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Stuttgart, 28 März. Zur Reichstags­wahl. Der seitherige Vertreter der Stadt Stuttgart im Reichstage, Geh. Kommerzien­rat Dr. Siegle, ist aus Gesundheitsrücksichten nicht mehr in der Lage, eine Kandidatur für die nächste Wahl anzunehmen. In der Bür­gerschaft sind nun infolge dessen schon ver­schiedene Namen genannt worden, welche als Kandidaten in Aussicht genommen seien. Neuerdings wird mehrfach davon gesprochen, daß Verlagsbuchhändler Karl Engelhorn mit einer Kandidatur betraut werden solle. Seitens der sozialdemokratischen Partei wird Landtags­abgeordneter Gemeinderat Kloß wieder als Kandidat aufgestellt werden.

Rkichstagspräsenz. Bei der nament­lichen Abstimmung über § 1 der Flottenvor­lage waren von den württembergischen Ab­geordneten 8 anwesend und zwar stimmten mit Ja: Braun, Gröber, Hofmann und Rembold; mit Nein: Augst, Ehni, Galler und Kerchcr; krank ist Siegle, beurlaubt Hähnle, Haußmann und Payer; ohne Ent­schuldigung fehlten: Haag,Hartmann, Schnaidt und Speiser.

Heilbronn, 30. März. (Friedhof-Diebin.) Auf dem neuen Friedhof wurde gestern nach­mittag eine 15 Jahre alle Frauensperson durch den Aufseher erwischt, als sie dort von einem fremden Grabe Blumen entwendete und i» einen Korb versteckte. Eine Pflanze Halle die Diebin sogar samt dem Blumen­topf weggenommen. Sie gab an, sie sei von Gruppcnbach, machte aber bezüglich ihres NamenS verschiedene Angaben, weshalb sie einem Schutzmann übergeben wurde.

Neckarrems, 28. März. Am Hause des Fr. Bolz dahier sind seit einigen Tagen blüh­ende Aprikosen zu sehen. Auch bei Kunst­müller Schied sind solche schon seit 8 Tagen in voller Blüte.

Calw, 28. März. Die im Teinachihal in der Nähe des Bahnhofs gelegene Säg- mühte von Ehr. Kirchherr mit einer ausge­zeichneten Wasserkraft wurde samt Inventar und 9 Morgen Wiesen und ebensoviel Wald Von Handelsschuldirekior Spöhrer um 56,000 Mark erworben.

Unter den am letzten Sonntag in Calw konsiermierten Knaben befinden sich 2 armenische Waisen, welche seit der N'eder- metzelung ihrer Ellern bei Fabrikant Blank hier untergebrachl sind. Sie stehen im 17. Lebensjahr, und haben im letzten Halbjahr die Volksschule besucht und daneben noch de sondere Unterrichtsstunden gehabt. Beide sprechen außer armenisch und französisch auch das Deutsche geläufig. Der eine wirb Kauf­mann, der andere soll Lehrer und Prediger Werden.

Adolzhausen , Oberamt Mergentheim, 28. März. Ein schreckliches Unglück ereig­nete sich hier am SamStag abend. Infolge Scheuwerdens der Pferde des Bauern Streng

wurde dessen 13jährige Tochter vom Wagen geschleudert und war augenblicklich tot.

Blauseiden, 28 März. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich vorgestern vormit­tag in der Bahnhofstraße, wo Müller Hahn von hier mit seinem Fuhrwerk hielt, um einen Sack Mehl abzuladcn. Durch ein vorbei­fahrendes Fuhrwerk wurde dessen Pferd sehr erregt und schlug heftig aus; dabei traf es Hahn so unglücklich an de» Unterleib, daß er besinnungslos zusammenbrach und gestern früh verschied. Der schwer geprüften Familie wendet sich allgemeine Teilnahme zu.

Bvpfingen, 25. März. Von den In­haftierten von Unterrisfingen wurde nur Gast­wirt Fraas in Untersuchungshaft behalten, der andere wurde alsbald wieder auf freien Fuß gesetzt.

Karlsruhe, 28. März. Die beabsichtigte Besserstellung der VolkSschullehrer erfordert im Beharrungsstand einen jährlichen Mehr­aufwand von 338 000 l/tl, mit Ruhegehal­ten von 377 000

Oppenau, 22. März Der hiesigen Gen­darmerie stellte sich der 55 Jahre alte, ver­heiratete Weber Anton Friedmann als Brand­stifter. Im Sommer 1889 brannte dessen baufälliges Häuschen nieder, wobei sein Bru­der solche Brandwunden davontrug, daß er nach kurzer Zeit starb.

Das Berliner Polizeipräsidium teilt mit: Auf Grund eines Gutachtens eines ge- richilichen Sachverständigen haben in letzter Zeit in mebreren Geschäften aus Antrag der StaatSanwaltschastBeschlagnahmen von Volta­kreuzen und Voltasternen, sowie von aus den Betrieb dieser angeblichen Heilmittel bezügliche» Geschäftsbüchern und Korrespondenzen statt­gefunden, gegen die Vertreib«! sind Anklagen wegen Betrugs erhoben. Die Voltakreuzc sind nicht im Stande, einen elektrischen Strom zu erzeugen und eine Heilwirkung oder auch nur eine Beeinflussung von Krankheiten auS- zuüben. Der reelle Wert eines Voliakreuzes beträgt etwa 10

Würzburg, 29. März. (Unfälle.) Beim Nangteren geriet der Wagenwärter Emmert aus Schweinfurl im Bahnhof Atchassenburg zwischen zwei Pfuffer und wurde förmlich zermalmt. In Birkenfeld verschluckte das 5jährige Töchlerchen des Bürgermeisters E. eine Bohne. Dieselbe blieb in der Luftröhre stecken. Das Mädchen mußte ersticken.

Homburg v. d. H., 29. März. Das Kaiserpaar traf Punkt 10 Uhr mit Sonder­zug in dem Bahnhof ein, aus dem der Land­rat Dr. von Meister und der Bürgermeister Dr. Tettenhorn zum Empfang erschienen waren. Der Kaiser entstieg in Kürassier­uniform dem Salonwagen und ging durch den Empfangspavillvn mit der Kaiserin zu der dort haltenden zweispännigen Equipage. Im offenen Wagen, von der Menge lebhaft begrüßt, fuhr daS kaisertiche Paar zum Schloß. D°S Kaiserpaar hat sich gleich nach seiner

Ankunft dazu entsch'-ostm, bei der günstigen Witterung die jungen Prinzen aus Berlin sofort Nachkommen zu tasten.

Verkracht ist wieder eine sozialdemo­kratische Gründung, die Flensburger Genosten- schastsbäcker'i. Das von den Arbeitern Un­gezählte Kapital ist verloren gegangen. Das sozialdemokratische Parteiorgan in Kiel klagt darüber, daß so mancher Genosse, der seine sauer ersparten Arbeilergroschen geopfert hat, nun um eine biNerc Erfahrung reicher sei, zumal in dieseu Tagen vom Konkursverwalter noch 75 Prozent Nachschub gerichtlich eingr- tiieben werden. Das Blatt richtet aus dik'em Anlaß die ernste Mahnung an die Arbeiter, sich von allen unvorsichtigen Gründungen sernzuhalien- DieFreis Zig." bemerkt dazu : Der Rat ist ganz gut, doch sollte das Blatt auch der Erkenntnis Ausdruck geben, daß alle auf sozialdemokratischen Grundsätzen aufge- baulen Unternehmungen nicht lebensfähig sind, wie neben vielen anderen auch das Flens­burger Vorkommnis beweist."

Seeshaupt, 26. März. Eine gräßliche Bluithat hat sich hier heule nacht halb 2 Uhr ereignet. Der SölndnerSsohn Korbinian Langenccker vvn hier wurde von dem Güt- lrrssohn Joseph Aldrecht, welcher Nachtwache hielt, durch einen Stich in den Mund mit­tels Nachtwächlerspießes getötet. Elfterer, welcher offenbar betrunken war, lauerte an der Stelle, an welcher der zur Kirche führende Weg in die Hauptstraße des Dorfes ein- mündek, dem ahnungslosen Atbrecht aus und versetzte ihm mit einem dicken Zaunpfahl einen Schlag auf den Kopf. Albrecht, wel­cher sich offenbar >n der Notwehr befand, verteidigte sich hierauf mir seinem Nacht- wächierfpieße, wobei er den Angreifer so un­glücklich in den Mund stach , daß die Hals- fchlagader geöffnet und der sofortige Tod her- beigesührt wurde. Was Langenrcker dazu ge­führt, dem Albrecht abzupajscn ist nicht auf­geklärt und dürfte diese Thal lediglich dem überreichlich genossenen Alkohol zuzuschreiben sein. Die Elter» des Verstorbenen, deren einziger Sohn er war, werden allgemein be­dauert.

Aus Schlesien, 22. März. Eine er­götzliche Szene, jo schreibt dieKattowitzer Zig ", spielte sich jüngst vor einem ober- schlestschen Amtsgericht ab. Bei einer Ver­handlung sollte der Bewohner eines russischen Grenzstädtchens als Zeuge vernommen wer­den. Auf die Frage deS Richters nach dem Siande gab er an, .Handelsjude* z» sein, während er seine Religion alsgriechisch- katholisch" bezeichnete. Der Richter glaubte, der Zeuge wolle sich einen Scherz erlauben, und forderte Aufklärung. Der Zeuge ant­wortete:Sehen Sie, Herr Gerichtshof, die Sache ist so. Der vorige Zar konnte die Juden nicht leiden und verlangte, daß auch wir in K. entweder auSwandern, oder uns taufen lasten sollten. Da wir fürchteten.