Rundschau.

Stuttgart, 21. Febr. DerSt.-Anz." veröffentlicht folgende K. Verordnung, betr. denWiederzusammentrittder Stände. Wilhelm II. von Gottes Gnaden, König von Württem­berg.

Nach Anhörung Unseres Staatsmini­steriums haben wir den Wiederzusammeniritt der vertagten Siändeversammlung auf Diens­tag, 8. März d. I. bestimmt. Wir befehlen demnach, daß sich die Mitglieder beider Kam­mern an diesem Tage zur Eröffnung ihrer Sitzungen in unserer Haupt- und Residenz­stadt Stuttgart wieder versammeln. Gegeben Stuttgart, den 19. Febr. 1898 sgez) Wilhelm, (grgengez.) Mlttnacht. Sarwey. Schott v. Scholtenstein. Pischek. Breitling.

Stuttgart, 19. Febr. Der König und Prinzessin Pauline sind heule morgen wieder hier eingetroffen.

Stuttgart , 18. Februar. Gegenwärtig herrscht bei allen großen Brauereien Stutt­garts das Bestreben vor, Bierpaläste in der Umgebung des Bahnhofs zu errichten. Augenblicklich schweben Verkaufsverhandlungen zwischen der Aktienbrauerei Wulle und Buch­händler Wiltwcr zwecks Ankaufs des Hauses Ecke der Friedrichs- und Schloßstraße. Als Kaufsumme wird 1 Million Mark genannt. Wittwer hat das Anwesen vor etwa 10 Jah­ren um ca. 450,000 erworben.

Ludwigsburg, 21. Febr. Vorgestern wollte eine Braut hier mit ihrem Bräutigam, einem Schutzmann aus Heiibronn sich ver­heiraten. Alles war bereit zu der feierlichen Handlung, doch der Bräutigam traf zu der versprochenen Stunde nicht ein. Bei An­kunft der Bahnzüge mit denen er noch kommen konnte, wurde er gleichfalls vergeblich er­wartet und schließlich sah man sich genötigt an seine Angehörigen zu telegraphieren, wo­rauf di: Antwort kam, daß der Vermißte schon seit 2 Tagen Zwecks seiner Verheirat­ung beurlaubt und abgereist sei. Die An­gehörigen wissen nichts über seinen derzeitigen Aufenthaltsort; er ist seither spurlos ver­schwunden.

Tübingen, 17. Febr. Die hiesigen Hand­werker haben sich zusammengeschaart, um dem leidigen Submifstonswesen einhellig entgegen- zutrelen und haben in einer am Dienstag staltgefundenen Versammlung beschlossen, für jedes Handwerk Durchschnittspreise auszu­stellen und sollen Arbeiten ohne Aufstreich nunmehr im Turnus vergeben werden. Jedes Vierteljahr müssen Rechnungen eingereicht werden u. wenn der Durchschnittspreis erreicht ist, geht die Arbeit auf den nächstfolgenden Handwerker. Bei Arbeiten im SuomissionS- wege werden Unterbietungen mit mehr alS 20°/o überhaupt nicht mehr angenommen, und von 1220°/» müssen genaue Berech­nungen beigelegt werden. Diese Beschlüsse dürsten, falls sie vom Gemeinderat angenom­men werden, den Handwerkern doch besser rinleuchten, als die bisherigen Verhältnisse.

Rommelsbach, 18. Febr. Der Wirt Kaut zurGermania" schlachtete vorige Woche ein Schwein, wklches lebend ein Ge­wicht von 5 Zentnern, geschlachtet ein solches von 4 Zentnern aufwns. Unter solchen Umständen rentiert sich die Schweinezucht.

Vom Donauthal, 16. Febr. Bei uns hat sich ein seltener Fall zugetragen. Ein Briefträger wurde von einem Fuchs ange­fallen, gegen den sich unser Stephansjünger jräflig wehren mußte. Der viersüßige An­

greifer ließ nicht nach, bis er getötet war. Ob Hunger oder eine Krankheit d-n Flicke zum Angriff trieb, ist noch nicht festgestellt.

Bückeburg, 18. Febr. Im fürstlichen Residenzschlosse fand die Vermählung des Prinzen Ernst von Sachsen-Altenburg mit der Prinzessin Adelheid von Schaumburg-Lippe statt. Bet der Feier waren der König und die Königin von Württemberg sowie andere Fürstlichkeiten anwesend.

Straßburg i. E-, 21. Febr. Ein ge­wisser Jung hat hier in vergangener Nackt feine Geliebte unt deren Mutter erstochen. Der Mörder ist t erhoffet.

Turin, 16. ^ebr. Auf entsetzliche Weise ist die Gräfin Bianca Quaranta, eine Dame von erst 28 Jahren, ums Leben gekommen. Sie hütete wegen eines Influenza-Anfalles das Belt und nahm das Abendbrot im Bette ein. Neben dem mit seidenen Vorhängen ge­schmückten Himme.bett stand auf dem Nacht­tische eine Petroleumlampe. Graf Quaranta, der seiner Gemahlin bis zur Essenszeit Ge- sellschast geleistet hatte, begab sich um halb 7 Uhr ins Speisezimmer, wo ihn seine drei Kinder und seine Schwiegermutter zum Abendbrot erwarteten. Während sie am Essen waren, nahmen sie einen immer stärker wer­benden Brandgeruch wahr. Graf Quaranta eilte voller Unruhe nach dem Zimmer seiner Gemahlin, aber als er die Thür öffnete, schlug ihm feurige Lohe und erdrückender Qualm entgegen. Um nicht zu ersticken, mußte er mit seinen Kindern eiligst aus der Wohnung fliehen. Die Feuerwehr war rasch zur Stelle und es gelang ihr, binnen einer Viertelstunde das Zimmer wieder zugänglich zu machen. Aber als der unglückliche Gatte in das Zimmer eindrang, fand er von seiner Gemahlin nur noch unförmliche, verkohlte Reste. Wie es scheint, war die Petroleum- Lampe umgefallen, hatte die Bettvorhänge in Brand gesteckt, und die Gräfin war in dem Qualm erstickt, ohne auch nur um Hilfe rufen zu können. Das Bett und die übrigen Möbel des Zimmers waren dann in Flam­men aufgegangen, die den Leichnam der Un­glücklichen verzehrten.

Ottweiler (R.-B. Trier), 16. Februar. Das Opfer seiner Kraftmeierei ist ein 25jähr. Taglöhuer von hier geworden. Er prahlte vor einigen Tagen in einer Wirtschaft mit seiner Körperkcaft und gieng eine Welte ein, ein gefülltes Bier mittlerer Gröye über Len Kopf schwingen und aufrecht halten zu können. Als er das Faß über den Kopf geschwungen hatte, entglitt es seinen Händen und Viel mit voll-r Wucht auf Gefickt und Brust des jungen Mannes. Die Nase wurde ihm zerschmettert und außerdem erlitt er fchwerc innere Verletzungen, denen er bald erlag.

Bochum, 19. Febr. Wie die Verwaltung der ZecheVereinigte Karoltnengiück" heule vormittag 8 Uhr mitteilt, find insgesamt 117 Tvie geborgen. In der Grude sollen fick keine weiteren Verunglückten mehr befinden. Die Beerdigung der Toten findet morgen nachmittag statt.

Bochum, 20. Febr. (Grubenunglück.) Heute nachmittag fand unter Teilnahme zahl­loser Vereine und einer an Tausenden zählen­den Menschenmenge die Beerdigung der Mehr­zahl der bei der Grubenkatastrophe auf der ZecheVereinigte Karolinenglück" in Hamme ums Leben gekommenen Bergleute statt. Nach­dem die Särge, 108 an der Zahl, in zwei

rlefiqen Mosffnaräbern auf dem Friedhof in H»> v Unkt wo--. , »i'->:- Geistliche beider Konfcffionen lies ergreifende Trauer­reden. Der Kaiser sandte für die Hinter­bliebenen der verunglückten Bergleute ein Beileidstelegramm. Der Minister des Han­dels und der Gewerbe wurde ferner beauf­tragt, zu berichten, was zur Linderung der dringendsten Not sogleich geschehen könne. Der Berg- und Hüttenarbeiter-Verband for­derte durch ein Flugblatt alle Bergleute auf, an der Beerdigung teilzunchmen, denOpfern zur Ehre, dem System zur furchtbaren An­klage."

Bombay, 19. Febr. (Feuer.) Heute nachmittag brach in dem hiesigen Pesthospital in Freres Road Feuer aus, das das ganze Gebäude zerstörte. 12 europäische und 84 eingeborene Kranke wurden in Sicherheit ge­bracht. Mehrere sind infolge des Schreckens gestorben. Zwei europäische Krankenwärter­innen sind an der Pest erkrankt.

Havana, 20. Februar. Bis Samstag Morgen waren 142 Leichen von der unter» gegangenenMaine" aufgefilcht worden. Die meisten waren furchtbar verstümmelt, daHai- fische und Raubvögel dieselben angefressen haben. Bei der Explosion selbst sind nach neuester Schätzung 270 Personen umgekom­men; 115 Seeleute haben mehr oder weniger schwere Verletzungen erlitten und nur 92 sind unbeschädigt davongekommcn.

Aus der Schweiz, 16. Febr. Heute früh 6 Uhr hat man in und bet St. Gallen ein ziemlich kräftiges Erdbeben beobachtet, welches sich in verschiedenen Stößen äußerte.

Täglich 3671 Uhren schickt die Schweiz in die Welt hinaus. Das Land fabriziert so viel Uhren, wie die ganze übrige Welt zusammen.

Ein Ehrenmann. In der Mitte der achtziger Jahre lebte in Rostow ein gewisser Sherinzew, der sich mit dem Getreidehandel beschäftigte. Er verlor sein Vermögen und wurde bankerott. Seine Schulden erreichten die Höhe von etwa 400,000 Rubel, während der Baarbestand bloß 70,000 Rubel betrug. Sherinzew gab sein Geschäft aus und behielt für sich nur einige hundert Rubel. Da cS ihm nun nicht mehr möglich war, an Ort und Stelle zu bleiben, so brachte er seine Familie in seine Heimat und begab sich in die weite Welt, um von Neuem anzufangen. Sv verflossen mehrere Jahre, während wel­cher die Familie von ihrem Haupte keine Nach­richt bekam. Endlich erhielt seine Tochter, die bei der Abreise des Vaters noch ein kleines Mädchen war, aus Argentinien eine Anweisung auf 50,000 Rubel und bald dar­auf auch einen Brief, in dem der Vater sie ersuchte, eine Versammlung seiner ehemaligen Gläubiger zu veranstalten und ihnen zu er­öffnen, daß er bereit sei, seine alten Schulden bis auf Heller und Pfennig, mit Zinsen und Zinseözinsen zu bezahlen, und zu diesem Zwecke eine Summe von 550,000 Rubel be­stimmt habe.

Verschiedenes.

Frisches Eichenlaub im Strauß des

Kaisers. Eichenschossen, die in Deutschlanv getrieben sind, gelten in den intimsten Hof­kreisen gegenwärtig als neueste Mode sür die Taseldekoration wie für Bouquets. Zum Geburtstag ihres Gemahigschenlte dieKaiserin, wie auch die Prinzessin Viktoria zu Schaum- burg Lippe, des Kaisers Schchesstr, diesem