herrliche Sträuße von Nelken, untermischt mit jungem Eichenlaub, bas der Hofgärtner der Kaiserin nach langem Mühen zum erstenmal im Winter zum Treiben gebracht hat. Der Kaiser als leidenschaftlicher Weidmann soll an dem Eichcngrün eine noch größere Freude gehabt haben, als an seinen Lieblings- blumcn, den blühenden Nelken. Und seitdem ist der spröde, in der freien Natur zu- l tzt erscheinende, aber auch zuletzt vergehende Schmuck unserer Frühlingswälder, der junge Sproß der deutschen Eiche, in der obersten Hofgesellschaft eine gesuchte Seltenheit.
— Als ein eigenartiges Kuriosum mag cö gelten, wenn man das Holz nicht wie üb- l ch per Meter sondern per Zentner aufkauft. So fand dieser Tage aus der Markung Denkingen ein derartiger außergewöhnlicher Kauf statt, insofern zwei Holzhändler auS F. das Langholz mit 90 per Zentner (nebst 20 --s Fuhrlohn für 3 Kilometer Wegstrecke) bezahlten. Wir wünschen nur, daß die beiden Kontrahenten hiebei ihre Kalkulation nicht zum eigenen Schaden gemacht haben mögen I
— Der gestohlene Nachtrat. Eine Gesellschaft lustiger Herren machte dieser Tage
eine fröhliche Omnibutfahrt nach Krossen. Als sie auf der Rückfahrt durch Etzdorf kamen, sahen sie den Hüter des Dorfes gemessenen Schrittes durch die Dorfstraße wandeln. Alsbald reifte in den Köpfen der Herren der Plan, den Nachtwächter zu stehlen. Gesagt — gethan. Die OmnibuSlhür öffnet sich, und starke Arme ziehen dev verblüfften Nachtrat in das Inner» des Wagens. Nach einer halbstündigen scharfen Fahrt wurde dann der unfreiwillige Reifegenosse wieder sreigelassen, nachdem er zuvor von jedem der Mitreisenden mit allerlei Nützlichem und Angenehmem für die Rückreise versehen worden war.
Wenn das keine Soldaten werden.) Dem Einwohner Schubert in Sundhausen bei Nordhausen wurden zwei Knaben geboren, die an Kaisers Geburtstag getauft wurden. Bei dieser Taufe fungierte der ganze Kriegerverein als Pate. Der Krieger- vcrein hat beschlosten, alle entstandenen Kosten zu bezahlen und als Chciflgeschenk für jedes Kind 5 zu bewilligen. Mit voller Musik wurden die Kinder zur Taufe getragen.
— Eine feine Person. Eine Sijähr. Frauensperson, die sich Julie Schleißncr,
Konsulsgattin aus Rotterdam, nannte, wird wegen eines in Meran an der Dienstmagd Anna Kaltenegger verübten Diebstahls steckbrieflich verfolgt. Wir entnehmen dem Steckbrief die folgenden Angaben:
Gebiß: falsch;
Haar: schwarz, jedoch gefärbt;
Auftreten: extravagant und keck;
Beschuldigung: Sie stahl aus versperrtem Koffer ein Garntuch, einen Schal und — drei NegerphotographienI
— (Belohnte Güte.) Der Bischof von Warcester kam kürzlich durch den kleinen Ort Bamburg. Da er wußte, daß man dort ein vorzügliches Gebäck, die Bamburg Cakes, bereit, stieg er auf dem Bahnhof aus und beauftragte bei der Kürze des Aufenthaltes einen kleinen Jungen, ihm einen solche» Kuchen zu kaufen. Der Kirchensürst war aber ein gutmütiger Herr, er gab dem Jungen nicht 3, sondern 6 Pence und sagte zu ihm : „Dafür kaufe auch einen Kuchen für dich!"
— Schon wollte der Zug abfahren, da kam der Junge gelaufen — mit vollem Munde.
— »Hier, Herr Bischof, sagte er und gab ihm 3 Penze zurück, hier haben Sie Ihr Geld, es war nur ein einziger Kuchen da!"
Aus der Irrfahrt des Lebens.
Roman nach dem Englischen von Jenny Piorkowska.
(Nachdruck verboten.)
8 .
Weißgekleidet, glänzende Juwelen um ihren schönen Arm und Nacken saß Maria i» einem Fauteuil zurückgelehnt, mit dem kleinen Fuß gedankenvoll Figuren auf den: Tepp'ch malend. DaS Leben erschien ihr heute Abend besonders düster.
Zuerst halte Sir Aork's Ausbleiben sie verdrossen. Er hatte das Weihnachlsfest bei idnen verbringen wollen, aber statt seiner war ein Brief eingetrosten, der meldete, daß die Erkrankung feiner Mutter ihn bei der- selben zurückhielt. Maria Halle ihren Veiler sehr gern, um sich bei dieser Nachricht enttäuscht zu fühlen. Und doch liebte sie ihn nicht, wie man den künftigen Gatten lieben soll. Vielleicht halte die Andeutung, daß sie Arthur Dork zur Gattin bestimmt war, die Liebe von ihr fern gehalten.
Sir Arthur Saxonbury hatte nie davon zu ihr gesprochen, obgleich er es sehr wünschle. Sie war noch sehr jung, und Sir Arthur, der sich nicht um die Weit gegen ihren Willen zu einer solchen Verbindung veranlaßt hätte, hatte Herrn Aork gebeten, vorläufig noch g^gen sie zu schweigen.
„Gieb ihr Zeit, Dich erst lieb zu gewinnen," sagte er. Und dieser Plan war gut, obgleich der Plan Maria auf irgend welche Weise zu Ohren gekommen war und gewissermaßen ein stillschweigendes Einverständnis zwischen ihr und Sir Jork bestand.
Augenblicklich amüsierte sie sich damit, ihrer eigenen Macht bewußt, gegen ihn, wie gegen jeden Anderen ihren Launen und Ko- kellerien freien Lauf zu lasten.
Laty Saxonbury, die an einer innerlichen Krankheit litt, saß Maria gegenüber im Lehnstuhl, Frau Ascher mit einer Handarbeit ihr zur Seile.
„Hast Du von Werner-Remy gehört, Mama?" fragte Letztere plötzlich.
„Dein Papa erzählte mir von ihm,"
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entgegnet? die Gefragte; „wie traurig, er muß sehr plötzlich erkrankt sein; er sah zwar stets sehr zart aus, schien aber bei seinem Hiersein ganz gesund."
Man Hörle Räder über den Kies fahren und gleich darauf wurde an der Hauskiingel gezogen. „Es scheint Besuch zu kommen," bemerkte die Dame des Hauses.
Aber die Zeit verging, ohne daß Jemand erschien und man wartete bereits eine Weile mit dem Thee auf den Hausherrn.
„ES ist möglich, daß Papa, von der Reife ermüdet, eingefchlafen ist," sagte Lady Saxonbury nach einiger Zeit; „geh' und rufe ihn, Maria."
Maria folgte der Weisung und Sir Ar- lhur'S Zimmer betretend sagie sie:
„Papa, warum kommst Du nicht zum Thee?"
Da hielt sie inne. Neben Sir Arthur saß ein fremder Herr. Bei ihrem Eintreten erhob er sich mit verbindlichem Lächeln; ein eleganter junger Mann von auffallend gewinnendem Aeußern.
„Meine Tochter — Herr Doktor Jansen," stellte Sir Arthur sie einander vor.
Maria erinnerte sich, diesen Namen in Verbindung mit Werner-Remy gehört zu haben, und da sie in diesem Punkte kein ganz reines Gewissen halte, verließ sie das Zimmer wieder so schnell sie konnte. Sir Arthur folgte ihr sehr bald mit seinem Gast.
Werner-Remy war am Tage nach Sir Arthur Soxonbury's Abreise nach London gestorben. Doktor Jansen hatte seinem Freunde noch die letzte Ehre erwiesen und war dann der Einladung des Barons gefolgt.
„Starb er schwer — — unter großen Schmerzen?" fragte Lady Saxonbury, nachdem man eine Weile von ihm gesprochen halte.
,Er hatte ein vollständig schmerzloses, sanftes Endeantwortete Doktor Jansen. „Sein Tod schien ihm der Weg zur Ruhe."
Fünftes Kapitel.
Es vergingen acht, es vergingen vierzehn
» md Verlag von Bernh, Hsswann in
Tage, ein Monat war vorüber und Doktor- Jansen war noch immer in Saxonbury. Es mag seltsam erscheinen, daß ein Fremder, der auf ein, zwei Tage zu Besuch kam, so lange bleiben sollte, doch die Erklärung dafür war sehr einfach. Lady Saxonbury, welcher der in seinem Berufe sehr geschickte Doktor gleich vom ersten Augenblick an, wo sie ihn sah, gefiel, zog ihn bei ihrem Leiden zu Rate. Jause» nahm eine ganz neue Kur mit ihr vor und verschrieb ihr Arzneien, die sie noch nicht versucht Halle; wenn dieselben ihr auch nicht auf die Dauer halfen, so milderten ste ihr die Schmerzen so bedeutend, daß ste Herrn Jansen nur ungern von sich ließ und ste ihre ganze Überredungskunst aufbot, ihn noch länger bei sich zu behalten. Er gab ihrem Drängen gern nach. Er Halle seine Studien in London vollende: und beabsichtigte auf einige Monate nach Paris zu gehen, und es kam nicht darauf an, ob er ein paar Wochen früher oder später hinkam.
So blieb er; Lady Saxonbury wurde ec immer unentbehrlicher, täglich stieg er in Sir Arihur's Achtung, er zeigte sich liebenswürdig gegen Frau Ascher und — verliebte sich in Maria.
Es war die alte Geschichte wie mit Werner-Remy — aber mit einem großen Unterschied. Sie trafen sich des Morgens in der Bildergallerie, durchstreiften Nachmiltags zusammen die schönen Gärten u. Wiesen, sie plauderten deö AvendS mit einander in ven liefen Fensternischen und blickten hinaus auf „Laty Soxonbury's Phantasie" und die anmutige im Mondschein liegende Landschasi — gerade so wie es zur Zeit Werner-Remy's gewesen war. Doch was der Letztere bei all' leiner Poesie und Leidenschaft nicht erreicht Halle, war dem weniger leidenschaftlichen Herrn Jansen gelungen — er hatte Maria Soxon- dury's Herz gewonnen.
(Fortsetzung folgt.)
Merks.
— Die grauen Haare sind nicht immer der Schnee des Alters, sondern öfters auch der Reif der Jugend.
Mlühad. "" '