Rundschau.

Stuttgart, 6. Mai. In der Gewerbe- Halle wird vom 17. d. MtS. bis 4. Ju»! eine größere alle Teile des Reklamewesens umfassende Ausstellung abgehalten werden.

Nagold, 6. Mai. Die Entgleisungen der Nagold-Altensteiger Eisenbahn mehren sich in unheimlicher Weise. Nachdem eine solche vor etlichen Monaten am Wolfsberg, glücklicherweise gegen die Bergseile, vor ca 8 Tagen unweit der Oelfabrik vorgekommen, entgleiste henle Vormittag vor 12 Uhr un­weit hiesiger Stadt die MaschineAltensteig" infolge Bruchs einer Feder und rannte sich im Straßengraben fest. Der Bremser kam mit einer Schenkelquctschung, welche er durch heftigen Anprall und das Zusammenknicken dcr Steisknppel mit Eindrücken des Schutzblechs vor dem Personenwagen erhielt, die Reisen­den aber kamen mit dem Schrecken davon. Allgemein wird die Befürchtung ausgesprochen, daß diese häufig vorkommenden kleineren Un­fälle nur Warnungszeichen seien und eine größere Katastrophe bei der vorhandenen Bahn« anlage keineswegs zu den Unmöglichkeiten ge­höre. Es trüge zur Beruhigung der Reisen- * den wesentlich bei, wenn die belr. VerkehrS- einrichtung durch eine Kommission tüchtiger Ingenieure einer genauen Prüfung unter­worfen und durch dieselbe Vorschläge zur Verbesserung, welchen die Ausführung bald folgen sollte, gemacht würden.

Nagold, 8. Mai. Die heute hier ab­gehaltene Wählerversammlung des Bundes der Lanrwirte stellte, um der deutschen Partei entgegenzukommen, den Ob-rbourat Ehmann von Stuttgart als Kandidaten für den Reichs­tag auf. W nn die duelsche Partei nicht mit dem Bunde der Landwirte gehen will, wirb der Landtagsabgeordnele Schrempf als Kandi­dat des Bundes der Landwirte auftreten.

Calw, 6. Mai. Ein gräßlicher Unglücks­fall ereignete sich gestern Abend in der Fabrik von Staelin in Kcnlheim. Ein Arbeiter, Bernh. Pfrommer, 24 Jahre alt und erst seit kurzem verheiratet, benützte bei einer Ar­beit entgegen der Vorschrift den Aufzug. Beim Hinauffahren machte er einige Bemerkungen zu einem untenstehenden Jpser, wobei er den Kopf vorbeugte. Am Uedergang zum andern Stockwerk wurde ihm das Genick adgedrückt, worauf der Tod sofort einlrat.

Freudenstadt, 4 Mai. Das Gauturn­fest des oberen Schwarzwaldgaues wird dieses Jahr zu Anfang des MonalS Juli hier statt­finden. Da nnsere Stadt die Turnsache, wie überall bekannt, stets hoch in Ehren hält, so wird sic sich sehr angelegen sein lassen, den fremden Turnern den Aufenthalt in ihren Mauern so anngenehm als möglich zu be­reiten.

Ravensburg, 7. Mai. Wie der.Ober. Sinz." au« sicherer Quelle erfährt, Hai der bisherige Präsident des Reichstags, Landge- richtSrat v. Buol Beerenberg auf das be­stimmteste erklärt, für die nächste Reichslags­periode eine Kandidatur nicht wieder anzu­nehmen.

Ulm, 5- Mai. Der des Mordes an der Fräulein Neuß verdächtige 26 Jahre alte ledige Maurergeselle Friedrich Mayer, von Ulm, wohnhaft in Ehrenstein, wurde gestern von der Strafkammer wegen Blutschande zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt, dessen 2 Jahre ältere Schwester zu 6 Mo­naten Gefängnis und die Mutter beider wegen Kuppelei zu l Jahr 3 Monaten Zuchthaus

und 5 Jahren Ehrverlust. Der May-rwar in dem Jahr der Ermordung der Fräulein Reuß Soldat in Ingolstadt und schon da­mals verdächtig, das scheußliche Verbrechen begangen zu haben. Jetzt sollen sich in der Voruntersuchung neue gravierende Verdachts­momente gegen denselben ergeben haben.

Schönwald (Badischer Schwarzwald), 5. Mai. Der Gründer des jährlich von Tausen­den besnch'eu Höbe Luftkurorts Schönwald und Besitzer des dortigen Kurhotels, Eduard NieSie, ist kurz vor Beginn der Saison im Alter von 56 Jahren gestorben.

Landshausen, A. Eppingen, 5 Mai. Ein zu Besuch bei einem hiesigen Bürger befindlicher Knabe klagte über Zahnschmerzen. Der Onkel des Knaben holte einen Revolver und sagte im Scherze, er wolle den Zahn herausschießen. Der Schuß ging los und traf den Knaben in die Wange, wo die Kugel sich festsetztc. Bis heute Abend konnte dieselbe noch nicht entfernt werden und be­findet sich der Knabe noch in Lebensgefahr. Der unvorsichtige Schütze zeigte sich selbst dem Bürgcrmeisteramte an.

Grenzach , 4. Mai. Ein 14jähriges Mädchen war feit einigen Jahren bei Ver­wandten hier in Pflege gegeben. Nun wollte der Vater das Mädchen zu Hause haben; dieses hatte jedoch einen solchen Widerwillen gegen seine Stiefmutter, daß eS beschloß, sich das Leben zu nehmen. Es überreichte einem Fuhrmann einen Brief, und während dieser im Fortfahrcn denselben las, warf sich das Mädchen unter den ca. 60 Zentner schweren Wagen. Es wurden ihm aber nur beide Beine überfahren und die Verletzungen sind verhältnismäßig leichte. Das Mädchen ist außerordentlich begabt, ein Muster an Fleiß und Gehorsam und wird allgemein bedauert.

Berlin, 6. Mai. Die laufende Legis­laturperiode dcS Reichstages wurde um 10 Uhr im Weißen Saal des königlichen Schlosses durch den Kaiser geschlossen. Nach dem Auf­marsch der Schloßgaroekompagnie erschien mit großem Vorteilt und zahlreichem Gefolge der Kaiser in der Uniform der Garde du Corps mir dem Bande des Schwarzen Adler­ordens. Präsident v. Buol brachte ein Hoch aus den Kaiser aus. Der Kaiser trat vor den Thronsessel, bedeckte das Haupt mit dem Helme, nahm auS den Händen dcS Reichs­kanzlers die Thronrede entgegen und verlas sie mit lauter Stimme, vielfach von Beifall unterbrochen. Die Stellen von den fried­lichen Beziehungen zu allen Mächten und unserer Stellungnahme zu dem spanisch­amerikanischen Kriege, der Stärkung der Landwirtschaft und des Handels, sowie der Schluß der Rede wurde von besonders lauten Bravorufen begleitet. Der bayerische Bun- desbevollmächligte Graf Lerchenfeld brachte nunmehr ein Hoch auf den Kaiser aus, in das die Anwesenden begeistert einstimmlen.

Ein Gefangener von 1870. In der Puzvinz Sachsen wurden während der Jahre 1870/71 viele gefangene Franzosen mit Feld­arbeit beschäftigt. Einer davon, Namens Jean Chcm, der auf dem Rittergute Burg- h-ßter als Arbeiter zurückgeblieben und seit­dem dort ununterbrochen in Arbeit gewesen ist, wurde bei der dieser Tage in Burgheßler erfolgten Dienstbotenauszeichnung mit einem Preise für mehr als 25jShrigr Dienstzeit in Stelle bedacht.

Eine hundeleere Stadt. Eine Stadt

ohne Hunde soll augenblicklich derO'tPisek i» Böhmen sein, der an der Wo tawa, einem Nebenflüsse der Moldau, getegcy ist. Infolge eines Todesfall»s an Hundswut machte die städtische Behörde kurzen Prozeß und ver- ordnete, daß sämtliche Hunde gelötet werden sollten. Höchst wahrscheinlich hat die Stadt dadurch die Auszeichnung erhalten, die einzige hundeloft in der Welt zu sein; ob sie es auch lauge »leiben wird, ist allerdings fraglich.

Brüssel, 7. Mai. Als die Königin ge­stern eine Spazierfahrt in dem Park von Laeden machie, stürzte das Fuhrwerk an eimr scharfen Biegung des Weges in einen Teich. Die Königin wurde, da sofort Hilfe zur Stelle war, ohne Schaden zu nehmen, aus ihrer kritischen Lage befreit.

Jaterlaken, 7. Mai. (Erdbeben.) Ge­stern nachmittag fand hier ei» zwei Srkunden dauerndes heftiges Erdbeben statt.

Paris, 3. Mai. (Ein Ende mit Schrecken.) Aus Beauvais wird gemeldet, daß dort ein Trunkenbold von Schweinen gefressen worben sei. Der Taglöhner Bonhomme zechte mit zwei Kameraden und war schließlich so de- irunken, daß ec sofort seinen Rausch aus- schlafen mutzte. Er stieg aus einen Heuboden und verfiel da in drr Nähe deö auf den Schwkinestall mündenden Fensters in tiefen Schlaf. Dieser muß sehr unruhig gewesen sein, denn Bonhomme fiel durch das Fenster in den Schweinestall und die Schweine warfen sich sofort aus ihn. Am Morgen fand man nur noch die Beine des Trunkenboldes ; der Kopf, der Rumpf und die Arme waren be­reits von den Schweinen gefressen,

Newyork, 7. Mai. Einer Dcpische der New-Iorker World aus Hongkong zufolge traf dort aus Manila der überfällige ameri­kanische Aviso Maccullock ein und meldet über frühere Schlach!, daß die gesamte span. Flotte, elf Schiffe zerstört, dreihundert Spanier gelötet, vierhundert verwuntet, sechs Amcnkaner verwundet, kein amerikanisches Schiffb »schädigt sei.

Madrid, 7. Mai. Eine Depesche von der Insel Labuan meldet: Die Spanier nah­men Panay, d n Haupiplatz des Aufstandes auf den Philippinen, der von 4000 Mann verteidigt wurde. Die Aufständischen ließen 172 Tode aus dem P'atze und verloren etwa 500 auf dem Rückzuge. Panay ist zerstört, waS alS sehr wichtig für die Wiederherstell­ung der Ruh- aus der Insel Panay ange­sehen wird. Auf spanischer Seite wurden 2 Offiziere und 24 Soldaten verwundel.

Newyork, 7. Mai. Hier ist Befehl ein­gegangen, alle vertügbaren Schiffe behuss Beförderung von 40,000 Mann zu chartern. Die Schiffe müssen innerhalb 5 Tagen in Keywest eintreffen. Man schließt daraus auf rine wichtige Aenderung de- strategischen Plans jür die Invasion aus Cuba. Eb-nso wurde die sofortige Entsendung einer großen Menge von Lebensmitteln von Chicago nach Chatta« nooza (Tennessee) befohlen. Nach einer Meldung derWorld" aus Tampa lief dort die Nachricht ein, daß der amerikanische Ma­jor Smith, welcher am 24. April in Puerto de Caibarien auf der Südküste von Cuba landete, um eine Anzahl Zenungskorrespon» denken in das Lager beS Jusurg-ntenführers Maximo Gomcz zu aeletten in Haft genom­men und enthanpl.i wurde. DaS Schicksal der Zeitungskorrc p> d-ittcn ist unbekannt.

New Aork, 8 Mai OieWorld" der- öffentlich! Nachfolgen'e D g-ammausPucrth