Plata (San Domingo) von beute: Beamte von Domingo berichten, daß eine scharfe Kanonade bei Monte Christi gehört wurde. Man glaubt, das Geschwader de« Admirals Eampson sei mit der spanischen Flotte, welche von den Capverdischen Inseln kam, in ein Gefecht verwickelt worden. Die Kanonade habe gegen 9 Uhr Vormittags begonnen.
Verschiedenes.
— Der erste Klient. Unter dieser Spitz- markc erzählt der „Vorwärts" : Im Hause eines reichen Kaufmanns fand eine glänzende Gesellschaft statt. Einer der Gäste, ein berühmter Rechtsanwalt, machte den Anwesenden interessante Milteilungen über seine glänzende Laufbahn. Als ich meine erste Verteidigung übernahm", bemerkte er u. a., „befaß ich meine jetzige Ruhe und Kaltblütigkeit noch nicht, ich war im Gegenteil äußerst nervös und aufgeregt. Es war freilich auch ein verzwickter Fall. Mein Klient war nämlich ein so durchtriebener Schurke, ein Hallunke, von dessen Schuld ich so überzeugt war, wie jeder andere. Indessen, er stammte aus einer angesehenen Familie. Nun. ich war damals ein Anfänger, aber ein Feuer
geist, ich übernahm den Fall, setzte meine beste Kraft daran und schwindelte den Lumpen glücklich durch. Was später aus ihm geworden ist, weiß ich nicht. Mir ist er nicht mehr unter die Finger gekommen." — Als die Tafel eben aufgehoben werden sollte, traf noch ein auswärtiger, verspäteter Gast ein, ein stattlicher Herrr mit sehr viel Selbstbewußtfein, den der Hausherr als seinen besonderen Freund bezeichnte und feinen übrigen Gästen vorstellte. Als die Namen der letzteren genannt wurden und die Reihe an den Rechtsanwalt kam, bemerkte der Fremde mit gönnerhafter Miene und weithin vernehmlicher Stimme: „O, uns beide brauchen Sie nicht miteinander bekannt zu machen, wir haben schon einmal im Leben mit einander zu thun gehabt. Ja, ich darf wohl sagen, mir verdankt der Herr seine ersten Lorbeeren. Wer weiß, ob er das geworden wäre, was er jetzt ist, wenn ich ihm nicht zu einem glücklichen Anfang verholfen hätte. Ich war nämlich sein erster Klient."
— Ein Witzwort Bismarcks, das noch nicht allgemein bekannt ist, wird der T. R. mitgeteilt. Als der Fürst bevor er in die Be- andlung SchweningkrS kam, wieder einmal
kränkelte, entstand das Gerücht, er werde für einige Zeit sich nach Aegypten begeben. Ein Mitglied des Herrenhauses erkundigte sich bei dem Kanzler selbst, ob er tatsächlich diese Absicht babe. „Gar nicht unmöglich", lautetet« die Antwort. „Das Kameel, das dieses Gerücht verbreitet hat, nehme ich natürlich mit."
* »
— (Erdkohlrabi mit Schweinefleisch.) Erdkohlrabi, auch Dorschen genannt, sind bekanntlich ein langhaltbarcS Winlergemüse, das auch im Frühjahr die noch zu teueren Erstlings-Garten-Erzeugnifse gut vertritt.
2 mittelgroße Knollen werden gewaschen, geschält, erst in messerrückcndicke Scheiben, dann beliebig länglich, oder in viereckige Stückchen geschnitten, in fchwachgesalzenem Wasser halbweich gekocht und deren Brühe, die ihren reichlichen Znckerstoff enthält, mit ganz Hellem Einbrenn, aus eigroß gutem Fett und 2 Kvchlöffelchen Mehl gebunden. Nach Belieben kocht man nun darin ein Stück Schweinefleisch mit, schmeckt das Gemüse mit etwas Pfeffer, Muskatnuß und 2 Theelöffel- chen Maggi ab und richtet die sehr kräftige Mahlzeit an. Th. H.
ZN der: neuen Well.
Roman von P. Olleverio.
(Nachdruck verboten.)
4.
Ich will versuchen, meine Schwester in ihrer ganzen Schönheit und blühenden Jugendfrische zu schildern. Sie hatte prächtiges, goldblondes Haar, dick und glänzend wie Atlas, Augen wie zwei Stückchen tiefblauen, lachenden Himmels und ein paar rotschwellende Lippen wie die eines unschuldigen Kindes. Sie war die größte von uns Allen und in meinen Augen die „Königin im Rosengarten der Mädchen.*
Fanny war kleiner als Gertraud und hätte fast untersetzt werden können. Sie hatte dunkles Haar und ein blasses Gesicht mit so mildem, freundlichem Ausdruck, daß ein Jeder sie beim ersten Anblick lieb gewann. Oskar war blond, ziemlich mager und äußerst gutmütig.
Und ich? — Wenn ich in den Spiegel blickte, sah ich ein schmales, kleines, farbloses Gesicht, dunkleres Haar als das Gertrauds und eine Gestalt, welche Gertraud für zu plumperklärte, als daß sie hätte elegant fein können.
Das wären also unsere Familienpor- traitS.
Gertraud und ich ritten häufig spazieren, gewöhnlich mit Oskar, zuweilen auch ohne ihn, und eines Tags machten wir uns Aus- bach's Haus zum Ziel, um den Besuch der Geschwister zu erwidern. Fanny bat uns, sie zu entschuldigen, da sie sich nicht kräftig genug fühle, uns zu begleiten.
„Bleibt nicht zu lange dort,* sagte sie, in das Zimmer tretend, wo wir uns für den Ritt bereit machten. „Und werdet nicht zu inlim mit Magdalene AuSbach, Mir hat ihr Wesen durchaus nicht gefallen, und es machte mir neulich den Eindruck, als ob sie Euch ihre Gesellschaft mehr schenken wollte, als uns lieb fein kann."
Gertraud suchte in ihrer Schublade nach ein paar Reithandschuhen und entgegnete nichts auf diese Bemerkung unserer Schwägerin.
„Wir werden sehr brave Kinder sein und zeitig zurückkommen," antwortete ich lachend, während ich mir vor dem Spiegel den Hut aussetzte.
„Herr AuSbach scheint mir ein durchaus feiner Mann zu sein, seine Schwester aber nichts weniger als eine feine Dame," fuhr Fanny sinnend und mehr zu sich selbst als zu uns sprechend, fort: „Ich möchte wissen, wer sie eigentlich sind und woher sie kommen."
Gertraud wendete sich um, das Gesicht gerötet von der Anstrengung, welche ihr ein widerspenstiger Knopf an ihrem Handschuh bereitet hatte und sagte:
„Das versichere ich Dir, Fanny, eS wird mir niemals einfallen, mich lächerlichen Vorurteilen zu fügen. Hier zu Lande — wie Oskar erst gestern bemerkte — ist es das Beste, mit den Nachbarsleuten Freundschatt zu halten, und wenn mich Fräulein Ausdach auffordert, heute Abend den Thee mit ihnen zu trinken, so bleibe ich."
Fanny entgegnete nichts darauf, sie fühlte sich von Gertrauds rücksichtsloser Bemerkung sichtlich verletzt.
Gleichzeitig rief auch unS Oskar zu, wir sollten uns beeilen, und so wurde kein Wort Weiler mit Fanny gewechselt, als ein hastiges „Adieu.*
Ich glaube, Gertraud sah zu Pferde nicht so hübsch aus wie sonst. Sie saß nicht gerade im Sattel und ihre Figur war zu schmächtig, um sich im Reilkleid vorteilhaft zu zeigen. Helle Mousselinkleider oder W.S sonst die Farbe ihre-HaarcS und ihrer Augen hob, standen ihr am besten. Vielleicht wußte sie das und war deshalb so schlechter Stimmung während unseres Rittes.
Doch als wir Fernyhurst — so hieß der Fleck, wo Ausbachs wohnten — erreicht hatten, war sie wieder ganz sie selbst. Bevor wir bis an das Haus gelangten, deutele sie mit der Gerte nach einer blau gekleideten Gestalt, die durch den Garten ging, und meinte, sie glaube sicher, das sei Magdalene Ausbach.
3. Kapitel.
Gertraud hatte sich nicht getänscht. Auch
Fräulein AuSbach hatte uns bemerkt und kam uns an der Gartenthür entgegen.
Sie empfing uns außerordentlich liebenswürdig, und nachdem die ersten Begrüßungen vorüber waren, legte sich Gertrauds Arm in den ihrigen und zog sie mit sich fort in den Garten.
Oskar und ich traten in das Haus, um Herrn AuSbach zu begrüßen, der im Wohnzimmer auf dem Sopha lag, seine Cigarre rauchte und Zeitungen las.
Bei unserem Hereinlreten sprang er auf, warf das Blatt aus den Tisch und die Cigarre ins Feuer, worauf er sich mit einer Entschuldigung an mich wendete. Störte mich der Cigarrenrauch? Wäre es mir angenehm, wenn er das Fenster öffnete? Over zöge ich es vor, auf der Veranda zu sitzen?
Ich lehnte beide Anerbietungen ab und folgte seiner Aufforderung, vor dem Kamin in dem behaglichen Lehnstuhl Platz zu nehmen, — augenscheinlich dem Ehrcnsttz, denn er war das einzige Stück Möbel in dem ganzen Zimmer.
Unser Wirt setzte sich mir gegenüber. Er zeigte sich herzlich erfreut, uns zu sehen, und obgleich er mir bei unserem Zusammensein stets den Eindruck machte, als ob er jungen Damen gegenüber im Allgemeinen recht blasiert wäre, so ließ es sich doch nicht verkennen, daß er sich mir angenehm zu machen suchte.
Bei diesem unserem dritte» Beisammensein stand es in meinem Innern auch fest, daß er bei Weitem der stattlichste Mann unserer Bekanntschaft war und fei» gewandtes, vornehmes Wesen wurde mir mit jedem Male, wo ich ihn sah, anziehender.
Zum Lobe seines Wohnzimmers kann ich leider nicht viel sagen. Es war sehr einfach, beinahe ärmlich möbliert. Hätte ich meine heimatlichen Ideen von Luxus nicht bereits zum Teil verloren gehabt, so würde ich es sicher für geradezu erbärmlich erklärt haben.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag »»« Beruh. H» smaun t» Wilddad.