Rundschau.

Stuttgart, 18. Mai. In der Heuligen gemeinschaftlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien bewilligte der Bürgerausschuß ohne Weiteres die geforderte Summe von 2 Mill. Mark für den Rathausneubau auf dem Markt; er gab dabei lediglich seinem Be­dauern Ausdruck, daß das Schmid'sche Pro­jekt der Erweiterung des neuen Rathauses und der damit zusammenhängenden Sanier­ung der Altstadt an den exorbitanten For­derungen der Häuserbesttzer gescheitert ist.

Die Landesversammlung des Evange­lischen Bundes in Württemberg findet am Sonntag ll. Juni in Backnang statt.

Schwann, 19. Mai. Kaufen. Gauß be­kam heute seinen elften, überaus starken Bienenschwarm.

Tettnang, 19. Mai. In Langnau hie­sigen Oberamls brach in einem Nebengebäude von Gastwirt Hellmann, das von 3 Fami­lien bewohnt war, gestern vormittag Feuer aus. Das ganze Gebäude wurde eingeäschert; in de» Flammen kamen auch 3 Schweine um. Das Feuer ist durch kleine Kinder en standen, welche in der Scheune mit Zünd­hölzchen spielten.

Von der Schüssen, 18. Mai. In der Parkettsabrik von Gebrüder Locher in Tett- »ang ereignete sich am Donnerstag nachmit­tag ein höchst bedau rnSwe'ttr Unglücksfall. Ein noch junger Arbeiter, Namens Keller, war am Sägewerk beschäftigt. Aus Unvor­sichtigkeit kam er demselben zu nahe, wurde erfaßt und sofort getötet?

Künzelsau, 13, Mai. Von einem hies. Bankgeschäft wurde dieser Tage eine Geld­rolle ausgegeben, dis lam Aufschrift 60 ^ enthalten sollte. Beim Oeffnen derselben fand jedoch der Empfänger stall Fünfzipfennig- stücken ebensoviele Zchnmarckstücke, also statt 00 1000 ^ Da der Empfänger

das Geld zurückgab, wurde die Bank vor Schaden bewahrt.

In der Nähe von Allenstein wurde das Fuhrwerk einer Jagdgesellschaft beim Passieren des Bahndammes von einem Zuge erfaß«, wodurch drei Personen gnöiet wurden.

Konflikt mit einer Militärtruppe. Ein Aussehen erregender Aufzug passierte, wie man ans Köln berichtet, am Mittwoch die Straßen der Stadl Mühlheim a. R- Dortselbst war d-r Gutsbesitzer M., der Bruder eines rheinischen Oberbürgermeisters, mit seiner Chaise in eine von der Uebung hcimkehrende Kompagnie Jfanterie hinein- gcfahren. Der Hauptmann wollte den Namen des Gutsbesitzers feststellen. Als dieser sich jedoch weigerte, wurden mehrere Soldaten kommandiert, weiche mit gefälltem Bajonett den Gutsbesitzer zur Polizeiwache brachten. Em radfahrender Soldat fuhr dem Zug vor­aus und avisierte die Polizei, welche den sonderbaren, eine große Menschenmenge be­gleitenden Aufzug in Empfang nahm. Der Hauptmann erstattete Strafanzeige, so daß es demnächst zur gerichtlichen Verhandlung kommt.

Berlin, 18. Mai. Als Nachfolger des verstorbenen Generals v. Falkenstein in dem Kommando des 15. Armeekorps wird der gegenwärtige kommandierende General des Gardekorps v. Bock und Polach genannt.

Ei» Garde Täufling. Ein eigen­artiger Taufakt ist am Montag in der evang. Garnisonskiiche zu Spandau vollzogen wor­den. Ein aus den Reichslandr» stammen­

der Soldat, Obergefreiter beim GardeFuß- artillerie-Regiment, gehörte bisher keiner Re­ligionsgemeinschaft an. Er hat nun während seiner Militärzeit den erforderlichen Unter­richt erhalten und ist nunmehr in aller Form getauft worden. Sein Hauptmann und sein Leutnant waren die Taufzeugen.

DlMNstadt, 9. Mai. Das Großherzogl. Hessische Ministerium hat eine Verordnung erlassen, wonach einem Wirte, der seinen Kellnerinnen keinen Lohn zahlt und sie in Folge dessen nur auf Trinkgelder und andere Einnahmequellen hinweist, die Konzession ent­zogen werden solle.

Unter starkem Gewitter und Sturm ging ein Hageischlag in der hessischen Ge­gend nieder. Ein Blitzschlag traf bei Lichtenau eine Gruppe von 10 jungen Mädchen, welche, im Walde arbeitend, unter Bäumen Schutz gesucht hatten. Sämtliche Mädchen wurden betäubt, eines sofort gelötet, mehrere wurden gelähmt und schwer verletzt. Die angewand­ten Wiederbelebungsversuche verliefen beiden Betäubten erfolgreich.

EinHerr von" als Wilderer er­schossen. Ein Aufsehen erregender Vorfall hat sich wie aus Salzwedel berichtet wird am Montag in dem Forst des hannover­schen Ortes Rondel ereignet. Der gräfliche Förster Pevestorf (Rondel) war seit einigen Tagen auf der Spur eines Wilddiebes, den er am Montag Abend mitten in dem Forst beim Wildern ertappte und anrief, sich zu ergeben. Der Wilddieb suchte sein Heil in der Flucht, weshalb der Förster ihm eine Kugel nachsandte. Diese traf den Flücht­ling in den Rücken, daß er alsbaid tot nie­derstürzte. Der Förster eilte hinzu und er kannte zu seinem Erstaunen in dem erschoss­enen Wilddieb den weil bekannten Besitzer Herrn v. Howe aus Groß-Lrecse. Eine Fahrlässigkeit des Försters liegt nicht vor, da er durch ein geschossenes Wild Beweise von der Wilddieberei des Getöteten hatte und in ihm den oft verfolgten Wilddieb zu er­kennen vermeinte. Bereits beschäftigt sich das Gericht mi! der Sache.

Aus Geiz Hungers gestorben ist in Arnswalde die unverehelichte fünfzigjährige Bertha Lück. Sie lebte anscheinend in.s- tigen Verhältnissen und ihre hauptsächlichste Nahrung bestand in Pellkartoffeln u. Herings­lake, obgleich sie acht Ziegen im Smlle hatte Wie eine Bettlerin ging sie gekleidet, und in hrer Stube, welche sie mit ihren Hühnern und Ferkeln teilte, starrte eS von Schmutz Nach ihrem Tode wurde in Kisten u. Beuteln versteckt etwa 10 000 bares Geld vor- gefunden, welches schon lange nutzlos dort gelegen haben muß, denn eS waren Thaler- slücke aus den 40er Jahren darunter, die noch ganz neu aussahen. Außerdem kamen noch groß- Ballen Lcinewand, Kleiderstoffe und Wolle zum Vorschein. Der Gesamtwert des Nachlasses wird auf 18 000 Mark ge­schätzt, welcher nun entfernten Verwandten zufällt. Lachende Erben I

Wie gewonnen so zerronnen Für 500 einen lustigen Tag gemacht hat sich ein Tischlergeselle aus Slriegau. Er hatte 500 in der Lotterie gewonnen u. wollte sich dafür nun einmaletwas anthun". Da ihm Striegau hiefür nicht ausreichend er­schien, so fuhr er nach Licgnitz und ließ sich in einem dortigen Restaurant zunächst ein opulentes Mahl gut schmecken, dem die Ge­tränke nicht zu knapp folgten. Wie das nun

zu geschehen pflegt, halte sich Ihm bald ein Zechgenosse zugesellt, und auch eine Genossin fand sich schließlich ein. Das Dreiblatt un­ternahm eine Rundreise die in einem Gast­hofe in Jaucr ihr Ende erreichte. Dort er­wachte derGlückspilz" am andern Morgen. Wie er dort hmgekommen ist, war ihm schleierhaft. Von den 500 ^ war ihm kaum so Viel verblieben, daß er die Gasthofsrech« nung bezahlen und die Rückreise nach Strie- gau bewerkstelligen konnte. Seine Zechge- nossen waren verschwunden.

Brüssel. 16 Mai. Ein gräßliches Aben­teuer erlebte vorgestern Nacht eine Frau Troch, eine ältere, von ihren Renten lebende Dame die in der Rue Jolly Hierselbst wohnt. Dieselbe besaß eine Katze, die sie des abends häufig mit auf ihr Schlafzimmer zu nehmen pflegte, und auch vorgestern hatte sie dem Tiere unter ihrem Bette sein Lager zurecht gemacht. Mitten in der Nacht wurde Frau Troch mit einem Male durch die Katze aus dem Schlafe geweckt. Dieselbe war auf das Bett gesprungen und lief auf demselben un­ruhig hin und her, als Frau Troch sie aber fortjagen wollte, sprang das sonst so gut­mütige Tier auf sie loö und zerfleischte ihr mit seinen Zähnen und Krallen auf eine fürchterliche Weise das Gesicht und die Hände. Vor Schmerz und auch vor Ärgst begann die Frau so laut zu schreien, daß die Nachbarn wach wurden und zu ihrer Hilfe herbeieiltcn, und nach großer Mühe gelang eS diesen endlich, sich des Tieres zu bemächtigen und es unschädlich zu machen. Am andern Morgen brachte man dann die tote Katze nach dem tierärztlichen Institut, woselbst alsbald konstatiert wurde, daß die­selbe im höchsten Grad von der Tollwut be­fallen gewesen war. Frau Troch ist trotz ihrer nicht unbedenklichen Wunden bereits gestern nach Lille abgereist, um sich dort im Institut Pasteur behandeln zu lassen.

In nicht alltäglicher Weise hat ein Landwirt in Bekes in Ungarn an seinem Nebenbuhler Rache genommen. Man be­richtet darüber: Der Landwirt Johann Kon- csor verfolgte seit kurzem eine verheiraiete Frau mit seinen Liedesanträgen. Da über­raschte ihn der Gatte bei seiner Frau. Er­ließ ihn durch seine Knechte an Händen und Füßen binden und vor der Thoreinsahrt nie­derlegen, wohin bald das ganze Dorf zu­sammenströmt, um den Gefesselten zu ver­spotten. Der Gatte, der in so origineller Weise Rache nahm, rief sogar die Frau und die Schwiegermutter des an den Pranger Ge­stellten herbei, damit auch sie sich an dem Anblick erbauen.

Der Champion der Taubenmörder.

Ein florentinischer Edelmann, der Marchese Luigi Torrigiani, hat dieser Tage die Meister­schaft als Taubenmörder erworben. Erhalle um 5000 Lire gewettet, daß er binnen 12 Stunden bei einem Abstand von 27 Meter von 1000 Tauben 850 löten würde. Um 6"/i Uhr Morgens begann das Schießen und um 2 Uhr Nachmittags hatte der Tauben, schütze bereits seine Wette gewonnen; von 1000 Tauben, die aufgelassen worden waren, hatte er 935 getroffen, wozu er 1320 Pa­tronen abgcfeuert hatte. Die Zeitungsbe­richte heben hervor, daß die besten Schützen von Florenz seiner Leistung mit Enthusias­mus zusahen I Schade, daß sie ihre Begeister­ung nicht einer besseren Sache widmeten.