Rundschau.

Raubst du dem Vogel Nest und Ei, ist's mit Gesang und Obst vorbei." Jetzt wo die Singvögel mit dem Nisten und Brüten beginnen, kan» dieses Berschen der Jugend nicht oft und eindringlich genug ein­geschärft werden. Aber nicht allein mul> willige Buben stellen den Vogelnestern nach, auch Raubvögel, Katzen gewerbsmäßige Vogelfänger vernichten alljährlich zadllose Singvögel, sodaß alle Kreise Mitwirken müssen, die lieblichen Sänger in Flur und Hain zu schützen.

Der erste Schultag Für Kinder wie für Eltern ein Ereignis I Denn für die Kinder bedeutet er den ersten Schritt im Leben zu einer gewissen Selbständigkeit; man ist schon etwas, ist Schüler geworden. Für die Eltern ist der erste Schultag der Anfang zu einer etwas mühevollen und mitunter auch sorgenvollen Zeit. Da heißt es, früh auf­stehen und sorgen, daß die Kinder auch pünkt­lich zur Schule geschickt werden, sauber ge­waschen, gekämt und abgebürstet, den Mor­gen-Kaffee im Magen und das Frühstücks­brot bereit. Da heißt es weiter, die Kleinen zu den Schularbeiten anhalten, sie dabei be­aufsichtigen, nötigenfalls nachhelfen, wo eS nicht recht gehen will. Zu einer Menge Rücksichten, die das Schulverhältnis der Kin­der mit sich bringt, kommen noch die Kosten für etwaiges Schulgeld, Schulbücher, Hefte, Schreib- und Zeichen-Materialien rc>, erst unscheinbar und erträglich, aber wachsend ohne Widerstand von Jahr zu Jahr in demselben Verhältnis, wie die Kinder selbst heranwach­sen.Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen," heißt ein alteS Sprichwort. Doch mit den Freuden, welche die Kinder den Ettern bereiten, da ist es zu­meist umgekehrt, da hat man die meisten und vielseitigsten Freuden gerade an den Kleinen. Auch die erste Schulzeit trägt mit zu diesen bei und giebt im Familienkreise Anlaß zu den heitersten Episoden. So mögen sich also die Ellern des ersten Schultages freuen, den Kleinen aber, die heute den schweren Gang noch mit Muttern gehen, schon morgen oder übermorgen jedoch ihren Weg zur Schule mit Stolz allein zu finden wissen, wollen wir wünschen, daß sie durch diese Schule samt und sonders zu tüchtigen, wohlerzogenen Menschen sich heranbiiden lassen mögen

Bleibe im Lande! Mit stdem Früh­jahr beginnt der Auswanderungsstrom anzu- tchwellen. Daß nicht alledrüben" ihr Glück finden, das beweisen die vielen Selbstmorde aus NahrungSnot. Einem Berliner Blatie wird folgende Warnung ans New-Aork ge­schrieben, die sich an alle richtet, welche AuS- wanverungs-Gedanken hegen: Nur mit auf­richtigem Bedauern kann man die Armen landen sehen, die ihr Vaterland hinter sich gelassen haben, um hier nichts als ei» an Entbehrungen überreiches Leben zu finden. Das Geschäft, das schon in letzter Zeit sehr schlecht war, stockt jetzt gänzlich infolge der Kriegs-Unruhen mit Spanien. Man kann täglich in der Staatszeiiung eine unendliche Menge von Stellensuchenden finden, während die Zahl der verlangten Personen eine ver­schwindend kleine ist. Selbst für einen tüch­tigen Handwerker, der in früherer Zeit immer gesucht war, ist jetzt hier kein Feld mehr. Mit Leuten, die in der Heimat Schiffbruch gelitten haben, ist erst recht nichts. Ohne Barmittel, und zwar reichliche Mittel, kann

man nichts anfangen. Jeder Einwanderer muß bei seiner Ankunft wenigstens 30 Doll, fl20 l/tl) im Vermögen haben, oder wird zurückgehalten. Wenn er nicht von Ver­wandten ausgelöst wird, wird er mit dem­selben Dampfer, auf dem er gekommen ist, wieder zurückgeschickt. Wehe den Unglück­lichen, die inzwischen in dem elenden, schmutzige» Warteraume oft tagelang zulringen müssen, ehe sie von ihren Verwandle» erlöst oder wieder auf das Schiff gebracht werde». Bet­ten giebt es nicht. Nur mit einer leichten Decke umhüllt, müssen sie auf der Eide kam­pieren. Die Siaaiszeilung hat schon oft gegen die barbarische Art der Behandlung der Aus­wanderer Protest eingelegt doch es bleibt beim Alten.

Leonberg, 23. April. In Ditzingen hat sich ein überaus beklagenswerter Unglücksfall ereignet. Das 6jähri»e Büblein des Kauf­mann Knapp dort wurde auf ein Pferd ge­setzt, fiel herunter und kam unter den Wagen. Dabei erhielt es so schwere Verletzungen, daß der Tod bald darauf eintrat. Der so schwer getroffenen Familie wendet sich allgemeine Teilnahme zu.

Eßlingen, 23 April. Ein schwerer Un­fall ist gestern nachmittag dem Gastwirt D'ffner zumWürttemb. Hof" hier zuge- stoßen. Derselbe wollte an einer in seinem Gastzimmer angebrachten Drahllcitung etwas reparieren. Beim Besteigen einer etwas schwachen Bockleiter brach der unterste Tritt entzwei. Infolge dessen fiel der ohnedies schwere und kräftige Mann der Länge nach so unglücklich zu Boden, daß ein komplizier­ter Knochenbruch am linken Fuß erfolgte und er noch am Abend per Bahn in das Katharinen-Hospital nach Stuttgart verbracht werden mußte. Dort wurden gleich nach seiner Aufnahme die Knochensplitter entfernt.

Calw-Neuenbürg. In Ergänzung des Berichts vom 18. d. M. und zur Richtig stellung zahlreicher falscher Meldungen in der Presse ist mitzuteilen, daß die am Sonn­tag den 17. April in Calw gehaltene Ver­sammlung, die von etwa 50 nationalen Ver­trauensmännern aller Richtungen besucht war, einstimmig Prof. Dr. Hieber als Kandidaten für den 7. ReichStagswahlkr.iS aufgestellt hat in der festen Hoffnung, durch diese Kandidatur den 7. Wahlkreis für die nationale Vertret ung auch diesmal zu behaupten. In Aus­führung dieses Beschlusses traf am 19. April eine von dieser Versammlung gewählte, aus 12 Vertretern der 4 Oberämter Calw, Herren- berg, Nagold und Neuenbürg bestehende Ab­ordnung , geführt von Hrn. Eugen Stälin aus Calw, in Stuttgart ein, um Hrn. Prof. Hieber Namen« der nationalgesinnten Wähler­schaft des Wahlkreises die ReichstagSkandidatur im 7. Wahlkreis anzulragen.

Nagold, 19. April. In der Sägmühle von K. Reichert hier wurte heute eine un­gewöhnlich dicke und lange Eiche zu Brettern geschnitten. Dieselbe wurde in Oberndorf, OA. Herrenberg, wo sie als Privateigentum in einem Garten stand, von I. Harr, Küfer hier, um 300 ^ gekauft und von Lamm­wirt Baumann von Jselshausen mit sieben Pferden in die Sägmühle gebracht. Diese Rieseneiche enthält 7,67 Festmetcr. Ihr Alter wird auf über 200 Jahre geschätzt.

Unterreichenbach, 25. April. Zum ersten Mal seit seinem Bestehen hielt drr Pforz- heimer Turngau in unserem idylisch gelegenen Orte seine Turnwartsversammlung ab. Dem

Rufe des Gaulurntvaries hatten 52 Turn­warte Folge geleistet. Nach Abwicklung des turnerischen Teiles erfolgte im Gasthaus zum Löwen eine Besprechung, der zu entnehmen ist, daß der Gau am 8. Mai eine Gau- lurnfahrt mit über 500 Teilnehmern unter­nimmt. Mittelst Sonderzugs fahren die Turner morgens naL Wildbad, marschieren dann über Zaveistein nach Calw, von wo in Sonderzug die Leute wieder heimbringl. Die Turnvereine in Wildbad und Calw haben ihre Milwiikung zugesagt.

Berneck, 24. April. Die hiesige Kirchen­gemeinde erhielt von einem Glied der adeligen GviSherrschoft.Frhrn. Wilhelm v. Gültlingen, Premierlieutenant in Ludwigsburg, eine prächtige Altar- und Taufsteindecke zu Ge­schenk.

Rottenburg, 22. April. In der Neckar­halde Hai sich gestern abend ein schweres Un­glück -reiznet. Der im Karmelitenbräu hier als Bierführer beschäftigte 47 Jahre alte Friedrich Hofmann von Garnberg, O.A. KünzUsau, weicher Bier nach Jmnau zu füh­ren Hute und auf dem Heimweg begriffen war, fiel vom Wagen, auf dem er, wie nach Lage der Dinge angenommen wird, schlafend gesessen, geriet unter die Räder und ertiit hiebei schwere Verletzungen am Kopf und Rücken, die seinen alsbaldigen Tod zur Folge hatten.

Rottweil , 22. April. Von 2 Pulver- arbeitern die in Streit geraten waren, biß einer den andern in den Finger, erst nach 8 Tagen machte sich Blutvergiftung bemerk- lich und gestern ist der Verletzte gestorben.

Ulm, 24. April. Bei einer Besichtigung deS 6. Infanterieregiments 124 machte der kommandierende General v. Lindequist nach einer Belobung der vortrefflichen Haltung deS Regiments die Mitteilung von einem Garnisonswechsel. Das Regiment 124 wird diesen Herbst nach den Manövern mit dem 2. Infanterieregiment 120 in Weingarten die Garnison vertauschen. Dieser unerwartete Wechsel bildet natürlich jetzt den Gesprächs­stoff in der ganzen Siadt. Da bei dem hier so sehr beliebten Regiment 124 eine größere Anzahl verheirateter Offiziere vorhanden ist, als bei dem Weingartener Regiment, so wird sich der GarnisonSwechsel auch bei den Be­sitzern größerer Mehrungen in unangenehmer Weise fühlbar machen. Die Mitteilung von dem GarnijonSwechsel wurde auch schon in Weingarten bekannt gegeben.

Biberach a. R., 22. April. Der hiesige Siationskommandant hat von der Frankfurter Feuerversicherungs-GesellschaftProvidentia" für seine ersprießliche Dienstleistung in der Untersuch,ingssache gegen den vom Schwur­gericht Ravensburg megen mehrfacher Brand­stiftung zu 7jähriger Zuchthausstrafe ver­urteilten Maurer Josef Hvfherr 100 ^ Belohnung erhalten.

Ludwigshasen, 25. April. Die Frau des Fabrikarbeiters Johann Gugler hat sich in Folge ehelicher Zerwürfnisse am Samstag Abend mit ihren beiden Kindern in den Rhein gestürzt. Am Ufer wurden Kleidungsstücke und Briefe gefunden, Welch letztere nähere Aufschlüsse über die Motive der Thal geben. Die Leichen sind noch nicht gefunden.

Ein merkwürdige eingebildete Kranke ist das 25 Jahre alte Dienstmädchen Emilie Nikotas in Berlin. Das Mädchen stand am Morgen mit einem stechenden Schmerz in der Brust und Aiembeschwerden auj. Da