ist auch keine Hexerei, sondern pure Geschwindigkeit (wir leben ja im Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität), was sich neulich in einem Orte des württembergischen Echwarzwaldes begeben hat. Wird da anfangs ds. Mts. einem jungen Manne seine junge Frau und zwei unmündigen Kindern die Mutter zu Grabe getragen. Nicht mehr als drei Tage waren inzwischen ins Land gezogen, dann hatten sich bereits sechs teilnehmende und mitleidige Seelen bei dem tiefbelrübten Witwer empfehlen lassen, daß sie bereit wären, ihm die unvergeßliche erste Gattin und den Halbwaislein die Mutter zu ersetzen. Gerührt von so viel Liebe und eingedenk dcS Sprichworts, daß man das Eisen schmieden muß, so lange cs warm ist, konnte der vereinsamt sich Fühlende nicht anders als eine der dargebotene Hände zu ergreifen. Die Wahl fiel auf eine junge Witwe, die jedenfalls auch schon erfahren hat, daß der Witwenstand ein betrübter Stand ist. Am 4. Tag nach der Beerdigung seiner ersten Gattin ging der neuverlobte Witwer mit seiner Braut auf das Standesamt, um das Aufgebot zur Trauung zu beantragen. Am selben Tage noch gelangte dann auch das Aufgebot in den Aushangkasten. So geschehen im Jahr deS Heils 1899 im Monat Mai.
Nagold, 16. Mai. Am Sonntag traten die Gewerbevereine des nördlichen Schwarzwalds zu einem Gauverband zusammen.
Neuenbürg, 13. Mai. Auf derRotcn- dacher Sägmühle waren zwei Arbeiter mit dem Auseinanderspalten von Holz beschäftigt. Während der eine davon zum Hieb mit der Axt ausholte, kam der andere dazwischen und die herabsaufende Axt drang dem armen Mann tief in die linke Seite. Schwer verletzt wurde er ins Spital verbracht.
Reutlingen, 15. Mai. Die bürgerlichen Kollegien haben beschlossen, den an das Rathaus angrenzenden, bekannten Gasthof zum Schwanen von E. Schaal zum Preise von 145,000 ^ für die Stadtgemeinde zu erwerben. Es ist damit jedenfalls die schon länger angestrebte bessere Abgrenzung des städtischen Besitztums am südlichen Teil des Rathauses beziehungsweise dessen Freilegung auch nach dieser Seite beabsichtigt.
Münsingen, 17. Mai. Gestern zog ein heftiger Wirbelsturm über unsere Gegend. Im Gelände des Truppenübungsplatzes wurden streckenweise Bäume abgeknickt und entwurzelt ; die in unmittelbarer Nähe des Barackenlagers liegende neuerdaute Wirtschaft „z. Lichtensiein" wurde vom Unwetter hälftig adgedeckt und der Kamin eingerffsen; dabe( entging ein Mann mit knapper Not dem Tode. Auch sonst in der Mehrstetter Gegend und auf der Zwiesalter Alb wütete der Sturm und richtete an Bäumen großen Schaden an.
Horb, 15. Mai. Am verflossenen Samstag fiel in Ftfchingen ein sechsjähriger Knabe in den Neckar und erlrank. Der Leichnam de- Kindes konnte trotz sofort angestellter Nachforschungen bis jetzt nicht aufgefunden werden.
Freudenstadt, 11. Mai. Als Zeitpunkt für das 300jährige Jubiläum der Stadl Freudenstadt ist nunmehr der 18., 19. und 20. Sept. endgiltig bestimmt. Am ersten Tag findet die Einweihung der prachtvoll restaurierten Stadlkirche und des „Herzog- Friedrichlurmes" auf dem Kienberg statt,
am zweiten Tag der historische Festzug, zu welchem daS Königspaar kommen wird; der dritte Tag schließt mit Kinderfest und Festball ab. Am Festzuge beteiligen sich etwa 1000 Personen, worunter gegen 200 Berittene. Es werden großartige Vorbereitungen für das Fest getroffen.
Ulm, 15. Mai. Als Warnung für manche dürfte das Urteil dienen, das die hiesige Strafkammer gegen den aus Tübingen gebürtigen Photographen R. Schultheiß erlaffen hat. Derselbe ließ aus „Spaß" in einer hiesigen Zeitung ein Inserat einrücken, durch welches ein Kollege des Sch. seine Verlobung mit einem jungen Mädchen anzeigte. DaS Gericht sah jedoch diesen „Witz" des Schultheiß als eine Privaturkundensälsch- ung an und verurteilte ihn deshalb zu einer Gefängnisstrafe von 7 Tagen.
Donaueschingen, 16. Mai. Aus Leontinenschloß in Böhmen ist die Trauerkunde eingetroffen), daß daselbst Prinz Emil zu Fürstenberg nach längeren Leiden sanft entschlafen ist.
— Durstig und hungrig kam der Dienstknecht Hammer in Breitenbronn bei Mosbach in eine Schankwirtschaft. Hastig trank er ein GlaS Bier und begann, eine Wurst zu verzehren. Doch der erste Bissen blieb ihm im Halse stecken, er geriet in die Luftröhre und erstickte. In kurzer Zeit war er eine Leiche.
— Die leichtsinnige Magd eines Metzgers in Karlsruhe ließ ein Fläschchen Vitriol, das sie zum Reinigen von Kupfergeschirr benutzt hatte, so dastehen, daß ein 1 '/»jähriges Kind es langen konnte. Es trank von dem Vitriol und starb.
— Am HimmelfahrtStage übte der Turnverein in Waldfischbach in der Pfalz zum ersten Male im Freien. Dabei wollte ein flotter jT u r n e r über ein eisernes Stacket springen, aber er sprang zu kurz und alsbald durchbohrte ihm eine Eisenspitze die Brust. Da das Herz mit durchstochen wurde, so starb der junge Mensch auf der Stelle.
— In Baden-Baden erschoß sich der 7 0jährige Siraßenwart Krauth, nachdem er mit dem Taglöhner Lorenz in Streit geraten war. Letzterer nahm sich den Selbstmord seines ehemaligen Freundes so zu Herzen, daß er sich an einer Tanne erhängte.
— Ausgeblassener Hochofen. Der Hochofen in Mariazell bei Graz wurde ausgeblasen. Damit ist der Betrieb des ältesten und berühmtesten Eisenwerkes des Kontinents nach 975jährigem Bestände eingestellt.
— (36 Jahre im Zuchthause.) Die längste Zeit seines Lebens hat der jetzt aus rem Gefängnisse von Heiligenstadt entlassene Friedrich Jüiecke aus Elbingerode a. H. in Strafanstalten zugebracht. Er hat allein 36 Jahre Zuchthaus verbüßt. Außerdem hat er mehrere Jahre in Gefängnissen und Korrektionshäusern zugebracht. Er ist 81 Jahre alt. Trotz dieses hohen Alters erklärte I., er wolle sich nicht in einem Armenhaus unterbringen lassen, lieber kehre er ins Gefängnis zurück.
— Herr und Diener im Tode vereint I In Grünlinde bei Wehlau in Ostpreußen verstarb der 78jährige Besitzer Karl Rie- mann, und wenige Tage später folgte ihm auch sein im 79. Lebensjahre stehender, treuer Knecht, der Viehhirt Fried, im Tode nach Die beiden allen Leute hatten 54 Jahre hin
durch auf ein und demselben Grundstück ge- wirtschaftet, und zwar hat der Knecht, ohne ein Lohn zu beanspruchen, nur für die Beköstigung und Bekleidung gedient. Von der empfangenen Altersrente hat der Greis 83 Thaler — das neue Geld kannte er gar nicht — zu seinem Begräbnisse gespart. Zwei Särge, welche der Verstorbene Riemann für sich und seinen „Fried" schon dor etwa zehn Jahren aus festem Eichenholz hatte anfertigen lassen, standen seit dieser Zeit bis zum Ableben Beider in einem Zimmer des Wohnhauses bereit.
— Von Ratten gefressen. Ein Vorfall, der ein erschreckendes Bild von dem Elend und der Verkommenheit gewisser Bevölkerungsklassen ln Paris bietet, wird in folgendem mitgeteilt: In einem entlegenen Viertel von Paris wohnt in einer sehr ärmlich möblierten Dachstube ein alter Lumpensammler. Neulich kehrte der Greis, sinnlos betrunken, in seine Wohnung zurück. Als er am nächsten Morgen nicht zum Vorschein kam, öffnete man mit Gewalt seine Thür. Den Eintretenden bot sich ein grauenerregender Anblick. Der Alte war von großen Ratten buchstäblich aufgefreffen und fein Körper bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden. Die umgeworfenen Möbelstücke, sowie ein zerbrochenes Stuhlbein zeugten von den vergeb, lichen Versuchen des Trunkenen, sich der schrecklichen Tiere zu erwehren.
London , 16. Mai. Der Admiralitäts- rat hat in den letzten Tagen bemerkenswerte Versuche mit einem neuen elektrischen Geschütz gemacht, welche von einem jungen Ingenieur Namens Neumann erfunden ist. Die Regierung hat dem Erfinder 75000 Pfund angeboten. Derselbe fordert jedoch 100000. Beim Abfeuern dcS Geschützes wird weder Rauch bemerkt, noch ein Knall vernommen.
Traurige Zustände Fremder (durchs Fenster sehend): „Endlich 'mal hat mau ja auch das alte Zuchthaus etwas renoviert I"
— Wirt: „Es war aber auch zu arg geworden — es wollte schon kein anständiger Mensch mehr hineingehen I"
.'. (Abgefertigt.) „Darf ich Ihnen meinen Schirm anbieten, geschätztes Fräulein, es fängt an zu regnen?" — „Danke; aber vielleicht haben Sie die Güte und holen meinen Mann vom Geschäfte ab; der hat auch keinen Schirm I"
— Die Einführung der natürlichen Mineralwasser in Frankreich untersteht der besonderen Controlle der ersten Medizinalbehörde
— Du Insults äs Mäsoins — zu Paris.
Dieselbe läßt durch den französischen
Conful die Quellenverhältnisie deS einzuführenden Mineralwassers prüfen und unterzieht die von demselben eingeschickten Proben eingehenden Untersuchung. Aus Grund einer, solchen Untersuchung und der vorzüglichen Resultate ist dem Schloßbrunnen Gerolstein Schutzmarke „Krone" schon vor geraumer Zeit die Erlaubnis erteilt worden, sein hervorragendes Wasser in Frankreich einzuführen, eine Bevorzugung, welche nur ganz wenigen deutschen Quellen zu Teil geworden ist.
Haupt-Niederlage für Wildbad, Neuenbürg rc Eug. Zinfer, Calmbach, Hanpt- niedcrlage für Herrenalb: Karl Bcchtle, Her- reralb.
LS' Hiezu eine Beilage.
Siedaktion, Druck und Verlag von Bernh. Hosmann in Wildbad.