Rundschau.

Stuttgart, 2. März. DerStaatsanz." enthält folgende Kgl. Verordnung, betreffend den Widerzufammentlitt der Ständeversamm­lung: Mach Anhörung unseres Staatsmini­steriums haben wir den Wiederzusammen­tritt der vereinigten Ständeversammlung auf Dienstag, den 14. März d. I., bestimmt. Wir befehlen demnach, daß sich die Mit­glieder beider Kammern an di-scm Tage zur Eröffnung ihrer Sitzungen in unserer Haupt- und Residenzstadt wieder einfinden.

Gegeben Stuttgart, 2. März. Wilhelm.

Miltnacht, Sarwey, Schott v. Schotten­stein, Pischek, Breitling, Zeyer.

Stuttgart, 28. Febr. Das neue.Volks­schulgesetz, das heule ausgegcben wurde, ent­hält erstens die Neuregelung der Gehälter der Volksschullehrer, zweitens die Trennung des Schulamtes vom MeSnerdienst, drittns die Regelung der Rechtsverhältnisse der Volks­schullehrerinnen. Der Gesamtaufwand beträgt

980 000.

Ludwigsburg, 28. Febr. Gestern abend ist der 20 Jahre alte Cohn deö Sattler­meisters Kromer in Egolsheim, welcher bei der Post angestellt ist, in der Wohnung seines Schwagers, des Metzgers Kurz dort, dadurch verunglückt, daß er mit einem Revolver spielte, den er für ungeladen hielt; derselbe entlud sich und die Kugel drang dem jungen Mann ins Gehirn. Sein Zustand ist hoffnungslos. Der Verunglückte wurde in das hiesige Spital überführt.

Cannstatt, 1. März. Gestern abend 6 Uhr ist in der Tcckstraße Nr. 80 hier ein 4 Jahre altes Kind 4 Stock hoch zum Fen­ster herausgefallen und war sofort tot. Die Mutter warins putzen" gegangen und hatte ein etwas größeres Kind zur Arbeitsstätte mitgenommen ; so waren die 2 weiteren Kin­der ein 4jährigeS und ein '/»jähriges allein in der kalten Wohnung. Das kleine Kind hat zu dem dieRoten Flecken". Das ältere erkletterte das ziemlich hohe Fenster und fand dabei den frühen Tod. Man hob es mit zerschmettertem Schädel von der Straße auf.

Schorndorf, 28. Febr. Vorgestern abend entstand im Gasthaus zum Hirsch in Mie­delsbach diesseitigen Bezirks unter den Gästen Streit. Der Sohn des Gastwirts wollte Ruhe schaffen, mußte aber sein Eingreifen mit dem Leben bezahlen ; denn er wurde von Karl Binder in das Herz gestochen und war sofort eine Leiche. Der Thäter wurde ver­haftet.

Herrenalb, 1. März. Nach dem die Bohr­versuche in unserem benachbarten Gatsthal bis zu einer Tiefe von etwa 30 Meter mit Handbetrieb ausgesührt wurden, stellte man heute die von der Firma Lanz-Mannheim gebaute Dampfmaschine auf, die mit 18 Pferdekräfien arbeitet- Wegen der bedeutenden Schwere der Maschine (112 Ztr.) und des steilen, schwer fahrbaren Wegs, war die Auf stellung mit ziemlichen Schwierigkeiten ver­bunden ; glücklicherweise wurde sie ohne Un­fall Vollendet.

Calw, 1. März. Heute abend um 6 Uhr brach in der an der Straße nach Nagold gelegenen, '/» Stunde von hi.r entfernten Etaelinschen Baumwollspinmrei ein Brand aus, der bald größere Ausdehnung annahm. Die Arbeiterschaft suchte anfangs das Feuer zu bcmeistern, wurde aber des Feuers nicht Herr, so daß die hiesige Feuerwehr zur Hilfe ßeursest wurde. Bei der Nahrung, die haö

Feuer fand, konnte die Feuerwehr nur da­rauf bedacht sein, die vom Feuer noch nicht betroffenen Gebäude zu retten. Das Fabrik­gebäude mit dem Mafchinenhaus und zwei gegenüberliegende Wohn- und Comptoirge­bäude brannten vollständig ab. Sämtliche Maschinen und große Warenvorräte sind mitverbrannt; der Schaden ist beträchtlich. Die Gefahr für den nahen Wald war sehr groß. 2 große Gebäude konnten gerettet werden. Der Betrieb wird nur eine teil­weise Einschränkung erleiden, da die Fabrik Kenlhcim nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Heilbronn, 2. März. (Ein schwerer Unglücksfall) versetzte eine hiesige Familie vorgestern in tiefe Trauer. Die Hausfrau wollte abends auf der Plattform des Wohn­hauses Wasch aufhängen und trat auf ein Glasdach das sich über dem Treppenhaus be­findet, welches einbrach, so daß die Frau etwa 8 Meter tief abstürzte und dabei außer Beinbrüchen so schwere innere Verletzungen erlitt, daß sie noch in derselben Nacht starb. Der schwer betroffenen Familie wendet sich allgemeine Teilnabme zu.

Dürrmenz Mühlacker, 2. März. Die Mühlschreiner Frisch Ehefrau von hier hatte das Unglück, ihrem Jahre alten Kinde an Stelle eines Abführmittels einen Thee- löffel voll Lysol zu verabreichen. Trotz so­fort angewandter Gegenmittel starb das Kind an Vergiftung. Die unglückliche Mutter wird sich jetzt noch zu allem Unglück hin wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten haben.

Die Geliebte Grünenthals, Ella Gottz, profitiert aus der Spitzbüberei des BanknotenfSlschcrs 40 000 ^ So viel sind nämlich die Brillanten wert, die ihr Grünenthal schenkte. Als Grünenthals Be­sitztum Ungezogen wurde, da wurden auch die Brillanten des Fräulein Ella mit Be­schlag belegt. Doch dieselbe führte Klage und jetzt hat die königliche Staatsanwaltschaft entschieden, daß die Brillanten herausgrgeben werden müßten, da sie als Geschenk der Ella gehören und nicht nachzuweisen sei, daß sie von dem gestohlenen Gelde bezahlt wurden.

Ein interessantes Großstadtbild ent­wirft ein Berliner Polizeibericht: Zwischen einem Bäckermeister in der Danziger Straße und seiner Frau waren in der letzten Zeit Zwistigkeiten entstanven, die zu einer Trenn­ung führten. In Begleitung von 6 Män­nern erschien nun die Frau in dem Laden. Einige der Männer stürzten sich auf den Bäckermeister, hielten ihn fest und schlugen ihn. Inzwischen lud die Frau mit anderen eiuen Wäschespind auf einen vor dem Hause hallenden Wagen. In dem Schranke befan­den sich angeblich 200 Sobald der Schrank aufgeladen war, wurde der Bäcker­meister in seinem Laden eingeschlossen, wor­auf sich die ganze Gesellschaft entfirnte. Einem Schutzmann gelang es, einen der Thäter festzunehmen und auf die Polizeiwache zu bringen, wo seine Personalien sestgestellt wurden.

Schneidemühl. Bei dem Brande eines Hauses im Städtchen Hammerstcin verbrann­ten die beiden 8 und 11jährigen Mädchen eines Musikers.

(Schlimme Folgen eines dummen Streiches.) Aus Charkow schreibt man: Hier weilt gegenwärtig in der Irrenanstalt ein junges schönes Mädchen, die Tochter eines

wohlhabenden Ökonomen, deren Geist durch eine heftige Erschütterung plötzlich umnachtet wurde. Im September v. I. verlobte sich dieses kaum aus dem Pensionat getretene Mädchen mit einem jungen Beamten aus Petersburg. Im Januar d. I. hätte die Trauung stattfinden sollen. Die Verlobten liebten einander sehr. Zu Weihnachten hätte der junge Mann seine Braut auf dem Gute ihres Vaters besuchen sollen, da traf ein Telegramm ein, worin gemeldet wurde, daß ihr Bräutigam Plötzlich gestorben sei. Diese Nachricht traf das junge Mädchen wie ein Donnerschlag. Nach langen Bemühungen eines Arztes erlangte es das verlorene Be­wußtsein wieder, doch es war so schwach, daß es in seinem Zimmer blieb, während sich seine Eltern mit dem Arzte zu Tische be­gaben. Während die unglückliche Braut ihren traurigen Gedanken nachhing, klopfte es plötz­lich an das Fenster. Aufblickend sah sie ihren Verlobten lächelnd und gesund im Reiseanzug draußen stehen. Einen marker­schütternden Schrei ausstoßend, stürzte sie bewußtlos zusammen. Sie erlangte zwar das Bewußtsein wieder, doch vermochte sie weder ihre Eltern noch ihren Bräutigam mehr zu erkennen. Der junge Mann erklärte, mit dem Telegramme den Zweck verfolgt zu haben, sich von deö Mädchens Liebe über­zeugen zu wollen. Es ist nur wenig Aus­sicht vorhanden, die traurigen Folgen dieser Liebcsprobe" von dem unglücklichen Opfer wieder abzuwenden.

Eine seltsame Entdeckung - so schreibt dieFord. Zig." mußte dieser Tage der Landwirt Formery in Forbach machen. Seine Kuh war srischmilchend und erfreute ihren Besitzer durch recht bedeutende Milchlieferung. Letztere schnitt aber eines Morgens urplötzlich ab. Zwar lieferte die Kuh, die ganz gesund erschien, des Nachmit­tags wieder die gewohnte Milchmenge, aber am folgenden Morgen erschien die Milch» quelle wieder wie versiegt. So ging es mehrere Tage hindurch. Der verdutzte Be­sitzer dachte: krank ist die Kuh nicht, ein Milchdieb kann sich bei meiner Wachsamkeit ihr auch nicht nahen, daher ist nur noch eins möglich die Kuh ist behext. Am nächsten frühen Morgen machte er sich zur Reise zum nächsten Hexenmeister fertig und trat, um die Kuh noch einmal zu untersuchen und den etwaigen Fragen des Hexenmeisters ordent­lich Rebe stehen zu können, noch eilig in. den Stall. Die Kuh lag behaglich wieder» käuend auf dem Boden und an ihrem Euter tranken zwei Ferkel die warme Morgen« milch. Nun war dem hocherstaunten guten Manne alles klar und er konnte sich des Lachens nicht erwehren, als die kleinen grun­zenden Borstentiere sich nur unwillig in ihren Stall treiben ließen, aus dem sie allnächt­lich zum Diebesgange ausgerückt waren. So seltsam dieses Ereignis auch klingt, es wird als durchaus war verbürgt.

(Unverfroren ) Schneider (einen Schuld» ner im Restaurant antreffend):Was Sie kneipen hier Champagner, und den Anzug, dm ich Ihnen gemacht habe, bezahlen Sie mir nicht?Beruhigen Sie sich, der Wirt bekommt seinen Champag. auch nicht bezahlt."

(Buchstäblich ausgefaßt ) Lehrer:Karl- chen, was soll das heitzen: Die reichen Bauern behandelten den Fremden von oben herab? KarlLen: ,DaS heißt, sie trieben ihm den Zylinder an.