Rundschau.

Ein schon längst gehegter Wunsch der Bewohner des großen Enzihals, die Er­stellung einer Bahnverbindung mit Wiidbad, rückt laut »N. Tagbl." seiner Verwirklich­ung entgegen. Es ist projektiert, die Bahn vorläufig bis Gompelschcuer zu erbauen, von wo aus sie später an die zwischen Freuden- stadt-Baiersbronn zu erstellende Verbindung angeschlossen würde. Der Betrieb erfolgt Elektrizität, zu deren Gewinnung jetzt schon eine ganz bedeutende Wasserkraft zur Ver­fügung steht. Zu den Kosten haben die beteiligten Gemeinden einen namhaften Bei­trag vorgesehen. Von maßgebender Seite aus sollen nächstdem seitens eines Technikers einer norddeutschen Gesellschaft vorläufige Vermessungen vorgenommen werden und man hofft, daß die cntgülttge Entscheidung über die Ausführung der Strecke bereits in der nächsten Tagung der Kammern erfolgen wird. (Enzth.)

Stuttgart, 8. Aug. (Unfall.) Gestern nachmittag machten 4 Herren aus Norddeutsch­land, die in der hiesigen Gegend für eine HagelversicherungSgescllschaft mit Hagelent­schädigungen beschäftigt waren, mit einem Motorwagen einen Ausflug auf die Solitude. Beim Nachhausefahren stürzte auf bis jetzt unaufgeklärte Weise in der Nähe des Bären­schlößchens der Wagen den Abhang hinunter. Einer d>r Herren erlitt, lautS. M.", einen Armbruch, der andere einen Beinbruch, der dritte eine nicht unbedeutende Kopfverletzung und der Lenker deS Wagens sonstige Verletz­ungen. Durch den Stabsarzt des auf der Solitude liegenden Tübinger Bataillons wur­den Nolverbände angelegt und die 4 Ver­letzten auf 2 Wagen gestern nacht noch ins Katharinenhospital hieher übergeführt. Ein Herr kam mit dem Schrecken und einigen Hautvcrletzungen davon.

Untertitrkhkim, 6. Aug. Heute vormit­tag 11 Uhr ist am Kinderbadeplatz ein neun­jähriges Mädchen, einer Witwe Widmann ge­hörig , beim Baden im Neckar ertrunken. Der Leichnam konnte bis jetzt nicht gefunden werden.

Kirchheim u. T-, 8. August. In der mechanischen Holzwarenfabrik von Karl Schott hier hat sich gestern ein schweres Unglück zu- getragcn. Ein Arbeiter hatte den Auftrag' den Dampfkessel zu putzen. Auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weisen strömte der nicht ganz abgelassene Dampf aus, wodurch sich der Arbeiter gräßliche Brandwunden im Ge­sicht und auf dem ganzen Rücken zuzog. An seinem Aufkommen wird gczwcifelt.

Gmünd, 8. Aug. Beim Stuifen ging heute abend ein Wolkendruch nieder. Der Waldstetter- und der Röhrbach sind aus ihren Betten, das Bachgelände verheerend, ausge­treten. In Waldstetten herrschte von y«7 Uhr bis '/r? Uhr Hochwasser. Straßen, Brücken, Weg und Steg waren überschwemmt.

Urach, 7. Aug. (Ernteaussichten.) Die günstige Witterung beschleunigte die Reife des Getreides in hohem Grade. Unsere Alb- bewohner sehen einer reichen Ernte entgegen. Es ist eine Lust, einen Gang durch die wogen­den üppigen Felder zu machen. Auch die Futtergewächse stehen vielversprechend. Leider fehlt das Obst im Thal fast gänzlich; nur einzelne Apfel- und Birnsorten ver­sprechen einen ordentlichen Ertrag. Ebenso sind die Herbstaussichtcn sehr gering. Tübingen, 8. August. Um die erledigte

Bahnhofrestauration Tübingen sollen sich nicht weniger als 72 Bewerber gemeldet haben und wurde dieselbe dem früheren Löwenwirt St. in Tübingen übertragen. Der Pachtpreis soll 6000 ^ betragen.

Tübingen, 9. Aug. Die Typhus-Epi­demie in der Garnison hat ein drittes Opfer gefordert. Im GarnisonSlazaret starb der G freite Metzger aus Cannstatt, der sich be­reits auf dem Wege zur Besserung befunden hatte.

Rottweil, 8. Aug. Nachstehende »öffent­liche Erklärung" muß der Redakteur deS hies. ultramontanenSckw. Volksfreundes", Otto Schwab, in dem von ihm geleiteten Blatte abgeben :

»Die i» Nr. 128 und 13l gegebene Schilderung, betreffend das HerauSschauen des evangelischen Stadtvikars aus einem Fenster des Stadtpfarrhauses während der Frohn- leichnamsprozesston nehme ich auf Grund ge­machter Zeugenaussagen als unwahr zurück und bedaure lebhaft und aufrichtig, daß da­durch der Herr Stadtvikar beleidigt und ver­dächtigt, sowie zur Gefährdung des friedlichen Zusammenlebens der Bürgerschaft Anlaß ge­geben wurde.

Hall. 8. Aug. Heute fand vor der Straf­kammer des Landgerichts die Urteilsverkündig­ung in der Privatklagesoche (Berufung) von Wiih. Augst, Reichstagsabgeordnetervon Gera- bronn, Privatkläger gegen Theodor Brecht, Siadtpfaricr und Widerklägcr wegen Beleidig­ung statt. Tie Verteidiger waren die Rechts­anwälte K. Haußmann-Stuttgart und Milc- zewSky-Stuttgart. Das Schöffengericht Langen- burg hatte am 21. April gegen Brecht 25 Mark und gegen Augst 70 ^ Geldstrafe und Tragung von der Kosten ausge­sprochen und jedem Teil die Publikationsbe- fugnis des Urteils erlaubt. Die Berufung des Angeklagten Brecht wurde verworfen und die gegen ihn verhängte Strafe von 25 als entsprechend erachtet. DieMeldstrafe gegen Augst wurde von 70 ^ auf 40 ^ er­mäßigt.

Eppingen, 9 Aug (Grobfeuer.) Bei dem gestrigen Gewitter, das sich nachmittags ent­lud, schlug der Blitz hier zweimal ein. Ins- gesamt brannten 12 Scheunen und 2 Wohn Häuser nebst Stallungen nieder. Die in den Scheunen mit verbrannten Ernten gehörten meist ärmeren Leuten und waren nicht ver­sichert. Bei den Löscharbeiien stürzte ein Feuerwehrmann von einer Mauer und erlitt einen Schädel- und Beinbruch.

Köln, 8. Aug. Der Schaden, welchen der gestrige Orkan angerichtet hat, ist weit größer als man anfangs vermutete. Mehrere wertvolle Domfenster sind erheblich beschädigt, viele Telegraphenstangen umqeworfen und viele Betriebsstörungen eingetrelen. Die Vor­orte Poll und Bayenthal gleichen Trümmer­feldern. In Bayenthal sind 6 Gebäude der Kölner Maschincnbaugesellschaft vollständig zerstört. Der Beirieb ist unterbrochen. Der Kirchturm in Bayenthal, welcher aus Holz gebaut ist, ist zusammengestürzt. In Poll sind bei dem Einsturz eines Hauses 2 Kinder und eine Frau lötlich verletzt worden. Ein Kind ist bereits gestorben. Die Zahl der leicht Verletzten ist erheblich. Der Ober­bürgermeister von Köln erläßt einen Aufruf zu Sammlungen für die durch das Unwetter Geschädigten.

Köln, 8. Aug. (Unwetter.) Stündlich treffen weitere Hiobspvsten über das gestrige

Unwetter ein, wobei 2 Mann getötet, 5 ver­letzt wurden. Die Köln-Frankfurter Eisen- bahnstrecke war stundenlang gesperrt, da ober­halb Kalk das Geleise mit Geröll ».^Baum­stämmen bedeckt war. In Refrath bei Bens- berg wurde die Kirche in einen Trümmer­haufen verwandelt. Die Maschinenfabrik in Bayenthal gleicht einem Trümmerhaufen. Tausende von Menschen pilgern zu der Stätte tes Unglücks. Die Privatwohlthätigkeit griff bereit ein, zahlreiche Industrielle zeichneten größere Summen, um den obdachlosen und ihrer Habe beraubten Arbeiterfamilien ein Heim zu schaffen.

Zum Jmpsgesetz. Der Rat von Sach­verständigen, der aus Veranlassung desBuN- deSrats über Aenderungen des Jmpfgesetzes bericr, hat, wie jetzt bekannt wird, mehrere Vorschläge gutgeheißen, so das Verbot von Menschenlymphe, ferner den Vorschlag, daß in Zukunft nur noch auf einem Arm und zwar bei Erstimpflingen auf dem rechten, bei Wiederimpflingen auf den linken geimpft wer­den solle. Sodann wurde die Sclbstimpfung verworfen und die Entwicklung nur einer Impfpustel als ausreichend zur Erfüllung der gesetzlichen Pflicht erklärt. Bezüglich der Bestrafung der Jmpfweigerer beschloß der Rat, keine Anträge an den Bundesrat zu richten.

Friedrichsruh, 8. Aug. Am Sarge des Fürsten Bismarck sind, denHamb. Nach." zufolge, bisher 10 074 Kränze niedergelegt worden.

Das Testament des Fürsten, lieber Bismarcks Vermögen äußern sich lautN. Fr. Pr." Berliner unterrichtete Kreise, es könne wirklich dreißig Millionen betragen. Dies sei einerseits durch die völlige Bedürf­nislosigkeit deS verstorbenen Fürsten zu er­klären, andererseits haben sich gewisse Wert­papiere, die bet Blcichröder erliegen, imLaufe der Zeit im Preise verdreifacht. DaS Testa­ment Bismarcks enthalte, wie man vernimmt, nur private Bestimmungen. Von irgendeiner politischen Aeußerung habe er abgesehen. Ein »politisches Testament" Bismarcks gebe es (im wörtlichen Sinne) nicht..

Brandkatastro-Hen- In Hersfeld ge­riet am Montag ein Stallgebäudc, in dem Kinder unvorsichtiger Weise mit Streichhölzern spielten, in Brand. Ein dreijähriges Mäd­chen verbrannte, sein fünfjähriges Brüderchen erlitt schwere Brandwunden. Die große Gemeinde Großbossany in Ungarn wurde Montag abend vollständig cingeäschert. Acht Kinder fanden den Tod in den Flammen. Neun Thürme des Naphtawerkcs Wlschau bei Baku wurden durch Feuer vernichtet. Der Brand griff auf die Fontäne über und setzte die Vorratshäuser in Flammen, worin eine Million Pud Naphta lagert. Vierzehn Per­sonen erlitten Brandwunden.

Zittau i. S., 7. Aug. Das Spielen mit Schußwaffen hat hier wieder ein Menschen­opfer gefordert. Mit einem kleinen Terzerol erschoß der Schornsteinfegergcselle Krause den 17jährigen Lehrling Neubert. Beide hatten zum Zeitvertreib auf dem Hofe Schieß­übungen veranstaltet und die Kugel traf den Lehrling, als dieser ein Schießloch auf der Scheibe verkleben wollte. Das Geschoß durch­bohrte die Lunge und traf das Herz, so daß der Tod sofort eintrat. Der Thäter wurde verhaftet.

Reims, 9. Aug. Ein entsetzliches Unglück hat eine hiesige Familie in tiefe Be,