Rundschau.

Stuttgart, 5. Mai. (Vom Hofe.) Siche rem Vernehmen desS. M." nach fand heute in Wels die Verlobung der Herzogin Olga, Tochter der Herzogin Wera von Würt­temberg, mit dem Prinzen Max zu Schaum- burg-Lippe, Premierlieut. im Ul.-Rgt. Nr. 20 in Ludwigsburg, und Bruder der Königin, statt. Die Braut steht im 23 (qeb^ 1. März 1876) und der Bräutigam im 28. Lebens­jahr (geb. 13. März 1871). Bekanntlich ist die Schwester der Braut, Herzogin Elsa, mit dem Bruder deS Bräutigams Prinzen Albrccht zu Schaumburg-Lippe, in Wels ver­mählt.

Stuttgart, 4. Mai. (Vom Landtag.) Aller Voraussicht nach wird Württemberg bald dem Beispiel von Bayern und Baben folgen und auch ein Gesetz erlassen, wonach Bier nur aus Hopfen, Malz, Hefe u. Wasser bestehen darf. In diesem Sinne sprach sich heute der neue Finanzminister Dr. v. Zeyer auf eine vom Zentrum gestellte Anfrage aus. Dann kam wieder einmal das Schmerzens­kind unserer Finanzverwaltung, der versoffene Schachtbau des Kochendorfer Steinsalzberg­werks, in der Kammer zur Sprache. Es ist kein Wunder, daß man in Abgeordnetenkreisen etwas nervös geworden ist und das Vertrauen zu den Sachverständigen verloren hat, welche immer wieder empfehlen, die Versuche, des Wassers Herr zu werden, fortzusetzen, aber bis jetzt noch nicht den geringsten Erfolg er zielt haben. Jetzt hat man wieder an der gleichen Stelle mit neuen Bohrversuchen be­gonnen und die Verwaltung verspricht sich davon bis zum Oklobrr Erfolg. Die De­batte über die Frage zog sich ziemlich lange hin und seitens der Abg. Hähnle und Rem- bold wurden gegen den Vorstand des Berg­werks, Direktor v. Baur, rin ziemlich heftiger Ton angeschlagen, dem dieser einen unver- »östlichen Optimismus um das glückliche Gelingen des Unternehmens entgegensteckt und Kochendorf als den besten Bohrgrund be­zeichnet, Die Kosten der Bekämpfung der Wasserkalastiophe belaufen sich bis jetzt berttlS auf 1 068 000 -/A und mit einem wetteren Aufwand von 200 000 ^ denkt man die Sache ins Leben zu bringen. Man ist aber, wie gesagt, in Abgcordnetenkretsen etwas skeptisch geworden und so wurde auf jeden Fall die Regierung darauf angewiesen, noch neue Sachverständige beizuziehen neben solchen, weiche f. Zi. die Bohrungen in Kochendorf besürworter hatten.

Stuttgart, 4. Mai. Zur leichteren Orientierung deS Pubkikums, namentlich auf den Anschlußstationen, sind seit 1. Mai auf sämtlichen württ. Bahnlinien dte in den fahr­planmäßigen Zügen laufenden Personenwagen, soweit sie nicht blos zur zeitweiligen oder streckenweise Verstärkung der ZugSausrüst- ungen dienen, RichtungSiafeln angebracht, auf denen die Ausgangs- und Endstationen des Wagenlaufs angegeben sind-

Ludwigsburg, 2. Mat. Vorgestern Nacht hatte der Metzger und Wirt M. von hier das Unglück, daß ihm in seinem Keller an einem sechseimrigen Weinfaß der Kvpfreif sprang und der ganze Inhalt deS Fasses auf den Boden lief, so daß dem Mann ein be­deutender Schaden entstand.

Calw, 4. Mai. Heute abend wurde dem Ehrenvorstand des hiesigen Turnvereins, Kaufmann Emil Georgii, anläßlich seines 70. Geburtstags und 50jährigen Jubiläums

als Vorstand der hiesigen Turngemeinde seitens der Turnerschaft ein glänzender Fackelzug vor seiner Wohnung dargebracht.

Tübingen, 2. Mai. (Maifeier.) Die alte Eilte der hiesigen Studentenschaft, nachts 12 Uhr re» Eintritt des Mai anzukündigen, wurde auch in diesem Jahre wieder einge- halten. Schlag 12 Uhr zog eine stattliche Zahl Studierendir mit vollen Gläsern in der Hand auf den Markt und sang aus jugendfrifcher Kehle:Der Mai ist gekom­men, die Bäume schlagen aus". Hieraus wurde ein Salamander gerieben und sämt­liche Gläser auf dem Marktbrunnen zusam- wengeschlagen, womit der Akt sein Ende er­reichte.

Oehrillgen, 3. Mai. (Maikäferplage.) Nachdem im letzten Herbst die Blutlaus an unseren verhagelten Obstbäumen schweren Schaden angerichtet hat, gesell! sich seit einigen Tagen ein weiterer Feind hinzu: der Mai­käfer. Er tritt in unserer Gegend so massen­haft auf, daß das wenige Laub unserer kranken Bäume nicht zu seinem Unterhalt ausreicht, daher macht er sich an die Repsfelder, die von der Menge rer Maikäfer ganz braun aussehen. Die hiesige Stadt zahlt für daS Simrt eingelicfeNkr Maikäfer 50 ^ Die Schulkinder erhalten in den Morgenstunden Vakanz, damit sie sich am Sammeln dieses schädlichen Insekt« beteiligen können.

Geislingen a. St-, 4. Mai. (Schult- heißenwahl.) Bei der gestern im nahen Ey- bach vorgenommenen Schultheißenwahl erhielt der einzige Kandidat um diese Stelle, Herr Schultheiß und Verwaliungsaktuar Güniher in Ernsbach, OA. Oehringen, alle abgege­benen 78 Stimmen.

In Neudorf bei Straßburg kam ge­stern der seltsame Fall vor, daß ein Mann von einem Schwein gelötet wurde. Der Mann wollte einen selbstaufgezogenen alten Eber schlachten. Dabei kam der Knecht den Fang­zähnen deS sehr böSariigen TiercS zu nahe; eS schlitzte ihm fast den ganzen Oberschenkel auf, sodaß der Tod durch Verbluten eintrat. Obwohl man schleunigst den Krankenwagen des Spitals hole» ließ, um den Verwunde­ten dorthin bringen zu können, trat doch wie­der Erwarten der Tod schon vorher ein, und an Stelle des Krankenwagens, der wied«r zurückfuhr, ließ man jetzt ren Totenwagen kommen.

Belberk, 3. Mai. Ein beim Umzüge achtlos fortgeworfenes Fläschchen mit Schwefel­säure siel dem dreijährigen Sohn des Schlossers Basten in die Hände. Der Kleine trank den Inhalt und verbrannte sich die Speiseröhre und Magen derart, daß er nach kurzer Zen starb.

EinScherz" und seine Folgen.

Dem Sohn eines Berliner Schlächtermeisters, Paul Eichler, passierte im Juni 1897 das Unglück, gelegentlich eines Scherzes den En- gros-Schlächtcrmeister Edwin Schulz in der .Flora" zu Charlottenburg zu erschießen. Eichler, der zu einer Gefängnisstrafe von neun Monaten verurteilt worden war, hat nun im Gnadenwege eine Ermäßigung der Strafe auf drei Monate erwirkt. Von der Wittwe und den Kindern des Verstorbenen auf Schadenersatz verklagt, ist Paul Eichler, wie dieAllg. Fl.-Ztg." mittcilt, verurteilt worden, an die Wittwe eine jährliche Rente von 1500 Mk., an die beiden ältesten, 11 und 13 Jahre alten Kinder bis zum 14. Lebensjahre derjelden je eine Rente von 900

Mk. jährlich und vom 14. bis zum 21. Lebensjahre je eine Re nie von 1000 Mk. jährlich zu zahlen. Ferner ist er verurteilt, für das dritte, gegenwärtig drei Jahre alte Kind, bis zu dessen 10. Lebensjahre eine JahreSreme von 700 Mk., für die Zeit vom 10. bis 14. Lebensjahre eine solche von 900 Mk. und von da bis zum 21ten Lebensjahre eine solche von 1000 Mark zu zahlen.

London, 4. Mai. Die .Times" meldet aus New Jork, Mac Kinl-Y habe die Absicht kundgegeben, dte Philippinen bis zum Schluß des Kriegs zu behalten. Er habe dazu be­merkt, die Regierung beabsichtige nicht, die­selben zum bleibenden Besitztum Amerikas zu machen. Denn wenn Spanien die Kriegs­entschädigung nicht zahlen werde, würden die Philippinen an eine europäische Macht, wahr­scheinlich an England, verkauft werden.

Paris, 4. Mai. Nach Meldungen des Maliu" werden in Madrid anhaltend Ge­rüchte verbreitet, wonach die Amerikaner bei Cavite und Manila Brandgranaten geworfen hätten. Es heißt sogar, diese Geschosse seien mit einer grünen Masse überzogen gewesen. Solche Gerüchte tragen zur Erbitterung der Gemüter bei. Dasselbe Blatt erfährt aus Kuba, die Lage der spanischen Soldaten sei äußerst elend. Vorige Woche seien in Man- zanilla an der Südküste zahlreiche Soldaten infolge von Entbehrungen oder mangelhafter Pflege gestorben. Man bemerkte, wie die Soldaten auf den Straßen aus ihre kümmer­lichen Rationen warteten, die sie dann mit Heißhunger verzehrten. Die Mannschaften jeien nur mehr mit Fetzen bedeckt und seien infolge ihrer elenden Behandlung völlig ent­mutigt. In Havana ist die Wegschaffung von Lebensmittel» außerhalb der Stadt ver­boten worden. Das amerikanische Geschwa­der hat am Montag Abend seine Stellung gegenüber dem Fort Morro wieder einge­nommen.

In Neapel hat sich, wie italienische Blätter berichten, am 19. April ein fast un­glaublicher Vorfall ereignet. Ein 5jährigeS Mädchen rannte einem 4jährigen Knaben, mit dem es während deS Spiels in Streit geraten war, einen Nagel in den Leib, so daß dem Kinde die Leber durchbohrt wurde. Die Aerztr nahmen sofort die Laporatomie vor, aber der Knabe hielt die Operation nicht aus und starb.

Ein fürsorglicher Briefträger. In dem Postamt einer benachbarten kleinen Stadt sortierte eines frühen Morgens ein Land- briesträger die ihm zur Bestellung übergebenen Briefe und fand unter ihnen eine Postkarte, auf welcher eine Freundin der Frau Pfarrerin in dem 1^/, Stunden entfernten Dorfe ihren Besuch für denselben Tag anzeigtc. Der Landbrieflräger las die Karte, kaufte frische Weißbrötchen, nahm sie mit in das Pfarr­haus und sagte der Hausfrau:Frau Pfar<» rerin, Sic bekommen Besuch, und da habe ich Ihnen gleich etwas Weißbrot mitgebracht; es wird Ihnen wohl angenehm sein." Diese Annahme des Landbr>efträgerS traf zu; die Frau Pfarrerin freute sich sehr über die vorsorgliche Beigabe zum Kafieetisch und dankte dem Postboten herzlich.

(Instruktion.) Herr:Ach Sie, Mus­ketier, halten Sie doch, bitte, einen Augen­blick meinen Hund !" Soldat:Das kann ich nicht; dem gemein.'» Soldaten ist daS Halten von Hunde» u .c sigt l"