Rundschau.
— Se. Majestät der König hat dem technischen Expeditor Regierungöbaumeister Peter bei dem Bezirksbauamt Calw den Titel und Rang eines Bauinspektors verliehen.
Cannstatt, 12. Dez. Dem hiesigen Ar- beilerbtlbungsverein wurden von Se. Maj. dem Könige mehrere Bücher für die Biblio- lhek zugestellt. Die Sendung war von einem huldvollen Kabinctschreiben begleitet.
— Bei der am Donnerstag in Markgröningen statlgehabten Gemeinderatöwahl wurde ei» Stimmzettel in die Wahlurne gelegt, auf dem statt der Namen der zu Wählend, u stand: „Jesaia 4t, Vers 24." Derselbe lautet: „Stehe, ihr seid aus nichts, und euer Thun ist auch aus nichts, und euch wählen ist ein Gräuel."
Schorndorf, 11. Dez. Vorgestern nachmittag erhielt der Bauer A. Hofer von hier beim Melken einer Kuh von derselben einen Schlag gegen die Schläfe und war sofort tot.
— Aus Calmbach wird dem „Schw. Merk." geschrieben: Das zu Ende gehende Zahr bringt unsrer Gemeinde einen großen Fortschritt, das elektrische Licht. Nachdem schon am letzten Freitag abend die 24 neuen elektrischen Straßenlampen im schönsten Licht erglänzten, sind nunmehr (am 6. ds.) die Beleuchtungseinrichtungen in den Häusern der Benützung übergeben worden. Wir verdanken dies der hiesigen Lägwcrkfirma Fr. Keppler, die aus ihrem Werk auf der Böhm- leSsägmühle die entsprechende Anlage ous- führen ließ, Die Gesamtanlage wurde von W. Reißer in Stuttgart nach dem System der Gleichstromhochspannung auSgesührt, das in dieser Art zum erstenmal in Württemberg in solch größerer Ausdehnung durchgeführt ist. Etwa 260 Lampe» sind in Privat- Häusern, Wirtschaften, gewerblichen Anwesen eingerichtet und die Reihe der Anmeldungen ist noch nicht zu Ende. — Nun fehlt uns hier noch das Telephon. Es ist zu bedauern, daß frühere Versuche, dasselbe hierher zu bekommen , aus Mangel an genügender Beteiligung gescheitert sind. Noch eins sei erwähnt: Die über die Kleinen; innerhalb des Dorfes führende Brücke, von Holz erbaut, hat sich längst als ungenügend erwiesen. Die baupflicdtige Gemeinde hat an den Staat die Baulast gegen einen Betrag von 14 380,/A abgelöst und nun hat im Lauf des Sommers der Staat eine neue eiserne Brücke mit einem Aufwand von etwa 32 000 erbauen lassen. Dieselbe ist nun nahezu fertiggestellt und bedarf nur noch der Beschotterung und des Einwalzens.
UlM, 13. Dez. Die Stadt hat beim Kgl. Ministerium um die Ermächtigung einer Anleihe von 3 Millionen Mark nachgesuchl.
Freudenstadt, 9. Dezember. (Glückliche Gemeinden.) Daß in unserem Bezirke sich manche Gemeinden befinden, in welchen seil vielen Jahren kein Gemeindeschaden umgelegt wir, vielmehr noch ganz ansehnliche Bürger- abgaben zur Verteilung gelangen. zeigt sich Heuer z. B. in den Gemeinden Docnstetten und Höcschweiler. In Dornstetten erhält in diesem Jahre jeder nutzungsberechtigte Einwohner bezw. Witwe in bar 80 in Natura 4 Rm. Scheiter, 1 Klafter Stockholz und 50 Wellen. Ferner erhält jeder Soldat in Gelb 80 In Hörschweiler erhält jeder Bürger und Bürgerswitwe in barem Geld 100 ferner noch ein ganz bedeutendes Aggntum an Scheiter u. Prügel
holz, sowie Reisach in Natura. Außerdem ist jeder Bürger bezw. Witwe in beiden Gemeinden noch im Genüsse verschiedener All- mandstücke.
— Warnung. Das königliche Polizeipräsidium in Berlin teilt mit: Das Bankhaus H. Vonfils, Paris, Nue Chanchat 4 (Passage de l'Opera) versendet Anpreisungen nach Deutschland, in denen Pariser Weltausstellungslose und Prämien-Obligationen Verschiedener Unternehmungen zum Kauf anqe- bolen werden. Die Nachforschungen, die auf Verlangen des deutchen Konsuls in Paris durch die dortige Polizeibehörde vorgenommen worden sind, haben ergeben, daß es auf eine schwindelhafte Ausbeutung des Publikums abgesehen ist. Bonfils ist im Mai dieses Jahres von Brüssel nach Paris gekommen und hat zusammen mit einem gewissen Schlesinger, der sich aber inzwischen von ihm wieder getrennt hat, einen Geschäftsraum in der be- zetchneten Straße für jährlich 300 Franken gemietet, ihn aber im Oktober wieder aufgegeben. Wo er jetzt seine Agentur hat, konnte von der Polizeipräfektur nicht ermittelt werden.
Straßburg, 11. Dez. Ein entsetzlicher Vorfall hat sich gestern in Saarnnion zugetragen. Die in gesegneten Umständen befindliche Frau des Handelsmanns Johle warf mittags in einem Anfall von Geistesstörung ihre drei Kinder, von denen das äiteste 10 Jahre alt ist, in der Nähe der Stadt in die Saar. Sie nahm sich dann selbst das Leben, indem sie gleichfalls in den Fluß sprang. Sämtliche vier Personen wurden als Leichen aus dem Wasser gezogen. Das älteste Kind machte einen Bersuch, sich zu retten, indem eS landeinwärts davonlief, es wurde jedoch eingeholt und ebenfalls in die Saar geworfen.
— Eine ruchlose Kirchhossfchänduug wird aus Pinne gemeldet. Auf dem dortigen evangelischen Kirchhofe wurden nachts 53 Kreuze und Denkmäler zerbrochen und umgestürzt, so daß ein Teil des Kirchhofs ein schreckliches Bild der Verwüstung darbietct. Von den Thätern fehlt bisher jede Spur. Unter der Bevölkerung herrscht große Aufregung.
Rom, 11. Dez. In Palermo wurden 70 Personen unter dem Verdacht verhaftet, zu der Räuberbande zu gehören, die in letzter Zeit Raubanfälle, Entführungen und Erpressungen ausführte. Unter anderm entführten sie die Tochter des reichen Gutsbesitzers Whiteaker, die erst nach 6 Stunden gegen Zahlung von 80 000 Lire freilieben. Auf die Spur der M>ssethäter kam die Polizei durch ein Kind, in dessen Beisein ein Mitglied der Gesellschaft in einer Grotte lebendig begraben wurde.
— Ermordung eines Kassenboten in Paris. Aus Paris wird der „Kl. Pr." unterm 10. Dezember geschrieben: Die Geheimpolizei scheint jetzt die Mörder des seit dem 30. November spurlos in der südlichen Bannmeile von Paris verschwundenen Kassenboten des Comptoir d'EScompte Lamarre entdeckt zu haben. Die Nachforschungen hatten nämlich ergeben, daß der Beamte sich zuletzt vor seinem Verschwinden bei dem 35jährigen Champignonzüchier Lavier Carrara eingcfun- den hatte, um einen Wechsel von 75 Frs. einzukassteren. Carrara lebt mit den Verwandten seiner Frau, dem Ehepaare Rolland, seinen drei Kindern und einem italienischen Fuhrmanns Cadala zusammen in dem Vor
arle Kremlin. Er hat einen sehr schlechten Ruf, ist bis über die Ohren verschuldet und hat seit dem 30. November Ausgaben gemacht, die seine Hilfsquellen weit übersteigen. Außerdem wurde bei der Haussuchung eine Summe von 600 Frs. entdeckt, über deren Herkunft Carrara die verschiedensten Angaben machte, die sämtlich als falsch festgestellt wurden. Besonders belastend war aber die Aussage seines Töchterchens, das erklärte, einen Herrn im Hause auf dem Bette liegend gesehen zu haben. Trotzdem die vermeintlichen Mörder energisch leugneten, wurden Carrara, seine Frau und der Italiener Cadala, der Liebhaber der Letzteren sestgenommen und in das Untersuchungsgefängnis nach Paris übergeführt. Man nimmt an, da bis jetzt der Leichnam des ermordeten Kafsenboten trotz eifrigsten Nachforschungen nicht gefunden werden konnte, daß derselbe von den Mördern in den unterirdischen Champignonsfeldern, die in diesem Teile der Pariser Bannmeile zerstreut liegen und die zahllose tiefe Löcher und Risse aufweisen, verscharr worden ist. Eine spätere Nachricht besagt: Frau Carrara legte ein vollkommenes Geständnis ab. Sie jagt aus, daß ihr Mann den Kassenboten in dem Augenblick, als er einen Wechsel präsentierte, mit einem Wagendrücker erschlug. Sodann hätten sie beide den Leichnam zur Nachtzeit in einem riesigen Coaksofen, der zur Erwärmung der Ptlzzuchtanstalt dient, Verbrennt. Die Verbrennung der Leiche halte 8 Stunden gedauert. Lamarre halte, als er ermordet wurde eine Summe von 26,000 Frs. bei sich.
(Schreckliche Situation) „Lieber Freund I Borgen Sie mir rasch 20 Gulden l Ich sitze auf glühenden Kohlen und die sind noch nicht bezahlt!"
Kunst u. Wissenschaft.
— Ein Geheimnis, über das man sich in der Stadt B- lange die Köpfe zerbrochen, hat eine ebenso einfache wie originelle Erklärung gefunden. Die verwitwete Frau Steuer-Rat M., von der man wußte, daß sie nur eine kleine Pension bezog, zeigte sich mit ihren beiden ältesten Töchtern stets in elegantester Toilette, und wenn auch Boshafte behaupteten, daß hier und da etwas schon früher Getragenes hcrvorschaue, so änderte das doch nichts an der Thatsache. Auf eine diesbezügliche indiskrete Frage erwiderte nun Frau sM-, frölich lachend: „Was wollen Sie I Ich halte das große und äußerst praktische Modenblatt „Große Modenwelt", Verlag von John Henry Schwerin, Berlin 35. Darin findet man nicht nur die vornehmsten und chikesten Toiletten, sondern auch die Anweisung, wie man sich solche billigst sei es nach dem jeder 14tägigen Nummer beiliegenden großen Schnittmusterbogen, sei es nach den vom Verlage zu den Selbstkosten gelieferten,Gratis-Schnitten genau nach Körpermaß — selbst herstellt und aus Altem Neues macht; eine illustrierte Hausfrauenzeitung, die u. a. auch sehr schätzenswerte Toilettengeheimnisse bringt, u. a. mehr. „Große Modenwelt" mit bunter Fächer- Vigneite kostet nur 1 Mk vierteljäh rlich bei allen Buchhandlungen und Postanstalten. Die elfteren und der Verlag liefern auch Gratisprobenummern der „Großen Modeu- welt", welche nicht zu verwechseln ist mit teureren Blättern ähnlichen Titels.