stieg. — Dir Eröffnung des Justizgebäudes ist auf SamStag den 11. Juni festgesetzt; Justizminister v. Breitling wird anwesend sein.
Niesern, 15. Mai. Die überaus schwüle Witterung des heutigen Nachmittags brachte dem Kaufmann Kramer hier unerwarteten Besuch, einen ersten Bienenschwarm. Soll das alte Sprichwort „Ein Bienenschwarm im Mai ist wert ein Fuder Heu" sich bewahrheiten, so muß die Witterung sich rasch zum Bessern wenden, so lange noch Aepfel- bäume und Wiesen in ihrem Blütenschmucke prangen, denn hält diese zweifelhafte Witterung noch lange an, so dürfte der 1898er Blütenhonig spärlich ausfallen. Hoffen wir das B-ste l
Bruchsal, 16 . Mai. Nur noch einige Tage trennen uns von dem Jubelfeste, das die hiesige Schützengesellschaft feiert. Die lOOsährige Bannerweihc, ein seltenes Fest führwahr I Wohl dürfte die hiesige Gesellschaft zu den ältesten in Deutschland zählen, finden sich doch noch Statuten anö dem Jahre 1522. Alles hilft zusammen, um ein würdiges Fest zu begehen und wenn der Wettergott uns hold ist, werden die Festtage am 22., 23. und 24. Mai uns viele Fremde
herbeiführen und schon heute verspricht, nach den eingegangcnen Zusagen, die Beteiligung am Festzug eine sehr rege zu werden. Die schönste Zierde unseres Festes ist der Gabentempel, der sich getrost neben jeden eines auch noch so reich dotierten Verbandsschießens hinstellen darf und einen Wert von mindestens 6000 repräsentiert. Wir sehen hier in reicher Auswahl neben dem prachtvollen silbernen Humpen Sr. kgl. Hoheit des Großherzogs von Baden zwei wertvolle Ehrengaben der Stadt Bruchsal, einen silbernen Humpen vom verehrt. Offizierkorpö deö 2. badischen Dragoner-Regiments Nr. 21 und viele werivolle Gaben von vielen hiesigen Vereinen und Gesellschaften, von Wirten und Privaten, während alle unsere Mitglieder eine geradezu staunenerregende Opferwilligkeit in Widmung herrlicher Ehrengaben an den Tag legten. Erwägt man noch dazu, daß der große Festplatz dank dem freundl. Entgegenkommen der Münchener Elektricitätö- werke mit Bogenlampen herrlich beleuchtet wird, so versprechen die Festtage wahrlich glänzende zu werden.
— (Falsche Hundegebisse.) Ein bekannter Zahnarzt i» London hat ein voll
kommenes Gebiß für seinen Hund angefertigt. Dieser nicht mehr in jugendlichem Alter stehend, hatte den größten Teil seiner „Hundszähne" eingebüßt, und es blieben ihm nur ein bis zwei Backenzähne in schlechtem Zustand. Nachdem der Zahnarzt das Tier chloroformiert und an seinen Kiefer Maß genommen hatte, fertigte er selbst die 24 nötigen Zähne an, setzte sie auf Platin und brachte den Apparat an seine Stelle. Der Hund erhob zuerst auf eine Weise Einspruch gegen das Gebiß, das ihm unbequem vorkam, aber bald, nach Verlauf einer Woche, hatte er sich vollkommen daran gewöhnt. Dieser Hund erregte auf der letzten Hunde- Ausstellung in London begreifliches Aussehen. Vielleicht bekommen wir auch bald einen kahlköpfigen Affen mit Perücke und eine kurzsichtige Katze mit Brille zu sehen.
Briefkasten.
Anfrage : Nichtwahr, der Wind geht dahin wo der Pfeil der Wetterfahne hinzeigt?
. H. N.
Antwort : Au n. Ll. Der Wind kommt «immer daher wo der Pfeil der Wetterfahne > hinzeigt.
In dev neuen Well.
Roman von P. Olleverio.
(Nachdruck verboten.)
7.
Ich ertrug Gertraud's oberflächliches Geschwätz so lange ich konnte, obgleich ich es sehr bald satt hatte, und nur mit Mühe verbarg ich mein Gähnen.
Endlich erhob ich mich, sagte ihr Adieu und ging; nur öffnete ich nicht die Thüre rechter Hand, wie ich eigentlich gesollt hätte, sondern wendete mich nach links und trat direkt in die Küche.
Marie, die Köchin, starrte mich mit großen Augen an, während Christa bis unter die Haarwurzeln errötete und ansing zu lachen.
Sie hatte sich eine allerliebste, weiße Latzschürze vorgedunden und die Aermel von den Armen zurückgestreift, die von Mehl bestäubt waren. Es war düs in meinen Augen ein ganz ungewöhnliches und äußerst pikantes Kostüm, das zu sehen ich nicht um die Welt hätte wissen mögen ; in Folge dessen bereute ich mein wenig ceremonielles Betragen auch keineswegs, obgleich ich dasür um Enschuldigung bat.
„Zürnen Sie mir nicht, Fräulein Christa," sagte ich, während ich ihr mit lobenswerter Ernsthaftigkeit die Hand schüttelte; ich wollte zu der HouSthür hinaus gehen und irrte mich, wie mir scheint. Doch nun ich einmal da bin, bitte, lasten Sie mich Ihnen Helsen."
„Sie können die Rosinen auskernen, Herr AuSbach," entgegnet Christa; „die sollen in unsern Pudding kommen. Ich will Sie nicht bitten, hier zu bleiben und ihn mit zu essen, aus Rücksicht für Ihren Gaumen." Dabei tanzten ihre Augen vor verhaltenem Lachen.
„O, das war eine ganz heimtückische Be- merkung," sagte ich; „und nun bleibe ich erst recht, es sei denn, sie weisen mir die Thür."
„DaS hängt ganz davon ab, wie Sie sich Verhallen," gab sie zurück; und das Leuchten ihrer braunen Augen verniet mir deutlich,
wie gut sie wußte, daß ich nicht durch Zufall, sondern absichtlich in die Küche gekommen war.
Inzwischen war ich bis zu einer weißen Porzellanschüssel vorgedrnngcn, obgleich ich nicht die entfernteste Ahnung hatte, was ich mit den darin liegenden Rosinen vornehmen sollte.
Marie hatte endlich die Lage der Dinge erfaßt und ging wieder an die Arbeit, bei der sie nur hin und wieder in sich hinein kicherte. Auch Christa that lehr geschäftig. Sie formte kleine Kuchen, schob sie in den Ofen, zog sie wieder heraus, — alles Das mit großer Gewandtheit — und lachte dabei über den ungeschickten Mann in der Ecke, den sie so völlig erobert hatte.
Nack einer Weile brachte sie mir ein kleines Erdbeertörtchen, und während ich dasselbe aß, sagte ich:
„Wie soll ich Fräulein Gertraud wieder gegenübenreten? Ich habe mich von ihr verabschiedet, und sie meint, ich sei fortge- gangen."
„Dafür gibt es einen Ausweg," antwortete Christa ruhig.
„Und der wäre?"
„Daß Sie auch wirklich gehen."
„Nun, das nenne ich schlecht," rief ich. „Sic machen sich me>ne unschuldige Bemerkung zu Nutze, um mir zu verstehen zu geben, daß Sie mich los sein wollen."
„Ich bin eben fertig mit meiner Arbeit und gehe selbst," sagte sie.
Ich freute mich über ihre ausweichende Antwort, bei der sie die Aermel herabstreifte und die Schürze abband.
Als auch ich mich erhob, erschien Frau Leonhard in der Thür und machte im ersten Moment ein beinahe ebenso erstauntes Gesicht, wie zuvor ihre Köchin Marie. Doch sie be-' sann sich schnell, daß wir in Neuseeland und nicht in Deutschland waren. Sie ließ meine Entschuldigung gelten und lachte ebenso freundlich wie Christa.
Frau Leonhard gefällt mir ungemein. Sie ist eine wahre, echte deutsche Hausfrau und obgleich sie kaum die Dreißig überschrit
ten hat, ist sie ihren jungen Schwägerinnen gegenüber fast wie eine Mutter.
Ich blieb zu Tisch da, duldete Gertraud's Geschwätz und plauderte mit Christa über ihre Bücher. Innerlich beschloß ich, ihr nächster Tage ein ganzes Packet voll zu bringen, aber ohne Titelblätter, welche einer geschickten Manipulation bedürfen.
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Es sind acht Tage her, seit ich zuletzt schrieb. Heute bin ich mit Christa und Gertraud Leonhard zusammen geritten. S>e wollten eben nach der Stadt reiten, als ich zu ihnen kam und als ihr Bruder viel zu lhun hatte, wurde beschlossen, daß ich sie statt seiner begleiten sollte.
Es war ein köstlicher Tag, ich vergaß für einige Zeit AllcS und fühlte mich wie im Paradies.
Christa sitzt prächtig zu Pferde. Wäre ich ihr Verlobter, wie stolz wollte ich auf sie sein! „Ihr Verlobter." Wir wollen sehen, was die Zeit bringt. Ich muß es abwarten und darf nicht weiter darüber nach- denken. Vorläufig stehe ich viel zu tief im Schatten, als daß ich an das Licht hcrvor- treten und ehrlich mit ihr reden könnte.
Gertraud war wie immer: — hübsch, etwas geziert und ganz von ihrer eigenen Person erfüllt. Was Magdalcne nur an ihr findet? Und mehr noch, was Martha an Magdalene findet.? Doch trotz all' meiner Bemühungen ist diese seltsame Freundschaft in vollstem Flor.
Als ich eben diese Worte niedergeschrieben hatte, trat Magdalene tn's Zimmer und schloß die Thür hinter sich. Sie warf sich in den Lehnstuhl am Kamin und fing an zu pfeifen, — pfeifen gehört zu MagdalenenS besonderen Talenten. Ich glaube, sie hatte sich eben zu Bett legen wollen, als ihr der Gedanke kam, mir einen so ungewöhnlichen Besuch abzustatten. Jedenfalls hat sie das Chignon abgenommen, so daß ihr das kurze, lockige Haar, lose um den Nacken siel, und in der einen Hand hielt sic die dicke, falsche Flechte, welche sie immer trägt.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion. Druck und Verlag von Beruh, Hofmauu tu Wildhgd.