Rundschau.
Stuttgart, 22. Mai. Tic Königin bat heute den Dreheraehilsen Karl Frohnmüller von Feuerbach empfangen, um demselben ihre Anerkennung für das mutvolle Verhalten, durch welches er die Rettung seiner Schwester bewirkt hat, auszusprechen und ihm Ihr Bild und ein Geldgeschenk zu überreichen. (Die Schwester des rc. Frohnmüller war in ein Gefäß mit siedendem Malz gefallen und hatte sich dabei dermaßen verbrüht, daß ihre Rettung nach dem Ausspruche der Aerzte nur dann zu erhoffen war, wenn auf die Verbrühten Körpcrstelle» die Haut eines andern Menschen gebracht wurde. Der Bruder ließ sich bereitfinden, die hiezu erforderliche Haut von seinem Körper wegnehmen zu taffen.) Hierauf hat die Königin den Pfarrer Kallee von Feuerbach empfangen.
Stuttgart, 23. Mai. Die große Kaiserparade im Herbst macht sich jetzt schon bemerkbar, indem Fremde nicht allein schon in den Hotels Zimmer belegt, sondern auch bei den Kutschereibesitzern Wagen haben bestellen lassen.
Heilbronn, 23. Mai. Der Prozeß bezüglich des Dampfers „Heilbronn", der sich für die Fahrt von Heidelberg nach Heilbronn als ungenügend erwies, ist nunmehr entschieden. Die Gesellschaft, welche den Dampfer erbaute, ist verurteilt worden, das Schiff zurückzunehmen und zwar ohne jegliche Entschädigung.
Großsachsenheim, 20. Mai. (Brieftaubenverkehr.) Am Donnerstag, 18. Mai trafen Brieftauben in einem Korbe, welcher von Ingolstadt abgeschickt wurde, um 11 Uhr vormittags in Großsachsenheim ein. Dieselben wurden laut Anweisung des Vorstandes vom Brieftaubenklub nur getränkt und nicht gefüttert. Am folgenden Tage morgens 6 Uhr wurden dieselben von Großsochsen- hnm abgelassen und trafen am gleichen Tage vormittags 8 Uhr in Ingolstadt wieder in ihrem heimatlichen Schlage ein. Die Bahn- enlfernung zwischen hier und Ingolstadt beträgt ca. 228 Klm., welche die Tauben in 2 Stunden zurücklegten.
Leonberg, 20. Mai. Während eines schweren Gewitters schlug gestern nachmittag um str4 Uhr der Blitz in das Haus von Bäcker Grob am Markt, seinen Weg durchs Gebäude und an der vorderen vergipsten Gibelseite nehmend, jedoch ohne zu zünden und ohne jemand zu verletzen. Durch die Gewalt des Blitzstrahls wurde der Gipsver- putz des Giebels an die gegenüberliegende obere Apotheke geschleudert, infolge dessen eine große Anzahl Fensterscheiben in Trümmer ging.
Plochingen, 22. Mai. Im nahen Psau- hausen war am vergangenen Samstag ein schon älterer lediger Bürger mit Walzen eines Ackers beschäftigt. Plötzlich stieß die Walze an einem Gegenstand an. Die Deichsel, welche der Mann leitete, versetzte demselben einen Schlag in der Lendengegend; wodurch derselbe solche Verletzungen davontrug, daß er gestern früh 3 Uhr starb.
Türkheim, 17. Mai. Wir lesen in der „Els. Lothr. Volkspartei": Ein hiesiger Mann hatte am letzten Zahltag einen Hundertmarkschein bekommen, ballte denselben zusammen und verschluckte ihn I Als er mit einem Fünfzigmarkschein dasselbe thun wollte, entrissen ihm seine Kollegen denselben und thaten sich Mich damit. Ein sonderbarer stauzj
Pfullingen, 22. Mai. Der für unser Thal sonst so festliche Pfingstmontag wurde diesmal gründlich verregnet. Doch gab es noch eine ziemliche Anzahl von Pilgern zur Nebelhöhle von Oberbausen aus, namentlich nachmittags, als der Himmel sich aufhellte. DaS beste Geschäft machten noch die Wirte in den Ortschaften, die mit der Bahn ja leicht zu erreichen waren.
Vaihingen a. E., 22. Mai. Die Maikäfer traten im hiesigen Bezirk so massenhaft auf, daß in allen Gemeinden die Vertilgung derselben angeordnet wurde. Für ein Simri (20 Liter) getöteten Maikäfer wurde bis zu 1 ^ bezahlt, woran die AmtSkvrporation 40 -»s an die Gemeinden vergütet. Die Die Sammlung wurde energisch betrieben und es kamen deshalb hier auch 405 Simri oder 8100 Liter zur Ablieferung; auf das Liter kommen 510 Stück gelötete Maikäfer, es sind also hier 4131000 Stück abgeliefert worden. Wenn man für jede der 22 Gemeinden des Bezirks 300 Simri annimmt, so ergiebt dies 6600 Simri gleich 132 000 Liter oder 67 320000 Stück vertilgter Maikäfer.
Crailsheim, 20. Mai. Gestern vormittag stürzte ein 19 Jahre alter Maurer, Namens Präg, der sich vom Gerüste aufs Dach schwingen wollte, ab und zog sich bedeutende Verletzungen zu. Auf dem Weg ins Krankenhaus wurde ihm ein Notvcrband angelegt, da ein schwerer Schenkelbruch konstatiert wurde. Im Krankenhaus seist mußte ihm der verletzte Fuß abgenommen werden. Auch scheinen innere Verletzungen vorzulicgen.
Tübingen, 23. Mai. In der Nacht des Pfingstfestes ereignete sich auf dem hiesigen Bahnhofe ein schrecklicher UngtückSfall. Der zur Beförderung der Postsachen beorderte Briefträger Schmid wollte in einen noch in Bewegung sich befindlichen Nachizug springen, kam aber zu Fall und wurde vom Zuge überfahr-n. Der gräßlich Verstümmelte war sofort tot.
Gönningen, 23. Mai. Bei der heutigen Ortsvorsteherwahl erhielt Nevistonsassistknt Feiger von Oberndoif 320 Stimmen, Stadt- schulthcißenamtsasststcnt Hörner von Mün- stngen 22 Stimmen, Schultheißenamtsver- weser Knecht von Gönningen 10 Stimmen, Gerichtsfchreiber Fack in Tübingen 1 Stimme. Feiger ist also gewählt.
Blaubeuren, 23. Mai. (Plötzlicher Tod.) Kaufmann und Gemeinderat With. Ehni besuchte gestern abend gesund und munter das gegenwärtig hier im Gasthof z. Post weilende Theater. Am Schluß der Vorstellung siel derselbe tot von Stuhle; ein Schlag hatte dem 57jährigen kräftigen Mann plötzlich den Tod gebracht.
Gaildorf, 18. Mai. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am gestrigen Nachmittag im Sägwerkbctrteb des Hrn. Schwarz in Sulzbach a. K. Daselbst machte sich der 14jährige Karl Gaupp von dort unter einer Kreissäge zu schaffen. Plötzlich wurde er von derselben erfaßt und erlitt hiebei solch schwere Verletzungen am Kopfe, daß am Aufkommen des Verunglückten gezweifelt wird.
Hall, 22. Mat. Ueberfahren ließ sich am Pfingstabend vom Heilbronner Zug der ca. 25 Jahre alte Sohn des Sattlers Groß von hier, nachdem ihm kurze Zeit zuvor, nichts böses ahnende Freunde in einer hiesigen Wirtschaft das Lied „Es ist bestimmt in GolteS Rat" Vorsingen mußten. Die
Hinterbliebenen werden allgemein über diesen schweren Schlag bedauert. Motiv noch unbekannt.
Von der oberen Donau, 19. Mat. Bei der jüngsten Auerhahnjagd, die der Fürst von Donaueschingen mit zahlreichen Gästen bei Friedenweiler veranstaltete, wurden 108 Auerhähne erlegt.
Pforzheim, 22. Mai. Vorgestern abend ertrank beim Baden in der Brötzinger Vorstadt der 20 Jahre alte Schlosser Paul Buttloff aus Chemnitz. Ein Herzschlag scheint den Tod des jungen Mannes herbeigeführt zu haben.
— Ein Lustmord ist am ersten Pfingst- feiertage an eiw'M neunjährigen Mädchen im Hardtwald be^ Karlsruhe verübt worden. Das Kind, eine Weise, wurde mit einem Knebel im Munde und schrecklich zugerichtet aufgefunden. Der Thäter ist bisher nicht ermittelt.
Berlin, 23. Mai. Als Nachfolger des am 6. Mai plötzlich verstorbenen Generals der Infanterie, Frhru. v. Falkenstein, ist der Kommandeur der 1l. Infanteriedivision in Breslau, Generalleutenant Frhr. v. Mecr- scheidt-Hüllcssem, mit der Führung des 15. Armeekorps in Straßburg beauftragt worden. Der Gouverneur, General der Infanterie v. Jena, und Generalleutnant Frhr. Böcklin von Böcklinsau, Kommandeur der 31. Division in Slraßburg, werden zu den Offizieren von der Armee versetzt.
— Erstickt. Kanalarbeiter in Mühlhausen im Elsaß hatten einen Dohlenschacht offen stehen gelassen. Ein 5jähriger Knabe stürzte hinab und erstickte.
— In Metz instruierte ein Bezirksosft- zier bei der letzten Kontrolversammlung die Reservisten und Landwehrmänner über ihre Obliegenheiten bei einkretender Mobilmachung und nahm dabei, um besser verständlich zu werden, den 5. Mai d. I. als ersten Tag der Mobilmachung an. Daraufhin erzählte nach Beendigung der Konirolversammlung beim Schoppen Wem irgend ein Spaßvogel den biederen Landbewohnern, daß am 5. Mai d. I. mobil gemacht würde und stehe da, trotzdem wir im tiefsten Frieden leben, standen am 5. Mai d. I. zwei Kavallerie-Regimenter unserer französischen Nachbarn, befehligt von einem General, an der französisch- deutschen Grenze und übten scharfe Grenzbewachung aus.
— Um einen Fünfer. In Bonn hatte ein Dienstmann ein Fünfpfennigstück auf dem Markt gefunden. Ein Polizeibeamter hatte ihn dabei beobachtet und ein Dienstmädchen das 5 verloren haben wollte, veranlaßt, von dem Dienstmann die Herausgabe seines Fundes zu verlangen. Der glückliche Finder wollte aber seine Beute so ohne weiteres nicht hergeben und forderte seinerseits, das Mädchen müsse erst beweisen, baß es thatsächlich das gefundene Fünfpfennig- stück und kein anderes verloren habe. Auch die Aufforderung des Polizeibeamten, den Fund auf dem Polizei-Amt abzugeben, halte bei dem Finder keinen Erfolg, vielmehr warf der Dienstmann, als ihm so von mehreren Seiten zugesetzt wurde, das Fünspfennigstück in den Opferstock der Minoritenkirche. Deshalb mußte er wegen Funddiebstahls vor dem Schöffengericht erscheinen, das den Streit um das Fünspfennigstück bald schlichtete und, da es mit Rücksicht auf den Gegenstand im Ge- sammlbelrag von fünf Reichspsennigen