Rundschau.

Stuttgart, 4. Jan. Für den Wieder- zusammeniritt des Landtages ist noch kein bestimmter Termin festgesetzt, doch gilt als gewiß, daß er nicht mehr im Laufe des Januar erfolgt. Mitte des Monats tritt die Wasserrechiskommisston zusammen und nach dieser die Kommission für das Orts­vorstehergesetz. Die Steuergesetzkommission der ersten Kammer beginnt ihre Sitzungen am 17. Jan.

Stuttgart, 3. Jan. Reichs- u. Land- tagsadgeordncter Landgerichtsdirektor Frhr. W- Gültlingen mußte sich in letzter Woche im Ludwigsspital dahier einer Darmoperaüon unterziehen. Dem Vernehmen nach hat die Operation einen guten Verlaus genommen, das allgemeine Befinden des Patienten ist befriedigend.

Ludwigsburg, 3. Jan. In vergangener Nacht hat sich Sekonlieutenant A. Schott vom Artillerieregiment Nr. 29 in seiner Wohn­ung erschossen.

Wangen, OA. Cannstatt, 2. Januar. Auf recht bedauerliche Weise hat ein hiesiger 19jähriger Arbeiter, G. Heppeler, das Leben verloren. Hr war in der Eisengießerei von Kleemann in Untertürkheim als Taglöhner in Arbeit. Im Souterrain eines Fabrik­raumes wurde er, während er dort beschäf­tigt war von einer Transmission erfaßt und derart gegen die Decke geschleudert, daß man im oberen Raum auf das Unglück aufmerk, sam gemacht wurde. Der Bedauernswerte war schrecklich zugerichtet: Ein Arm halb abgerissen, die Beine auSgerenkt oder ge­brochen, stellenweise das Fleisch von den Füssen abgerissen. Unter furchtbaren Schmer­zen starb der Verunglückte andern Tags im Bezirkskrankenhaus in Cannstatt.

Calmbach, 4. Jan. Der ledige 30jähr. Fabrikarbeiter W. Bott von hier wurde heute Vormittag in der Pappefadrik von Lemppevau u. Cie. in Höfen, wo er in Arbeit stand, von einer einstürzenden Holzrollerbeige so schwer verletzt, daß er nach Hause verbracht werden mußte, wo er alsbald in den Arme» seiner betagten Mutter den Geist aufgab. Derselbe wird als ein braver, fleißiger Mann geschildert.

Walddorf bei Tübingen, 3l. Dez Die Königin hat der aus Calmbach gebürtigen Barbara Rittmann, schon lange Jahre bei hiesiger Pfarrersfamilie bedicnstet, zu Weih­nachten das von der Königin Olga zur An­erkennung langjähriger treuer Dienstzeit ge­stiftete Ehrenzeichen nebst Diplom verliehen.

Urach, 31. Dez. Heute verstarb dahier Stadlpfarrer E. R. Etsenbach im 71. Le­bensjahre. Derselbe war der Sohn des Dekans N. Eisenbach in Neuenbürg, Vater des vorher. Oberförsters E. in Enzklösterle. Von 1850 an war der Verstorbene Pfarrer in Großaspach, von 1877 an Sladlpfarrer in Murrhardt, bis er im letzten Frühjahr in den Ruhestand trat.

In Stetten OA. Tuttlingen wurde dieser Tage eine silberne Hochzeit gefeiert. Zur Ehrung den Jubelpaares hatte der Ge­meinderat beschlossen, den Festlag durch Böller­schüsse einzuleiten und solche auch während des Kirchgangs abzugeben. Zu diesem Zweck wlirden die Böller am Vorabend in ein ab­seits des OrleS an der Donau gelegenes Waschhäuschen verbracht, um sie anderen Tages gleich bei der Hand zu haben. Irgend ritt Schalk hat nun in dtp dem Feste vor­

angehenden Nacht, sei eS, daß er dem Jubilar nicht gut gesinnt ist, oder daß er dem Ge« meinderat eine Nase drehen wollte, sämtliche Böller gestohlen, so daß also nicht geschossen werden konnte.

Neudenau, 2. Jan. (Verspäteter Gast ) Am Neujahrmorgen wurde auf den Wiesen des benachbarten Eichhofes ein Storch beob­achtet, der eifrig der Mäusejagd oblag.

Gammertiagen , 2 Jan. Zur Erbau­ung einer Kleinbahr Engstingen Gammer- tingenSigmaringen bewilligte die Amis Versammlung einen Beitrag von 100 000

Gmünd, 3. Ja». (Unfall.) Die Familte Eiberger von hier wurde gestern in schwere Trauer versetzt, indem ihr kaum 5 Jahre altes Töchterlein von einem Bierfuhrwerk so überfahren wurde, daß der Tod sofort ein­trat. Die Teilnahme an dem großen Un­glück ist eine allgemeine. Den Fuhrmann soll keinerlei Schuld an dem Unglück treffen.

Vordachzimmern, OA. Mergentheim. 4. Jan. Die kürzlich vom Scheintod ausge­wachte Frau ist nun doch zwei Tage daraus wirklich gestorben.

Langenau, 3. Jan. Ein ca. IbjährigkS Mädchen wollte gestern nachmittag 2 Uhr auf dem Bahnhofe in den schon wieder im Gange befindlichen Zug entsteigen, blieb aber am Trittbrett hängen und kam so unglücklich zu Fall, daß es überfahren und sofort gelötet wurde.

Roth a. R, 1. Jan. Eine grauenhafte Blutthat wurde in der Sylvesternacht im nahen Mühlberg verübt. In der dortigen Wirtschaft gerieten mehrere Männer wegen Milch- und Molkereiangelegenheiten in Streit. Vom Wortwechsel kam es zur Thätlichkeit. Dabei wurde der verheiratete Alois Schick, Söldner in Mühlberg, mit einem Bierglas derart entsetzlich traktiert, daß ihm der Hin- terschädel total eingeschlagen wurde. Als­dann stießen sie den Verwundeten zur Wirt­schaft hinaus, setzten Ihm noch unmenschlich mit Schlägen und Hieben zu und ließen ihn in der Blutlache liegen. Heute abend ver­schied der Unglückliche, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben. Er hinterläßt eine Witwe mit 3 unmündigen Kindern. Als Hauptattentäter wurde ein Diensiknecht aus Landoltsweiler alsbald in Haft genommen, der Wirt selbst soll auch Mitschuldiger sein. Fürwahr ein schrecklicher Abschluß des alten Jahres I

Waldshut, 3. Jan. Gestern gelangte die Nachricht von einem in Neuhausen ver­übten Mord hierher. Näheren Nachrichten zufolge hat der Schuhmacher und Taglöhner Zccchinati aus Italien seinen früheren Meister am Samötag abend?'/, Uhr auf der Straße mit seinem Schusterkneipen in die Brust ge­stochen, was den sofortigen Tod zur Folge hatte. Der Mörder wurde zwischen Tiefen- stein und Hohenfels von der Gendarmerie Görwihl verhaftet und in das hiesige AmtSge- fängnls eingeliefert. Er ist geständig, will aber in Notwehr gehandelt haben.

Im Armenhause in Nußloch saß ein I 8 jähriges Mädchen mit einem b /4 Jahre alten Brüderchen am Ofen. Das Mädchen lehnte sich am Ofen an, da fiel derselbe ein, ein Hafen voll heißes Wasser ergoß sich über die Kinder und dieselben wurden so fürchter­lich verbrüht, daß sie in Lebensgefahr schwe­ben.

München, 2. Jan. Der Verlag der ,Münchener Allgemeinen Zeitung" feierte

gestern abend sein hundertjähriges Jubiläum durch ein seinen Beamten und Arbeitern ge­gebenes Fest. Der Prinzrrgent ließ durch siincn Generoladjutanten die Glückwünsche für das fernere Blühen und Gedeihen der Zeitung aussprechen.

Memmingen, 4. Jan. Auf dem bei Bux­heim gelegenen See vergnügte sich eine Menge mit Schlittschuhlaufen. Ein Junge brach ein Uttd der Bediente des Grafen v. Baffen- heim, welcher ihn zu retten versuchte, ver­schwand ebenfalls unter dem Eis. Der Erb­graf von Bossenheim sprang mehrere mal ins Wass-r, eS gelang ihm aber nicht die beiden Verunglückten herauszuholen. Erst nach mehreren Stunden konnten die Leichen geborgen werden.

Sittlichkeitsverbrecher und Polizei­wachtmeister. Aus Berlin meldet dieVolks- zig.": Der Versuch eines Sittlichkeitsver- brechenS gegenüber einem kleinen Mädchen von zehn Jahren erregte Sonntag Vormit­tag in der Gegend der Frankfurterstraße be­greifliche Aufregung, um so mehr, als widcr- um ein Polizeibeamter und zwar ein Wacht­meister alS der Thäter bezeichnet wird. Nach einer demB. T." zugehenden Meldung verschleppte der Wüstling das Kind, welches als Waise noch besonders Mitleid verdient häite, in das Haus Große Frankfurterstraße 137 und nur dem Hinzukommen von Haus­bewohnern ist es z» danken, daß der Unhold nicht zur Ausführung seiner Absicht kam. Er wurde sofort kräftig gepackt und nach dem nächsten Polizeirevier gebrach!. Wie von anderer Seite mitgetcilt wird, befindet sich der Attentäter, welcher Civilkleidung trug, nicht mehr im aktiven Polizeidienst, sondern steht zur Disposition.

Vom Fürsten Bismarck. DemLokal- Anzciger" wird aus Friedrichsruh gemeldet: Von einer Seite, die mit den Verhältnissen als Vertraut zu erachten ist, wird bemerkt, daß Fürst Bismarck Wasser in den Füßen habe. Dieser Annahme wird freilich von ärztlicher Seite lebhaft widersprochen. Ge- hcimerat Schwcnninger meint, daß die Krank­heit einen normalen Verlauf nimmt. Der Fürst verläßt den Rollstuhl nicht.

Majestiitsbeleidigung. Gegen den Chefredakteur desKladeradatsch", Trojan, ist wegen des ArtikelsBrave Christen und brave Soldaten" und wegen des BildesAuS dem Lager der himmlischen Heerscharen" die Anklage wegen Majestätsbcleidigung erhoben worden.

Dietenhofen, 6. Jan. Auf der Friedens- Hütte zu Kneuttingen ist gestern der 21 m hohe Schornstein, der mitlere der Kühlungs­anlage des Hochofens, eingestürzt. Bis gestern Abend 6 Uhr sind nach derMosel- und Nied-Ztg." sechs Personen tot und drei schwer verletzt unter den Trümmern hervor- gezogen worden.

Ein freches Räuberstück ist in Totana bei Murcia in Spanien verübt worden. Vier Männer traten in den Garten eines HauseS ein, das alten Oberstlieutenant a. D. Fermin Cayuela gehört, und knüpfte» mit dem alten Herrn Unterhandlungen wegen des Ankaufs seiner Pomeranzenernlc an. Plötzlich stürzten sie sich auf den Oberstlieutenant und auf seinen Diener und legten ihnen Fessel an. Dann erbrachen sie im Hause sämtliche Möbelstücke und nahmen, nachdem sie noch ruhig gefrühstückt hatten, 28 000 als Beute mit sich. Sff wirrdm jedoch von