Um Glanz und Ruhm.
Novelle von F. Sntan.
(Nachdruck verboten.)
24.
„So, die Arbeit wäre gethan!" rief sie jetzt fröhlich. „Heute Abend werden die Briefe abgeholt, ich werde das Päckchen hier so lange in dem Secreiär verschließen, damit keine unberufenen Hände darüber geraten. Und nun mache ein fröhliches Gesicht, Schatz. Ist es Dir denn gar zu schwer geworden, diesen Brief zu schreiben?"
„Man bereitet nicht gern denen, die uns einst teuer gewesen, Kummer und Schmerz," sagte Benno ernst.
„ES mußte doch aber sein! Papa erklärte gestern, ehe Deine Verlobung mit der andern nicht definitiv aufgelöst sei, könnte die unsere nicht anerkannt und veröffentlicht werden; und ich freue mich doch so sehrauf den Verlobungsball, den mir Papa versprochen hat. — Was werden die Leute alle für Gesichter machen, wenn ich ihnen Dich, meinen stattlichen Bräutigam, zuführe; besonders mein Verehrer, der Doctor Berg, und Annette, meine Freundin, die wird gewiß gelb vor Neid!"
Mit einem düstern Blick sah Benno in das lachende Antlitz des jungen Mädchens, und zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, baß er doch wohl sehr übereilt gehandelt, sein Leben an dasjenige dieses jungen leichtherzigen Geschöpfs zu binden, besonders jetzt, in dieser ernsten Zeit, wo das Vaterland an seine Söhne so große und ernste Anforderungen stellte, denen er als Soldat in erster Linie nachkzukommen hatte.
„Ich bitte Dich, steh nicht so entsetzlich ernst aus, Benno! schalt Lina jetzt. — „Ist e« Dir leid, Deiner ersten Braut abgeschrieben zu haben, dann bitte, geh wieder hin zu ihr, flehe sie noch einmal an, Deine Gattin zu werden, vielleicht erhört sie Dich jetzt. — Unsere Verlobung ist ja noch nicht erklärt, Du bist ja noch frei; daß Du mit einem armen Herzen grausam gespielt, danach frägt ja wohl Niemand.
Ein Thränenstrom brach dabei aus ihren Augen und das war hinreichend bet Benno, alle Gedanken an Hildegard zu verscheuchen. DaS thränenüberströmtr Gesichten Linas übte einen neuen Zauber auf ihn aus. — Mit den zärtlichsten Worten und Küssen suchte er die weinende Schöne zu beruhigen, was ihm auch sehr bald gelang. Unter Thränen lächelte sie ihn nach wenigen Minuten schon wieder an, und dann zog sie ihn mit Lachen und Scherzen hinaus nach dem Park, wo unter süßen Tändeleien der Tag hingebracht wurde.
Als der Abend kam, da hatte Lina den wichtigen Brief Bennos vergessen, und in der Unruhe der folgenden Tage, an welchen ihre Verlobung bekannt gemacht wurde und der ihr versprochene Ball stattfinden sollte, dachte ste auch nicht wieder daran. Das Päckchen blieb in dem verschlossenen Secre- tair liegen und die Kunde von der Treulosigkeit Bennos drang nicht nach dem einsamen Waldfelde zu Hildegard; und sie durste weiter an Benno denken in Hoffen und Sehnen, und trotzdem er im Zorn von ihr gegangen, doch an seine Rückkehr und Versöhnung glauben. —
Der Sommer schwand bei Hildegard da
hin wie ein einzig langer trüber Tag. Mit rührender Sorgfalt pflegte ste die blinde Mutter, aber trotz aller ihrer aufopfernden Pflege wurde die Frau Generalin von Tag zu Tag schwächer.
„Deine und meine Erlösungsstunde wird bald schlagen," pflegte ste Hildegard zu trösten, „Gott wird meine müde Seele bald abrufen und mich mit Georg vereinen."
Wie Verklärung lag eS auf ihrem blassen, immer noch schönen Antlitz, eine fast engelhafte Milde und Geduld atmete ihr ganzes Wesen.
Auch gegen den General hatte sie allen Groll abgelegt und hatte stets ein freundliches Wort für ihn, wenn er sich ihr näherte. Hin und wieder ging ste auch wohl auf seinen Arm gestützt durch die jetzt schon herbstlichen Wege des Parkes, und wenn ste dann die Rede auf vergangene schöne Zeiten lenkte, dann ging auch wohl durch den verhärteten Sinn des Generals eine weichere Regung, aber saß er dann wieder in seinem düstern Zimmer, dem großen eisernen Kasten gegenüber, der seine goldene Schätze barg, dann verflog dieselbe gar bald, dann war er wieder der stumpf gewordene Greis, der nur noch des einen Gedankens fähig, Geld und wieder Geld zusammen zu scharren und dessen Augen in unheimlichem Glanz aufleuchteten beim Anblick seiner Schätze.
Der Glanz deS Goldes und Silbers beherrschte sein ganzes Sein und wenn er auch bei dem bald darauf erfolgenden Todeseiner Frau tief erschüttert an ihrem Sterbelager stand, und beim Anblick deS blassen Totenantlitzes Thräne auf Thräne über seine gefurchten Wangen rannen; die ernste Mahnung, daß auch wir an unser Ende denken sollen, die der Anblick des Todes uns zuruft, vermochte ihn nicht zu erschüttern. Der General hatte eine eiserne Natur, nie im Leben war er krank gewesen; er konnte sicher hoffen, noch lange, lange Jahre sich seiner Schätze zu erfreuen und den Traum seines Lebens an seinen Enkeln verwirklicht zu sehen, seinen Enkel als stolzen Stammhalter seines Geschlechts hier in das Haus seiner Väter ein» zuführen, und zum Glanze und Ruhme deS alten Adelsgeschlechtes seine Schätze zu verwenden.
Der Enkel freilich würde, wenn er nur eine Ader von dem lebenslustigen Sinne seines Vaters hatte, dem Glanz des Geldes wohl nicht so energisch widerstehn, wie die thönchte Frau, seine Mutter, an welchem der General nur mit verbissenem Grimme denken konnte. —
Gar bald wandte sich der General hinweg von dem blassen Totenantlitz der Gattin, das eine so eigene Sprache redete, die er nicht verstehen wollte, und trocknete die Thrä- nen, die er der Verstorbenen nachgeweint hatte-
Bei den Anordnungen zum Begräbnis trat dann sein Geiz und seine Knauserei schon wieder so in den Vordergrund, daß Hildegard sich empört von ihm wandte.
Ach, wie sehnte sie sich in diesen bitteren Stunden nach einem einzigen, ihr verwandten Herzen, das ihren Schmerz teilte. Diese Einsamkeit, diese trostlose Verlassenheit war kaum zu ertragen. Es schien ihr fast unmöglich, so weiter leben zu können, nur auf die Gesellschaft ihres Vaters angewiesen.
Nein, gegen ihn hatte ste keine solche
Pflichten, wie gegen die kranke blinde Mutter, ihm brauchte sie ihre übrigen Lebenstage nicht zu opfern; ein Anderer hatte Recht daran.
„Benno!" rief es ihrem Herzen.
Wie sein Bild jetzt vor ihre Seele trat; jene bittere Abschiedsstunde, wo sie ihn zuletzt gesehen. Sie sah ihn vor sich stehn, das Antlitz so stolz und zürnend, sie hörte seine flehende Stimme: Hildegard! Du mußt mir folgen, wenn Du Dich weigerst, wenn Du jetzt nicht mit mir gehst, — dann — dann — Und dann war er gegangen, in Groll und Zorn hatte er sich von ihr gewandt. Aber nun war die Stunde gekommen, wo ste ihn zurückrufen durfte, und ihr Ruf wird den Weg zu seinem Herzen finden; er wird zu ihr eilen, sie hinwegführen aus dem düstern Waldselde, hinein in das volle reiche Leben.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
— (Ein Theater aus Pappe.) In der Nähe von New-Aork baut ein Architekt augenblicklich ein Theater aus Pappe. Eine amerikanische Zeitschrift berichtet darüber folgendes: Die aus komprimierter Pappe hergestellten Blocks eignen sich hierzu weit besser, als die gewöhnlich zu solchen Bauten gewähl- ten Ziegelsteine. Da Papier ein schlechter Wärmeleiter ist, bleibt der Raum im Sommer kühl und frisch, und im Winter warm, wärmer als jedes Steingebäude. Diese Pappmasse wird mit einer fettigen Substanz vermischt und hält so jede Feuchtigkeit fern, ist außerdem durch Salze imprägniert, die es vor Feuersgefahr und dem Eindringen schädlicher Miasmen schützen.
— (Der Trauring der Millionärin.) Am 4. April wird William K. Vanderbilt mit Miß Virginia Fair getraut werden. Bräutigam und Braut gehören New-Aorker Millionärfamilien an. Der Trauring der Braut hat ca. 200 000 Mark gekostet. Und das bedeutet selbst in den Vereinigten Staaten etwas. Der Ring mißt einen Zoll im Durchmesser. Miß Fair trägt ihn niemals auf der Straße, wenn sie spazieren geht, sondern nur, wenn ste in ihrer Equipage ausfährt. An der Stelle, an welcher sich der Ring befindet, ist in den Handschuh ein zoll- großeS Loch geschnitten.
.. (Armer Gatte.) Für wen strickst Du denn diese Socken!" — Sie: „Für einen Wohlthätigkeits-Verein." — Er: „Ach! Gieb Ihnen doch meine Adresse! Vielleicht schickt man mir auch ein Paar."
— Was von der Bahn alles verlangt Wird. In G . . an der Magdeburg-Leipziger Bahn kam eS vor, daß ein sächsisches Ehepaar den Heizer fragte: „Können wir denn unsere Werschteln nicht im Dampfkessel kochen?"
(Stilblüte.) In einem Roman „Der weiße Sklave" , der gegenwärtig in einem Königsberger Blatt erscheint, finden wir folgende Stilblüte: „Der Schlag der Uhr verdunkelte das Klopfen ihres Herzens."
.'. Fortschritt. Räuberhauplmann (den Hut lüftend): Bitte die Herrschaften zur schnelleren Abfertigung an den Röntgen- Apparat zu treten.
.'. (In der Religionsstunde.) Lehrerin : „Nun, Elschen, wer ist es, der überall einkehrt, ohne daß man ihn sieht?" — Elschen: „Der Storch."
Redakit»«, Druck und Verlag von Beruh. Hofm « nn in Wildhgd.