Dortmunder Zeitung gemeldet. Als bei dem Begräbnis der Wagen Nr. 10, auf dem neun Särge standen, in den Weg, ,der von der Landstraße nach dem Kirchhof führt, einbog, erlitt er einen kurzen Aufenthalt. In diesem Augenblick behaupteten die Umstehenden, sie hätten in einem der Särge ein zweimaliges Klopfen gehört. Sofort wurde der Wagen zur Seite gestellt und ein reitender Gentarm holte einen in der Nähe wohnenden Arzt herbei. Die Särge wurden nun geöffnet und dir Leichen untersucht. Es stellte sich dabei die Grundlosigkeit der Behauptungen heraus, worauf die Beerdigungsfeier ihren Fortgang nehmen konnte.
— Durch den Fernsprechdraht getötet. Am 19. früh riß, wie die „Neue Zür. Ztg." aus Basel meldet, in der Klybeckstraße, Klein- Basel, ein Fernsprechdraht und fiel über die elektrische Straßenbahnleitung weg zu Boden; ein vorübergehender Mann wurde getroffen und augenblicklich getötet. Der Draht schlang sich dem Unglücklichen, einem Arbeiter der chemischen Fabrik, um den Hals. DerMann wurde sofort zu Boden geworfen und war auf der Stelle tot. Ein Bahnangestellter, deribmzu Hilfeeilen wollte, wurde zur Seite ge-
AusderIrrsahrtöesMens.
Nowan nach dem Englischen von Jenny Piorkowska.
(Nachdruck verboten.)
9.
Liebt ein Mädchen leicht einen von Natur schüchternen Mann? Der arme Werner-Remy mit setner angeborenen Zurückhaltung und dem Gefühl seiner verlustig gegangenen Stellung in der Gesellschaft flößte Marien sehr dato das Bewußtsein seines ihr untergeordneten Standes ein. Aber Doktor Jausen, der viel niedrigerer Herkunft war als Werner, dassen Stellung und Aussichten auf die Zukunft nur sehr gering waren, gab ihr einen Viel höheren Begriff von seiner Person. Keineswegs absichtlich. Eduard Jansen dachte mcht im Entferntesten daran, seine Vorzüge glänzen zu lassen oder größer erscheinen zu wollen als er war. Er hatte ein leichtes, offenes Wesen, besaß feine Manieren und war gegen Untergebene etwas herablassend. Maria Saxonbury fragte nicht, wer oder was er war. — Wenn ihr Jemand gefiel, pfl-gle sie sich nicht mit dergleichen Fragen zu quälen ; sie gab sich dem vollen Retz der Unterhaltung hin, und bevor sie eö selbst gewahr wurde, bevor sie mit einem einzigen Gedanken an die Gefahr dachte, hatte sie Jansen lieben gelernt — doch nicht bevor er sie liebte. Jeder Ton seiner Stimme, jeder Blick seiner Augen, jeder Druck seiner Hand verriet ihr sein Geheimnis. Es wurde kein Wort darüber zwischen ihnen gewechselt, aber das Herz hat seine eigene Sprache, die der gewöhnlichen Worte nicht bedarf, und sie halte den Weg gefunden, sich dieser Sprache zu bedienen.
Dachte eins von ihnen an die Zukunft? Wahrscheinlich nicht. Das momentane Glück war ausreichend für die Gegenwart. Hätte Jansen mit Ruhe und Ueberlegung in die uuvermeintliche Zukunft geblickt, würde dieselbe wenig Versprechens auSgesehen haben. An eine Verbindung mit Fräulein von Sa- xonbury zu denken, wäre tm höchsten Grade anmaßend gewesen, Maria ihrerseits würde
schleudert. Schließlich gelang es mit Anwendung größter Vorsicht, den Körper des Toten von den Schienen wegzunehmen. Hals und Kopf waren durch furchtbare Brandwunden entstellt. In Straßburg hat man, wie die „Straßb. Post" milleilt, zur Vermeidung derartiger Unglücksfälle unter den Drähten der Fernsprechleilung an Kreuzungsstellen Fangdrahtnetze aufgehängt.
— Eine brennende Insel. Man schreibt der „Pol. Corr." aus London vom 19. ds.: Hier eingetroffene Berichte aus Australien melde», daß die Insel Tasmanien (Van Diemcnsland), die Perle des Großen OzeanS, in Flammen stehe.' Seit mehr als vierzehn Tagen wütet dort ein furchtbarer Brand, dessen Entstehungsursachc unbekannt ist. Ein heftiger Nordwind facht die Flammen an, welche die unermeßlichen Wälder, von denen die Berge bedeckt sind, zerstören. Es sind leider auch viele Menschenleben dem verheerenden Elemente zum Opfer gefallen, und zwar schon nach den bisherigen Angaben 54 Personen. Der Schaden ist ein außerordentlich großer.
Paris, 23. Februar. (Zola vor dem Schwurgerichte.) Die Sitzung wird um
12 Uhr 15 Min. eröffnet. Das sehr zahlreich erschienene Publikum ist erregt, das durch die Unterhaltungen hervorgerufene Geräusch betäubend. Ruhe tritt erst ein, als Labori sdas Wort ergreift, um in seinem Plaidvyer fortzufahren.
Die Geschworenen beantworteten hierauf sämtliche gestellten Schuldfragen unter Stimmenmehrheit mit „Ja". Der Gerichtshof verurteilte darauf Zola zu einem Jahr Gefängnis und 3000 Franken Geldstrafe.
Der Verleger der „Aurore" , wurde zu
Vier Monaten Gefängnis und 3000 Franken Geldstrafe verurteilt.
— Wehe, wenn sie losgelassen! Man meldet auS Mailand: Die verrückte Unsitte einzelner italienischer Klavierspieler 50 Stunden lang ohne Unterbrechung Klavier zu spielen, hat nun zu einer Herausforderung zwischen den beiden robustesten dieser Tastenhelden , den Herren Camillo Bancia uud Adriani geführt. Sie wollen miteinander ohne Unterbrechung 50—60 Stunden lang vierhändig spielen, so lange bis der Eine nicht mehr kann. Der Einsatz beträgt 1000 Lire.
es auch fast für ein Unglück angesehen haben, einen unter ihr stehenden Mann zu heiraten.
Und der angenehme Verkehr zwischen Beiden nahm kein Ende. An einem trüben Februarlage spielten Frau Ascher's beide Kinder in der Bildergalerie, Maria saß am entfernten Ende auf einer Bank und Jansen stand neben ihr. Gesenkten Auges spielte sic mit den blauen Schleifen, die ihre Aer- mel zierten.
„Müssen Sie uns denn so bald verlassen?" fragte sie als Antwort auf die Bemerkung von ihm, daß er Ende der Woche abreisen müsse.
„So baldwiederholte Herr Jansen. „Ich wollte kaum eine Woche hier bleiben und bin über sechs Wochen geblieben. Ich wünschte, ich könnte bleiben," setzte er tn leisem und leidenschaftlichen Tone hinzu.
„Sie haben-Mama so viel Erleichterung verschafft," Hub Maria nach kurzer Pause wieder an.
„Hätte ich ihr Leiden ganz heben können, wäre ich zufriedener gewesen, Fräulein I" ent- gegnete er.
„Glauben auch Sie wie Andere, daß der Mama Krankheit noch Jahre lang dauern kann, sie vielleicht nie wieder gesund werden wird?"
„Ich möchte mir mein letztes Urteil über den Verlauf der Krankheit ihrer Mutter noch Vorbehalten."
„Nach dieser herrlichen Zeit des NichtS- thuns wird mir meine angestrengte Thättg- keit in Paris seltsam Vorkommen," lenkte er das Gespräch auf einen anderen Gegenstand.
Maria spielte wieder zerstreut mit ihren Schleifen. „Gehen Sie von hier direct nach Paris?" fragte sie.
„Ich werde mich unterwegs ein paar Tage bei meiner Mutter aushalten."
So plauderten sie weiter, als Maria plötzlich so heftig an der Schleife zog, daß dieselbe sich auflöste. Sie vermochte nicht, sic wieder zu binden.
„Darf ich Ihnen meine Hilfe anbieten?"
Sie lachte und streckte ihm ihren Arm hin. Er war eben im Begriff das Band
wieder zu binden, seine Augen waren fest auf ihr Gesicht gerichtet, während er ihr einen galanten Scherz zuflüsterte und Maria seinen Worten mit halberhobencm Gesicht und einem leichten Erröten lauschte, als sich ihnen Jemand näherte.
Es war Sir Aork; und er hatte vollauf Zeit, das Bild vor sich mit Muße zu betrachten; Des jungen Mannes herabgebeugten Kopf und ,sein Flüstern, Beider Hände, die in so dichte Berührung miteinander kamen, Marta's gerötete Wangen und niedergeschlagene Augen.
Ein paar heftige Worte entschlüpften seinen Lippen.
Sie sahen auf, und Maria, jetzt dunkel- rot erglühend, aber ohne ihre Selbstbeherrschung zu verlieren, ging Sir Aork einige Schritte entgegen, ihn zu begrüßen. Er kam näher und die beiden Herren standen einander gegenüber.
Von diesem Augenblick an waren sie Gegner, dessen waren sie sich sofort bewußt.
„Herr Doctor Jansen I Herr Sir Jork I" sagte das schöne Mädchen und es ging ein böler Blick von dem Einen zu dem Andern, als Maria sie einander vorstcllte. Doktor Jansen sah einen in seiner Kraft und Größe schönen Mann mit feinen Zügen vor sich; Sir Aork dagegen erblickte tn seinem Gegenüber einen jungen Mann, dessen persönliche Vorzüge ihn zu einem gefährlichen Nebenbuhler machten.
„Wie Du mich überrascht hast!" sagte Maria zu ihrem Vetter Sir Uork. „Hast Du Papa schon gesehen?"
„Noch nicht," erwiderte Jork ernst. „Der Diener meinte, Sir Saxonvury sei in der Bildergalerie, darum kam ich hierher, aber wie es scheint, ist er nicht hier."
„Ich sah Sir Arthur vor ungefähr einer Stunde im Regen durch den Garten gehen," fiel Jansen mit klarer Stimme ein; „ich glaube, er ist seitdem noch nicht zurückgekehrt," (Fortsetzung folgt.)
Sinnspruch.
Edelsteine sind Probiersteine der Tugend.
Redaktion, Druck und Verlag von Beruh. Hosmunn in Mdbud.