldct. DaS Werk ist vorerst geschlossen. Eine große Zahl Arbeiter und Arbeiterinnen verliert dadurch wieder Arbeit und Verdienst, was um so schwerer ins Gewicht fällt, nachdem erst die Zellstofffadrik, die ca. 250 Arbeiter befchäftigt hatte, ihren Betrieb eingestellt hat. Auch in den GcmeindchauShalt greifen diese BelriebSeinstellungen in nachteiligster Weise ein durch bedeutenden Steueraussall.

Eßlingen, 28. Mai. Schullehrer a. D. Herrigcl und seine Frau Marie geb. Gänß- len feierten heute das Fest der goldenen Hochzeit. Der Jubilar ist 75, seine Frau 74 Jahre alt; beide sind noch rüstig und gesund.

Gaildorf, 29. Mai. Bei Verhältnis- mäßig noch guter Gesundheit feierte heute im engeren Familienkreise das Schuhmacher Jakob Wellrrsche Ehepaar das Fest der gol­denen Hochzeit. Der König ließ dem Jubel­paar ei» Geschenk von 20 ^ zugehen.

Rottenburg a. N , 28. Mai. Der ver­storbene Bischof Dr. v. Linsenmann hat, wie Professor Dr. A. Koch in derTübinger Quartalschrift mitteilt, eine Selbstbiograpbie hinterlassen, die aber nach testamentarischer Bestimmung erst nach 2 Jahrzehnten ver­öffentlicht werden darf.

Geislingen, 29. Mai. In Ueberkingen brach heute Nacht vor 1 Uhr i» der dem Leonhard Frei dort gehörige,, einzelnen stehen­

den Scheuer Feuer aus und legte das ganze Gebäude in Asche. Brandstiftung wird vrr, mutet.

Biberach, 27. Mai. In einem Orte des Oberlandes hatte voriges Jahr ein Dienst­mädchen 5000 in der Ulmer Lotterie gewonnen; sie verheiratete sich bald darauf in die Schweiz. Nun ist sie wieder in ihrer Heimat angekommen ohne Geld und ohne Mann. Letzterer ist mit dem Geld nach Amerika durchgebrannt.

Mainhardt, 30. Mai. Von seiner Wohnung au« hörte der Förster H. in Neu- hütten, im nahen Walde einen Schuß fallen; schleunigst eilte er an den Ort, von wo der Knall herkam und fand dort eine im Ver­enden begriffene Rehgeiße und neben ihr ein abgeschossenes Gewehr. Jedenfalls aus Rache ob der entgangenen Beute wurden dem Förster in ve>stoffener Nacht die Nehren eines großen KornackerS vollständig abge- schnitten.

Von der Tauber, 30. Mai. Einen seltenen Fund machte bei einer Renovation seines Hauses ein Bürger in WeikerSheim. Beim Oeffnen seines Stubenbodens entdeckte er ca. 60 Stück Kronenthaler, welche gut verborgen waren. Demselben wurden be­reits 4 ^ sür jedes Stück geboten.

Von der hohenzollernschen Grenze, 28.

Mai. Im Ausblick auf den Eyachthalbahn­bau hat eine G-sellschast junger Zimmerleute von Trtllfingen sich zusammengethan und in der Nähe der Thalmühle mit ziemlich be­deutendem Anlagekapital ein Dampssägewerk erlichtet. Vermutlich hat das Unternehmen in unserer holzreichen Gegend nach E'öfs- nung der Bahn eine günstige Zukunft zu erhoffen.

Aus Franken, 28. Mai. Der 1871 vor Paris verwundete Veteran Gg. Piöschcl von Zeilitzheim wurde vor einigen Tagen mittels Röntgenstrahlen auf eine Kugel unter­sucht, die ihm seiner Zeit im Körper stecken geblieben war. Bei der Durchleuchtung wurde sie unterhalb der Achseldöhle entdeckt. Prof. Dr. Schönborn ans Würzburg wird sie ent­fernen.

Konstanz, 29. Mai. Am Dienstag wollte die Gräfin Gravenreulh in Begleitung der bei ihr auf Besuch weilenden Baronin Gtsy aus München eine Spazierfahrt nach Bregenz machen. Nach wenigen Schritten gingen jedoch die feurigen Pferde durch und in der Nähe der Villa Fairhölm wurde der Wagen umgeworfen und zertrümmern, Gräfin Gravenreulh erhielt beim Sturz 2 Wunden am Kopfe, Baronin Gisy brach beide Vorder­arme, der Kutscher Hamethinger den Fuß und der Bediente erlitt sonstige leichtere Ver­letzungen.

Eine bemerkenswerte Rede. Lei einem Dejeuner gelegentlich der Kirchweih« in Pforzheim hielt der Großherzog von Baden eine Rede, in der er u. a. scharf betonte: Es wird vielfach gesucht, das Verdienst de» Gewordenen auf Andere zu legen. Er war's, der erste Kaiser, und nur er, der den Ge­danken noch dem Stege fest und hochgehal­ten hat, ihm haben wir zu verdanken, daß wir Reich und Kaiser haben.

Bei einer Kirmeßseier in Brüfstl flüchtete, als ein Unwetter ausbrach, eine Anzahl Personen, darunter viele Kindel, in einen Musikpavillon, der unter Last zusam­menbrach. Unter den Trümmern begraben wurden etwa zwölf Kinder; sieben wurde«;