Rundschau.

HeilbrolM, 28. Dez. (Pferdediebstahl.) Wie man berichtet, kam am 24. d. Mts. dem Metzgermeister Schmid aus Marbach in Asperg sein Pserd (ein Schimmel) nebst Fuhrwerk abhanden. Nun hat sich heraus­gestellt, daß der Dieb mit dem Fuhrwerk nach Kochendorf gefahren war und dort das Gespann zu veräußern versucht hat. Da eS ihm aber nicht gelang, sofort Geld dafür zu bekommen, ließ er dasselbe in einem Stall in Kochendorf zurück und verduftete ohne Bezahlung seiner Zeche. Der Bestohlene ist jetzt in den Besitz seines Fuhrwerks wieder gekommen. Nach dem Dieb wird gefahndet.

Großingersheim, 29. Dez. (Ueberfall.) Gestern mittag um 1 Uhr wurde eine 45 Jahre alte Ehefrau, welche zu ihren Ange­hörigen in den Wald ging, auf freiem Felde von einem Stromer in unsittlicher Weise angefallen. Die Frau wehrte sich mit Auf­wand ihrer Kräfte, jedoch der Unmensch feuerte ein paar Revolverschüfse auf sic ab, von welchen einer sie in den Mund traf. Durch diese Schüsse wurde ihr Mann, der im nahen Walde arbeitete, aufmerksam, je­doch der Stromer hatte, als der Mann seine Frau fand, das Weite gesucht. Er verfolgte denselben bis in den Ort Bissingen, aber ohne Erfolg. Möge dieser Unhold bald er­griffen werden. Die Verletzung der Frau ist zwar voraussichtlich keine lebensgefährliche, doch mußte solche ins Spital Bietigheim über­führt werden.

Calw, 27. Dez. In Obcrkollbach ge­rieten am 24. d. zwei ältere Bürger, Küfer Bohnenberger und I. G. Rentschler, aus ge­ringfügigem Anlaß im Oehrn des gemein­schaftlichen Wohnhauses in Streit, wobei Bohnenberger auf den Rentschler eine alte Reiterpistole abfeucrte und ihn nicht uner­heblich verwundete. Der herbeigeeilte Schwie­gersohn des letzteren entwand dem Bohnen­berger mit Mühe die Pistole und erstattete Anzeige bei dem Octsvorstcher. Während seiner Abwesenheit holte Bohnenberger aus seiner Wohnung eine mit Schroten geladene Flinte, stellte sich im Hofe auf, feuerte aufs neue durchs Fenster auf Rentschler und traf dabei die mit Verbinden ihres verwundeten Vaters beschäftigte Tochter in den Unterarm, in dem nicht weniger als 27 Schrote stecken blieben. Bohnenbcrger wurde am Christfest durch den Stationskommandanten beim Amts­gericht eingeliefert:

Pfullingen, 24. Dez. Zum Andenken an seine verstorbene Gemahlin Helene, ge­borene Fleischhauer, hat Privatier Julius Laiblin in dieser Woche 20,000 ^ für Er­bauung eines Gemeind^rankenhauses der Sladtgemeinde Übermacht.

Schwenningen, 27. Dez. Schon vor längerer Zeit wurde in einer an eine hiesige Brauerei retourgesandtcn leeren Flaschenbier-! kistc ei» Ehering gefunden, dessen Eigen­tümer sich trotz aller Nachforschungen nicht ausfindig machen ließ. Da der Finder, ein heute anderswo arbeitender Brauer, den Ring an sich nehmen möchte, wäre es zu wünschen, daß derselbe seiner ursprünglichen Bestimmung wieder zugeführt werden könnte.

Jngoldingen, 23 Dez. Gestern Mitt­woch ereignete sich in vcm benachbarten Deger- NNU ein schwerer Unglückssall. Der ver­heiratete Holzhauer Glaser von dort wurde im Walde von einer fallenden Tanne derart getroffen, hgß er sofort auf der Unglücks­

stätte verschied. Der Bedauernswerte hinter« läßt eine Frau und neun noch meist un­mündige Kinder.

Pforzheim, 27. Dez. Gestern nachmit­tag verschied unerwartet rasch der bekannte erst 40 Jahre alte Schriftsteller August All- gaier an einem Hirnschlag. Der so rasch aus dem Leben Gerissene war früher Redak­teur desPforzheimer Beobachters" und ge­noß überall allgemeine Hochachtung sowohl durch seinen unverwüstlichen Humor als auch seine sonstigen vorzüglichen Charaktereigen­schaften und offenen rechtlichen Sinn. Manche Redaktion in Baden und Württemberg ver­liert in Allgaier einen treuen Mitarbeiter.

Pforzheim. I. K. H. die Frau Grob­herzogin ließ den noch im städt. Kranken­hause befindlichen Typhuskranken schöne Weih­nachtsgeschenke zustellen. Die Männer er­hielten Brieftaschen und je ein auf die Weih­nachtsfeier sich beziehendes Bild, dir Frauen herrlich ausgesührte Bibelsprüche, um sie an die Wand zu hängen. Die Freude der Be­schenkten war groß. Es treten immer noch, wenn auch nur vereinzelt, Typhuser­krankungen aus. Im Laufe der vorigen Woche wurden wieder 5 Typhusfälle zur Anmeldung gebracht, von welchen zwei aus die Stadt und die übrigen drei auf die Ge­meinde Dill-Weißenstein entfallen.

Forchhcim (bei Endingen), 27. Dezbr. Verflossene Nacht brannten in der Adler-u. Federngasse elf Gebäude (5 Wohnhäuser und 6 Scheuern), darunter das Wohn- und Oekonomiegebäude des Landwirts Wernet voll­ständig nieder. Es wurde noch während des Brandes eine Verhaftung wegen Brandstift­ung vorgenommen.

Hinsichtlich der Soldatenbriefe hat das Reichspostamt neuerdings eine wichtige Anordnung erlassen. Danach hat die Nach­sendung portofrei beförderter Briefe an solche Militärpersonen, welche vorübergehend be­urlaubt oder bereits aus dem Militärver- hältnis entlassen sind, ebenfalls portofrei zu geschehen. Bisher wurde für solche Send­ungen stets das Strafporto erhoben.

Arg hereingefallen ist ein Ramsch­bazar in Hamburg. Er verkaufte als Lock­ware sogenannte Bauerntische für 8 Mark das Stück, die ihm ein Schreiner für 8.50 Mk. anferligte. Die Tische fanden reißenden Absatz, so daß der Tischler gar nicht genug liefern konnte. Er machte ein ganz gutes Geschäft dabei, während die Firma bei jedem Stück 50 Pfg. zulegte. Auf einmal wurde eine sonderbare Entdeckung gemacht. Der Tischler selbst nämlich ließ die Bauerntische wieder von der Firma für 8 aufkaufen und verkaufte sie dann derselben Firma wie­der für 8 ^ 50 So gingen dieselben Tische immer hin und her.

Hamburg, 27. Dezbr. (Vom Fürsten Bismarck.) DieHamburger Nachrichten" schreiben: In demHamburger Correspon­denten" finden wir die auch in andere Blätter übergegangene Nachricht, daß das Befinden des Fürsten Bismarck wieder zufriedenstellend sei. Dies ist bisher nicht der Fall. Die schmerzhafte Affektion besteht nach wie vor, verhindert den Fürsten am Gehen und raubt ihm die Nachtruhe. Der Empfang von Be- suchen und die Beantwortung von Briefen ist ihm daher zur Zeit nicht möglich, und seine Freunde werten dies entschuldigen. Die Thalsache, daß der Fürst gesund gemeldet wurde, erregte in FriedrichSruh Befremden.

Wir hören, daß der Fürst, als er davon las, äußerte:Wenn der Herr, der dieses geschrieben hat, in meinem Zustande wäre, würde ec sich eine Vorstellung machen können, was ein zufriedenstellendes Befinden ist."

Wien, 27. Dez. In Olmütz explodierte gestern zwischen dem Theater und dem Kreuz­brunnen eine Bombe» die aus einem mit Pulver gefüllten Gasrohr bestand. Sie glich ganz einer jüngst bei dem jüdischen Tempel explodierten Bombe. Die Explosion klang wie ein Kanonenschuß. Einen wesentlichen Schaden hat sie nicht angerichtet.

Gleiwitz, 27. Dez. In der Christnacht explodierte in einer Wirtschaft einem Berg­manne eine offenbar entwendete Dynamit­patrone in der Tasche. Hierdurch wurde der Bergmann zerrissen, ein Arbeiter schwer verletzt und etwa 20 entfernter stehende Per­sonen zu Boden geworfen. Zahlreiche Fenster wurden zertrümmert.

London, 27. Dez. In Bethnalgreen, einem der ärmsten Stadtteile von London, brach in einem Hause, worin 3 Familien wohnten, Feuer aus. Eine Frau mit ihren 9 Kindern verbrannte.

Chicago, 26. Dez. Das Kolosseumsge-. bäude in welchem zur Zeit eine gewerbliche Ausstellung sich befindet, ist gestern ein Raub der Flammen geworden. 9 Personen sind dabei umgekommen und 40 verletzt worden. Der Gesamtschaden wird auf 700,000 Dollars berechnet.

Das neuste Schaustück des Kinemato- graphen. Der Kinemalograph hat neulich bei einer Hinrichtung in den Vereinigten Staate debütiert. Am t7. d. Mts. wurde in Liberty ein sgewifser Tarn gehängt, der seine Tochter ermordet hatte. Fast alle Ein­wohner wohnten der Hinrichtung bei und man hatte einen kinematographischen Apparat aufgestellt, umlebende Photographien" von dem traurigen Schauspiel zu erhalten.

(Eine Wirtin wundermild.) Eine merkwürdige Entdeckung hat man dieser Tage in der kleinen dänischen Provinzstadt Rödby gemacht. Während einer Abendgesellschaft bei einem der angesehensten Handwerksmeister des Städtchens wurde bei einem der Gäste, einem reichen Kaufmann, ein Einbruch ver­übt; es wurden mehrere hundert Kronen ge­stohlen. Der Diebstahl wurde sofort der Polizei gemeldet und diese lenkte alsbald, man weiß nicht aus welchen Gründen, ihre Aufmerksamkeit auf die Gastgeberin. Es gelang der Polizei festzustellcn, daß sie sich während der gesellschaftlichen Zusammenkunft eine halbe Stunde entfernt halte, angeblich um in der Küche die letzten Vorbereitungen zum Festmahl zu treffen, daß sie sich aber keine fünf Minuten in der Küche aufge­halten hatte. Als sie hierüber befragt wurde, verwickelte sie sich in allerlei Widersprüche und gestand dann plötzlich, daß sie den Dieb­stahl verübt habe. Zugleich legte sie das Geständnis ab, daß sie vor mehreren Jahren unter ähnlichen Umständen einen Diebstahl bei ihrem Schwager ausgeführt habe. Ein 15jähriger Knabe wurde damals als .des Diebstahls verdächtig verhaftet, beging aber Selbstmord im Gefängnis, nachdem er mit seinem Blut die Worte: ,Jch bin unschul­dig I" an die Wand geschrieben hatte. Die Frau bewohnt jetzt im Gefängnis dieselbe Zelle, in welcher der unglückliche Knabe sich getötet hat.