Die Wemesis.
Nevclle von Walter Hogarth.
(Nachdruck verboten.)
6 .
„Hier nehmen Sie," sagte EggonSberg und zählte dem Rittmeister das Geld auf.
„Weiter geben Sie ihm vorläufig nichts," flüsterte jetzt del Basso dem jungen Baron zu, „Sie müssen das Glücksgeld zusammen- halten, um gelegentlich einen Hauptstreich zu riskieren.
EggonSberg lächelte und spielte weiter und gewann auch neue Summen, während der Rittmeister bald die zwanzigtousend Francs verloren hatte.
„Fast ist es mir heute zu buntries Raben, ärgerlich über seine fortwährenden Verluste. „Ich gebe aber heute das Spiel nicht auf. Können Sie mir noch aushelsen lieber Baron."
EggonSberg überblickte seine Barschaft und meinte ruhig:
„Ich möchte heute mit hohen Einsätzen weiter spielen, Herr Rittmeister und da kann ich augenblicklich nicht viel entbehren, aber wenn Sie cS durchaus wünschen, so gebe ich Ihnen noch zwanzigtaufend Francs."
„Nein, ich danke, lieber Baron. Ich weiß es, Sie wollen auf den Rat ihres Freundes dkl Basso, eines alten gewiegten Spielers Ihr Geld nicht zersplittern. Sie haben Recht, Sie sitzen im Glücke und dürfen riskieren, die Bank zu sprengen, wenn Sie so weiter glücklich spielen. Auf Wiedersehen, meine Herren I Ich fahre nur in mein Hotel, um mir Geld zu holen» in einer halben Stunde bin ich wieder da."
EggonSberg spielte inzwischen weiter und gewann neue Summen. Bald trat auch der Rittmeister von Raben wieder ein, legte eine mit Banknoten wohlgefüllte Briestasche neben sich und setzte eine tausend Froncsnote nach der ander, gewann manchmal, verlor aber meistens, sodaß seine Banknoten bedenklich zusammenschmolzen, während der Gewinn Eg- gonSbergs immer mehr wuchs.
Sehr ärgerlich blickte Raben zuweilen aus EggonSberg und dessen unheimlichen Begleiter.
„Setzen Sie sich doch einmal her zu mir und bringen Sie mir auch Glück, Herr del Basso," raunte ker Rittmeister diesem zu.
„Es wird nur nichts nützen," erwiederte del Basso, „denn der Herr Baron hat heute das größte Glück, er gewann mir schon heute Morgen Alles ab, was ich besaß, selbst meinen schönen Hund und meinenkostbaren Revolver."
„Was Sie sagen," entgegnete Raben und riß die Augen auf. „Also hat der Baron heule schon ein Vermögen gewonnen?"
„Es scheint so," gab del Basso lächelnd zurück, „aber die Hauptsache soll noch kommen, er soll die Bank sprengen I"
„Ein schöner Gedanke, wenn er nur glücklich zur Ausführung kommt," bemerkte Raben- „Bei diesem Plane hat schon mancher Spieler den Hals gebrochen."
„Sie haben Recht, Herr Rittmeister," erwiderte del Basso, „aber Baron EggonSberg ist kein Spieler, er spielt eigentlich wider Willen, nur auf mein Drängen, weil ich wünsche, daß er sich und mich an der trügerischen Spielbank rächen und mich von einem schweren Fluche befreien soll."
„Sie sprechen zum Teil in Rätseln, Herr del Basso,"
„Sie werden hoffentlich die Lösung dieses Rätsels noch erfahren und wie ich wünsche, nicht zu Ihrem Schaden. Heute rate ich Ihnen nur, spielen Sie nicht mehr, Herr Rittmeister I"
„Warum?" frug dieser scharf.
„Weil Sie kein Glück haben und Alles verlieren können!"
„Ah bah kein Glück haben I Einem Spieler kann jeden Augenblick das Glück blühen."
„Nun, so versuchen Sie es, Ihr Glück zum Blühen zu bringen," bemerkte del Basso sarkastiech.
Der Rittmeister nahm die Bemerkung als eine höhnische Herausforderung auf und setzte wie ein wahnsinniger seine letzten Banknoten. In wenigen Augenblicken hatte erste sämtlich verloren und stand mit leeren Taschen da.
„Nun hatte ich Recht?" frug del Basso trocken.
„Noch nicht," erwiderte der Rittmeister, „ich spiele weiter, ich habe noch ein Guthaben von siebzig tausend Francs an Baron EggonSberg, er wird mir Geld leihen."
„Sparen Sie sich dieses Geld, Herr Rittmeister, ich rate es Ihnen," mahnte del Basso wieder.
„O, gehen Sie mit Ihren ewigen Warnungen, wenn man gewinnen will, so muß man auch wetten und wagen. Bitte, lieber Baron, geben Sic mir die siebzig tausend Francs zurück, die ich noch von Ihnen bekomme , hier ist der Schuldschein zurück. Natürlich soll es Sie nicht genieren I"
„Sie sollen Ihr Geld haben," erwiderte EggonSberg kurz und zählte seine Banknoten. Er hatte fortwährend und zuletzt auch immer größere Gewinne gemacht, sodaß er seine Schuld an Raben bezahlen konnte, ohne seine eigenen Baarmiitel ganz zu verlieren. Aber freilich, es blieben EggonSberg nur noch achtzehntausend Francs und einige Goldstücke, als er seine Schulden an Rabeu bezahlt hatte. Das Resultat seines heutigen Spielens war aber immerhin recht befriedigend, er war seine collosale Schuldenlast los und hatte noch eine stattliche Summe übrig.
„Ich möchte mit dem Spielen aufhören," sagte deshalb EggonSberg zu del Basso, „ich habe eS überdrüssig, und könnte den Rest wieder verlieren."
„Nein, nein, Sie müssen noch spielen, nur noch heute nur noch eine Stunde, lieber Baron," bat del Bosso. „Sie haben ja heule ein ausgemachtes Glück, und diesen Tag müssen Sie zu Ihrem Heil und zu meiner Erlösung benutzen. Es ist sehr recht, wenn Sie von morgen ab nie mehr eine Spielbank besuchen, aber heute müssen Sie noch spielen. Ich bitte Sie, Proben Sic nur ferner Ihr Glück und Sie werden sehen, daß ich Recht habe."
Zögernd setzte EggonSberg einen Tausend- ftancsschein und — gewann. Er ließ den Einsatz mit dem Gewinn stehen und gewann wieder. Er ließ wieder die ganze Summe stehen und gewann abermals.
Die Augen der Mitspieler und diejenigen der Bankhalter und ihren Gehülfen, der Groupiers, richteten sich jetzt gespannt auf den glücklichen Spieler. Würde er verwegen genug sein und dnses Spiel mit den collvssal anwachsendcn Einsätzen forlsetzen.
EggonSberg blickte wie verlegen auf del Basso, doch dieser flüsterte ihm ganz leise zu: „Riskieren Sie Alles, lieber Baron," das Glück ist Ihnen treu!"
„Nun, ich riskiere nur die Tauscnfrancs- note, die ich ursprünglich gesetzt habe," gab dieser lächelnd zurück. „Verliere ich, so höre ich eben auf, unwiderruflich auf. Also weiter, meine Herren, um meinen Einsatz und den ganzen Gewinn I"
Wieder drehte sich das Roulette, eine unheimliche Stille trat ein und EggonSberg hatte wieder gewonnen.
Ein allemeines Staunen ging durch den Saal und eine Menge Spieler aus den Nachbarsälen drängten sich heran, denn blitzschnell hatte sich das Gerücht verbreitet, die Bank sei von einem jungen deutschen Baron gesprengt worden. Aber es war noch nicht so weit, die Bankhalter hatten noch genug Geld und die Groupiers schoben dem Baron EggonSberg ganze Haufen Geldrollen und ganze Hände voll TausendfrancSbillets hin.
EggonSberg wurde es ganz unheimlich vor dem vielen Gelbe und er rückte unruhig auf seinem Stuhle hin und her.
„Wagen Sie eS noch einmal, lieber Baron, nur noch ein einziges Mal und wir sind gerächt," flüsterte del Basso.
EggonSberg erhob sich ruhig und sagte mit lauter Stimme: „Vabuocfus!" Dabei schob er das ganze Geld den Bankhaltern zu.
Eine unbeschreibliche Aufregung ging jetzt durch den Sptelsaal, Kopf an Kopf drängte man sich nach dem Spieltische, um das so seltene Wagnis zu sehen, und die Bankhalter und Groupiers zitterten förmlich, als sich das Roulette in Bewegung setzte. Nur EggonSberg war so ruhig, als wenn er um Nüsse mit einem Kinde spielte, denn er spielte ja gar nicht aus Geldgier und Spielsucht, sondern auf Geheiß des seltsammen Mannes, der wie ein Gespenst neben ihm saß.
Das Roulette drehte sich seisam langsam und als eS stehen blieb hatte EggonSberg gewonnen.
Wie ein Tumult ging es jetzt durch den Saal und man schrie wild durcheinander:
„Die Bank ist gesprengt I Die Bank ist gesprengt I"
Leichenblaß und leicht die Hüte lüftend hatten sich die Bankhalter entfernt, und die Groupiers schoben dem glücklichen Spieler alles Geld zu, über welches die Bank noch verfügte. EggonSberg hatte weit über eine Million Francs gewonnen und war der unfreiwillige Held des Tages geworden.
Während EggonSberg und del Basso, dessen bleiches Antlitz jetzt vor Freude glänzte, bemüht waren, die gewaltigen Geldsummen zu bergen und dieserhalb auch nach einem Barquier schickten, trat zitternd und gebeugt der Rittmeister von Raben heran.
»Ich spiele nicht wieder, ich bin ruiniert!" stöhnte er.
„Warum folgten Sie meinem Rate nicht," erwiderte del Baffo ruhig. „Ich kann Sie nicht bedauern. Sie sahen doch auch ihr Unglück vor Augen und hörten nicht auf den Rat eines alten Spielers, der sich aus denselben Gründen ruinierte wie Sie I" (Fortsetzung folgt.)
Merk' sl
Nicht der schöne Aermel, sondern der starke Arm schlägt den Feind.
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Sirdaktivn, Druck und Verl», von Beruh. Hofmann in Wildhad,