Lokales.

Wildbad, 5. Dez. EinK i n e m a t o- graph" ist gegenwärtig imGasthaus z. Eisenbahn" hier ausgestellt. Wem es bis jetzt nicht möglich war, diese neueste Erfind­ung auf dem Gebiete mechanischer Reproduk­tion zu sehen, lasse sich diese günstige Ge­legenheit nicht entgehen. Jeder der die Vor­führungen beobachtet, wird erstaunt sein über die wunderbare Leistungen des Apparats. In natürlicher Größe sehen wir aus der Lein­wand sich ganze Slraßenscenen in ihrem zeit­lichen Verlaufe entrollen, wir sitzen gleichsam am Fenster und schauen auf die Straße: da strömen Mcnschenmassen herzu und die Truppen rücken zum Manöver aus, umgeben und begleitet von sogen. Schlachtenbummlern, einer von diesen schaut sogar zu uns ins Fenster hereinaber wir wähnen auf einer Veranda zu stehen und sehen deutlich vor uns das Unkraut im Gartenfelde verbrennen und den Rauch aufsteigen rc. Nach wenigen Augenblicken sind wir wie verzaubert, am Hafen : der Schraubendampfer legt an, nimmt Passagiere auf und fährt ab, der Schaum der unter dem Rade aufspritzenden Wogen glitzert und sprüht im Licht weiß auf. Und so zieht ein Bild nach dem andern, gleich­sam wie im Traume an uns Vorüber, her­vorgezaubert nicht durch unsere Phantasie, sondern durch die zweckmäßig angeordnete Überaus schnelle Reihenfolge von einer großen Zahl von Momentphotographien, deren Dia- phanien durch ein Skiopuken beieuchtet wer­den. Durch die stündliche Wiederholung ist wohl jedem die Möglichkeit geboten, sich diesen schönen Genuß zu verschaffen.

Rundschau.

In Stuttgart ist der Kamps um die Frage, wohin das künftige Rathaus gestellt werden soll, ob auf dem seitherigen Platz oder auf den Platz der bisherigen Legions­kaserne, heftig entbrannt. Die Anhänger des ersteren Projekts haben bereits eine allgemeine Bürgerversammlung veranstaltet und die Geg­ner beantworten diesen Schritt gleichfalls mit einer allgemeinen Versammlung. Leute, die mit ihren Geschäftintereffen an gar keines der beiden Projekten gebunden sind und dem­gemäß dem ganzm Sireit ziemlich kühl gegen- überstehen, sind der Ansicht^, daß sie unter allen Umständen viel städtische Steuern wer­den bezahlen müssen. Doch dürste das Rat- hausprojekl am Marktplatz womöglich noch mchr kosten als das andere Projekt. An Stelle der allen Legionskaserne hätte das Rathaus einen sehr günstigen Platz.

Untergruppenbach, 2. Dez. Die Frau eines hiesigen Einwohners sollte am Diens­tag auf Anordnung des behandelnden ArztcS und in dessen Begleitung nach Heilbronn in den Spital befördert werden, um dort zu ent­binden. Während der Fahrt zwischen Grup­penbach und Flein starb jedoch die Frau unter großen Schmerzen. Deren Mann war ge­rade auf dem Heilbronncr Markt, er traf seine Frau bei der Rückkehr als Leiche an. Die hier sehr beliebt gewesene Frau wird allgemein bedauert.

Mergentheim, 3. Dez. Einen richtigen Lausbubenstreich verübte gestern hier ein 13jähriger Knabe. Mehrere Schüler spielten im Schloßpark und einer derselben hatte sich auS Flachs einen langen Bart gemacht. Ein anderer Knabe wollte den Bart auch haben, der ihm aber verweigert wurde. Aus Bvs-

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heit zündete er nun mit einem Streichholz den Barl an, was zur Folge hatte, daß dem Knaben nicht nur Augenbrauen und Haupt­haar versenkt wurden, sondern daß derselbe schwere Brandwunden erlitt

Saulgau, 3. Dezbr. Der Maurer K. ging gestern früh mit seiner Frau auf den Markt nach Herberlingen und ließen ihre Kinder, ein dreijähriges Mädchen und einen 5jährigen Knaben allein zu Hause. Als sic zurückkehrten fanden sie das Mädchen erstickt vor, während es noch zweifelhaft ist, ob der Knabe mil dem Leben davonkommt. Die Kinder halten wahrscheinlich mit Zünohölz- chen gespiett und so das Unglück verursacht.

Riedlingen, 1. Dez. Ein fleißiger all­gemein geachteter hiesiger Bürger war dem S. M. zufolge beim Aufheben eines ge­stürzten PferdcS behilflich. Er scheint sich dabei zu sehr angestrengt zu haben, denn plötzlich sankjer vom Schlag getroffen tot zu Boden.

Ettlingen, 28. Nov. Das 5 Jahre alte «Löhnchen oeS Schuldieners I. Klein fiel in heißes Wasser und erlitt solche Verletzungen, daß es noch an demselben Abend starb.

München, l. Dez. Der bekannte Augen­arzt Dr. med. Herzog Karl Tbeodor hat, wie dieAUg.Ztg." miltcitt, heute die 3000. Slaroperation seit dem Bestehen seiner hies. Augenheilanstalt vorgenommen.

Berlin, 30. Nov. Die neuen einmaligen Forderungen des Militäretats für Württem­berg sind folgende: Zur weiteren Ausstait, ung des Armeekorps mit Fahrrädern: erste Raie 16 644 Abänderung von Tor­nistern und Patronentaschen: 165 000 Erweiterung des Bekleidungsamts in Lud» wigSburg: für den Entwurf 65000 Beschaffung von 180 Remonten zur erst­maligen Besetzung des Remontedepois in Breilhüllen mit Pferden; voller Bedarf 162 000 Schaffung einer Reserve an Fcldariilleriematkrial: 1 Million; Umwand­lung der KorpSiclegraphenabteitung mit vier­spännigen Fahrzeugen in solche mit zwei» spännigen: voller Bedarf 30 000

Berlin, 28. Nov. Ein Berichterstatter derKreuzztg." weiß folgendes zu erzählen : In einem Wirtshaus zu Rixdors hat der Wirt einen großen gelben Hund in der Be­dienung der Gäste derartig ausgebildct, daß er (der W>ri) selbst ruhig hinter dem Laden­tisch bleiben kann und nur die bestellten Waren den Gästen zu überreichen braucht. Aus den Pfiff eines Gastes erscheint der Hund sosori mit einem Theebrett in der Schnauze, um auf einem Zettel die Bestellung ent­gegen zu nehmen und sie seinem Herrn zu übermitteln. Später nimmt er auch die Be­zahlung entgegen, und weiß genau, wer ihm ein Geldstück zum Wechseln übergeben hat. Das Trinkgeld für die geleisteten Dienste fordert er nicht von den Gästen, sondern vom Wirt, der ihm die Gänge ab und zu mit euiem Siück Wurst entschädigt.

Mord. Die in dem Dienst des Kauf­manns Fahsel in Berlin stehende unverehe­lichte Margarethe Liese wurde in der Wohn­stube lol ausgefunden. Sie hatte einen Mes. serstich in der Unken Brust. Der Verdacht des Mordes lenkte sich auf den Pferdehänd­ler Kleemann, der mit der Ermordeten verlobt war. Kleemann wurde festgenommen und gestand die Thai ein.

Berlin, 2. Dez. (Für die Hagelbeschädig- len.) Der geschäslssührcnde Ausschuß des

Zentral-KomiteS für die Uekerschwemmten beschloß heute weiter zu verteilen : Für Würt­temberg 100 000 c/A. für Baden (Eppingen) und Elsaß je 50 000 ^ und für Hohen- zollern 20000 ^

Der Mörder seines Sohnes freige­sprochen. Am 24. d. M. Halle sich der Landwirt Lombard aus Genlis vor den Geschworenen von Dijon wegen Ermord­ung seines eigenen Sohnes zu verantworten. Dieser Mann, der sich eines der furchtbarsten und widernatürlichsten Verbrechen schuldig ge­macht, wurde nach merkwürdigen Zwischen­fällen während ver Verhandlung freigesprochen. Das Verbrechen war unter solchen Umstän­den begangen worden: Lombard von seinem Sohne zur Erde geworfen, weil er diesem vorgeworfen hatte, seiner Mutter ins Gesicht gespieen zu haben, ergriff seine Flinte und schoß, vom Zorne überwälkigt, seinen Sohn mitten durchs Herz. Die Zeugenaussagen waren für den Thäier und da« Opfer gleich günstig, sodaß die Geschworenen in ihrer Verlegenheit um 8'l2 Uhr Abends einen bizarren Spruch fällten indem sie die Schuld­frage verneinten und die der mildernden Um- stände bejahten. Der Verteidiger verlangte die Rückstellung des Prozesses auf 3 Monate, aber der Gerichtshof verwarf seine Anträge und forderte die Geschworenen ans, aufs Neue zu beraten. Daraufhin fällten diese ein ein­fach freisprechendes Verdikt.

Verschiedenes.

(Ueber den Mittagsschlaf Heiner Kinder.) Leider ist die Gepflogenheit, kleine Kinder, welche am Nachmittage schlafen sollen, angekleidet in ihre Bette zu legen, vielfach verbreitet. In den meisten Fällen liegt die Ursache an der Bequemlichkeit, das Kind aus- und anzuziehen. Wüßte die Mutter, wie schädlich diese Gewohnheit ihrem Liebling ist, so würde sie das Ausziehen gewiß nicht unterlassen. Das Kind, welches in seinen Kleidern geschlafen har, wacht vom Schweiße erschöpft und ermattet, auf. Anstalt sich nach dem Schlafe erfrischt zu fühlen, ist es miß- 1 launig. Die oft nur gelockerten, nicht ein­mal gelösten Bänder und Knöpfe haben wäh­rend des Schlafes die Unterleibs- u. Brnst- organe gepreßt, an ihrer freien Bewegung gehindert, das Atmen und die Verdauung erschwert. Deshalb ist es Pflicht der Müt­ter, die Kinder stets ihrer Kleider vor dem Zubettgehen zu entledigen, beziehungsweise dies denjenigen, welchen die Kinder anvcr- Iraut sind, anzuempfehlen.

(Billiges, gefahr- und geruchloses Nachtlicht.) Man streut um den Docht eines brennenden Stearinlichtes eine Schicht feinen Salzes' Hierdurch wird die Flamme be­deutend eingeschränkt, brennt also sparsam, erhellt aber dennoch das Zimmer in genüg­ender Weise. Diese Art Beleuchtung ist be­sonders für Kinderschiafzimmer sehr zu emp­fehlen ; sie ist billiger, gefahr- und geruch­loser als die Lampen.

(Zugkräftig.) Dramatiker: .Wissen Sie mir keinen Titel für mein neues Lust­spiel Herr Doktor ? Aber es müßte etwas sein, was auch zieht!" Arzt:O ge­wiß ! Nennen Sie es doch Senfpflaster I"

(Gemütlich ) Gast: .Da schwimmt ein rotes Haar in der Suppe I gewiß wieder von der Köchin. Wirt:Na, die arme Per­son kann doch nichts dafür, daß sie roteS Haar half"