Aus Stadt und Land

Calw, den 28. Dezember 1929.

Dezembertag.

Alt geworden bist du, grünes Jahr, bist schon welk und trägst schon Schnee tm Haar, gehst schon inlid und hast den Tod im Schritt ich begleite dich. Ich sterbe mit.

Wie viel Aeste brachen mir im Wind, deren Narben nun mein Panzer sind!

Wie viel bittere Tode starb ich schon:

Neugeburt mar jedes Todes Lohnt Sei willkommen, Tod, du dunkles Tor.

Jenseits leuchtet hell des Lebens Chor.

Hermann Hesse.

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Weihnachtsfeier des Eisenbahnsingchors Calw.

Am ersten Weihnachtsfeiertag beging der Eisenbahusing- chor Calw mit seinen Angehörigen im Saale desBadischen Hofes" seine Weihnachtsfeier. Vorstand Mößner sen. be­grüßte die überaus zahlreich erschienenen Angehörigen und Gäste. Den Reigen der Darbietungen erösfnete eine Abtei­lung der Stadtkapell« mit einem flott gespielten Marsch. Unter der bewährten Leitung von Musikdirektor Frank erfreute diese Kapelle tm Verlaufe der Feier noch manches­mal das Ohr der Zuhörer. Besonders stürmischen Beifall errang ein Xylophonsolo, das auf Wunsch Aller wiederholt ivurde. Mit den Klängen der Stadtkapell« wechselten die Gesangsvorträge des Gemischten- und Männerchors. Diese Gesangsvorträge wurden mit wachsendem Beifall ausgenom­men. Sie zeigten den Anwesenden die beachtliche Höhe, die der Singchor trotz der dlenstl. Abhaltungen seiner Mitglieder er­reicht hat. Er verdankt dies in erster Linie der eifrigen Tä­tigkeit seines fähigen Dirigenten Lehrer Albert Fischer. Zwei Theaterstücke vervollständigten die Darbietungen. Drollig und sicher wurdeDas Zwergendorf tm Weihnachts­wald" von seinen jugendlichen Darstellern dargeboten und großen Anklang fand ein nachfolgendes Lustspiel. Der Ab­schluß der Feier brachte daS von der Jugend sehnltchst erwar­tet« Tänzchen. Gerne werden sich die Teilnehmer an der Weihnachtsfeier des Eisenbahnstngchors Calw der genuß­reichen Stunden erinnern.

Weihnachtsfeier des Liederkranz Simmozheim.

Am letzten Sonntag hielt der Liederkranz Simmozheim seine heurige Weihnachtsfeier tm Gasthaus zum Lamm ab. Die Feier war sehr gut besucht und nahm einen schöne» Verlauf. Vorstand Sedel mater begrüßte eingangs die zahlreich Erschienenen, worauf die ChöreBrüder reicht die Hand zum Bunde" undEs ist ei» Ros entsprungen" gesungen wurden. Es folgte dann die Aufführung des WeihnachtsthcatcrstücksDer Bergschmied" und der beiden schwäbischen SchwänkeAellas wegara Goiß" undD'r Sängerschorsch" von Siber. Sämtliche Stücke wurden gut gespielt und fanden verdienten Beifall. Besonders riß der ganz originelleSängerschorsch" zu wahren Lachsalven hin. die kein Ende nehmen wollten. Die beiden ChöreStu- denten-Nachtigall" und der Strauß-KonzcrtwalzerAn der schönen blauen Donau", von den Sängern gesungen, be­schlossen die schöne Feier, deren erfreulicher Verlauf den Nachweis für das gute Können des neuen Dirigenten Os- lar Moll, unter dessen Leitung der Verein getrost der Zukunft entgegensehen kann, erbrachte. Der Liederkranz kann mit Befriedigung auf diese wvhlgelungene Weih­nachtsfeier zurttckblicken.

Vereiste Fahrstraße.

Aus Ostelsheim wird berichtet: Die Straße von Althengstett bis Ostelsheim, welche tm Frühjahr eine neue Decke erhielt und gewalzt wurde, bildete am letzten Diens­tag den Schrecken der Motorrad- und Autofahrer. Durch das Tauwetter wurde die Straße mit einer Eisdecke über­zogen. Mittags fuhren dann drei Autos, da sie rutschten, die Böschung hinab. Darunter war ein mit Bierflaschen belade­ner Wagen, bei dem die Ladung völlig in Trümmer ging. Die Ladcprttsche wurde vom Nahmen heruntcrgerissen. Sämtl che verunglückten Personen erlitten glücklicherweise nur Schürfungen und leichte Schnittwunden.

Brief ans Bad Teknach.

Die Festtage sind vorüber. Freud und Leid haben sie ge­bracht. Das Bittere sei vorweggenommen. Am zweiten Fei­

ertag wurde der auf so bestialische Werse in Marxzell ermor­dete Karl Braun hier beigesetzt. Wie sehr Ort und Umge­bung und insbesondere auch die Einwohnerschaft aus dem Albtal an dem schrecklichen Unglück teilnahmen, zeigte die überaus große Beteiligung am Leichenbegängnis. Der Ge­sangverein Pfaffenrot mar vollzählig herbeigeeilt, um durch Gesänge und Kranzniederlegung den ihnen so jäh entris­senen Freund zu ehren. Das Schicksal wollte es, daß Braun seine letzte Ruhestätte neben seinem gleichaltrigen Freunde und treuen Kriegskameraden, dem vor einigen Wochen ebenso jäh aus dem Leben gerissenen Lnmmwirt Johannes Opferkuch, gefunden hat.

An Weihnachtsfeiern seien erwähnt zwei Lichtbildfeiern in der Kirche, bei denen Bilder von Ludwig Richter und solche ans der Weihnachtsgeschichte vorgcsührt wurden. Fer­ner die Feiern der Kleinkinderschnle und der Kinderkirche und die Ausführung eines kleinen Weihnachtsvratorinms durch die Oberklasse unter der Leitung von Oberlehrer R e h m.

Am Abend des Stephanustages hielt der Kriegerverein seine Weihnachtsfeier, verbunden mit Gabenverlosung, im Gasthof zum Faß ab. Der Saal war übervoll. Ein von Frl. Amalie Roß keuscher vorgetragener Prolog, die An­sprache des Vorstandes Adolf Fleck und der brennende Christbaum versetzten von vornherein in weihnachtliche Stimmung. Im Mittelpunkt des Abends standen 2 lustige TheaterstückeAn neuer Luftkurort" undAlles wegera Goiß", die durchweg flott gespielt wurden und großen An- klang fanden. Der musikalische Teil lag in den bewährten Händen von Mitgliedern unserer Pforzheimer Knrkapelle.

Musikalisch- Feierstunde.

Der in Calw wohlbekannte Bachspieler N owot n y aus München spielt am Montag nachmittag im Bachsaal des Bercinshauses aus Bachs Werken. Wer den aus jahrelan­ger Vertiefung in den Geist dieses großen deutsche» Mei­sters geschöpften Vortrag gehört hat, wird immer wieder stark gefesselt sein durch Nowotnys Spiel. Wir wünschen dem von reinster Hingabe an das Werk I. S. Bachs beseel­ten Musiker eine zahlreiche Zuhörerschaft sNäheres s. An­zeigenteil.)

Die Lage des Arbeitsmarktes.

Wie vom Landesarbeitsamt Süöwestdeutschland mttgeteilt wird, nahm in der Berichtszeit vom 12. bis 18. Dezember die Arbeitslosigkeit besonders in den Anßeuüerufen weiter zu. Die Zahl der Saisonarbeitslosen betrug am 18. Dezem­ber schon über 30 000 Mann und ist Heuer trotz der anhal­tend günstigen Witterung in den letzten Wochen höher als im Vorjahr, wo die Witterungsverhältnisse zur gleichen Zeit viel schlechter waren. In sämtlichen Berufen war der Stand an unterstützten Arbeitslosen am 18. Dezember folgender: In der versichcrungsmäßigen Arbeitslosenunterstützung 71803 Personen (60 747 Männer, 11061 Frauen), in der Kri­senunterstützung 10232 Personen (8016 Männer, 2216 Frauen).

Die Gesamtzahl der Unterstützten stieg um 8700 Personen oder 11,8 v. H. von 73 340 Personen (60 749 Männer, 12 891 Frauen) auf 82 910 Personen (68 763 Männer, 12 277 Frauen), davon kamen auf Württemberg 31931 gegen 23 277 und auf Baden 60103 gegen 43 063 am 11. Dezember 1929. Im Ge- samtbez'rk des Landesarbeitsamts Südwcstdcutschland ka­men am 18. Dezember 1929 auf 1009 Einwohner 16,3 Haupt- nnterstützungsempsängcr gegen 14,6 am 11. Dezember und 13,6 zur gleichen Zeit des Vorjahrs. In den Maßnahmen der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge waren in der Be­richtswoche 2300 Mann als Notstandsarbetter beschäftigt ge­genüber 2070 in der vorigen Woche.

Erneuter Frost- u: d Schneesall im Schrvarzwald.

Aus Freiburg wird berichtet: Nachdem föhnartige Wit­terung vor und während der Wcthnachtsfeiertage, verbun­den mit starken Ncgenfällen bei erhöhten Temperaturen auf dem Sch varzwalü fast die ganze Schneedecke weggeschmolzen hatte, ist mit dem zweiten Weihnachtsfeiertag ein Wttte- rungsnmschlag cingetreten. Die Temperatur ist bei ausgie­bigen Schneesällcn stark gesunken. In den höheren Lagen ist wieder eine Ncuschneedecke bis zu 60 Zentimetern vor­handen.

Wetter für Sonntag und Montag.

lieber dem Kontinent liegt schwacher Hochdruck, von Is­land her rückt bereits eine neue Depression, so daß für

Sonntag und Montag mehrfach bedecktes und zu weiteren Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten ist.

Sonnen- «r:d Mondfinsternisse des Jahres 1939.

Im Jahre 1930 treten zwei Sonnen und zwei Mondfin­sternisse ein, von denen für uns Mitteleurvpäer nur eine teilweise Mondfinsternis sichtbar ist,- diese Verfinsterung am 7. Oktober ist jedoch derart unbedeutend (nur 0,03 Teile des Monddurchmessers), baß wir sagen können, daß wir in Deutschland praktisch keine Finsternis im ganzen Jahre 1930 werden beobachten können.

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Schömberg, 27. Dez. Der evangelische Kircheuchor veran­staltete am letzten Sonntag unter Leitung von Hanptlehrer Schick ein schönes, weihevolles Weihnachtskonzert. Da man sehr gute auswärtige Solisten hinzngczogen hatte, wa­ren die Leistungen hervorragend. Es war eine sinnige musi­kalische Stunde, der die Einwohner des Ortes, sowie die Kurgäste, die sehr zahlreich erschienen waren, mit Freude lauschten.

Nagold, 27. Dez. Unter außergewöhnlich zahlreicher Be­teiligung wurde am Tage vor dem Weihnachtsfest der in vergangener Woche tödlich verunglückte Rechtsanwalt Hu­ber zu Grabe getragen. Aus dem ganzen Bezirk war man gekommen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen, einem Manne, dem größtes Vertrauen und höchste Verehrung ent­gegengebracht wurden. Dem Sarge folgten drei Chargierte der Verbindung Lichtenstein.

SCB Stuttgart» 27. Dez. Für die Silvesternacht gelte» folgende Vorschriften: Wirtschaftsschlnß ist um 2 Uhr nachts. Wettere Polizeistundenverlängerung wird nicht ertetlt. Auf pünktlichen Wirtschaftsschluß wird besonders gedrungen werden. Die schulpflichtige Jugend darf sich nach 9 Uhr abends nicht mehr auf öffentlichen Plätzen und Straße» zwecklos Herumtreiben. Das Schießen und die Verübung sonstigen ruhestörenden Lärms wird bestraft werden.

SCB Stuttgart» 27. Dez. In selbstmörderischer Absicht brachte sich am 24. Dezember nachmittags tn den Anlage» der Billa Berg ein 23 Jahre alter Hilfsarbeiter Schnitt­wunden am linken Arm bei. Er wurde in das Karl-Olga- Krankenhaus übergcführt. In einem Hause der Schul- straße in Gaisbnrg verübte am 28. Dezember ein 46 Jahre alter Mann durch Einatmen von Gas einen Selbstmordver­such, konnte jcbvch noch rechtzeitig an seinem Vorhaben ge­hindert werden. Der Lebensmüde wurde in bas Kathari- nenhospital cmgelicfert. In Osrheim verübte am 26. De­zember abends ein 22 Jahre alter Mann Selbstmord durch Erschießen.

SCB Tübingen, 27. Dez. Znm Rektor der Universität für- das Studienjahr 1930-21 wurde vom Senat der Professor für semitische Sprachen Dr. Littmann gewählt. Der früher in Straßburg, Kairo, Göttingcn und Bonn tätige Gelehrte ivurde 1921 anstelle von Prof. Dr. Seybvlb nach Tübingen berufe». Zahlreich sind die wissenschaftlichen Abhandlungen, auf Grund derer Prof. Dr. Littmann in der ganzen inter­nationalen Gelehrtenwelt bekannt ist.

SCB Nlm, 27. Dez. Im Erbacher Prozeß haben der An­geklagte Dehner und die Staatsanwaltschaft bezüglich dieses Angeklagten auf Rechtsmittel verzichtet. Das Urteil des Schöffengerichts ist also insoweit rechtskräftig geworden.

SCB Leutkirch, 27 . Dez. Der Gütler und Mechaniker Josef Becherer von Frauenzell, der seit 14. Dezember ver­mißt wurde, wurde im Walde erschossen aufgefunden. Die gesamte Feuerwehr von Frauenzell, etwa 70 Mann und 3 Landjäger, unternahmen nach vergeblichen Suchen in der vorangegangcnen Woche am letzten Montag eine Razzia durch die Wälder der Umgebung. Am Nachmittag stieß man dann dabei auf die Leiche des Vermißten. Sie war mit Reisig zugedeckt. Außerdem war der Kopf mit einem papier- nen Zementsack überdeckt. Der Tote wies zwei Schüsse, einen Kugel- und einen Schrotschuß, auf. Es liegt zweifel­los ein Mord vor.

SCB Lentkirch, 27. Dez. Der Mörder des 39 Jahre alten Landwirts und Fahrradhändlers Josef Becherer konnte am Weihnachtsmorgen tn Untermettenberg Bez.-Amt Pfaffen­hofen festgenommen werden. Es handelt sich um den 27 I. alten Josef Heinrich, der als Heuarbeitcr und Knecht schon seit Jahren von Zeit zu Zeit in die Gegend kam und nun über Weihnachten zu Hause weilte. Seine Einvernahme und UcVerführung tn bas Untersuchungsgefängnis Ravens­burg ist km Gange.

§2»vl2L, 28. ller.

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I isdr vsrrglel üer 2 . Nsnnsrllstten

Soortotstr cslwsr 80 k

k.v. esiW g. ML

M IZKi'QuIoksIn'lLeleseNSiett vsm Lokslsu8

Amtsgericht Calw

Handelsregister-Eintrag vom 27. Dezember 1929 bei der EinzelsimaChristliches Hospiz und Erholungshau« Waldsrieden, Carl Spambalg in Calw". Neuer Wortlaut: .Evangelische Buchhandlung und Verlag, Carl Spambalg, tn Calw." Inhaber: Carl Spambalä, Buchhändler in Calw. Die Prokura des Han» Schnouffer ist erloschen.

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