Im Banne des Wahns.
Novelle von H von Limpurg.
(Nachdruck verbot««.)
1 .
Mitten im duftenden Tannenwalde, gerade an einer Lichtung, die hinüber leuchtete nach der See, lag ein altertümliches Schloß mit spitzen Thürmchen und kleinen Fenstern, dessen Schießscharten und Zugbrücke, längst mit Moos bewuchert, noch erzählten von einer stolzen Vergangenheit. Ueder dem Eingangsportal ragte in Stein gehauen bas Wappen des Hauses, eine einzige Lilie auf blauem Felde, empor: Unschuld und Treue, das Wahrzeichen der Familie von Schönerbeck, die seit Menschengedenken hier lebte.
Und nun stand das Geschlecht nur noch auf vier Augen. Denn von dem stolzen Stamme lebte nur noch der alte Majorats- Herr Rudolf von Schönerbeck und dessen jugendlicher Neffe der Leutnant Albrecht von Schöner- dcck. Rudolf von Schönerbcck, der MajoratS- herr, hatte erst vor fünf Jahren geheirathet, obschon dies bei seinen Jahren kaum mehr erwartet worden, denn er war bereits ein Sechziger. Seine Gemahlin Bertha hingegen zählte erst zweinndzwanzig Jahre. Sie war eine blühende Schönheit und vor ihrer Verheiratung Mündel ihres nunmehrigen Gemahls gewesen. Bertha von Randaus Vater und Rudolph von Schönerbeck hatten einst zusammen das Gymnasium und daun die Universität besucht, später war elfterer Offizier geworden, der Letztere halte das Besitztum seiner Familie, Schloß Lilienort, übernommen. Doch die alte Freundschaft verband beide Männer nach wie vor durch's ganze Leben und als General von Randau starb, nahm er dem ehemaligen Kameraden und Corpsbruder den ernsten Schwur ab, Bertha, welche keine Mutter mehr besaß, zu beschützen und nicht zu verlassen. Hätte der General geahnt, wie sich das Schicksal der Beiden gestalte» sollte? Sein letzter, befriedigter Blick flog von dem in Berthas Anblick versunkenen graubärligen Manne zu der lieblichen Mädchenblume, welche schluchzend an seinem Lager kniete.
„Gott behüte Euch," hatten des Generals erblassende Lippen gemurmelt, und es hatte auSgesehen, als wollte er die Hände segnend über Beider Häupter erheben.
Und es kam in der That so, daß Rudolph von Schönerbcck sich mit Bertha von Randau Verlobte. Die Welt zucke wohl etwas mitleidig die Achseln, dann aber meinte sie spöttisch:
„Sehr natürlich, der Majoratsherr ist reich, das Mädchen aber arm! So verkauft sie ihre Jugend und Schönheit dem Mammon I"
Bertha konnte allerdings, so jung sie war, kühl und klug die Lage übersehen und berechnete dann auch all die Vorteile, welche eine Verbindung mit ihrem Vormunde für st« zur Folge haben mußten. Sie war vom Vater verwöhnt worden, und nun stand sie plötzlich der bittren Armut, einem Leben voll Anhängigkeit von fremden Menschen gegenüber! Nimmermehr sollte sie, das schöne stolze Mädchen, dieses Schicksal ereilen! Sie wußte, daß ihre Schönheit und Jugend Zauberkraft auf den Majorratsherrn ausüble. Ihre dunklen Augen blitzten energisch, sie nickte ihrem Spiegel entschlossen zu und, atz
Herr von Schönerbeck dann vor ihr stand, um mit bewegten ehrlichen Worten sie zu bitten, sein Weib zu werden, da beugte sie so klug, lieblich, so demütig das schöne Köpfchen und flüsterte Worte voll so hinreißender, mädchenhafter Hingebung und Liede, daß der ältere Mann sein Herz erbeben fühlte und mit einem Gefühl von Scheu und Inbrunst dies schöne junge Geschöpf an sein Herz zog.
Hätte er sehen können, welch' ein Ausdruck von Triumph und Genugthnung sich, nachdem er gegangen, auf Berthas schönem Antlitz spiegelte, er wäre empört zurückge- lreten. Doch er war eben ein treuer, ehrlicher Charakter, dem Berechnung all sein Lebtag fern gelegen. Er hätte denjenigen sicher zu Boden geschlagen, der ihm über seine Bram abfällig geurteilt. Und so wurde bereits einige Wochen später dieser so ungleiche Bund geschlossen. Voll innigem, ehrlichem Glück zog der neue Ehemann, voll größter Befriedigung und doch etwas mit innerem Widerwillen die junge Frau in das alte Schloß unterm Lilienwappen ein. Seitdem waren fünf Jahre verstrichen, und cs war ein wonniger Maitag, an dem wir unsere Erzählung beginnen, (überall grünten und blühten die Bäume und Sträucher, die Nachtigallen flöteten süßschmelzende Lieder, wie ein Aufatmen nach langer, langer Winterszeit ging es durch die Natur und das Menschenherz. In Schloß Lilienort war Bestich anwesend, der Neffe des Besitzers, Lieutrrant Albrecht von Schönerbcck, der voraussichtliche Erbe des schönen Schlosses, den» die Ehe des Majorratsherrn war nur mit einem, jetzt vierjährigen Töchterchen gesegnet und nur ein männlicher Verwandter des jetzigen Besitzers kann nach den Bestimmungen des Majorats ihm Nachfolgen.
Lieutenant Albrecht von Schönerbeck saß neben seinem Onkel Rudolph in dem blumengeschmückten Eiker des großen Speisesaal's und beide Herren unterhielten sich lebhaft mit einander. Sie waren Beide hohe, männliche Gestalten, nur lastete dis Zahl der Jahre schon auf Rudolph, während der erst vierundzwanzigjährige Neffe eine stattliche, vornehme Erscheinung war. Ein blonder Schnurrbart machte das gebräunte regelmäßig geschnittene Gesicht noch männlicher und seine dunkelblauen Augen schauten, fast zu ernst für seine Jahre, in die Welt.
„Wo ist Deine Frau, Onkel Rudolph?" frng Albrecht, der Lieutenant, Plötzlich in eine unwillkürliche Pause hinein, „ich habe sie heute noch gar nicht begrüßt."
„Bertha ist ausgeritten. Aber weshalb nennst Du sic feierlich „meine Frau" und nicht beim Vornamen?"
Der junge Lieutenant senkte das Auge, eine flüchtige Röie ffärble seine Stirn und er entgegncte ausweichend:
„Wir stehen uns dazu noch zu fremd gegenüber. Bist Du glücklich, Onkel Rudolph ?"
Die Frage kam so plötzlich, so überraschend, daß der Dnkel beinahe erschrocken zusammenzucke.
„Albrecht I" rief er erregt, „wie kommst Du zu dieser Frage, hast Du etwas vom Gegenteil bemerkt?"
„Allerdings nicht, doch um ehrlich zu siin, lieber Onkel, hatte ich »ach Deinen Briese» mehr erwartet als — eine conven-
tionelle Musterehe, ohne Wärme und ohne wahre Liebe.
Herr von Schönerbeck starrte finster vor sich hin.
„Sie ist noch ein halbes Kind, ich darf nicht so hohe Ansprüche an sie stellen. Und dann auch — bin ich ein alter Mann, sie aber jung und blühend."
„Aber sie wußte das, als sie Dein Weib wurde, wußte auch, daß sie Dir Alles im Leben zu danken hatte."
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— Ans „Kindermund" erzählt der T. R. eine Leserin: 1) Ein kleiner amerikan. Junge, das einzige Kind einer jungen schönen Witwe, macht ihr viel Sorge dadurch, daß er mit echt amerikanischer Selbständigkeit jeden freien Augenblick benutzt, zu entschlüpfen, um mit einigen größeren Knaben zu spielen. Vorstellungen, Strafen, Alles ist vergebens, die Lockung des „Kriegspielens" ist zu groß. Eines Tages, als er wieder einmal längst über die Essenszeit hinaus sortgeblieben ist und endlich rot und erhitzt nach Hause kommt, sagt ihm die Mutter mit sehr ernstem Gesicht: „Jim, Du bist wieder ungehorsam gewesen, zur Strafe wirst Du nicht mit mir, sondern in Deinem Zimmer allein essen und dann zu Bett gehen." Als der kleine Sünder in seinem Bett liegt, kommt die Mutter herein, setzt sich neben das Bett und sagt ihm: „O, Jim, wenn Du so ungehorsam bleibst, werde ich noch vor Kummer über Dich sterben." Plötzlich klettert Jim, der seine schöne, stattliche Mutter über Alles liebt, aus dem Belt, kniet vor ihr nieder, faltet seine Händchen und betet: „O lieber Gott, laß meine liebe gute Mama an einer anderen Krankheit sterben."
— Eine eigentümliche Reklame hat ein Schnapsverfertiger aus Liverpool für sein Getränk zu machen gejucht. Er ersuchte nämlich einen Geschäftsfreund in Brasilien um Zusendung von 400 Papageien. Nachdem dies geflügelte Heer angekommen war, begann der SchnapSonkel ihnen mit großer Beharrlichkeit tagtäglich vorzusagen: „Trinkt Albemarles Whisky!" Nachdem der Unterricht beendet war, ließ er 400 Vogelbauer anfertigen, und jedes Wirtshaus von Liverpool erhielt als liebenswürdiges Geschenk von dem Herr einen der gelehrigen Vögel. Man stelle sich vor, was nun geschah I Kaum waren die Käfige aufgehängt, so begannen die 400 Papageien wütend den eingelernten Satz zu schreien, und machten so für den Schnapsonkel die wirksamste, freilich auch unerträglichste Reklame. Herr Albemarle soll nämlich wegen öffentlicher Ruhestörung angezeigt und die 400 Papageien größtenteils dem Zorn der gepeinigten Zuhörer zum Opfer gefallen sein.
.. Bildung macht frei) „Nun, guter Freund, wo ist denn Ihre ganze Schweine- uud Rinderzucht geblieben?" — „Ja wissen's, die Schweine hat mir mein Sohn wegstudiert und für die Rinder lernt meine Tochter jetzt Klavierspieler,.
— (Der Pantoffelheld ) Patient: „Von dem lästigen Husten muffen Sie mich aber befreien, Doktor." — „Quält er Sie denn so sehr?" — Patient: „Das weniger, aber ich huste meine Frau jeden Abend wach, wenn ich nach Hause komme."
Aedarlion, Druck und Verlag von Beruh- Hofmann in Wildbad.