Rundschau.

Stuttgart, 29. Nov. Mil dem heutigen Tage erfolgte die schon lange ongeköndigte Ausgabe von BismarcksGedanken und Er­innerungen". Es sind 2 Bände mil 376 und 310 Seiten, Den Einband in dunkel­blauem Farbenton gehalten ziert als einfacher Schmuck das BiSmarck'sche Familienwoppen. Ein Bild von Lenbach, Bismarck im schwar­zen oben geschloffenen Rock darstellend, ist dem Werke beigegeben.

Von der obern Nagold, 26. November. Recht empfindlich fühlbar macht sich in man­chen hochgelegenen Waldorlen der infolge un­genügender Niederschläge im Sommer und Herbst eingetrrtcne Wassermangel. In solchen Gemeinden, die eine Wasserleitung nicht ha­ben, muß schon seit einem Vierteljahr das Wasser von auswärts herbeigesührt werden. Der niedere Stand der Nagold hemmt viel­fach auch den regelmäßigen Betrieb der Wasser­werke. Ein ergiebiger Regen vor der völligen Einwinterung wird sehnlichst herbeigewünscht.

Altensteig 28. Nov. Der ledige 21 Jahre alte Bäcker Ernst Lutz stürzte bei einem epileptischen Anfall die Treppe hinunter und war sofort tot.

In Ueberberg stahl ein Schuhmacher einem Bauern den Erlös für ein Paar Ochsen im Betrag von 1100 Der Dieb konnte nichts Eiligers thun, als sofort nach Altensteig zu gehen und mit einigen Zech­brüdern auf einen Sitz gegen 40 ^ zu verjubeln. Bald bekam der Landjäger Wind von dem verschwenderischen Leben des Schuh­machers und lieferte den Dieb dem Gericht ein.

Eßlingen, 29. Nov. Die Steuerbehör­den haben in letzter Zeit in Arbeiterkreisen Nachforschungen angestellt wegen zu niedrigen Fatierens ihres EinkommeS zur Steuer. In­folge dessen ist schon eine größere Anzahl von Arbeitern zur Nachzahlung einer 3jähr- Steuer, sowie zu Ordnungsstrafen verurteilt worden.

Mägerkingen, 27. Novbr. Unter dem schweren Verdachte des Gattenmvrdes wurde vergangenen Freitag der Müller Johs. Speidel von hur verhaftet und a» das Amtsgericht Reutlingen eingeüefert.

Backnang, 28. Nov. Eiu in einer hies. Lederfabrik beschäftigter Arbeiter Namens K. Glück kam auf eine bedauernswerte u. tragische Weise ums Leben. Auf dem Rückweg in seine Heimat Zell stürzte er über eine Egge. Durch die eiserne Zähne derselben erhielt er derartige Verletzungen an Händen und Füßen, daß er vom Starrkrampf befallen wurde. Unter großen Schmerzen erlag er denselben in letzter Nacht in seinem Heimatorte.

Spaichingen, 28. Nov. Gestern hielt im Gesellcnhaus Pfarrer Katzcnstein von Böt­tingen einen interessanten Vortrag über vas neue Handwerke gesetz. In demselben führte der gewandte Redner aus, daß das Hand, werk, das bisher wenig Neigung gezeigt habe, sich zusammenzuschließen, in keiner günstigen Lage sich befinde und daß es im Kampfe mit der Großindustrie, die ihm schon manche Gebiete abgerungen habe, alles aufbicten müsse, um nichi von demselben erdrückt zu werden. Ein Hauptfehler des neuen Reichs­gesetzes, das einem Kompromiß sein Leben Verdanke, sei es, daß es die Zwangsinnung nicht vorschreibe. Wenn aber die Zustände bisher beim Handwerk keine rosigen geworden seien, so sei nicht angängig, die Hände

in den Schoß zu legen, sondern man muffe sich regen, aber nur eine Organisation des­selben könne demselben wieder avfhelfen. Auf dem Heuberg beständen bereits zwei solche Vereinigungen. Eine Organisation sei nun einmal möglich entweder durch Anschluß an den hiesigen Gewerbeverein, oder durch Gründ­ung einer freien Handwerkervereinigung. Dementsprechend sollen die Handwerker von Spaichingen und Umgebung sich zu einer solchen Vereinigung entschließen und in Bälde sich darüber schlüssig werden. An den Vor­trag, welcher von den Anwesenden beifällig ausgenommen wurde, schloß sich eine lebhafte Debatte an.

Tübingen, 29 Nov. Das ewig Weib­liche verteilet jugendliche Köpfe nicht selten zu thörichten Streichen, wie folgender Vor­fall beweisen dürfte. ZwciMechanikergesellen, noch nicht 20 Jahre alt, forderten sich von Eifersucht getrieben aus scharf geladene Pisto­len. Samstag nacht um 11 Uhr sollte das Duell zum Auslrag kommen. Schon war der erste zum Glück unblutige Gang ge­wechselt, als die Polizei derlhörichten Schießerei ein Ende machte und die jungen Hitzköpfe hinter Schloß und Riegel setzte.

Balingen , 26. Nov. Undank ist der Welt Lohn. Dem Entdecker des Bitzer-Mar» mors, dem Geologen I. Binder von Ehingen, der in demhohlen Felsen" an der Straße nach Gamerlingen ein mächtiges Lager sogen. Landkartenmarmor entdeckt Hai und das Areal mit Bruchsteinpfeilern eingegrenzt hat, wur­den in der Nacht vom 24. auf 25. d. M. 4 Pfeiler total zertrümmert. Mit unsäg­licher Mühe hat rer Naturforscher den Mar­mor entdeckt und eingefricdigt, und nun schlügt ihm der Neid, die Mißgunst und der Un­dank der Bitzer Ortsinsassen seiner Hände Werk in Stücke.

Freudenstadt, 28. Nov. Beim Sammeln von Tannenzapfen fiel heute der ledige Tag- löhner Martin ElsenbeiS von Grünthal von einer hohen Tanne herab und blieb alsbald tot liegen.

Neuenstein, 28. November. (Unfall.) Am gestrigen nachmittag unterhielten sich hier einige Knaben mil Pfeilschießen. Dabe flog der Pfeil eines 9jährigen Knaben dem lljähr. Sohn der Johann Breitners Witwe mit solcher Wucht gerade auf das linke Auge, daß hiedurch die Sehkraft desselben voll­ständig verloren ging und der getroffene Knabe jetzt auf seine ganze Lebenszeit un­glücklich und zugleich körperlich entstellt ist.

Vom Fränkischen, 28. Nov. (Ein reicher Vagabund.) In einem Dorfe wurde dieser Tage ein junger Mensch vagabundierend aus­gegriffen und wegen BettelnS verhaftet. Bei den Nachforschungen in seiner Heimatsbehörde stellte cs sich heraus, daß der Festgenommene noch unbescholten und ein Vermögen von 100 000 besitzt. (?)

Pforzheim, 29. Nov. Am 26. d. M. kamen auf dem Wege von der Belfortstraße zum Bahnhof hier 92 goldene Ringe in 18 und 14 Karat von Verschiedener Form, ge­faßt mit Edelsteinen verschiedener Art (Bril­lanten und Farbstcincn) abhanden. Auf die Beibringung der Ringe ist eine Belohnung von 500 Mark gesetzt worden.

(Ein Reinsall ) Ein Wirt in Frank­furt a. M. beauftragte einen Freund, für ihn die Fischereijagd in Dorfelden zu pach­ten. Der Freund pachtete die Fischerei und erhielt einen Pachtvertrag, der auf seinen

Namen ausgestellt war. Die Sache ging eine Zeit lang ganz gm; der Wirt glaubte, er fei Jagdbesitzer und erlaubte Freunden zu fischen. Schließlich wurden die beiden Freunde uneinig, so daß der Wirt dem ehe­maligen Intimus verbot, in seinem Wasser zu fischen. Eines Tages fuhr er selbst mit zwei Bekannten auf die Fischerei, legte die Angeln aus, als plötzlich der Flurschütz über sie kam, sie nach ihrem Passe fragte und die drei Herren, da sie nicht im Besitze eines Passes waren, aus die Bürgermeisterei führte. Den Wirt nützte es n s, daß er sich als den Pächter gerierte er r,ucde ihm schwarz auf weiß bewiesen, daß cht er, sondern sein Beauftragter als Päe eingetragen sei. Jeder Protest nutzt, n es, die ganze Ge fellschaft wurde in Stiafe genommen.

Berlin, 28. Nov. (Dir Geheimmittel­frage.) Am 21. und 22. d. M. hat in Berlin eine sehr umfangreiche Kommission für Beratung der sogenannten Geheimmittcl- frage getagt. Als vorläufiges Ergebnis der Beratung wird mitgetcüt, daß ein scharfes Anpreisungsverbot der Geheimmittcl in Aus­sicht steht. Die Kommission bestand aus Vertretern der chemische-, Industrie, Arznei­großhändlern, Apothek-rn und Droguisten, die alle in der Lage waren, ihre geschäft­lichen Interessen in der Kommission zu ver­treten. Das Preßg wk de, das dem An­scheine nach die gcsami-n «osten der Neu­ordnung des Geheimmmctwefens tragen soll, war in der Kommjssto., unverlrelen.

Eine Aussehen erregende Verhaftung fand am DonnerSiag aexnd in einer hies. Weinstube statt. Ein Herr, der in Begleit­ung einer Dame das Lokat besuchte, führte, augenscheinlich in angeregier Stimmung, mit derselben eine so laute Unterhaltung, daß notgedrungen auch die an den Nebentischru sitzenden Gäste davon Kenntnis nehmen muß­ten. DaS Gespräch drehte sich um den Kaiser. Plötzlich stieß der Herr eine so krasse Majestälsdeleidigung aus, daß einer der Gäste sich veranlaßt fand, einem Schutz­mann herbeizurufen und den Herrn ststicren zu lassen. Auf der Wache gab er sich als der Amerikaner Frank Knaak zu erkennen, welcher feit September im Kaiserhof wohnt und die Absicht halte, sich hier dauernd nie- derzulaffen. Er ist feit 1882 in Newhork ansässig und war einer der Ersten, der eS verstand, die Wasserkräfte des NiagarafallcS zu gewerblichen Zwecken auszunutzen. Er wurde wegen vorliegenden Fluchtverdachts in Haft genommen.

Monte Carlo, 30. Nov. (Eine alltäg­liche Geschichte) Am Dienstag waren die Räume deS Kasinos dicht gefällt und das Spiel nahm seinen gewövoUchen Gang, als plötzlich von einem Rmlrtletifche her ein Schuß ertönte. Alles stürzte hin. Ein Herr, der große Summen verloren, hatte, am Tische sitzend, einen Revolver gezogen und sich durch einen Schuß in die rechte Schläfe gelötet. Sofort wurde der Leichnam au« dem Saale geschafft und das Spiel nahm feinen weiteren Gana, als wäre nichts geschehen. Die Behörde- von Monte Carlo verweigern wie gewöhnt,jede Auskunft über den Selbstmörder; es wird bloß vermutet, daß er ein Russe war.

Um den Ansichtskarten-Sammlern

von allen möglichen O'ien der Erde Karten zuzusenden, läßt eine Dresdener Kunstver- lagsanstalt eine Welirejs. im nächsten Feh-