Rundschau.

Wildbad, 9. Aug. Die königl. preuß. AnsievelungSkommisston in Posen wird von Mitte Oktober ds. Js. ab als landwirt­schaftlichen Sachverständigen den k. daher. Oekonomierat Dr. Ludlvff in München be­schäftigen. Derselbe nimmt seinen Wohnsitz in Janowitz bei Gnesen, einem Städtchen, das inmitten zahlreicher deutscher Ansiedelungen liegt. Der Zuzug deutscher Ansiedler nach Posen und Westpreußen wächst fortwährend. Tüchtige Bauersleute und Landarbeiter finden aber auch dort ein gutes Fortkommen und können sich mit ganz geringer Einzahlung schöne Bauernhöfe erwerben; der Rest des Kaufgeldes bleibt zu 3°/o unkündbar stehen. Nähere Auskunft hierüber erteilt auf An­fragen : Die kgl. Ansiedlungskommisstvn in Posen.

Seine Königliche Majestät hat die er­ledigte Straßenbauinspektion Calw dem Ab- teilungsingenteur, tit. Bauinspektor Schab in Stuttgart übertragen.

Um den Arbeitern und kleinen Leuten etwas Besseres und Gesünderes zu bieten als Bier und Wein, hat der Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke in Stuttgart Kaffeehallen einrichten lassen. Liese werden so besucht, daß sich bisher trotz der niedrig­sten Preise 20 000 ^ Ueberschuß ergaben. Dieses Geld soll zur Gründung eines alkohol­freien Soldatenheims an dem Hauptschieß- piatz in Württemberg verwendet werden.

Stuttgart, ß. Aug. Daß das Radfahren nicht allen Leuten wohlbekommt und nament­lich Herzteibcnden von diesem Sport abzu- raten ist hat sich neulich an einem hiesigen Vorfall wieder gezeigt. Ein junger Italiener kehrte ermattet von einer Frühtour per Rad nach Hause, nahm noch das Frühstück ein, wurde aber noch im Lause des Vormittags tot aufgefunden. Er war vom Schlag ge­rührt worden.

Etwas vom unlauteren Wettbewerb.

DerBrod." enthält folgende interessante Mitteilung:Jedermann kennt wohl die marktschreierischen Auslagen des Sluttgarter Großbazars Hermann Tietz und wundert sich über diestaunend billigen" Preise. ,Wie eS nun teilweise in Wirklichkeit damit be­schaffen ist, erfuhr jüngst ein Herr, welcher so viele BcanchekenntniS besaß, um sich zu sagen, daß es unmöglich sei, eine imit.Ebrn- holzsäule von mehr als 1 Meter Höhe zu dem angeheflklen Preise von 2,75 ^ zu liefern. Auf Anfrage im Laden wurde ihm eröffnet, der Preis sei 5,50 der Zettel über 2,75 beziehe sich auf eine daneben hängende Uhrkette. Ais der Käufer dann einen Schutzmann holte, war die PreiSnotter- ung bereits entfernt, doch sah sich x. Tietz, einfehend, daß es dem Käufer eventl. auf einen Prozeß nicht ankomme, veranlaßt, die Säule doch zum ausgezeichneten Preise ab­zugeben.

Erkenbrechtshausen, 6. August. Aus­sehen erregt hier ein Ucberfall, der auf die Laglöhnerssrau Sch. am Mittwoch gemacht wurde. Die Frau war auf einem nahen Zimmerplatz mit Holzlese» beschäftigt, als sie von zwei Stromern überfallen und ver­gewaltigt wurde. Nach der That banden die rohen Burschen die Frau an einen Baum, wo sie später von ihrem Manne bewußtlos aufgesunden wurde. Die Thäter sind ent­flohen.

Backnangs 6. August. Eine in hiesigen

Diensten stehende Dienstmagd machte gestern abend ihrem Leben ein Ende. Sie legte sich in der Nähe des Bahnhofs auf die Schienen und wurde von dem letzten Zug erfaßt und getötet. Was das junge, erst 17 Jahre alte Mädchen zu diesem unheilvollen Schritt ver­anlaßt hat, ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt worden, doch scheint, wie in allen derartigen Fällen, unglückliche Liebe das Motiv zu sein.

(ZMÜnd, 5. Aug Ein sbweieS Unglück traf gestern die Familie des Fabrikanten B. Zwei Kinder, ein Knabe von 2 und ein Mäd­chen von 3 Jahren, fi-len in den Josessbach. Das Mädchen wurde tot herausgezogen, der Knabe bis jetzt noch nicht gesunden.

Geislingen, 5. Aug. Zum Nachfolger des Reichsschullehrers Betz in Kamerun ist, nach derGeiSlinger Ztg.", vom aus­wärtigen Amt in Berlin Unterlehrer Gottlob Fischer an der evangelischen Volksschule hier, früher Lehrer an der Missionsknabenanstalt in Basel, ernannt worden. Derselbe wird sich bereits am 10. August in Hamburg auf dem Wörmanndampfer einschiffen.

MÜnfingen, 6. Aug. fEisenbahnunfall.) Auf der Station Kohistetten fuhr heute nach­mittag der Zug wahrscheinlich infolge un­richtiger Weichenstellung in ein Nebengeleife und kam erst zum Stehen als die Maschine den am Ende des GeleifeS angebrachten Erd­haufen durchgewühlt und einen Abhang hin- untergestürzt war. Zu verwundern ist, daß der Führer und Heizer ohne Schaden davon kamen, auch die Passagiere sind mit heiler Haut davongekommen.

Karlsruhe, 6. Aug. Unter dem Vor­sitz des Oberbürgermeisters hat sich heute hier ein Koattte gebildet zur Errichtung eines Bismarckoenkmals.

Köln, 6. Aug. Ein ruchloses Buben­stück, durch welches wieder eine Anzahl Men­schenleben auf's Spiel gesetzt wurden, ist vor einigen Nächten gegen einen Eisenbahn­zug auf der Strecke Langendreer-Dortmnnd verübt worben. Ais der kurz nach 10 Uhr fahrplanmäßige Personenzug die Station Langendreer passiert hatte, hörte der Lokomo­tivführer plötzlich unter der Maschine ein starkes Krachen; der Zug wurde zum Stehen gebracht, und man gewahrte, daß mehrere starke Holzstücke quer über die Schienen ge­legt waren. Das Hindernis wurde beseitigt, und der Zug fuhr mit erheblicher Verspät­ung weiter. Kurze Zeit später beging der Wärter die Strecke und fand, daß wieder mehrere schwere Holzstücke über die Schiene» gelegt waren. Diesmal war es anscheinend aus den D-Zug abgesehen, der wenige Minu­ten später die Stelle passieren mußte. Die Polizei stellte die umfassendsten Nachforsch­ungen an, um deS Thäters habhaft zu werden.

Ein interessantes militärisches Schau­spiel ging dieser Tage in Mainz auf dem Rhein vor sich. Die dritte Schwadron des dort garnisonierenden HusarrnregimentS Nro. 13 setzte von Mainz aus über den Rhein, mit den Pferden an Kähnen schwimmend, nach dem gegenüberliegenden Ufer bei Kastel hin­über. Die Ucbung ging glatt von statten.

Der Lustmord bei Straßburg. Mn tem Raubmörder Gier, der der Haupithäler der vor einigen Wochen verübten gräßlichen Blutthat an der Lconie Laubacher ist, wurde am gleichen Tage eine Dirne Namens Hoff- acker verhaftet, ebenso der Schlosser Arz. Während Gier hartnäckig leugnete, hat die Hosfacker am Juli ein umfassendes Ge­

ständnis abgelegt. Sie gicbt an, daß der Mord am Montag, den 27. Juni, am Tage vor seiner Ausführung, geplant wurde. Gier habe ihr gesagt: Er brauche Geld, er müsse Jemand morden. Es sei nicht sein erster. In der Nähe von Zürich habe cr schon ein­mal zwei Mädchen umgebracht und in Mühl­hausen einen Eisengießer ermordet. Diese Angabe hat viel Wahrscheinlichkeit für sick, da nach den sofort telegraphisch angestellten Rechlichen in der That in der Umgebung von Zürich zwei Mädchen ermordet wurden, deren Mörder man nicht entdeckte, und in Mühlhausen auch die Tötung eines Gießers er wurde erstochen nicht aufgeklärt werden konnte. G>er ist in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni dann mit der Hoff- acker und dem SLlosser Arz vor das Kroncn- burgerthor zum Centralfrirdhof gegangen. Dort ist wenig Verkehr, und hier lauerten alle Drei auf irgend ein Opfer. Gegen 2'/s Uhr kam die 18jährigr Näherin Leonie Lau- bachcr, welche kurz vorher von Belfort mit dem Zuge eingetroff-n war, vorbei. Der Schlosser Arz, welcher die Laubacher kannte, sprach sie an, während dessen umfaßte sie Gur von hinten und stieß ihr ein schari'ge- schliffenes Rebmesser in den Hals. Nun schleppten alle Drei das sich heftig wehrende Mädchen i» ein nahes Getreidefeld. Auf Auf­forderung deö Gier hielten Arz und die Hoff- acker dem Mädchen die Hände und den Kopf fest. Gier schlitzte dem unglücklichen Wesen den Leib auf. Alle ihre Bitten waren Ver­gebens. Die Leiche begruben sie gemeinsam und tranken hierbei den von der Ermordeten mitgebrachtm Wein, dann gingen sie aus ein­ander. Am andern Tage fand die Verhaft­ung Giers und später diejenige der Hosfacker sowie des Arz statt. Der letztere hat eben­falls gestanden, nur Gier leugnet hartnäckig weiter.

Berlin, 2. August. (Eine interessante Operation) ist am Sonntag in der Chaniee in der Abteilung für Halskranke mit dem besten Erfolge vorgenommen worden. Doet- hin kam am Sonntag der 25 Jahre alle Zeichner Gottlieb Rucfcnnacht, der in der Nacht vorher infolge einer Wette einen in ein Bierglas gelegten Thaler verschluckt hatte. R- sollte das Bier ouSlrinken, ohne daß sich der Thaler vom Boden des Glases bewegte, die große Münze nahm jedoch denselben Weg wie dos B er. R. fühlte nun wohl Be- ichwerden, konnte den Aerzten aber nicht genau sagen, wo der Thaler stecken geblieben war. Erst mit Hilfe der Röntgenstrahirn ermittelte man seinen Sitz unten in der Speiseröhre, nicht weit vom Magen. Man führte nun ein Instrument in die Speiseröhre ein, daS mit Klappen, die beim Einführen flach an» liegen und beim Emporziehen aufgehen, den Fremdkörper faßte und zog die Münze her­aus. N. fühlte sich sehr wohl, als man ihn im buchstäblichen Sinne deS Wortes um einen Thaler erleichtert hatte.

Berlin. Da das alte Reichstagsgebäude jetzt niedcrgclegt wird, so erscheint das Zu­sammentreffen der Abbruchsarbeiten mit dem Tode des Fürsten Bismarck, der in diesem Hause auch seine letzte parlamentarische Rede gehalten, mit Recht als ein merkwürdiges Ereignis.

Nach dem Testament des Fürsten Bismarck erhält, wie in den Blättern mit- geteilt wird, sein ältester Sohn Herbert die Majoratsgüter Schwarzenbrck, FrffhriHsruk