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und An^eiqeblatt kür den Oberamtsbe^rk Calw.

Nr. 13.

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Diriitztag den 17. Januar 1L22.

Die neue Erprcsslme.spylitik der ErUenle.

Am das engli^cl'-'ranzöfi'che Bündnis.

Der augenblickrl.che SttUstano ^er eng.» ch-.ranzöji,u-^u Lrerqanu-ungen.

London, >7. Jan.LLcstnuuster Gazelle" sagt, es sei klar, sag Poincare und Lloyd George sich in völliger Über­einstimmung darüber beiänden, daß augenblicklich keine Enlenie und auch keine Grundlage sür eine Entente be­stehe. Poincares Bedingungen seien sür England unan­nehmbar, wie die Llyod Georges für Frankreich, und jede britische Regierung, die sich bereit zeigen würde, Poincare zuzuitimmcn, würde ebenso sicher rasch gestürzt werden wie Briand.

Lee französische Dernkchtnngswahnsinn.

London. 17. Jan. (Telephon) In derPall Mall Gazette" schreibt der frühere Sekretär Clemenceaus, Mandel, wenn Deutsch­land nicht in der Lage bezw. nicht gewillt sei. seine Verpflichtungen zu erfüllen, so müsse es gezwungen werden, den Franzosen seine Bahn- und Staatseinkünfte im Rheinland und im Saargebiet zu übcnraqen, außerdem seine Handelsflotte (etwa 200 000 Tonnen) und jeine Wälder. Frankreich brauche zu seiner Sicherheit nicht nur das linke Rheinuser, sondern noch 50 Kilometer auf dem rechten Rheinufcr. ES brauchen deshalb keine militärischen Besetzungen slattzufmden, sondern das Rheinland und das Soargcbiet könnte neutralisiert bezw. in ein Protektorat umgewandelt werden. Tie Zu­kunft Frankreichs hänge von seiner augenblicklichen Kontincrftalpolitik ab. Frankreich habe die Maschinerie, um diese Politik zu betreiben.

PoinearL's Forderungen zum engUsch».ranzösischen Bündnispkan.

London, 17. Fan.Daily Mail" weiß zu berichten, daß Poincare folgende Forderungen an den englisch-fran­zösischen Garantieverlrag anzuknüpsen wünsche: Die alli­ierten Eeneralstäde haben sosort nach Abschluß des Ver­trags zusammenzutreten, um die Mobiliiationspläne sür den Fall eines deutschen Angrisss (!) auszuarbeiten. Ter Vertrag soll so erweitert werden, daß er eine gemeinsame Intervention Englands und Frankreichs vorsieht, falls Deutschland Polen angreist. Frankreich wünscht die Aus­nahme einer Bestimmung, wonach Frankreich England zu Hilse zu kommen habe, falls dieses von Deutschland ange­griffen werde.

Eine vergebliche Mohrenwäsche.

Paris, 17. Jan. TerPetit Parisien"" schreibt zu dem nunmehr gebildeten Ministerium Poincars, man hätte gewünscht, daß in die­sem Augenblick, wie Im August 1914, der Burgfrieden so vollkommen wie möglich gewahrt wäre und ^ die politischen Leidenschaften noch einmal von einem Ende Frankreichs bis zum andern in allen Par­teien von der äußersten Rechten bis zur äußersten Linken überwunden worden wären. Warum, so fragt das Blatt, ist es notwendig, daß man in dem extremen Milieu ein Vergnügen daran findet, den neuen Ministerpräsidenten anzuklagcn, er habe eine persönliche Verantwor­tung für die Katastrophe von 1914? Stammt diese Propaganda von Moskau oder von Berlin? TerMatin" sagt, Poincares größte Tugend sei die Klarheit. Er habe von Beginn des JahreL 1914 ab klar gesehen, was sich in Berlin vorbereitete. Er habe in diesem Augenblick die Gabe des Erratcns des nächsten Krieges gehabt. Des­halb hasten ihn auch die einfältigen Protzen, die wie gewöhnlich mit den Wölfen heulen. Die Gabe desErrötens" war natürlich leicht, denn PoincarL hat den Krieg ja selbst herbeigeführt.

Der wahre Lloyd George.

Paris, 17. Jan. Havas. (Telephon.) Der italienische Ministerpräsident Bonomi hatte in Cannes von den von Lloyd George und Briand gepflogenen Unterhandlungen zum Schutze der sranzösischen Grenze gehört, und dem bri­tischen Ministerpräsidenten geschrieben, ob es nicht ange­zeigt sei, ein Abkommen zum Schutze der Grenzen aller Alliierten zu schließen. In der Antwort des britischen Mi­nisterpräsidenten heißt es: Die britischen Gräber decken zu ,Hunderten und Aberhunderten den sranzösischen Boden. Das ganze britische Weltreich ist dabei vertreten. Groß­britannien hat darum ein ebenso großes Interests daran, Frankreich zu garantieren, daß die Opfer des englischen und auch des sranzösischen Volkes nicht umsonst gebracht sind. Frankreich hat guten Grund (!), eine Wiederauf­nahme des Kampfes zu befürchten. Italien liegt günstiger Kls Frankreich, denn große natürliche Schranken schützen feine Grenzen und trennen es von seinen ehemaligen Fein­den. Es hat daher nicht die Befürchtungen zu teilen, von denen der Garantieverlrag zwischen Frankreich und Eng­land gegen einen nicht veranlaßten und plötzlichen Angrisf geleitet wülde.

Der Li.r.estS^L,v,tt.v.g»ena«ssks«5 der Entente zorvert vie Vusl e erung der deutschen Lvr.e5Sbe,d,Ute>.gcctt.

Paris, 17. Jan. D.e von vcm Ausschuß in Sachen der Kr:e..socschu.d>gieii" gc.aßl'e Entschließung die dem Obersten Rat unletbreitel werdeii soll, lautet dahin:

1. Das Reichsgericht in Leipzig hat bis jetzt sein Urteil itz neun ihm vorgelegten Füllen über die Kriegsverbrecher gesprochen, davon ft aru Veranlassung der sranzösischen Re­gierung. 4 au/ Veran^siung der britischen Regierung und 1 aus die Initiative der deutschen Behörden zurückzusühren ist. Die italienische Regierung, hat vor einigen Monaten ihre Akten über verschiedene andere Fälle übermittelt. Es kam bisher keiner dieser Fälle zur Verhandlung. Was das Verjahrenvor dem Reichsgericht in Leipzig anbetrisst, so gehr die übereinst.mmende Ansicht des Ausschußes dahin, daß das Gericht mit ganz geringen Ausnahmen insofern keinerlei Genugtuung gegeben habe, als es nicht genügende Bemühungen zur Aufdeckung der Wahrheit unternommen habe. Was die Urteile des Reichsgerichts selbst angehe, so geht die einstimmige Ansicht der Kommission dahin, daß das Reichsgericht keine Genugtuung gab, insofern, als ein­zelne Angeklagte sreigcsprccheu wurden, während sie hätten verurteilt werden müssen, und daß selbst in den Fällen, in denen die Angeklagten für schuldig befunden wurden, die ausgesvrochene Strafe nicht genügend mar 2. Die einstim­mige Ansicht des Ausschusses geht dahin, daß man zu kei­nem zweckmäßigen Ergebnis gelanaen kann wenn weitere Fälle dem Reichsgericht in Leipzig unterbreitet werden. Infolgedessen ist der Ausschuß der Ansicht, daß von nun an der Text des Art. LL8 des Vertrags von Versailles in Über­einstimmung mit der alliierten Note vom 7. Mai 1920, letz­ter Absatz, in Kraft gesetzt und daß die deutsche Regierung ausgefordcrt werden muß, die Angeklagten den nlliieAs» Mächten zu ihrer Aburteilung ausniliefern.

Einstimmiger Protest der deutschen Presse.

Berlin, 17. Jan. Die Berliner Blätter sprechen ein­stimmig die Hoffnung aus, daß der Oberste Rat mit Rück­sicht auf den Weltfrieden dem Beschluß der Pariser Sach­verständigenkommission über die Auslieferung der deutschen Kriegsbeschädigten nicht zustimmen wird. Sie meinen, daß die innerpolitische Unmöglichkeit zur Ausführung des Beschlusses auch heute noch besteht. DerVorwärts" schreibt: So gleichgültig uns diese Leute find, so wichtig ist uns das Schicksal der deutschen Republik. Es gibt kein besseres Mit­tel, sie in Aufruhr zu versetzen und ihre Feinde zu stärken, als die weitere Verfolgung des Sühnegedankens.

Die Blätter weisen auf die von dem Beschluß abwei­chenden Urteile hin. die bisher in alliierten und neutralen Ländern über die Verfahren vor dem Reichsgericht abgege­ben worden sind. DasBerl, Tagebl." sagt: Der engli­sche Colliciter General Sir Pollock, der den Verhandlungen in Leipzig beigewohnt hat. und der Attorney General Sir Hewaki sprachen im englischen Unterhaus anerkennende Worte über den Verlauf der Pxozesse. Ein eben in Lon­don erschienenes Buch von Claud Mullins über die Leip­ziger Prozesse führt die Freisprechung in der Mehrzahl der sranzösischen Fälle auf die ungenügende Vorbereitung von französischer Seite zurück. Aehnliche Urteile liegen aus Ita­lien, Belgien und Holland vor. DieDeutsche Allgem. Ztg." schreibt: Die Auslieferung muß seden Gedanken an einen gemeinsamen Wiederaufbau Europas im Keime er­sticken.

Amerika lehnt die Einladung «ach Genna ab.

Paris, 16. Jan. Nach einer Meldung derChicago Tribüne" aus Washington hat zwischen der Regierung der Vcr. Staaten und der englischen Regierung ein Meinungsaustausch über die etwaige Teil­nahme Amerikas an der Konferenz von Cannes stattgefunden. Die amerikanische Regierung habe die Einladung der Verbündeten, sich in Genna vertreten zu lasten, nicht angenommen.

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Die Auffassung in Berlin über den vorläufige« Zahlungsmodus.

Berlin, 17. Jan. In Berliner amtlichen Kreisen wird damit ge­rechnet, daß der vorläufige Zahlungsplan von je 31 Milliarden pro Dekade bis zur Wirtschaftskonferenz in Genua verlängert werden wird. Wir würden also für die nächsten zwei Monate im ganzen 186 Millionen zu zahlen haben; das ist ein Betrag, der ungefähr dem Angbeot der deutschen Regierung entspricht. Nach den bisher von der Regierung bekannt gewordenen Zahlen ist ein Betrag von etwa 210 Millionen durch. Sach- und Barleistungen <mj die Rate vom 12. Ja-

Neuere Ltachrichlen.

In Frankreich hat insoige oe» Ucocina.,n,e ver Regierung durch daS Kabine» Poincare eine nationalistische Welle ringcftm, vie alle Bcrnunftgrnndc hinsichtlich des Wiederaufbaus Europas zu über- töncu drolit. Tie Presse Poincares will möglichsteSicherungen" gegenüber Teuischlnnd und »ie Lenic ui» Elemenceau sprechen esse» von den weuercu Bennchiungsoiäiicn gegenüber Trutschland.

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Im Sinne der Erpressungspolitik ist auch das immer wie­der an'ewandte Mittel der Kriegsveichuldig- tenhctze auizusasien. Der Ausschuß, der die in Leipzig gesällien Urteile nachuprüfen hat, hat beschlossen, LeuiMand auszuiorvern, vie Kriegsbeschuldigte« der

Entente zur Aburteilung auszuliesern.

*

Was wir von England zu erwarten haben, das geht daraus hervor, daß Lloyd George sich die größte B üke gibt, den Franzosen und ihrem Erpresjzingsseldzug gerecht zu wer­den. indem auch er jetzt von den Frankreich drohende« Gefahren" spricht.

nuar angezahlt. Rechnet man dazu viS zum 15. Februar die in dret Raten von je 31 Millionen zu zahlenden Beträge, so kommen wir auf eine Gesamtleistung Deutschlands von rund 300 Millionen. Zu zah­len wären an diesem Termin dm 500 Millionen vom 15. Januar und 26 Prozent deS Werte? unserer Ausfuhr im dritten Vierteljahr 1921i TaS sind 245 Millionen, sodaß im ganzen 745 Millionen ge­schuldet werden, von denen uns 445 Millionen als» ins auf weiteres gestundet werden. Was aus diesen Beträgen wird, darüber soll dann die Konferenz in Genua entscheiden Das Reickskabinett hat inzwi­schen wieder getagt, konnte ober selbstverständlich zu einem Ergebnis noch nickt kommen, weil es die Rückkehr Dr. Rathenans abwarten wollte. Inzwischen werden die nächsten vierzehn Tag« der Ausarbei­tung des von der Entente geforderten Sguiernngs- und Leistung-» Programms gewidmet sein, wofür die Vorschläge, die Tr. Rathenau in Cannes vertrug, die Grundlagen abgebcn sollen.

Vermischtes.

Die rechtswidrige Besatzung des Saargebkets.

Saarbrücken, 17. Jan. Lothringische Blätter melden aus Metz, daß das 9 Bataillon der Jäger zu Fuß Longuyon verlassen hat. um sich nach dem Saargcbiet zu begeben. Damit wird die französische Besetzungstruppe, gegen deren Anwesenheit auf Grund des Frie- denSvcrtrages dauernd protestiert wird, und die kürzlich von der Ta­gung des VölNrbundsrates in Genf beträchtlich vermindert wurde, weiter veistärkt.

Die Opser von Oppau.

Nach einer Mitteilung oer Vermattung der Bad. Anilin- und Sodafabrik betragen die Opfer der Kaiastrophc: tot 565. vavon 43 vermißt, verwundet 1977 Perscnen. Ter Sachschaden wird auf 460 Millionen Mark veranschlagt.

Einladung Einsteins nach Australien.

London, 16. Jan. DieTimes" melden aus Aidelaide, daß das Eclipac-Komitee eine Einladung an Professor Einstein erwägt. Ter Vorschlag fand bei Universttätsproscssore» und anderen Persönlich­keiten begeistert« Unterstützung. Es wurde darauf hingewiesen, daß Australien den Handel mit DcuWhland wieder aufnehm« und daß die beste Einleitung dazu eine Einladung an einen der grüßten Ge­lehrten der Welt bilden würde.

Reichsparteitag des Zentrums.

Der Reichsarbeitsmimster über innere und äußere Lage.

Berlin, 15. Jan. Der zweite Reichsparteitag des Ze,v trums wurde heute im Reichstagsgebäude durch eine Be­grüßungsansprache des Vizepräsidenten des preußischen Landtags', Dr. Porsch, eröjsner. Unter den Teilnehmern be­fanden sich u. a. Reichskanzler Tr. Wirth, Reichsarbeits­minister Dr. Brauns und der frühere Reichskanzler Feh- renbach. Zum Vorsitzenden wurde Dr. Porsch gewählt. Dar­aus hielt Reichsarbeitsminister Dr. Brauns ein Refe­rat über die politische Lage und sagte u. a.: Trotz aller Er­eignisse der letzten Wochen ist die außenpolitische Lage. Deutschlands nach wie vor außerordentlich ungünstig. Wir sind in der Hauptsache immer noch Gegenstand der Weltpo- litik der übrigen Völker, selbst aber nicht Träger weltpoli­tischer Entwicklung. Trotzdem ist Deutschland nicht jeglichen außenpolitischen Einflußes bar. Dafür zeugen zunächst die wirtschastlichen Folgen des Versailler und des Londoner Diktats. Das Londoner Diktat richtete sich letzten Endes ge­gen seifte Urheber. Weiter buchen wir zu unsere« Gunsten