R « u d s ch a u.

Stuttgart, 21. Mai. Zur 400. Wieder­kehr des Geburtstags des RiformalorS Würt­tembergs, Johanne- Brenz, am 24. Juni 1899 hat die Oberkirchcribchörd°> angcordnel: in dem Gottesdienst des 24. Juni (Feiertag Johannes des Täufers), ist auf den Gedächt- niStag in angemessener Weise hinzuweisen; die eigentliche kirchliche Feier ist im Haupi- gottesdienst des 4. Sonntags nach dem Drei­einigkeitsfest zu veranstalten, wobei der Predigt der Text Joh. 12, 36:Glaubet an das Licht, dieweil ihrS habt, auf daß ihr des Lichtes Kinder seid", zu Grunde zu legen ist. Am 23. Juni ist unter Ausfall des gewöhnlichen Unterrichts in den evangelischen Schullehrerbiidungsanstalten, sowie in den evangelischen Volksschulen eine Gedächtnis­feier zu halten.

LndwigSbnrg, 27. Mai. Seit dem 25. d. M. ist hier unter Führung beS Haupt- mannS Linnekogel vom Jnfanterie-Regt. Nr. 121 ein Radfahrerkursus gebildet, der die Forderung des Militärradfahrens sowohl beim einzelnen Mann als in geschlossenen Verbänden, sowie die Heranbildung eines LehrpersonalS nach einheitlichen Grundsätzen bezweckt. Zu demselben sind kommandiert 4 Offiziere, 1 Sanitätsoffizier, 13 Unter­offiziere, 1 Sanitätsunteroffizier, 1 Büchsen- machergehilfe, 26 Gefreite und Gemeine von der Infanterie; 1 Unteroffizier, 1 Gefreiter und 1 Büchsenmachergrhilfe vom Pionier­bataillon.

Metzingen, 27. Mai. Die 19jährige Tochter einer hiesigen angesehenen Familie stürzte sich gestern früh zum Fenster deS ersten Stockwerks in den Garten hinunter. Väterliche Zurechtweisung soll die Veran­lassung zu dieser That gewesen sein. Das Mädchen zog sich eine unbedeutende Fußver- stauchung zu und wurde alsbald wieder in ihre Wohnung verbracht.

Kleinküchen OA. Neresheiw, 26. Mai. Zu Tode gestürzt. Gestern abend stürzte der 62jährige verheiratete Josef Schwenk im betrunkenen Zustand di« Treppe in seiner Wohnung herunter und brach das Genick. Das Gericht bezichtigte die Ehefrau als Ver­anlassen« des Sturzes, aber die Untersuch­ung ergab, daß die Frau während des Un­glücksfalls in der Kirche gewesen und an dem Fall unbeteiligt war.

Kirchentellinsfurt, 26. Mai. Eine hies. Familie wurde durch schweren Unglückefall rasch in tiefe Trauer versetzt. Der 50 Jahre alte Maurer Peter Klett von hier wollte seinen in Pfrondorf verheirateten Sohn be­suchen und fiel daselbst rücklings die Stiege hinab, wodurch er sich einen Bruch der Hirn­schale zuzog, so daß er die meiste Zeit be­wußtlos war, bis ihn der Tod von seinem schweren Heiden erlöste. Heute nachmittag wurde er unter zahlreicher Beteiligung der hiesigen Gemeinde hier zu Grabe getragen.

Nagold. 25. Mai. Wie schon früher mitgeteilt, ging das hübsch gelegene, früher von Stuttgarter Familien viel besuchte Bad Röthenbach samt einem Areal von 12 Mor­gen Feld um den Kaufpreis von 50000 ^ in den Besitz der Württ. Alters- und Jn- ValiditäiSverstchrrungs-Anstalt über. Mit einem Kostenaufwand von ca. 30000 ^ soll ein neues Badhaus errichtet werden. Röthenbach wird ein Erholungsheim für Rekonvaleszenten werden.

Ml, 86. Mai. Allgemeine Befriedigung

wird durch das Urteil der hiesigen Straf­kammer gegen den Verwaltungskandidaten Joses Braun von Laupheim wegen Baum­frevels hervorgerufen. Derselbe hatte Inder Nacht vom 16. zum 17. April d. I. 25 an der Straße von Auingen nach Münsingen stehende junge Lindenbäumchen abgebrochen, wodurch ein Schaden von 50 ^ entstand. Die Strafkammer rügte diesen Vandalismus mit einer Gefängnisstrafe von 5 Monaten.

Neustadt a d. Hardt, 25. Mai. Auf dem heute Abend 6 Uhr hier eingetroffenen Personenzug wollte bei der benachbarten Station Lamprecht ein auf Urlaub befind­licher Artillerist den Kondukteur spielen, kletterte den Zug entlang, fiel ab, wurde überfahren und blieb tot am Platze.

Drei Kinder des Bauers Böhrer in Rutschdorf bei Hardheim, 2 Knaben und 1 Mädchen im Alter von 15, 10 und 6 Jah­ren vergnügten sich in einem Zuber auf einem Weiher. Der Zuber kippte um, und das Unglück war geschehen. Drei Leichen auf einmal t» einer Familie I «

Karlsruhe, 26 Mai. Die Hauptver­sammlung des badischen SchwarzwaldvcreinS findet am 11. Juni in Gernsbach statt.

Ettlingen, 25. Mai. Gestern nachmit­tag entgleiste auf der Pforzheimer Linie der Albthalbahn bei dem Bahnhof Reichenbach die Maschine und der Packwagen eines Zuges. Wie der hiesigeLdm." zu meiden weiß, ist der Unfall dadurch entstanden, daß die schwere Maschine die auf leichten Schwellen befestig­ten schwachen Schieen auseinanderdrückte^ Das scheint ja ein äußerst solider Bahn- unierbau auf der Pforzheimer Zweiglinie zu sein!

Die Kölner Militiirbefreiungs-Afsaire. Die Mitilärbefreiungs-Affaire zieht immer weitere Kreise und führte in den letzten Tagen zu weiteren Verhaftungen in Rem- scheid-Etberfeld. Der verhaftete SanitätS- rat Dr. B. von Köln bot für seine vor­läufige Freilassung eine Summe von Mark 50,000 an, welchem Ersuchen indessen nicht entsprochen wurde. Sämtliche Korrespon­denzen und Schriften des Arztes wurden be­schlagnahmt. Die verhafteten beiden Aerzte (einer war schon früher verhaftet worden) werden beschuldigt, gegen ein Entgelt) bei Militärpflichtigen durch Eingeben von Pillen längere Zeit andauernd beschleunigte Herz- thätigkeit hervcrgerufen zu haben, woraufhin der Betreffende bet der Musterung für un­tauglich erklärt wurde. Einer dieser jungen Leute ist gestorben.

Köln, 27. Mai. Die Kölner Straf­kammer verurteilte den Bürgerotkister aus dem benachbarten Fünderoth zu 20 Geld­strafe, weil er einen 20jährigen Burschen ohne Einwilligung des Vaters getraut hatte.

Beim Baden von einem Fischotter gebissen wurde in einem Teiche in Fraureuth bei Werdau ein zehnjähriger Schulknabe. Das Tier biß ihm ein großes Stück Fleisch aus dem hinirren rechten Oberschenkel und verschwand, während das Opfer mit lautem Schrei ans Land eilte und dort ohnmächtig nicdersank. Der behandelnde Arzt glaubt, daß die Wunde nie ganz zuheilcn werde.

Ein Wirt in Münden hat Bier­abonnement eingeführt und damit nngeahn- ten Beifall gefunden. Um nun aber auch der andern Hälfte eine besondere Vergünsti­gung zu verschaffen, hat der Wirt eine Bicr- prämie geschaffen. Diese Prämie, bestehend

in 500 und einem Diplom, wird am Sylvesteraberd 1899 dem besten Biertrinker ausgehändigt. Je nach Wunsch deS be­treffenden Empfängers wird sein Name ver­schwiegen oder nit rühmenden Worten (I) der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Also eine Prämie von 500 für den, der das ganze Jahr hindurch am meisten gesoffen hat! U iscres Erachtens sollte der kundige Thebarec, der diese Erfindung ge­macht hat, schleunigst mit Entziehung der Konzession wegen Verleitung zur Völlerei bestraft werden. 4 .

Ein aller Veteran, Martin Heinrich aus Preußisch-Holland in Ostpreußen, der kürzlich seinen 100. Geburtstag feiert«, ist an Altersschwäche gestorben. Ec machte die Kriege 1806>7 und 1813/14 mit.

Große Unterschlagung. Wie aus Dresden gemeldet wird, hat der Schatzmeister des unter Protektion der Königin Carola stehendenAibertvereinS", Kommerzienrat Hopffe, 200,000 ^ Vereinsgelder unter­schlagen. Es fehlen die Erträgnisse der Lotterie der Kassenverwaltung des Vereins in den letzten neun Jahren, sowie die laufen­den Einnahmen des Jahres 1898, dessen Abschluß noch nicht fertig gestellt war, und des Jahres 1899.

Eine tollkühne Fahrt unternahmen in Kiel drei Knaben. Sie stellten aus meh­reren Balken ein Floß her und segelten bei streifem Nordwest auf den Kriegshafen hinaus. Bald war das Fahrzeug weit ab­getrieben; plötzlich barst es auseinander, und die verwegenen Seefahrer stürzien ins Meer. Sie klammerten sich an den Balken fest und trieben auf dem eisig kalten Meer umher. Da passierte der neue DampferAdmiral v. Knorr" die Unfallstelle und es gelang dem Führer, die fe st erstarrten Schiffbrüchigen zu reiten.

Umfangreiche Altertumssunde find an der Lippe bei Haltern gemacht worden. Man Hai über 200 Gräber aufgedcckt und ist auch auf ein Kastell und anschließende Urnenfriedhöfe gestoßen. Die Funde, die noch eine erhebliche Erweiterung erfahren dürften, sind noch nicht als abgeschlossen zu betrachten. Sie entstammen zum Theil einer vorchristlichen Zeit, vielleicht 1500 v. Ehr., und reichen bis in die fränkische Zeit hinein.

Ein Kampf auf Leben und Tod im Rauchfang. Ein furchtbares Eifersuchts­drama spielte sich in der südungarischen Ort­schaft Bruckenau ab. Der Gastwirt Johann Wolf war unerwartet nach Hause gekommen und bemerkte, als er die Küche betrat, daß eine Gestalt im Rauchfanöe des offenen Herdes verborgen sei. Ein Blick durch die halboffene Thür deS Schlafzimmers, wo seine Frau im Bette lag, gab ihm die Gewißheit, daß sein Zweifel an der ehelichen Treue seiner Lebensgefährtin nun gerechtfertigt sei. Er ergriff einen Revolver und gab einen Schuß in den Rauchfang ab. Der Schuß verfehlte sein Ziel. Wolf schwang sich nun selbst in den Rauchfang empor und auf dem Gebälk deS engen Raumes begann jetzt ein Ringen auf Leben und Tod, bis die beiden in die Küche htnabstürzten, wo Wolf dem nächt­lichen Gaste mehrere Messerstiche in den Unterleib versetzte. Jetzt erst erkannte er seinen Gegner: es war der Bauernbursche Mathias Krauser, den er schon lange im Verdachte hatte, daß dieser der Geliebte seiner Frau sei. Wolf wurde verhaftet, HriF